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Gespräche mit forschenden Frauen
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Annika Herwig ist eine von mehreren Emmy-Noether-Nachwuchsgruppenleiterinnen, die wir interviewt haben.

Das Emmy Noether-Programm der DFG “möchte jungen Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern einen Weg zu früher wissenschaftlicher Selbständigkeit eröffnen. Promovierte Forscherinnen und Forscher erwerben durch eine in der Regel fünfjährige Förderung die Befähigung zum Hochschullehrer durch die Leitung einer eigenen Nachwuchsgruppe.“

Emmy Noether hat wahrscheinlich von so einer Förderung nicht zu träumen gewagt. Sie war Mathematikerin und eine der ersten deutschen Wissenschaftlerinnen überhaupt, die sich habilitierte.
Nach ihrer Doktorarbeit 1907 arbeitete sie zunächst sieben Jahre an der Universität Erlangen, allerdings ohne dafür bezahlt zu werden, denn Frauen waren für akademische Positionen noch nicht zugelassen. 1915 wechselte sie an die Universität Göttingen, aber auch dort konnte sie in den ersten Jahren nur unter dem Namen eines Kollegen lehren. 1919 wurde sie schließlich habilitiert und durfte offiziell Lehrveranstaltungen abhalten. Ein (geringes) Gehalt bekam sie jedoch erst ab 1923. Später ging sie in die USA, wo sie 1935 an den Folgen einer Operation starb.

Der Titel ihrer Doktorarbeit ist “Über die Bildung des Formensystems der ternären biquadratischen Form”. Welches „signifikante Detail“ Emmy Noether wohl zum Interview mitgebracht hätte?

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Emmy Noether

Mein Name ist Kerstin Hoppenhaus. Ich habe Biologie studiert und später Wirtschafts- und Wissenschaftsfilm an der Filmakademie Baden-Württemberg. Neben zahlreichen Beiträgen für Wissenschaftsmagazine im öffentlich-rechtlichen Fernsehen (SWR, 3sat, ZDF) habe ich Dokumentarserien für Arte und die ARD als Regisseurin realisiert. Seit dem Frühjahr 2011 bin ich außerdem als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Leuphana Universität Lüneburg tätig. Die Aluscheibe am Schlüsselbund im Profilbild ist mein eigenes "signifikantes Detail": eine Spindmarke aus dem VEB Braunkohlekombinat Bitterfeld, die ich vor fast zwanzig Jahren gefunden habe, als ich als Werksstudentin am Bauhaus Dessau gearbeitet habe. Damals war ich noch Biologin und in meiner Arbeit ging es eigentlich um die Wasserkäferfauna in der Muldeaue. Aber die Muldeaue ist eingebettet in eine großartige Landschaft voller Widersprüche, mit Gärten und Parks, riesigen Braunkohlerestlöchern und Seen, Abraumhalden und zahllosen alten, oft sehr traditionsreichen Industrieanlagen. Und diese Landschaft interessierte mich mindestens so sehr wie die Käfer. Als ich anfing in Dessau zu arbeiten, waren die meisten der Industriebetriebe schon geschlossen. Übrig waren nur noch stillgelegte Maschinen, verlassene Werkhallen und kilometerlange Rohrleitungen in unterschiedlichen Stadien des Verfalls. Tagelang bin ich mit Kollegen vom Bauhaus durch diese "stalkereske" Szenerie gezogen und ich glaube, dass ich in dieser Zeit angefangen habe, mich für das Dokumentarische zu interessieren. Seltsamerweise habe ich aus dieser Zeit kaum Fotos und so ist die kleine Spindmarke eins meiner wenigen greifbaren Erinnerungsstücke aus dieser Zeit. Ich halte sie in Ehren.

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