Zeit und Symmetrie physikalischer Gesetze

Es gibt Themen, die mich immer wieder beschäftigen. Zeit ist solch ein Thema. Anfang Oktober 2010 schrieb ich einen Artikel, der sich mit verschiedenen physikalischen Vorgängen beschäftigte, die das Konzept Zeit enthalten.  Ende Oktober behandelte ich dann die Frage: Wie subjektiv ist die Zeit? In diesem Artikel ging es im Wesentlichen um Symmetrie. Ich bin aber bei der klassischen Physik stehen geblieben.

Physik ist die Suche nach Gleichartigem in der Natur. Nach Symmetrie. Exakte Gleichartigkeit physikalischer Vorgänge ist der Grund, warum sich etwas wie Zeit überhaupt definieren lässt, warum man Uhren bauen kann. Aber auf welche Art die Natur gleichmäßig ist, ist dann doch wieder überraschend.

Stecken wir zwei gleichartige Uhren jeweils in eine Kiste, so dass sie nichts von Ihrer Umwelt und vor allem nichts voneinander mitbekommen können, so werden sie im Rahmen ihrer Genauigkeit gleich gehen. Das liegt an der Symmetrie physikalischer Gesetze bezüglich Verschiebungen im Raum.

Verschiebungen in Raum und Zeit

Lassen Sie mich das erläutern: Symmetrisch ist ein geometrisches Objekt, wenn es bei einer Operation gleich bleibt. Beispiele für Operationen sind Spiegelung, Verschiebung oder Drehung. Ein gleichseitiges Dreieck ist symmetrisch bezüglich Drehungen um Vielfache von 120° und bezüglich Spiegelungen entlang der drei halbierenden Achsen. Ein Quadrat hat sogar acht solcher Achsen, ist bezüglich 90°-Drehungen symmetrisch und ist zusätzlich symmetrisch bezüglich einer Punktspiegelung am Mittelpunkt.

Die geometrische Definition von Symmetrie lässt sich auf physikalische Gesetze verallgemeinern. Danach ist ein Gesetz bezüglich Verschiebungen im Raum symmetrisch, wenn es vom Ort unabhängig überall gleich gilt. Wenn ich mein Labor um drei Meter nach Osten verschiebe, sollten alle Experimente gleich ablaufen. Bezüglich Verschiebungen in der Zeit ist ein Gesetz symmetrisch, wenn sie unabhängig vom Startzeitpunkt gleich ist. Wenn also ein Experiment heute wie morgen abläuft. Zu guter letzt können wir Symmetrien bezüglich Drehungen im Raum definieren, wenn ein Gesetz von der Richtung unabhängig ist. Oder bezüglich Spiegelungen in der Zeit, wenn ein Gesetz rückwärts wie vorwärts abläuft.

Zeit verläuft überall gleich

Zurück zur Zeit: Die oben genannten Uhren in den Kisten laufen synchron, also gleich, weil die ihnen zugrunde liegenden Gesetze symmetrisch bezüglich Verschiebungen im Raum sind. Das klingt zunächst wie ein Gesetz über den Raum, es ist aber vor allem eine Aussage zur Zeit: Die Zeit läuft überall gleich ab.

Eine weitere Eigenschaft der Zeit ist, dass sie aus ganz verschiedenartigen Prozessen extrahiert werden kann. In meinem Artikel Das Phänomen Zeit habe ich solche Prozesse beschrieben. Wir brauchen nur eine Variable in der Physik um sehr unterschiedliche Prozesse zu beschreiben und wir können mit jedem der genannten Prozesse eine Uhr bauen. Diese Uhren können miteinander synchronisiert werden.

Ich finde es bemerkenswert, dass sich jedes Geschehen im Universum mit einem Parameter Zeit beschreiben lässt, unabhängig vom physikalischen Prozess oder vom Ort des Geschehens. Nach Galileos Relativitätsprinzip kommt noch eine weitere Symmetrie hinzu: Physikalische Prozesse sollten auch vom Bewegungszustand  des Systems, in dem eine Prozess abläuft, unabhängig sein. Am einfachsten wäre das zu realisieren, wenn die Zeit unabhängig von der Geschwindigkeit immer gleich ginge.

