Das neue “Spektrum der Wissenschaft” – Eine Besprechung des Relaunchs

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Spektrum der Wissenschaft, Ausgabe 1-2011

Am Montag erscheint die neue Ausgabe von Spektrum der Wissenschaft. Es ist die Ausgabe, in der der alte Chefredakteur Reinhard Breuer den Staffelstab an den neuen, Carsten Könneker, übergibt. Diesen Zeitpunkt hat das SdW-Team genutzt, das Heft sanft zu überarbeiten. Ob das gelungen ist, habe ich mir auf Wunsch von Carsten vorab angeschaut.

„Direkt der Druckerei“ entreißen wollte Carsten die neue Ausgabe, um sie mir zu schicken. Als ich den Brief dann öffnete, spielte ich schon mit der Frage, ob ich meine Besprechung mit den Worten beginnen sollte: „Das Heft riecht noch nach Druckerei.“ Tat es dann aber nicht, was die Frage klärte. Und auch die Veränderungen: Lesern, die sich nicht bewusst mit dem Layout auseinander setzen, werden viele Neuerungen vermutlich gar nicht auffallen; müssen sie aber auch nicht unbedingt, um ihre Wirkung zu entfalten.

Layout

Da ist beispielsweise die neue Schrifttype, die größer und mit mehr Zeilenabstand gesetzt ist. Sie macht das Lesen gerade bei längeren Textblöcken deutlich angenehmer und ist in meinen Augen der größte Pluspunkt des neuen Designs. Auch die jetzt konsequent eingesetzten Kapitälchen zu Beginn eines jeden Textes schmücken besser als das Quadrat von früher – wobei ich, ehrlich gesagt, auf beides verzichten könnte. Immerhin lockert das Element ebenfalls größere Textblöcke etwas auf. Bei einem textlastigen Magazin, das den Weißraum nie so überbewertet hat, wie es mancherorts seit Jahren Mode ist, kann das wohl nicht schaden.

Gleichzeitig ist die Präsentation dezenter geworden. Hervorhebungen sind weniger fett und kleiner, erfüllen ihren Zweck aber genauso gut bei angenehmerer Optik. Und noch etwas ist dezenter geworden, was Lesern wirklich auffallen könnte, schon im Inhaltsverzeichnis: Den begrifflich leicht überarbeiteten Fachkategorien ist nun keine individuelle Farbe mehr zugeordnet. Für sich betrachtet empfände ich das in einem Onlinemedium als Rückschritt, weil dort jede Orientierungshilfe – und dazu zählt eine Farbcodierung – wertvoll ist. In einem Printmagazin leistet den selben Zweck der Seitenkopf hinreichend; zumal ja die Themenfelder nicht durcheinander gehen, sondern geordnet aufeinander folgen.

Dennoch hat diese Entscheidung – wie ich finde – negative Folgen: Es schwindet die meiste Farbe aus Textelementen und wird durch Grautöne ersetzt. Das alte Layout hat Farben sparsam verwendet und neben einer optischen Auflockerung so auch dem Auge Orientierung geboten, anhand von Signalwörtern bei einem längeren Text noch besser zu entscheiden, ob der Inhalt für einen interessant sein könnte.

In seinem Editorial schreibt Carsten klar, was das Layout erreichen soll: Es soll „ein unaufgeregtes, tiefes Eindringen in die jeweiligen Themen“ ermöglichen. Das ist Artdirector Karsten Kramarczik gelungen; etwas mehr „Aufregung“, die ja auch Orientierungshilfe sein kann, würde mir persönlich jedoch gut gefallen. Der Seriosität hat das kleine Mehr an Farbe im alten Design nicht geschadet, und das neue Mehr an durchgezogenen Linien und rechteckigen Formen, beispielsweise bei Autorenkästen und Kurzzusammenfassungen, nutzt ihr nicht.

Apropos rechteckig: Die Grafiken innerhalb der Text sind durchgängig rechteckig ins Layout gefügt, während diese Elemente früher auch mal „den Rahmen sprengten“ oder Text verdrängten – auch, wenn es schon früher Hefte gab, in denen dieser Stil nicht vor kam. Das ist sicher unaufgeregt und seriös, aber auch optisch langweiliger. Sollte dieser Umstand in diesem Heft Zufall und nicht Konzept sein, würde ich für den umgekehrten Trend votieren: Mehr Freiformen, weniger Rechtecke. Etwas Pepp schadet dem Niveau nicht.

Sinnvoll hingegen erscheint mir die neue Gestaltung der Rezensionen. Sie sind nun einheitlicher und übersichtlicher, die Orientierung gelingt deutlich besser.

Inhalt

Grundsätzliche Änderungen am Umfang der einzelnen Rubriken oder an den Längen der Texte sind mir nicht aufgefallen. Auch sonst hat sich am bewährten Prinzip des Hefts nichts verändert. Wünschen würde ich mir etwas mehr Spektrogramm. Ob gerade die langen Stücke wirklich immer die dargebotene fachliche Tiefe benötigen, ist vermutlich Geschmackssache. In neun von zehn Fällen dürfte der Leser fachfremd und nicht in der Lage sein, letzte Details der Methodik hinsichtlich ihrer Sinnhaftigkeit und Relevanz einzuordnen. Und dann – so zumindest mein Empfinden – erfordern solche Passagen unnötige Konzentration, was sich über einen Zehnseiter schon bemerkbar macht. Liest nicht jemand, der so viele Details zu einem Thema erfahren möchte – und umfassend begreifen kann – zu diesem Zweck Medien mit engerem thematischen Zuschnitt, vielleicht sogar reine Fachpublikationen?

