Faktor Tod, ungläubige US-Amerikaner und das Primat der Politik

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Ein bisschen konkreter wurde es, als es um politische Werkzeuge ging. Deutlich wurde: Es gibt eine Menge erfolgreicher Werkzeuge, doch die funktionieren nur dann, wenn die Menschen sie verstehen – was sie oft erst rückblickend tun. Und noch etwas war auf dem Podium rot-grüner Konsens: Die Bundesregierung gefährdet das Momentum, das die grüne Wandlung im letzten Jahrzehnt ergriffen hat.

Faktor 5 ist bei der Energieeffizienz möglich

Weniger CO2 und trotzdem reich – das geht, behauptet Ernst Ulrich von Weizsäcker. Nachzulesen in seinem neuen Buch, das jetzt „Faktor 5“ heißt, weil es auch in China vertrieben werden soll – wo „Faktor 4“, der Titel des Vorgängers, so etwas hieße wie „Faktor Tod“. Ein Einsparungsfaktor 10 ist sogar möglich bei Gebäuden und der Beleuchtung, rechnet von Weizsäcker vor. Und nennt ein international wichtiges Beispiel: Zement. Würde der statt in China in Europa beispielsweise aus Kraftwerksasche hergestellt, könnte auch diese Energiebilanz um den Faktor fünf besser werden. Zement sei einer der Hauptgründe, weshalb sich China Klimazielen verweigere, so von Weizsäcker.

Acht Jahre Bush bremsen die USA noch heute

Weniger CO2 und trotzdem reich, das ist aber auch etwas, was viele Menschen nicht glauben, vor allem in den USA, wie Jennifer Morgan vom World Resources Institut betont. Acht Jahre Bush hätten in den USA die Unterstützung für ökologischen Wandel schwinden lassen. Obendrein müssen die USA in kurzer Zeit nachholen, was in Europa über Jahre geschehen ist. Ob die Ölkatastrophe da einen Sinneswandel bewirkt, bezweifelt Morgan. Amerikaner liebten schließlich ihr billiges Benzin. Dennoch ist sie optimistisch, dass das Land Emissionen vermeiden kann: Selbst wenn die Klimaschutzgesetze nicht durchkommen sollten, kann die Regierung über die Environmental Protection Agency Emissionsgrenzwerte vorschreiben und auf diesem Weg die – wenig ehrgeizigen – 17 Prozent erreichen.

Aktuelle Regierung trägt kaum etwas bei zu Effizienzgewinnen in Deutschland bis 2015

Jürgen Trittin lenkte den Blick schließlich auf politische Werkzeuge, die erst die rot-grüne Regierung und auch noch die große Koalition in Berlin im letzten Jahrzehnt auf den Weg gebracht haben – und auf einen großen Widerspruch. Der einzige Bereich, bei dem immer Einigkeit zwischen allen Parteien herrscht, ist die Effizienzsteigerung. Jeder ist dafür. Doch geht es an konkrete Werkzeuge, blockieren manche: Der Emissionshandel wurde als Untergang Deutschlands bezeichnet, ähnliches galt für Ökosteuer und EEG. Inzwischen sind die Instrumente erfolgreich und international kopiert. Bis 2015 wird der Energieverbrauch in Deutschland um neun Prozent sinken. Sechs davon gehen auf eben diese alten Instrumente zurück. Die jetzige Bundesregierung wird kaum etwas beisteuern. Positiv sieht Trittin nur, dass der Koalitionsvertrag vorsieht, bis 2020 40 Prozent CO2 einzusparen. Bloß: Bleibt die EU bei 20 statt 30 Prozent, bedeutet das, dass sich der Rest Europas auf Kosten Deutschlands ausruhen kann. Ein Wandel sei jedenfalls nur möglich, wenn das Primat der Politik vor der Wrrtschaft ebenso gilt,wie das der Erneuerung über den Strukturerhalt.

Atomkraft blockiert Investitionen und Emissionshandel

Zustimmung kommt von Matthias Machnig, Wirtschaftsminister in Thüringen. Er sorgt sich, dass vor allem das Nichtregieren der Kanzlerin das Momentum abbremst, dass in den letzten Jahren in den Wandel gekommen ist. Atomkraft blockiere schon jetzt den Emissionshandel, und die weitreichende Kürzung der Solarförderung habe allein in Thüringen Investitionen von einer Milliarde Euro verhindert. Konkret fordert er, Dinge wie das Top-Runner-Modell einzuführen, also das effizienteste Gerät zum Mindeststandard zu machen. Außerdem müssten die 250 Milliarden Euro Beschaffungskosten der öffentlichen Hand nach Nachhaltigkeitskriterien vergeben werden und gezielter in die richtige Forschung und Bildung investiert werden – auch jetzt in der Krise. Die große Transformation sei tatsächlich mal etwas, das „alternativlos“ ist, selbst für Schwarz-Gelb.

Na ja, das war ja schon mal etwas konkreter, und ich verspreche, es wird noch praktischer. Allerdings ist das Programm so dicht gepackt, dass ich immer mehr mit dem Bericht hinterher hinke, und frühestens wohl heute Abend weiter berichten werde.

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Björn Lohmann ist freier Wissenschaftsjournalist und Trainer für Onlineredakteure. Sein Anliegen ist es, die wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen zu hinterfragen, die unser aller Leben maßgeblich beeinflussen - denn nicht immer sind die Prioritäten von Forschern, Unternehmern und Politikern die besten im Interesse der Gesellschaft. In seiner Freizeit rettet Björn Lohmann die Welt, weil er findet, dass es sich mit ihr einfach netter lebt.

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