Vom Widerspruch in der klassischen Physik…

Die Natur ist aber raffinierter. Physikalische Gesetze sind zwar unabhängig von der Geschwindigkeit, aber die Zeit ist es nicht. Von der Geschwindigkeit unabhängige Zeit führt zu einem Widerspruch zwischen Elektrodynamik und Mechanik:

Die Maxwell’schen Gesetze legen über gegenseitige Induktion von elektrischem und magnetischem Feld die Lichtgeschwindigkeit eindeutig fest. Sind nun diese Induktionen unabhängig vom Bewegungszustand des physikalischen Systems, in dem sie auftreten, so muss die Lichtgeschwindigkeit vom Bewegungszustand des Systems unabhängig sein. Mechanische Systeme werden durch Längen und Zeiten und damit definierten Geschwindigkeiten und Beschleunigungen definiert. Wenn nun Zeiten und Längen auch vom Bewegungszustand unabhängig sind, führt das direkt auf einen Widerspruch zur Unabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit vom Bewegungszustand, denn eine Geschwindigkeit ist (Weg-)Länge pro Zeit.

…zur Zeit in der Relativitätstheorie

Diesen Widerspruch löste Albert Einstein in seinem Aufsatz Zur Elektrodynamik bewegter Körper, indem er eine andere Symmetrie einführte: Anstelle gleicher Zeitläufe an jedem Ort, setzt Einsteins Relativitätstheorie auf die sogenannte Lorentz-Invarianz physikalischer Gesetzmäßigkeiten.

Anstelle eines konstanten Zeitablaufs überall postuliert die spezielle Relativitätstheorie eine komplexere Symmetrie: Physikalische Gesetze bleiben gleich, wenn Geschwindigkeiten durch eine Lorentz-Transformation ineinander überführt werden. Solch eine Lorentz-Transformation addiert nicht einfach eine Geschwindigkeit auf eine andere. Sie verlangsamt Zeit, verkürzt Abstände und ändert Gleichzeitigkeit. Das alles aber konzertiert für den gesamten Raum und die gesamte Zeit.

Für Geschwindigkeiten, die klein sind gegen die Lichtgeschwindigkeit, ist eine Lorentz-Transformation fast gleich einer einfachen Addition von Geschwindigkeiten. Deshalb glaubte man so lange an eine einfache Zeitsymmetrie. Aber so einfach ist das nicht. “Raffiniert ist der Herrgott, aber boshaft ist er nicht.” 1

Anmerkungen:
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Veröffentlicht von

www.quantenwelt.de/

Joachim Schulz ist Gruppenleiter für Probenumgebung an der European XFEL GmbH in Schenefeld bei Hamburg. Seine wissenschaftliche Laufbahn begann in der Quantenoptik, in der er die Wechselwirkung einzelner Atome mit Laserfeldern untersucht hat. Sie führte ihn unter anderem zur Atomphysik mit Synchrotronstrahlung und Clusterphysik mit Freie-Elektronen Lasern. Vier Jahre hat er am Centre for Free-Electron Laser Science (CFEL) in Hamburg Experimente zur kohärenten Röntgenbeugung an Biomolekülen geplant, aufgebaut und durchgeführt. In seiner Freizeit schreibt er zum Beispiel hier im Blog oder an seiner Homepage "Joachims Quantenwelt".

28 Kommentare

  1. Zitat:

    Ich finde es bemerkenswert, dass sich jedes Geschehen im Universum mit einem Parameter Zeit beschreiben lässt, unabhängig vom physikalischen Prozess oder vom Ort des Geschehens.

    Nun, das Wort

    Geschehen (Ereignis)

    enthält implizit bereits etwas zeitbezogenes. Deshalb sollte es nicht verwundern, dass Zeit bei der Beschreibung eines Geschehens eine Rolle spielt.

    Eigentlich lässt mich der obige Artikel über Zeit und Symmetrie vielmehr fragen, ob es überhaupt anders ginge. Ob also eine Welt denkbar wäre, in der beispielsweise baugleiche Uhren anders gingen nur weil sie beispielsweise in verschiedenen Zimmern des gleichen Gebäudes platziert wären. Eine Welt in der man beispielsweise sagen könnten im “Turmzimmer” läuft die Zeit schneller als hier im Empfangssaal. Wäre solch eine Welt überhaupt denkbar und könnte sie ohne Widersprüche funktionieren?