Fazit

Es fällt mir schwer, die Änderungen zu bilanzieren. Ein Plus dürfte am Ende rauskommen, weil überfällige Schritte wie die luftigere Schrift und die Ordnung der Rezensionen umgesetzt wurden. Das Mehr an Grau und eckigen/durchgezogenen Formen hingegen entspricht zwar dem inhaltlichen Anspruch des Hefts. Aber ich finde, dass der sich hinreichend über das Niveau der Texte definiert, sodass ein leicht „magaziniger“ Anstrich – der letztlich die schweren Texte zumindest optisch lockert – durchaus angebracht ist. In dem Punkt gefiel mir das alte Design besser.

Carstens Wunsch nach einer Bewertung habe ich hiermit entsprochen (und hoffe, ich darf nächstes Jahr trotzdem noch nach Deidesheim kommen 😉 ). Ich frage mich allerdings, ob ich als Wissenschaftsjournalist nicht zu einer kleinen Lesergruppe mit eigenen Blickwinkel gehöre. Ein Wissenschaftler, der noch mehr als ich tagtäglich in Fachpublikationen liest, wird sich kaum von einem sehr geraden Layout verschrecken lassen oder Farbe vermissen. Und auch der wissenschaftlich interessierte Laie, der sich bewusst für das sicherlich anspruchsvollste thematisch breit aufgestellte deutschsprachige Wissenschaftsmagazin entscheidet, dürfte ähnlich denken. Insofern bin ich vor allem gespannt, ob den meisten Lesern die Änderungen auffallen, und wenn ja, wie ihre Bewertung ausfällt.

Entsprechende Kommentare von SdW-Lesern sind daher ausdrücklich erwünscht!

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Veröffentlicht von

www.buero32.de

Björn Lohmann ist freier Wissenschaftsjournalist und Trainer für Onlineredakteure. Sein Anliegen ist es, die wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen zu hinterfragen, die unser aller Leben maßgeblich beeinflussen - denn nicht immer sind die Prioritäten von Forschern, Unternehmern und Politikern die besten im Interesse der Gesellschaft. In seiner Freizeit rettet Björn Lohmann die Welt, weil er findet, dass es sich mit ihr einfach netter lebt.

6 Kommentare

  1. Neue Kästen

    Hi Björn,

    vielen Dank für Deine Online-Blattkritik und die Zeit, die Du Dir dafür genommen hast! Ich freue mich sehr, dass Dir die Rezensionen gut gefallen. Hier haben wir noch bis kurz vor knapp gefeilt. Ich bin mit dem Ergebnis ebenfalls sehr zufrieden, vor allem die neuen Kurzbesprechungen bringen mehr Varianz in diese wichtige Rubrik. Deinen Ruf nach mehr Farben kann ich nachvollziehen, komme aber – wie Du Dir denken kannst – zu anderen Schlüssen 🙂
    Was mich interessieren würde: Bei den Hauptartikeln haben wir unsere zwei Standardkästen auf systematischere Basis gestellt: Einleitend bringt der „Auf einen Blick“-Kasten die wichtigsten Infos des jeweiligen Beitrags zur schnellen Orientierung der Leser auf den Punkt. Und am Artikelende geben wir wie immer die wichtigsten Quellen (=Fachpaper) an, führen aber zusätzlich noch separat redaktionelle Tipps auf für die weitere Lektüre oder zu spannenden Webseiten. Erfüllen diese Kästen aus Deiner Sicht ihre Zwecke?
    Liebe Grüße
    Carsten

  2. Infokästen

    Hallo Carsten,

    ich habe noch einmal gründlich verglichen, um meinen bisherigen Eindruck zu bestätigen: Ich finde, dass die Kästen früher wie in der neuen einheitlichen Form gleichermaßen ihren Zweck erfüllen. Die Quellen wirken jetzt aufgeräumter, und über den Artikel hinausführende Hinweise begrüße ich als Leser immer.
    Ob ich bei der Kurzzusammenfassung die Nummerierung anstelle einer einfachen Auflistung wie früher besser finde, weiß ich nicht. Es ist ja nicht (immer) so, dass da drei inhaltlich gleichwertige Kernthesen beieinander stehen, sondern dass in drei Schritten der Inhalt des Textes zusammengefasst wird. Unsicher bin ich auch, ob diese konsequente Beschränkung auf drei Punkte einem Artikel unabhängig von seiner Länge und inhaltlichen Komplexität immer gerecht wird. Konkret habe ich bei keinen Beitrag ein Problem damit gefunden, aber vielleicht wäre es eine Überlegung, flexibel bis Zwei oder Vier zu zählen.
    Dass Ihr innerhalb dieser Kurzinfos keine Schlagworte mehr fettet, gehört vermutlich zum Konzept des dezenteren Layouts. Grundsätzlich finde ich solche Hervorhebungen gut, aber da die Kurzzusammenfassung selbst schon einen Kondensierung ist, wäre das an der Stelle vielleicht etwas viel des Guten, weshalb ich es im neuen Layout nicht vermisse.

