Illusion des Multitasking

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Das menschliche Miteinander auf der Couch
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Simultanten sind Simulanten

Das Faxgerät spuckt im Minutentakt Unterlagen aus, das Telefon klingelt, der Posteingang zeigt drei neue Nachrichten und ein Kollege platzt ständig mit mehr oder weniger wichtigen Fragen ins Büro. Im Auto auf dem Weg in den Feierabend wird zwischen den Radiosendern hin- und hergezappt, beim Einkauf werden SMS geschrieben, beim Abendbrot klingelt das Telefon, die Fernsehsender wechseln noch schneller als die Radiosender im Auto, beim Blick in die Internet-Nachrichten wird fleißig gechattet.

Zeitfresser Multitasking

Die Wissenschaft schlägt Alarm: „Der Mensch ist nicht in der Lage, erfolgreich mehrere Dinge auf einmal zu tun“, denn das Gehirn sei der Mehrfachbelastung nicht gewachsen. Multitasking-Aufgaben widersprechen der Arbeitsweise der grauen Zellen und dem ökonomischen Denken. Da der Mensch sich nicht vollkommen auf mehrere Aufgaben gleichzeitig konzentrieren kann, werden mehr Fehler gemacht und wertvolle Zeit bei deren Korrektur verschwendet. „Ein Autofahrer, der sich auf den Gegenverkehr und sein Telefongespräch zu konzentrieren versucht, hat deshalb keine Kapazitäten mehr frei, um auf den Fußgänger am Fahrbahnrand zu reagieren.“

Das ist erstaunlich in Anbetracht der enormen Gehirnleistung, wenn es um die Wahrnehmung geht z.B. schnell verschiedene Eindrücke auf einmal zu verarbeiten. In Sekundenschnelle schätzen wir unseren Gesprächspartner ab oder scannen eine ungewohnte Situation auf mögliche Gefahren. "Paradoxerweise versagen wir gerade deswegen im bewussten Multitasking, weil wir es nahezu ununterbrochen auf der unbewussten Ebene schon tun", erläutert der Münchener Hirnforscher Ernst Pöppel.

Immer schön der Reihe nach

Das Gehirn ist mit der Bewältigung von simultanen Aufgaben überfordert, wenn es nicht nur wahrnehmen, sondern auch reagieren muss.

Zu viele Aufgaben, die in zu kurzer Zeit auf das Gehirn einstürmen, verursachten einen Entscheidungsstau (…) Mindestens zwei Regionen im präfrontalen Cortex, die für die Auswahl der passenden Reaktionen zuständig sind, funktionieren demnach wie eine Art Flaschenhals: Handlungsanweisungen gelangen nur langsam und der Reihe nach hindurch.

Und was ist die Moral von der Geschicht'? Multitasking lohnt sich nicht.

Quelle: Spiegel Online: Immer der Reihe nach statt Multitasking

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Veröffentlicht von

Katja Schwab ist Diplom-Psychologin, Kommunikations- und Verhaltenstrainerin, systemische Körperpsychotherapeutin und zur Zeit in Ausbildung zur tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapeutin.

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