    Nun: Einerseits ist es ja wirklich so, dass die Zeit im “Turmzimmer” (also etwas weiter weg vom Erdzentrum) leicht anders läuft, nämlich etwas schneller als im Erdgeschoss. Andererseits ist diese Abweichung aber systematischer Natur und hat nichts mit dem “Turmzimmer” an und für sich zu tun, sondern nur mit der etwas unterschiedlichen Gravitationswirkung im “Turmzimmer” relativ zum Erdgeschoss. Es wäre etwas ganz anderes, wenn es vom Ort selber, vielleicht von der Geschichte des Ortes abhängig wäre, wie schnell die Zeit vergeht. Ich denke mir sogar, in so einem Fall würde es zu Widersprüchen kommen, ein solches Universum wäre möglicherweise in sich selbst inkonsistent.

  2. Wenn man eine mechanische Uhr aufzieht, dann fügt man ihr potentielle Energie zu. Uhrzeit vergeht dann, indem diese potentielle Energie – in kinetische Energie umgewandelt – das Uhrwerk antreibt und die Zeiger bewegt.
    Die Uhr funktioniert also wie eine Maschine – und deshalb hat der ´Zeitpfeil´ nur eine Richtung. Wer Zeit nur als das definiert, was die Zeiger anzeigen, kann mit dieser Sichtweise zufrieden und glücklich sein.
    Aber dieser Sekundäreffekt sagt eigentlich nichts über das Wesen von Zeit aus.
    Denn eigentlich müsste man die vergangene Zeit über die Abnahme der potentiellen Energiemenge definieren

    • @KRichard;
      Die potentielle Energie einer Bombe wird schneller in kinetische Energie umgewandelt als die Energie eines Papierblattes, das aus dem Fenster eines Hochhauses fällt. Was sagt das über Ihre Vorstellung und über das Wesen von Zeit aus? Was ist, wenn die potentielle Energie vollständig umgewandelt ist? Bleibt die Zeit dann stehen?

      • Wenn man Uhren in eine Kiste steckt – und sie dort von ihrer Umwelt vollkommen isoliert sind (siehe Beispiel von @Schulz) dann vergeht Uhrzeit nur solange, bis die vorhandene potentielle Energie vollständig in kinetische Energie bzw. Bewegung umgewandelt ist. Für Physiker, die Zeit als Uhrzeit definieren, bleibt nach dieser Definition die Zeit dann stehen.
        @reutlinger: Sie haben dieses Problem ganz richtig verstanden.
        Und diese Problematik war auch der Hintergrund meines ersten Artikels:
        Eine Uhr ist eine Maschine, die von einem einseitig gerichteten Energiefluss angetrieben wird. Aber ausgerechnet dieser Energiefluss wird weder definiert noch gemessen – sondern ignoriert; wenn Zeit nur als Uhrzeit betrachtet wird.
        Die Physik hat bis heute weder eine nachvollziehbare Definition für das Wesen von Zeit vorgelegt – noch sich die Mühe gemacht, vorhandene Literaturquellen zu studieren. Denn seit Jahrhunderten ist bekannt(Philosophie), dass es Zeit-DAUER in der Realität nicht geben kann. Zeit-DAUER ist nur eine subjektiv empfundene Wirklichkeit.
        (Ähnlich wie im Kino: Ein Kinofilm ist aus statischen Einzelbildern gemacht = Realität; aber wir sehen bewegte Bilder = empfundene Wirklichkeit.)

        Wenn bei der Explosion einer Bombe schneller Energie umgewandelt wird, als bei einem herabfallenden Blatt – so ist dies kein Widerspruch: denn Zeit ist relativ (wenn man das Wesen von Zeit als Energie/-menge definiert). Ähnlich ist es bei unserem Universum: geht man davon aus, dass es beim Urknall entstand, so nimmt seitdem der Energiegehalt pro Volumen unterschiedlich schnell ab (z.B. inflationäre Expansion am Anfang). Auch hier haben wir – wie bei einer Maschine – einen einseitig gerichteten Energiefluss.

  3. KRichard,
    Zeit,
    wenn man fragt was Zeit ist, macht man schon einen Fehler. Zeit ist kein Objekt über das man Aussagen machen könnte. Zeit beschreibt eher das Verhalten von mindestens zwei Objekten zueinander. Und dieses Verhalten ist abhängig von der Geschwindigkeit und der Dichte der Objekte.

