Gläserne Forschung

BLOG: Quantensprung

Versuch einer Aufklärung
Quantensprung

Der Impact Faktor von Fachjournalen ist seit seiner Einführung in den 1960er Jahren als eher unzureichendes Werkzeug, das herangezogen wird, um etwas über die Qualität wissenschaftlicher Publikationen zu sagen. Durch die Social Media kommen neue potenzielle Faktoren ins Spiel.

Seit einigen Jahren fügt etwa die Public Library of Science, PLoS, den bei ihr publizierten Artikeln weitere Kriterien hinzu. Da diese Open Access sind, kann PLoS beispielsweise zählen wie häufig ein Artikel gelesen oder heruntergeladen wurde, ob jemand Lesezeichen dafür angelegt hat oder ob der Artikel in Blogs zitiert wurde. Seit Neuestem zählt der PLoS impact explorer sogar Verlinkungen auf Twitter.

Längst tun sich Forscher selbst zusammen und versuchen den tatsächlichen Impact wissenschaftlicher Arbeiten mit neuen Werkzeugen zu ermitteln. ReaderMeter etwa zeigt Autorenprofile auf Basis von Daten der Literaturseite Mendeley. ScienceCard präsentiert metrische Daten registrierter Forscher als Visitenkarte. Die erst vor kurzem gestartete Website total-impact bezieht sogar mit ein, ob ein Artikel auf Facebook ein Like bekam.

Schon werden mit online verfügbaren Daten Forscher, Fachgruppen oder Institute durchleuchtet. Auch Microsoft ist auf diesen Zug aufgesprungen. Academic Search nennt sich deren Multifunktionstool. „Wir sind noch in der Beta-Phase“, betont Alex Wade von Microsoft, denn es passieren noch viele Fehler. Bislang sind 37 Millionen Publikationen rund 19 Millionen Autoren zugeordnet. Es entstehen umfangreiche Autorenportraits und –analysen, ohne dass die Forscher gefragt wurden. Autorenbilder holt sich das System aus dem Netz. Auch Institute sind gelistet. etwa das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei mit bislang 209 Autoren und 1992 Publikationen. Ein kurzes Klicken durch die Seite zeigt heute schon, was mit öffentlich abrufbaren wissenschaftlichen Daten künftig analysiert werden kann.  

So liefert Academic Research Hintergrundinformationen wie:
*Welche Institution ist führend auf welchem Gebiet?
*Detaillierte Vergleiche etwa zwischen Universitäten.
*Welcher Autor, hat wann wie viel publiziert?
*Wie viele Publikationen gibt es zu einem Fachgebiet an dieser Universität?
*Wer sind die führenden Autoren der Universität?

SciVal von Elsevier macht derartige Analysen ebenfalls, jedoch nicht öffentlich und gegen Geld. „Wir visualisieren Kompetenzen und Wissensfelder einzelner Forscher, Institutionen oder Länder“, erklärt Jörg Hellwig von SciVal Deutschland. Dazu werten sie Zitationen samt dem guten alten Impact Factor von 19.000 Journalen der eigenen Scopus Datenbank aus. Je nachdem was der Kunde – eine Universität, ein Ministerium, eine Forschungsgemeinschaft – will.

 


Dieser Text ist in gekürzter Fassung im Verbundjournal des Forschungsverbund Berlin erschienen.

 

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Beatrice Lugger ist Diplom-Chemikerin mit Schwerpunkt Ökologische Chemie. Neugierde und die Freude daran, Wissen zu vermitteln, machten aus ihr eine Wissenschaftsjournalistin. Sie absolvierte Praktika bei der ,Süddeutschen Zeitung' und ,Natur', volontierte bei der ,Politischen Ökologie' und blieb dort ein paar Jahre als Redakteurin. Seither ist sie freie Wissenschaftsjournalistin und schreibt für diverse deutsche Medien. Sie war am Aufbau von netdoktor.de beteiligt, hat die deutschen ScienceBlogs.de als Managing Editor gestartet und war viele Jahre Associated Social Media Manager der Lindauer Nobelpreisträgertagung, des Nobel Week Dialogue in 2012/2013 und seit 2013 berät sie das Heidelberg Laureate Forum. Kommunikation über Wissenschaft, deren neue Erkenntnisse, Wert und Rolle in der Gesellschaft, kann aus ihrer Sicht über viele Wege gefördert werden, von Open Access bis hin zu Dialogen von Forschern mit Bürgern auf Augenhöhe. Seit 2012 ist sie am Nationalen Instituts für Wissenschaftskommunikation, NaWik - und seit 2015 dessen Wissenschaftliche Direktorin. Sie twittert als @BLugger.

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