Medienstress

BLOG: Psychologieblog

Das menschliche Miteinander auf der Couch
Psychologieblog

Wenn mein Handy vibriert, dann spür’ ich
Irgendwer interessiert sich für mich

Ich habe jetzt nur noch Mail-Verkehr,
über DSL, so rein virtuell

über SMS – ganz ohne Stress
und ist der Akku leer, läuft gar nichts mehr*

Laptop auf: Mails checken, Artikel lesen, Information suchen. Mist. Schon wieder. Die Verbindung ins WWW ist unpässlich momentan. Unklare Ursache. Zeitfresser. Alltagsbelästigung. Internetdienste erleichtern viele alltägliche Verrichtungen: Finanzen, schriftliche Korrespondenz, Organisation von Terminen und soziale Beziehungen. Alles gleichzeitig. Schnell und … effizient?

Natürlich ist es wesentlich effizienter mit ein paar Klicks Überweisungen zu tätigen als in die Bank zu laufen. Allein der Hin- und Rückweg. Dauert sicher eine halbe Stunde oder mehr. Zeitfresser. Und hier mit Hilfe meines personifizierten Internets brauche ich nur ein paar Minuten. Und kann zusätzlich noch ein paar Nachrichten lesen, Kommentare beantworten, Mails schreiben, ein Buch bestellen, bei ebay nach den Fahrradpreisen kucken, Artikel lesen, Videos schauen … Huch. Schon wieder drei Stunden um. Ist ja alles Recherche beruhige ich mich.

Zwischen Information und Wissen besteht ein kleiner, aber feiner Unterschied. "Wissen ist Macht, Information nicht."*

Ist es nur logisch, dass mehr Information zu mehr Wissen führt? In den Weiten des Internets jede Information hinsichtlich ihrer Qualität zu prüfen verlangt schon einige Aufmerksamkeit und kognitive Kapazität. Man klickt sich so durch: Information, Meinung, Werbung, Unterhaltung, Nachrichten, Werbung.

„Kann man Hegels Phänomenologie des Geistes begreifen, während man sich auf StudiVZ tummelt?“ fragt die Zeit. Das können Sie gerne ein Mal ausprobieren:

Wenn nämlich das Wahre nur in demjenigen oder vielmehr nur als dasjenige existiert, was bald Anschauung, bald unmittelbares Wissen des Absoluten, Religion, das Sein – nicht im Zentrum der göttlichen Liebe, sondern das Sein desselben selbst – genannt wird, so wird von da aus zugleich für die Darstellung der Philosophie vielmehr das Gegenteil der Form des Begriffs gefordert. (Hegel, Phänomenologie des Geistes, S. 13)

Begreifen wir bald nur noch inhaltliche Bruchstücke, schön in die gewohnten Kernaussagen der Online-Welten zerlegt? Julia Semmer, Institut für Anglistik der Universität Halle-Wittenberg, ist von dieser Entwicklung überzeugt: „Die Studenten tun sich immer schwerer mit dem Schreiben zusammenhängender Klausuren. Konditioniert auf das Herumsurfen im Netz, stoppeln sie sich per Copy-and-paste zwar Texte zusammen, durchdenken aber nur mühsam eine komplexe Aufgabe.“

Ha, die Verbindung ist wieder da! Kann ich ja diesen Beitrag ins Netz stellen. Ähm, was wollte ich sagen?

Quellen:

Die Zeit: „Verzettelt im Netz
*Daniel Lewis (1996), britischer Psychologe
*frei nach Titel 11 auf meiner Itunes-Liste, Barbara Schöneberger

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Veröffentlicht von

Katja Schwab ist Diplom-Psychologin, Kommunikations- und Verhaltenstrainerin, systemische Körperpsychotherapeutin und zur Zeit in Ausbildung zur tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapeutin.

11 Kommentare

  1. “Hegel, Phänomenologie des Geistes, S. 13”

    Wenn ich so etwas lese, muß ich Schopenhauer doch recht geben, obwohl mich seine Abneigung gegen Hegel eher amüsierte. Gierte Schopenhauer doch nach jenem Lehrstuhl Hegels, den er selber gerne inne gehabt hätte. Was sich sagen läßt, läßt sich einfach sagen oder gar nicht. (->Wittgenstein)

  2. @ Katja

    Katja – ich habe ein Herz für Säufer, denn ich bin selber einer. Aber warum belästigst Du uns mit dem Zitat dieses versoffenen schwäbischen Schwachkopfes, das hinter einer verunglückten grammatischen Form einen Inhalt zu verbergen sucht, den es nicht hat?