    • @Robert: Ein Unterschied zwischen Esoterik und Naturwissenschaft(Physik) sollte sein, dass man von der Physik für verwendete Begriffe eine nachvollziehbare Definition erhalten muss.
      D.h. Wenn die Physik den Begriff ´Zeit´ verwendet, dann muss sie eine nachvollziehbare Aussage über das Wesen von Zeit vorlegen – und wenn sie die Zeit als Zeit-DAUER betrachtet, dann muss auch hierfür ein Nachweis erbracht werden, dass es die Zeit-DAUER in der Realität überhaupt gibt.
      Nur zu sagen: es gibt Uhren und ich kann eine Uhrzeit ablesen, reicht nicht – um sich von Esoterik zu unterscheiden.
      Sowohl die buddhistische Philosophie (seit 2500 Jahren), wie auch Bischof Augustinus (vor 1600 Jahren) gehen davon aus, dass es weder Zukunft noch Vergangenheit in der Realität überhaupt gibt und dass die Gegenwart nur eine imaginäre Grenze des Übergangs – ohne Dauer – ist. Auch Arthur Schopenhauer und Edmund Husserl gehen von einer ausdehnungslosen Gegenwart aus.
      Kurz gesagt: die Zeit-DAUER als 4. Dimension gibt es in der Realität nicht.

      Dass unsere Wahrnehmung anders ist als die Realität, ist unbestritten.(Wie leicht sich unsere Sinne täuschen lassen kann man mit jedem Kinofilm sehen.) J.M.E. McTaggert schrieb 1908 ´The Unreality of Time´ – wobei er aber nur die wahrgenommenen Zeitempfindung berücksichtigt. Und Julian Barbour schrieb 1999 in seinem Buch ´The End of Time´, dass Zeitwahrnehmung nur eine Illusion sei.
      Um bei meinem obigen Beispiel zu bleiben: Wenn eine mechanische/elektrische Uhr läuft, dann deshalb weil potentielle Energie, in kinetische Energie umgewandelt, den Antrieb des Uhrwerks bewirkt. Wenn Physik dies unberücksichtigt lässt und nur Sekundäreffekte (Zeigerstellung) als Zeit beschreibt, dann fehlt es an Grundlagen. Was eine Maschine ist und wie sie funktioniert, sollte als Schulwissen bekannt sein.

  4. KRichard,
    Sie denken wohl mehr an die Maßeinheit der Zeit, die Sekunde. Die kann man sehr wohl definieren.
    Versuchen Sie mal das Wesen Zeit in einem Satz zu definieren. So war es gemeint.
    Im MKS-System finden Sie keine Aussage über das Wesen, im SI-System auch nicht.

  5. @Robert: Heute geht man davon aus, dass es unser Universum und die Zeit seit dem Urknall gibt. Weil sich das Universum seitdem ausbreitet, nimmt der Energieinhalt pro Volumen seitdem ab, weshalb wir unser Universum im Prinzip auch als Maschine bezeichnen können; die durch einen einseitig gerichteten Fluss von Energie angetrieben wird.
    Damit besteht ein direkter Zusammenhang zwischen dem kosmischen-, thermodynamischen- bzw. dem Zeitpfeil; die immer nur eine gerichtete einseitige Richtung haben können. Aus diesem Grund kann es z.B. keine Symmetrie der Zeit geben; denn mit einer Umkehrbarkeit von Zeit würden z.B. thermodynamische Gesetze verletzt – und außerdem ist die Existenz einer Zeit vor dem Urknall nicht definiert.

    Der vorstehend geschilderte Sachverhalt war für den größten Teil der Menschheitsgeschichte nicht bekannt. Man hat deshalb Hilfskonstruktionen entwickelt, um das empfundene Vergehen von Zeit irgendwie beschreiben zu können. Dazu hat man einfach Ereignismuster gezählt und einem ´Zeit´-Wert zugeordnet: z.B. 365 Tage sind ein Jahr. Und – weil dies zu ungenau ist, hat man einer bestimmten Anzahl gemessener Schwingungen den Begriff ´Sekunde´ als SI-Einheit zugeordnet.
    Indem man gezählte Ereignismuster einem Zahlenwert zuordnet, kann man diesen Zahlenwert mit den bekannten Rechenmethoden der Mathematik weiter verarbeiten. Den Zahlenstrahl kann man mit negative/positive Zahlen beschriften oder mit Sekunden/Tagen/Jahren – gerade wie man will.
    Auf diese Weise erhält man ein brauchbares Ordnungssystem, dass zwar nichts über das Wesen von Zeit aussagt, mit dem sich aber hervorragend rechnen lässt – und: welches unserem Vorstellungsvermögen zugänglich ist.

