Das Social Media Gehirn

BLOG: Quantensprung

Versuch einer Aufklärung
Quantensprung

Sag mir, wie viele Freunde Du auf Facebook hast, und ich sage Dir, wie viel graue Substanz in Deinem Hirn steckt. Einen solchen Zusammenhang wollen nun Forscher am University College in London herausgefunden haben. In ihrer Studie (1) machten sie bei intensiven Social Media Networkern eine höhere Dichte der grauen Substanz in drei Hirnregionen aus (linker mittlerer Gyrus temporalis (MTG), rechter oberer Sulcus temporalis (STS) und Entorhinalen Kortex). Alle drei sind Regionen die bereits im Zusammenhang mit sozialer Wahrnehmung und assoziativem Gedächtnis stehen. Nun seien also diese Hirnregionen speziell mit Sozialkontakten in Online-Netzwerken assoziiert. Das haben MRTs von 125 jungen Facebookern (meist Studenten) ergeben.

Spannend finde ich dabei, dass diese Erkenntnis nur soweit reicht, den Zusammenhang aufzudecken. Dennoch bleibt das Henne-Ei-Problem. Haben Menschen mehr Freunde im online Leben, weil sie dichtere und damit mehr der grauen Substanz in drei Regionen des Gehirns haben? Oder verändert sich das Gehirn bei Menschen, die viel netzwerken? Es geht also wieder einmal um nichts Geringeres als die Frage, ob das Internet unser Gehirn beeinflusst oder nicht.

Dass soziale Kompetenzen und spezielle Ausprägungen im Gehirn in einem Zusammenhang stehen, weiß man übrigens aus dem ‚real life’ schon länger und ist insbesondere bei der Amygdala bekannt.


Ausnahmsweise habe ich mich, obschon ich keine Brain-Expertin bin, für dieses Thema entschieden, weil ich mich doch so sehr für Social Media interessiere.

Kanai R., Bahrami B. , Roylance R. , Rees G. (2011): Online social network size is reflected in human brain structure. Proceedings of the Royal Society. October 19, 2011. Doi: 10.1098/rsb.2011.1959

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Beatrice Lugger ist Diplom-Chemikerin mit Schwerpunkt Ökologische Chemie. Neugierde und die Freude daran, Wissen zu vermitteln, machten aus ihr eine Wissenschaftsjournalistin. Sie absolvierte Praktika bei der ,Süddeutschen Zeitung' und ,Natur', volontierte bei der ,Politischen Ökologie' und blieb dort ein paar Jahre als Redakteurin. Seither ist sie freie Wissenschaftsjournalistin und schreibt für diverse deutsche Medien. Sie war am Aufbau von netdoktor.de beteiligt, hat die deutschen ScienceBlogs.de als Managing Editor gestartet und war viele Jahre Associated Social Media Manager der Lindauer Nobelpreisträgertagung, des Nobel Week Dialogue in 2012/2013 und seit 2013 berät sie das Heidelberg Laureate Forum. Kommunikation über Wissenschaft, deren neue Erkenntnisse, Wert und Rolle in der Gesellschaft, kann aus ihrer Sicht über viele Wege gefördert werden, von Open Access bis hin zu Dialogen von Forschern mit Bürgern auf Augenhöhe. Seit 2012 ist sie am Nationalen Instituts für Wissenschaftskommunikation, NaWik - und seit 2015 dessen Wissenschaftliche Direktorin. Sie twittert als @BLugger.

7 Kommentare

  1. Meine meinung

    Ist abhängig wie lange man Internet und TV nutzt und wenn man es zu lange nutzt und nicht ausgeht wird es sicherlich beeinflusst

  2. Internet und TV

    Paul Steiner – da wäre ich vorsichtig. Mit TV hat das gar nichts zu tun. Und es geht in der Studie nicht um die Dauer der Online-Aktivität als vielmehr die Größe der Netzwerke.

  3. gute Netzwerker

    Hmm, also ich kenne (mehrheitlich) Männer, die mittels Programmen Freunde auf Facebook oder Follower auf Twitter “generieren” und die völlig mies im Netzwerken sind. Sie merken sich weder die Menschen, noch was sie tun. Da geht es nur um die Masse. Sie sind Jäger. Ich hab mir die Studie aber nicht angesehen, um zu eruieren, ob das berücksichtigt wurde?

  4. Gebrauchsspuren

    Das Gehirn (und der Körper)verändert sich immer in den Bereichen, welche gefordert werden. Das konnte man auch schon bei Londoner Taxifahren feststellen, wo der Bereich für die Ortserkennung besser entwickelt war.

    In diesem Beispiel sagt aber die Anzahl der Sozialkontakte nichts über deren Qualität aus.

  5. Ist gar nicht sooo sicher, dass diese Korrelation von grauer Substanz in diesen Hirnarealen und Anzahl der Clickfreunde im Netz dann auch bedeutet, dass Leute mit viel von beidem, dann auch gute Netzwerker sind. Viel graue Substanz an einer Stelle besagt zwar viel Aktivität, eine Lerngeschichte, aber nicht zwingend, ob diese konkreten Hirnregionen z.B. nun die Funktion Netzwerken antreibt oder unterdrückt…

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