    Das Zitat ist WIDERLICH. Es ist sprachlich widerlich, es ist grammatisch widerlich, es ist ästhetisch widerlich. Es ist der satzgewordenene Anspruch eines professuralen Knallkopfes, hinter der verdrehten grammatischen Form etwas zu verbergen, was man inhaltlich nicht zu sagen hat. Er sagt nämlich in seiner ekligen Schwurbelmanier nichts mehr, als dass Begriff und Berichte nur ein fader Ersatz für Erleben seien. Es hat gar keinen Sinn, sich länger daran abzuarbeiten: es ist eine Platitüde, die sich – sprachlich verschwiemelt – als Philosophie tarnt. Als eine Philosophie, die dann hinterher doch alles auf den Begriff vom “Geist” bringt.

    Man wäre wirklich besser beraten, sich 20 Minuten hirnlos surfend im Netz zu tummeln, als zu versuchen, diesem schwafeligen Totengräber des Idealismus irgendeinen Sinn abzugewinnen.

    gezeichnet:
    Arthur Schopenhauer

  3. @ Helmut

    Nun, “die Zeit” kam auf die Idee … ich wollte nur beim Selbsttest Hilfestellung leisten, falls man klassische Hegel-Lektüre nicht sofort zur Hand hat. Dieses Zitat ist der letzte Satz den ich in der Phänomenologie des Geistes gelesen habe. Du hast recht, man hätte wahrscheinlich auch einen auf den 13 Seiten davor herausfischen können.
    Ich halte mich mit Wertungen aber besser zurück, denn ich habe es schließlich nur bis Seite 13 der Primärliteratur geschafft … und das ist nun auch schon ein Jahrzehnt her.

  4. @ Hilsebein

    Dietmar,

    geht es Dir auch so? Bei Hegel Tiefsinn und Schwachsinn, Geschwurbel und Gedrechseltes zu unterscheiden, ist eminent schwer. Ich stehe zu meiner Behautung, dass das Zitat, um das es hier geht, fast völlig inhaltsleeres Geschwafel eines schwäbischen Rotweinsäufers ist.

    Ich stehe aber auch zu der Aussage, dass Hegels Sätze über die Identität (die berühmte Kritik des “A=A”, das die Aussage “A nicht = A” impliziert) zum tiefsinnigsten gehört, was je gedacht worden ist.

    Der Mann ist mir ein Rätsel. Ich wäre vermutlich in Schopenhauers Vorlesungen gegangen. Denn eines ist sicher: sprachlich ist Hegel ein Idiot, der eine Zunge im Maul hatte, die seine Gedanken erstickte, und eine Feder in der Tinte, in der sein Genius ersoff.

    Arme Sau…

  5. Weniger Infos können befreiend sein

    Ich hatte letztens die Situation, dass alle meine abonnierten Feeds verschwunden waren. Dabei fühlte mich erstmal nervös, am Ende aber auch befreit.

    Zuviele Infos stürzen wie eine Flut auf einen herein, die richtige Menge durch den eigenen Filter zu lassen, die eigene “Medienkompetenz” walten zu lassen – wer bringt einem das bei?

    Man selbst, wenn überhaupt? Ein harter Weg…

  6. @ Wicht

    Helmut,

    Ich habe Antisthenes im Ohr: “Eine Aussage ‘A ist A’ ist zwar wahr, aber bedeutungslos.
    Eine Aussage ‘A ist B’ ist zwar bedeutsam, aber falsch, da B nicht A ist.” Soweit, wie ich das beobachten kann, nähern sich A und B an, in dem Sinne, wie es Nietzsche einmal schrieb:

    “Kannst du an deinen Freund dicht herantreten, ohne zu ihm überzutreten?”

    Das Leben bleibt spannend! Was mich an Hegel abstößt, sind Begrifflichkeiten, die ohne Anschauung sind und im Münchhausentrilemma enden.
    “das Sein desselben selbst” -solche Hülsen sind eine Beleidigung für den menschlichen Verstand!

  7. @ Hilsebein

    Dietmar,

    hätts’te mir das mit dem Antisthenes nicht früher sagen können – das hätte mir drei Seiten Hegel-Lektüre und drei Stunden Gegrübel, was er eigentlich sagen wollte, erspart. Jedenfalls ist es dem, was Antistenes sagt, sehr ähnlich…

    Grüße
    Helmut

  8. Nachtrag @ Wicht

    Wichtig ist noch eins: A und B haben beide recht und unrecht zugleich. Es muß ein vermittelndes Prinzip geben, da es sonst zu einem Kurzschluß kommt und Wahn oder Erlösungsphantasien drohen!

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