  6. Da hatten es die (klugen) Eleaten einfacher. Für sie existierte die Welt in einer ununterbrochenen Folge von Minimalzuständen. Deren Ablauf erzeugte eine universumweit gleich ablaufende Zeit, die der Reihung der natürlichen Zahlen entsprach. (Angesprochen war natürlich der Mikrokosmos).

    Aristoteles sah das anders, denn es widersprach seinem Eindruck von Bewegung und er verband die einzelnen Zeitpunkte der Eleaten zu einer Linie. Bewegung war nun eine kontinuierliche Verschiebung des Ortes mit der Zeit.

    Damit entfiel aber zugleich die Herleitung der Zeit, die sich nun nur noch aus beobachteten Veränderungen ableiten ließ. Widersprachen sich zwei Beobachtungen ein- und desselben Vorgangs, musste sich daher die Zeit in unterschiedliche Stränge – heute Beobachtersysteme – aufteilen.

    Zugleich verlor die spätere Physik mit Aristoteles die Erklärung für Trägheit (der Masse). Mit dem Zeitbegriff der Eleaten und deren Zustandswelt durfte man annehmen, dass ein Objekt bei Bescheunigungen nicht einfach nur den Ort in winzigen Raumsprüngen verändert, sondern diese Orte (bei Beschleunigungen) mehrfach besetzt werden.

    Es entstehen dann zeitliche Dichten (!) in der beschleunigten Ortsveränderung, die sich im Makrokosmos als Trägheit äußern und sich bei Lorentz/Einstein hinter der sog. Eigenzeit verbergen.

    Mir dieser Sichtweise der Eleaten läßt sich auch die absolute Konstanz der Lichtgeschwindigkeit erklären:

    Wenn eine Ortsveränderung aufgrund zunehmender Geschwindigkeit Orte zeigt, die zunehmend weiter auseinander liegen, was zugleich Beschleunigungen entspricht, so werden diese eingenommenen Orte mit der eben hergeleiteten Trägheit mehrfach besetzt werden. Zeitliche Dichten erscheinen.

    Aus diesem Grunde erscheinen Objekte mit zunehmender Geschwindigkeit immer träger, es scheint in diesen zeitlichen Dichten auch (auf die mehrfach besetzen Orte) verkürzt und auch die Zeit steht ihm zunehmend scheinbar still, weil es ja trotz Ortsveränderung in den mehrfach besetzen Orten den Ort nicht verändert.

    Und so fort.

    Auf jeden Fall glaube ich, dass Einsteins Formalismus ohne Fehler ist und auch die richtigen Ergebnisse voraussagt, dass er aber eben keine Realität beschreibt. Es gibt meines Erachtens keine Raumzeit, sondern nur variabel große Raumsprünge und variable zeitliche Dichten, die in gegenseitiger Kopplung auftreten.

    Das ist dann das, was Einsteins Raumzeit auf einem Umweg erfasst. Denke ich. Doch besser, man denkt so etwas nicht laut 😉

  7. Da bereits spekuliert worden ist, spekuliere ich einmal mit und frage:
    Was wäre, wenn Zeit eine Eigenschaft wäre, die Eigenschaft des Raums?
    So, wie beispielsweise die Rundheit einer Kugel die Eigenschaft ist, die sie als Kugel konstituiert.

    Ich kann eine Eigenschaft nicht denken ohne das Objekt, das sie konstituiert: eine Rundheit per se ergibt keinen Sinn, weil eine Eigenschaft etwas ist, das einem Objekt zu_eigen_ ist.
    Ich kann auch kein Objekt denken ohne die Eigenschaft, durch die es konstituiert ist: eine Kugel ist eine Kugel aufgrund ihrer Eigenschaft, rund zu sein.

    Angenommen also, Zeit wäre eine den Raum konstituierende Eigenschaft – ohne Rundheit keine Kugel, ohne Zeit kein Raum – , welche Art von Eigenschaft wäre sie? Sicher keine körperliche, auch keine stoffliche. Aber sie bleibt eine Größe …

    Würde sich durch diese Annahme für die Physik etwas ändern, und wenn ja, was würde sich ändern? Oder ändert sich nichts, und die Fragen bleiben dieselben?

    • Nein, es würde sich nichts ändern. Die Annahme, dass Zeit eine Eigenschaft des Raums, genauer eine Symmetrieeigenschaft der Raumzeit, ist, passt ganz gut zu dem, was ich in diesem Artikel geschrieben habe, oder?

