Der Norden, der Süden und die Möglichkeit nachhaltigen Wachstums

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Umwelt sind Du und ich
Öko-Logisch?

Greening the Economy Logo (Foto: Böll-Stiftung)

In den letzten Wochen sind eine Menge Dinge geschehen, die aus ökologischer Sicht der Betrachtung wert sind. Doch ich schulde meinen Lesern noch zwei Themenblöcke der Great-Transformation-Konferenz, die ich zuerst nachreichen möchte: mögliche Partnerschaften zwischen Ländern des Nordens und des Südens, sowie die ewige Frage nach dem Wachstum – brauchen wir Wachstum und ist das dauerhaft nachhaltig möglich?

Waldschutz ist schnellster und billigster Klimaschutz

Allein die Waldrodung in Indonesien hat einen doppelt so großen Einfluss auf das Klima wie ganz Großbritannien, berichtete Frank Momberg von Fauna & Flora International. Er verweist auf eines der wenigen guten Ergebnisse von Kopenhagen: REDD+. REDD steht für „Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation“ und wurde mit der Plus-Version erweitert um „conservation, sustainable management of forests and enhancement of forest carbon stocks“. Kurzum: die Wälder der Entwicklungsländer könnten mehr Aufmerksamkeit bekommen, weil ihr Erhalt nicht nur das Klima schützt, sondern für Nord wie Süd zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor wird. 30 Milliarden US-Dollar könnten jährlich für die so verringerten Treibhausgase fließen, schätzt die UNO. Kein Weg, die globalen CO2-Emissionen zu verringern, sei schneller und günstiger, als die Wälder zu erhalten.

Nachhaltige Entwicklungshilfe braucht Wissenstransfer

Alina Averchenkova von der First Climate AG verwies auf ein Problem mit dem „Clean Development Mechanism“ (CDM): In den Entwicklungsländern sind sich noch immer viele nicht der Möglichkeiten bewusst, die damit verbunden sind. Der CDM soll die den Industrieländern entstehenden Kosten zum Erreichen der vertraglich festgelegten Reduktionsziels senken und Entwicklungsländern eine ökologisch nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung durch einen Zufluss an Geld und Technologie ermöglichen. 40 Prozent aller CDM-Projekte hätten hätten einen Wissenstransfer mit sich gebracht, was im Sinne nachhaltiger Förderung der Entwicklungsländer zu begrüßen sei. Dennoch müssten die Menschen dort dringend geschult werden, wie sie CDM-Projekte richtig planen und managen. Wichtig sei es auch, den privaten Sektor zu stärken. Geld dürfe nicht immer nur an Regierungen fließen, da die oft nicht wüssten, wie sie es wirkungsvoll einsetzen können.

Klimaschutzprogramm mit zu hohen Hürden

Diesen letzten Punkt unterstrich auch Stephen Mutimba von Camco Kenya. Noch immer machten Holz und Holzkohle 80 Prozent der Energiequellen aus, obwohl der Kontinent reich an Wind und Sonne ist – ideale Grundlagen für wirtschaftlich für ökologisch wertvolle Public-Private-Partnerships. Mutimba kritisierte auch das National Adaptation Program of Action (NAPA), das ärmsten Ländern ihren Beitrag zum Klimaschutz ermöglichen soll. Die meisten Programmentwürfe seien reine Pläne geblieben, weil Mittel aus dem Glboal Environmental Fund nur schwer zu bekommen seien – man müsse einen „globalen Nutzen“ nachweisen. Für die meisten Regierungen sei NAPA daher Zeitverschwendung. Mutimba fordert stattdessen einen Global Climate Fund.

Notwendigkeit des Wirtschaftswachstums ist unumstritten

Interessant und auch fürs Publikum erstaunlich blieb die Abschlussrunde am Nachmittag: Keiner der Redner auf dem Podium stelle die Notwendigkeit ewigen Wachstums infrage. Im Gegenteil, ohne Wachstum werde es nicht idyllischer, weil beispielsweise Alters- und Sozialsystem unterversorgt würden, sagte sogar Ralf Fücks, Präsident der ausrichtenden Böll-Stiftung. Zudem sei weiteres Wachstum unvermeidlich, allein durch die wachsende Weltbevölkerung und den Nachholbedarf der meisten Länder der Erde. Wichtig sei es allerdings, das Wachstum vom Ressourcenverbrauch abzukoppeln.

Langfristiger Nutzen ist schwer zu vermitteln

Michael Ettlinger vom Center for American Progress lieferte eine Erklärung, weshalb dieser notwendige der Gesellschaft so schwer fällt: Es sei ein großer Schritt von der Erkenntnis, dass Wachstum wie bisher nicht mehr geht, hin zum Gedanken „aber wir haben einen Plan“. Auf Menschen, die durch den Wandeln ihren Job verlieren, wirke die Existenz dieses Plans wenig überzeugend. Die Psychologie stehe gegen den Wandel, weil Menschen immer größere Risiken in Handlungen als im Stillhalten sehen.

EU hat in der Krise zu wenig in Nachhaltigkeit investiert

Derek Eaton von der UNEP ergänzte, dass wir nicht nur eine Klimakrise haben, sondern auch Wirtschafts-, Finanz-, Wasser-, Nahrungs- und Artenvielfaltskrise. Dass sich die Wirtschaft 2011 erholt haben soll, löse weder Probleme noch vermeide es weitere Krisen. Denn während China ein Drittel und Südkorea sogar vier Fünftel der Krisenhilfen in Projekte des nachhaltigen Wandels gesteckt haben, habe die EU diesen Bereich nur mit marginalen Mitteln bedacht.

Industrieländer sollen "low carb and rich" vorleben

Jiahua Pan, der die Chinesische Akademie der Sozialwissenschaften (CASS) vertrat, kritisierte das Vorgehen der Industrieländer: Es genüge nicht, Gelder zu geben und zu sagen: „Spart CO2 ein.“ Stattdessen müssten die Industrieländer erst einmal vorleben, dass Wohlstand und wenig Emissionen gleichzeitig möglich sind.

Bruttoinlandsprodukt ist kein guter Indikator

Dazu passten die einleitenden Worte des Grünen Reinhard Bütikofer: Wohlstand und Entwicklungsstand eines Landes dürften nicht länger am GDP, also dem Bruttoinlandsprodukt gemessen werden. Es müssten andere Maßstäbe her, unter denen ein nachhaltiges Wachstum beschrieben werden könnte.

Konferenzfazit: Spannende Einzelheiten, zu wenig zur Nachahmung

Schnell noch ein Fazit der Konferenz, bevor ich manche der dort thematisierten Probleme in den nächsten Wochen noch mal intensiver diskutieren werde: Es gab eine ganze Reihe Impulse mit teils interessanten Details, doch was an mancher Stelle fehlte, waren zwei Dinge: Vertreter weniger „grüner“ Positionen, so dass mehr Diskussion aufgekommen wäre, und konkrete Beispiele aus der ganzen Welt, wie die große Transformation tatsächlich funktionieren kann.

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Björn Lohmann ist freier Wissenschaftsjournalist und Trainer für Onlineredakteure. Sein Anliegen ist es, die wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen zu hinterfragen, die unser aller Leben maßgeblich beeinflussen - denn nicht immer sind die Prioritäten von Forschern, Unternehmern und Politikern die besten im Interesse der Gesellschaft. In seiner Freizeit rettet Björn Lohmann die Welt, weil er findet, dass es sich mit ihr einfach netter lebt.

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