Fischer ausgesperrt

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Umwelt sind Du und ich
Öko-Logisch?

Fischernetz (Foto: Patricia Wolff/Pixelio)

Wer auch in zehn Jahren noch Fisch essen möchte, der hat es heute schwer: Kaum eine Fischart lässt sich guten Gewissens zubereiten, weil die Bestände überfischt sind. Obendrein zerstören industrielle Fangflotten mit ihren Grundschleppnetzen das Ökosystem am Meeresboden. Seit zwei Wochen ist die Umweltschutzorganisation Greenpeace deshalb dabei, das Naturschutzgebiet Sylter Außenriff zu schützen – indem sie es quasi einmauert.

Rund 1000 Natursteine mit einem Gewicht von mehr als einer Tonne versenken die Umweltschützer zur Zeit rund um das Sylter Außenriff. Grundschleppnetze würden daran hängen bleiben, der zerstörerische Fischfang, der sonst nur unterirdische Steinwüsten zurück lässt, wäre unmöglich. Fischereiverbände reagierten entrüstet. Tenor: Wenn das Netz hängen bleibt, kentert das Schiff, ertrinken die Fischer. – Na ja. Die Kausalität in dieser Aufzählung sei mal dahin gestellt. Sicher ist, dass die Fischer informiert sind und somit nicht versehentlich sich selbst versenken werden.

Sicher sind vor allem aber auch zwei andere Punkte: Zum einen wären da die Selbstverpflichtung Deutschlands, den Verlust an Artenvielfalt aufzuhalten und Schutzgebiete einzurichten, sowie die EU-Verpflichtung, bis 2020 einen „guten Meereszustand“ zu erreichen. Das Steinriff vor Sylt ist ein seltenes Biotop, das sogar Schweinswale anlockt.

Zum anderen ist sicher, dass die Fischerei sich selbst das Grab schaufelt, wenn sie so weiter macht. Grundschleppnetze wurden ja erst erforderlich, da viel zu hohe Fangquoten traditionelle Fangmethoden erfolglos werden ließen. Inzwischen kommen Satelliten, Hubschrauber und Radar zum Einsatz, um die letzten Fischschwärme aufzuspüren. In den Meeren lebt kaum noch Fisch in fortpflanzungsfähigem Alter: In der Nordsee gibt es fünf Mal weniger geschlechtsreifen Kabeljau als noch vor 20 Jahren. Wenn nun Grundschleppnetze auch die letzten Bestände zerstören, ist fraglich, ob nicht viele Arten unwiederbringlich aussterben.

Viel Geld lässt sich dann als Fischer nicht mehr verdienen, selbst wenn man den Meeresboden umpflügt. Die Welternährungsorganisation schätzt, dass von den weltweit kommerziell genutzten Fischbeständen 52 Prozent bis an ihre Grenze genutzt, 17 Prozent überfischt und sieben Prozent bereits erschöpft sind. Übrigens werden weltweit jährlich 20 Millionen Tonnen des Fischfangs als ungewollter Beifang tot oder schwer verletzt wieder ins Meer geworfen – ein Drittel des gesamten Fangs.

Wenn Sie beim Einkauf selbst etwas tun wollen, achten Sie auf ökologische Zucht oder wählen Sie Karpfen, Hering, Seelachs oder Makrele – die einzigen vier Arten, deren Verzehr laut Greenpeace zur Zeit noch akzeptabel ist.

Foto: Patricia Wolff/Pixelio

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Björn Lohmann ist freier Wissenschaftsjournalist und Trainer für Onlineredakteure. Sein Anliegen ist es, die wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen zu hinterfragen, die unser aller Leben maßgeblich beeinflussen - denn nicht immer sind die Prioritäten von Forschern, Unternehmern und Politikern die besten im Interesse der Gesellschaft. In seiner Freizeit rettet Björn Lohmann die Welt, weil er findet, dass es sich mit ihr einfach netter lebt.

1 Kommentar

  1. Kleine Info zur Ergänzung

    Nicht nur entrüstet, sondern auch tätig zeigen sich die Fischereiverbände:

    “– „Wegen Untätigkeit“ hat der Verband der deutschen Kutter- und Küstenfischer laut eigenen Angaben die Bundespolizei verklagt. Die Fischer wollen, dass die Umweltorganisation Greenpeace ihre „Steinwurfaktion“ vor Sylt stoppt. Seit Wochen versenken die Naturschützer Felsbrocken vor dem Sylter Außenriff, um das Fischen in diesem Schutzgebiet zu verhindern. 150 der geplanten 1000 Steine sind bereits am Meeresboden. Mehrere Behörden hatten die Aktion für illegal erklärt. „Legal oder illegal – das ist nicht der Kern. Die Frage ist, wie können wir dafür sorgen, dass die Fischer auch morgen noch genug fangen“, sagt Greenpeace-Sprecher Björn Jettka.

    Die Fischer wollen vor Gericht eine Verfügung erwirken, die die Polizei zwingt, eine sofortige Unterlassungsverfügung auf der Grundlage der Polizeigesetze zu erlassen. „Die ganze Küste kann nicht begreifen, dass niemand Greenpeace daran hindert, das Gesetz zu brechen. Wie soll ich denn meine Leute davon abhalten, das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen?“, fragt Joachim Dettmann, Vorsitzender der Landesvereinigung der schleswig-holsteinischen Krabbenfischer. „Wir müssen verhindern, dass es eine ‚Seeschlacht‘ mit Greenpeace gibt. Das wären doch die Bilder, die Greenpeace provozieren will.“”

    So die heutige Meldung in den nordfriesischen Tageszeitungen des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages (shz).

    (Dettmanns polemische Hyperbel bedarf hier vermutlich keiner näheren Entgegnung. Doch das sei nur am Rande erwähnt.)

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