      • Vielen Dank, Ihre Antwort hatte ich erhofft, bzw. erwartet, und Symmetrieeigenschaft der Raumzeit fasst es noch besser.

        Ja, ich finde auch, dass meine Annahme sehr gut zum Inhalt Ihres Artikels passt Deshalb habe ich sie hier auch gestellt. 🙂

  8. @Trice: geht man davon aus, dass es Zeit seit dem Urknall gibt, dann kann sich Zeit seit damals nur einseitig gerichtet verändern (da Zeit vor dem Urknall nicht definiert ist) – damit kann Zeit nicht symmetrisch sein und der ´Zeitpfeil´ ist einseitig gerichtet.
    Geht man weiter davon aus, dass unser Universum beim Urknall aus konzentrierter Energie entstand, dann haben wir zwei Parameter: a) Energie, b) Volumen des Universums
    Veränderungen im Universums kann man daher mit ´Energie pro Volumen´ ausdrücken. Allerdings sind Volumenveränderungen linear (kubisch) – wogegen Veränderungen des Energiegehalts variabel sein können. Z.B. breitet sich aktuell das Universum mit zunehmender Geschwindigkeit aus – wobei die Gesamtmenge an Energie im Universum immer gleich bleibt (Energieerhaltungssatz).
    Deshalb kann man Zeit nicht dem Volumen zuordnen, sondern nur über Veränderungen des Energiegehalts beschreiben.
    Der Energiefluss im Universum ist einseitig gerichtet – der Energiegehalt pro Volumen nimmt ständig ab – deshalb kann man das Universum im Prinzip auch als Maschine betrachten (die durch einen einseitig gerichteten Energiefluss (heiss > kalt) angetrieben wird)
    Man kann daher nur einen Zusammenhang zwischen ZEIT und Energiegehalt annehmen – oder das ´Wesen von Zeit´ als Energie/-menge beschreiben.
    (Auch eine Uhr ist im Prinzip eine Maschine, die durch einseitig gerichteten Energiefluss angetrieben wird. Da der Antrieb per Federspannung oder Batterie keiner Volumenveränderung entspricht, zeigt sich hier, dass das Volumen keine Rolle spielt)

  9. Die Welt entsteht aus einer Folge von Ereignissen. Deshalb ist Zeit (ohne die es Ereignisse gar nicht geben könnte) für mich etwas Elementares. Genauer: Die Realität wird aus der Unbestimmtheit, die es in der Quantenbeschreibung gibt, durch “Messungen”, durch Interaktionen erzeugt. Im Moment der Messung/Interaktion entsteht die Realität, die wir wahrnehmen können. Das bedeutet auch, dass die Realität niemals “fertig”, niemals abgeschlossen ist, sondern sich mit jeder Interaktion weiterentwickelt. Weiter folgt aus der Tatsache, dass die Realität sich aus einer Folge von “Wellenfunktionskollapsen” konstituiert, dass die Zukunft nicht prädestiniert, sondern offen ist, denn bei jedem solchen Wellenfunktionskollaps spielt der Zufall eine Rolle.

    • Ergänzung: die Wahrscheinlichkeit, die man für das Resultat einer Messung nach einem Wellenfunktionskollaps (heute als Dekohärenz interpretiert) angibt, bedeutet inhärent, dass ein solcher Kollaps, eine solche Dekohärenz, zeitassymetrisch ist. Wahrscheinlichkeiten machen nur nie Richtung Sinn, nämlich von der Vergangenheit in die Zukunft.

  10. @KRichard

    Danke für Ihre Antwort, sie war nur nicht, wonach ich gefragt habe. Ich will nicht wissen, wovon man derzeit ausgeht. Ich möchte nur wissen, ob, und wenn ja, was, sich für die Physik als Wissenschaft (etwas) ändern würde, wenn man davon ausginge, dass Zeit eine Eigenschaft des Raums wäre.

