Raketenstartkommunikation

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… aber nicht einfacher
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Zugegeben: Ich war gestern nacht nicht mehr wach, um mir den SpaceX-Start live anzuschauen. (Da war mir der LISA Pathfinder-Start vor drei Wochen wichtiger; für den bin ich damals dann doch sehr früh aufgestanden war.)

Die Hauptmission der SpaceX-Rakete ist eher unspektakulär: setze 11 Kommunikationssatelliten aus. Ungleich spannender war, was SpaceX parallel dazu versuchen wollte, nämlich die erste Stufe unbeschadet und mit Motorenkraft wieder auf der Erde zu landen. Das hatte die letzten Male, damals noch auf einer Plattform im Wasser, nicht so recht klappen wollen.

Besonders interessant fand ich, wie SpaceX diesen Start kommuniziert hat, und zwar insbesondere das Video, das ich mir heute angeschaut habe (größer schalten lohnt sich):

Das ist schon sehr schön gemacht: Mit klarer Struktur des Bildes, unten die Zeitleiste, oben einige wenige Telemetriedaten, oben rechts ein Inset-Fenster mit zweitem Bildmaterial. Dort, wo ich bei anderen Videoübertragungen insbesondere staatlicher bzw. überstaatlicher Raumfahrtagenturen erinnere, dass dann nach dem Start nur noch Computergrafiken zu sehen waren, hat SpaceX viel schönes Livematerial von Kameras gezeigt, die mit der Rakete mitflogen.

Und wer immer da Videoregie geführt hat, hatte Respekt vor solchen Originalbildern – der glühende Raketenmotor wird dann eben eine Weile gezeigt, auch wenn gerade nichts besonderes passiert. Andere hätten da schon längst wieder weggeschnitten auf das nächste Interview, damit sich ja niemand langweilt wenn mal keine Action ist.

Das Kommentatorentrio und der Umstand, dass SpaceX offenbar hinter dem gläsernen Kontrollraum einen beachtlichen Teil seiner Angestellten versammelt hat, die mitfiebern und mitjubeln, vermitteln sehr schön die Aufbruchstimmung, die bei SpaceX herrscht (auch wenn das zwischendurch anbrechende “USA! USA! USA!” einem als Nichtamerikaner immer etwas merkwürdig aufstößt). Dass die zurückgekehrte erste Stufe dann tatsächlich ruhig landet und sicher stehenbleibt ist natürlich etwas besonderes. Bei genau diesem Aspekt hatten die Schilderungen insbesondere älterer Science-Fiction-Geschichten und die Wirklichkeit ja nun besonders deutlich auseinandergeklafft.

Sogar für die Erklärung, dass die Schwerkraft dort oben gar nicht soviel schwächer ist, sondern dass es um freien Fall geht und es keinen fundamentalen Unterschied zwischen herunterfallenden und umlaufenden Körpern gibt, war zwischendurch etwas Zeit.

Insgesamt eine sehr schöne Präsentation und ein klares Zeichen, dass SpaceX nicht nur in die Raumfahrtindustrie, sondern auch in die Berichterstattung über Raketenstarts angenehm frischen Wind bringt.

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Markus Pössel hatte bereits während des Physikstudiums an der Universität Hamburg gemerkt: Die Herausforderung, physikalische Themen so aufzuarbeiten und darzustellen, dass sie auch für Nichtphysiker verständlich werden, war für ihn mindestens ebenso interessant wie die eigentliche Forschungsarbeit. Nach seiner Promotion am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) in Potsdam blieb er dem Institut als "Outreach scientist" erhalten, war während des Einsteinjahres 2005 an verschiedenen Ausstellungsprojekten beteiligt und schuf das Webportal Einstein Online. Ende 2007 wechselte er für ein Jahr zum World Science Festival in New York. Seit Anfang 2009 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, wo er das Haus der Astronomie leitet, ein Zentrum für astronomische Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit, seit 2010 zudem Leiter der Öffentlichkeitsarbeit am Max-Planck-Institut für Astronomie und seit 2019 Direktor des am Haus der Astronomie ansässigen Office of Astronomy for Education der Internationalen Astronomischen Union. Jenseits seines "Day jobs" ist Pössel als Wissenschaftsautor sowie wissenschaftsjournalistisch unterwegs: hier auf den SciLogs, als Autor/Koautor mehrerer Bücher und vereinzelter Zeitungsartikel (zuletzt FAZ, Tagesspiegel) sowie mit Beiträgen für die Zeitschrift Sterne und Weltraum.

4 Kommentare

  1. Ja, sehr gut gemacht die Berichterstattung. Da kann vor allem die ESA noch viel von lernen, deren Starts medial wenig von der ESA, sondern mehr von Arianespace oder Roscosmos. Die stellen die Launcher und ESA kann da noch viel lernen. Teilweise wurden nur Werbefilmchen von Arianespace gezeigt und dann einige etwas verkrampfte interviews.

    SpaceX hat da wirklich verstanden wie man Informationen zeigen kann und so einen Launch für alle transparent zeigen kann. Enthusiasmus wird transportiert, da geht auch noch was bei der eher sachlichen ESA. Und dann bitte auch nicht, wie beim Gaia-Start, die Übertragung beenden, wenn Arianespace den Job des Launches erbracht hat, aber der zentrale Punkt des Satelliten (Sonnensegel entfalten) noch nicht durch ist.

  2. SpaceX übt mit seiner Medienberichterstattung vielleicht für den Start des Mars Colonial Transporters mit dem Elon Musk irgendwann der Erde entschwebt um seine letzten Tage auf dem Mars zu verbringen.

  3. Tut mir leid, aber ich habe den SpaceX-Livestream völlig anders empfunden, nämlich als eine Show, in der sich das Moderatorentrio präsentierte, statt Livebilder der mitfliegenden Kameras zu zeigen.
    Die gab es offensichtlich, mal wurden sie unkommentiert für wenige Sekunden im Hilfsfenster eingeblendet, mal war an dem Jubel der anwesenden Zuschauer zu erkennen, dass auf anderen Monitoren offenbar interessante Infos oder Livebilder gezeigt wurden.

    Da schau ich mir lieber beispielsweise eine Roskosmos-Startübertragung auf (für mich unverständlichem) russisch an, da seh ich zumindest die aktuelle Videoübertragung.

    • …da stellt sich mir dann gleich die Frage, ob der Livestream dann wirklich das ist, was ich oben als YouTube-Video eingebettet habe. Klar waren zwischendurch auch mal die Moderatoren (bzw. mindestens einer davon ja direkt an der Mission beteiligt?) zu sehen, aber während der Mission selbst dann oft nur im kleinen Fenster. Und die mitfliegenden Kameras schön lange im großen Fenster (aber “schön” ist, klar, subjektiv). Daran, dass bei Jubel ein oder zweimal etwas verzögert umgeschaltet wurde, erinnere ich ich allerdings auch.