    • Für seriöse Antworten muss man sowohl Annahmen wie auch Begriffe definieren.
      Die Physik hat hierbei einige Probleme; z.B.:
      A) Bisher ist das Wesen von Zeit nicht definiert. z.B. was vergeht, wenn Zeit vergeht. Oder wie im einführenden Beitrag – wenn die Möglichkeit diskutiert wird, ob Zeit symmetrisch ist bzw. gespiegelt werden kann; obwohl die Physik bisher davon ausgeht, dass der Anfang/Ursprung der Zeit mit dem Urknall beginnt und Ereignisse im Universum asymmetrisch verlaufen (einseitig gerichteter kosmischer-, thermodynamischer- bzw. Zeit-Pfeil)
      B) Bisher ist auch nicht definiert, was ´Raum´ überhaupt ist. Woraus besteht ´Raum´, wie entsteht ´Raum´. Es gibt auch hier keine nachvollziehbare Definition dazu
      D.h. wenn Sie die Zeit als eine Eigenschaft des Raumes diskutieren wollen – haben Sie zwei Begriffe, die aus wissenschaftlicher Sicht noch nicht nachvollziehbar definiert sind.

      • @KRichard

        Eigenschaft ist ein Definitionsbegriff, den man noch genauer fassen kann, was Herr Schulz getan hat.

        Nach der Definition eines Begriffs zu fragen, der bereits definiert ist, wäre im Übrigen Tautologie.

  11. @Martin Holzherr

    “Deshalb ist Zeit (ohne die es Ereignisse gar nicht geben könnte) für mich etwas Elementares.”

    Ich sehe noch nicht, weshalb die Zeit als Eigenschaft des Raums nicht etwas Elementares bleiben sollte.

    “Weiter folgt aus der Tatsache, dass die Realität sich aus einer Folge von „Wellenfunktionskollapsen“ konstituiert,…”

    .. so etwas haben Hameroff und Penrose behauptet, im Zusammenhang mit dem Bewusstsein. Sie meinten Bewusstein sei Quantenkohärenz in den Mikrotubuli …

    “dass die Zukunft nicht prädestiniert, sondern offen ist, denn bei jedem solchen Wellenfunktionskollaps spielt der Zufall eine Rolle.”

    Dann wäre unser Bewusstsein eine sehr große Menge solcher Zufälle… mir fällt Schrödingers Katze ein …

    Nur, es beantwortet immer noch nicht meine Frage. Warum sollte die Zukunft prädestiniert sein, wenn Zeit eine Eigenschaft des Raums wäre? Die Rundheit einer Kugel verleiht der Kugel auch nur die Fähigkeit, zu rollen. Sie sagt aber nichts über die Richtung aus,in welche die Kugel rollt..

  12. Warum sollte die Zeit eine Eigenschaft des Raumes sein? Denn wenn schon muss man fragen warum etwas ist oder sein soll und nicht umgekehrt, warum es so nicht ginge.
    Naheliegend ist doch, dass alles eine Geschichte hat, selbst der Raum. Zuerst war kein Raum oder nur eine Urzelle von Raum und dann ist dieser Raum gewachsen, expandiert bis wir das heutige Universum hatten – und der Raum expandiert weiter. Und das bedeutet eben auch, dass die Raumentstehing ein zeitlicher Prozess ist. Zuerst war die Zeit, definiert durch aufeinander folgende Ereignisse und einige dieser Ereignisse haben den Raum geschaffen oder schaffen ihn immer noch.

    • Ergänzung: Lee Smolin äussert im Interview Do Black Holes Create New Universes? Q&A With Physicist Lee Smolin die Ansicht, das Universum sei ein Computer, ein Algorithmus, der ständig am Laufen ist und durch seine Aktionen das Universum am Laufen hält, es erneuert und neu konstruiert. Das entspricht meinem eigenen Eindruck, wenn ich auch Smolins Ansicht, Universen würden aus schwarzen Löchern geboren, nicht teile.

      Reality is structured to a series of moments so that anything that is real is real in a moment of time, and if something appears to persist in time, that’s because it’s continually renewing in time, in the moments of time, which are the reality of existence. Any truth about the world is a truth about the world within time — there are no timeless truths. And most importantly, there are no laws of nature that are outside of time. Everything changes, including the laws.

    • @Martin Holzherr

      “Warum sollte die Zeit eine Eigenschaft des Raumes sein? Denn wenn schon muss man fragen warum etwas ist …”

      Diese Frage habe ich schon gestellt, und die Antwort erforderte eine genauere Klärung.
      Dekohärenz ist ein anderes Thema – aber auch deshalb habe ich die Frage gestellt, ob sich mit der Annahme etwas ändern würde.

      • Ein physikalisches Objekt unterscheidet sich von einem mathematischen Objekt gerade auch durch seine Veränderbarkeit. Die Zahl Pi oder eine mathematische Kugeloberfläche kommt ohne Zeit aus, doch jedes physikalische Objekt, sei es nur ein Photon, kann an einem Ereignis teilnehmen, kann interagieren und seine Eigenschaften ändern. Änderung bedeutet aber, dass die Zeit eine Rolle spielt. Deshalb lässt sich sagen: Ein System in dem es keine Zeit gibt, ist kein physikalisches System.
        Die Ansicht die Zeit sei eine Eigenschaft des Raumes macht für mich nur dann Sinn, wenn der Raum sich zeitlich ändern kann. Daran zweifle ich übrigens nicht. Alles was physikalisch ist kann sich in der Zeit ändern. Ich wüsste aber nicht was die Aussage “Die Zeit ist eine Eigenschaft des Raumes” überhaupt aussagen will und was sie bedeuten soll. Immerhin kann es ohne Raum wohl auch keine anderen physikalischen Objekte geben. Und physikalische Objekte werden erst durch ihre Änderbarkeit/ihre Interaktionsmöglichkeiten zu physikalischen Objekten. Und Änderbarkeit bedeutet, dass die Zeit eine Rolle spielt.

  13. Einstein hat die Zeit “verräumlicht”, ihr ähnliche Eigenschaften wie dem Raum gegeben, indem er zeigte, dass Zeit den gleichen relativistischen Transformationen unterliegt wie der Raum. Von Einstein ist es nicht mehr weit zum Blockuniversum, einem unveränderlichen, schon immer existierenden Universum, in dem ein Fortschreiten in der Zeit nichts anderes bedeutet, als an eine andere Stelle in diesem Universumsblock zu gehen.
    Zeitliche Änderungen, der Zeitverlauf sind in diesem Blockuniversum Täuschungen, denn die einzige Änderung, die es gibt, wenn man von der Vergangenheit in die Zukunft geht ist der Ort an dem man sich gerade befindet. Scheinbar hat Einstein selbst zu dieser Sicht geneigt, wird ihm doch (gemäss Smolin) die Aussage zugeschrieben:

    Einstein is famously quoted as saying that people who understand physics know that the distinction between the past, present and future is only a stubbornly persistent illusion

    Aus der Sicht der Quantentheorie, der Theorie des kleinsten und letzten also, aber ergibt sich tendenziell eine andere Sicht, denn gemäss Quantentheorie entsteht die klassische Realität in Ereignissen, die von den ersten Quantentheoretikern Wellenfunktionskollaps (heute als Dekohärenz interretiert) genannt wurden und in denen sich die mathematisch beschriebene Quantenentwicklung eines Systems mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in etwas klassisch Messbares umsetzt. In dieser Sicht entwickelt sich die Welt durch realitätskreirende Ereignisse, durch eine Folge von Dekohärenzereignissen, wobei jede Dekohärenz ein Stück Realität kreirt. Da letztlich alles was es gibt aus der Quantenwelt hervorgeht und die Quantentheorie die richtige, die primäre Theorie ist, die klassischen Theorien aber nur Annäherungen sind, liegt es nahe das Universum als durch Ereignisse kreirt anzusehen. In dieser Sicht ist die Zeit etwas reales, fundamentales, elementares und nicht nur eine weitere Dimension neben den räumlichen Dimensionen.

    • Ja. Der BBC-Artikel The Quantum Origin of Time sagt genau das und zusätzlich will er zeigen, dass die Erklärung des Zeitpfeils mit Entropie und Dekohärenz letztlich auf das gleiche hinauslaufen. Eine Art Chaos/Unübersichtlichkeit führt dazu, dass es keinen Weg mehr zurück gibt (Zitat, von mir übersetzt):

      Dekohärenz geht zurück auf die Art wie Interaktionen mit Umgebungs-Atomen, Umgebungs-Photonen, etc. Informationen über das Quantenobjekt wegtragen und diese Information verstreuen. Das ist in der Tat eine Quantenversion der Entropie. Sowohl im klassischen Fall (Entropie) als auch im Quantenfall (Dekohärenz) entsteht der Zeitpfeil durch Informationsverlust (es geht Information über den Rückwärtsweg verloren)

      Der hier zitierte BBC-Artikel ist etwas länglich, lohnt sich aber für Interessierte, denen es vor allem um das Warum des Zeitpfeils geht.
      Das Fazit dazu lässt sich auf einen einzigen Satz bringen: Wenn etwas nicht mehr ungeschehen gemacht werden kann, dann gibt es ein eindeutiges davor und danach, also das, was wir den Zeitpfeil nennen.

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