  3. 1-2-3-Kästen

    Hi Björn,

    das müssen auch nicht unbedingt GENAU 3 Punkte sein; auch 2 oder 4 gehen, je nach Inhalt. Dass wir die Begriffe nicht mehr fetten hat in der Tat layouterische Gründe. Es wirkt recht unruhig, wenn hier und da gefettete Begriffe in so einem Kasten prangen. Aber ich denke über diesen Punkt nochmal mit den Kollegen nach – gute Anregung!
    Danke nochmal für Deine Heftkritik. Und frohe Weihnachten gehabt zu haben 🙂
    Carsten

  4. Neues Layout

    Hallo,

    auch wenn ich erst 18 bin und wohl mit zu den jüngsten Abonnenten gehöre, so würde ich auch gern meine Meinung zum neuen Layout mitteilen. Da ich mit InDesign die Schülerzeitung gestaltet habe und nun die Abizeitung dran ist, schenke ich den Layouts der Zeitschriften viel Aufmerksamkeit.

    Dass Spektrum das Layout ändern würde, habe ich mir schon gedacht, als im Oktober 2010 Scientific American ein schlichteres Design eingeführt hat. Spektrum und Sciam gleichen sich von der optischen Aufmachung nun wirklich mehr als vorher.

    Am neuen Layout gefallen mir besonders folgende Aspekte:
    1. Die neuen Schrifttypen sehen edler aus. Auch bei Überschriften gefallen mir Serifenschriften.
    2. Die neue Spaltenaufteilung. Dass jetzt die beiden Spalten links sowie auch rechts bis an den Rand gehen, verbessern das Gesamtbild und erleichtern den Lesefluss.
    3. Die neuen Kästchen für Autorenangaben, Quellen etc. und auch “Auf einen Blick”. Sie sehen gut aus und sind übersichtlicher als früher.
    4. Die grafischen Darstellungen haben nun keine Überschriften in Farbkästen mehr. Diese hatten mir noch nie gefallen.

    Verbesserungswürdig ist in meinen Augen:
    1. 2-Spalten-Layout sollte im ganzen Magazin verwendet werden. Drei Spalten auf einer Seite lassen sich weniger gut lesen.
    2. Überschriften könnten abwechslungsreicher gestaltet werden. Sciam legt nun auch viel Wert auf ein dezentes Layout, doch die Formatierung der Überschriften wirkt trotzdem auf die jeweiligen Themen zugeschnitten, da die Anordnung der einzelnen Worte variiert wird und auch Absätze verändert werden.
    3. Auf dem Cover würde ich auf die blaue Rahmenfarbe verzichten und das Logo auf das Coverbild legen – wie auch beim Scientific American.
    4. Nicht Layout, aber Druck: Ich habe das Gefühl, dass nun ein dünneres Papier verwendet wird. Sollte ich mich täuschen, dann würde ich trotzdem ein etwas dickeres Papier bevorzugen, denn die Seiten scheinen etwas durch.

    Zusammenfassend möchte ich trotzdem sagen, dass mir die Aufmachung von Spektrum nun noch besser als vorher gefällt. Das Layout ist klar und lässt sich gut lesen. Ich hoffe, es bleibt nun auch so. Und ich würde mich freuen, wenn Gehirn&Geist auch dieses Layout bekommen würde.

    Mit freundlichen Grüßen,
    Yannik

  5. @ Yannik

    Lieber Yannik,
    danke für Ihren Kommentar! Ich glaube, dass nicht viele unserer Leserinnen und Leser so ein gutes Auge für die Gestaltung unserer Hefte haben. Vielleicht machen Sie ja einmal einen Beruf daraus …

    Umso mehr haben wir – das sind unser Art Director Karsten Kramarczik und ich – uns über Ihren Beitrag gefreut. Zu Ihren Anregungen in der zweiten Hälfte Ihres Kommentars: Wir unterscheiden layouterisch zwischen Rubriken und „Hauptartikeln“, also den langen Stücken, mitunter auch Features genannt. Letztere haben die von Ihnen favorisierte Gestaltung mit den zwei breiteren Spalten, erstere die klassischen drei Spalten. Rubriken sind z.B. Forschung Aktuell, Schlichting!, Mathematische/Physikalische Unterhaltungen sowie Rezensionen. Natürlich kann man darüber streiten, ob die optische Unterscheidung nach Artikelarten spitzfindig ist, wenn ohnehin in jedem Einzelfall der Inhalt im Vordergrund steht – aber an dieser bewährten Unterscheidung wollen wir festhalten. Die Gestaltung ist dann auch über ein ganzes Heft betrachtet abwechslungsreicher. Die Abwechslung bei der Gestaltung der Überschriften ist indes klar eine Geschmacksfrage. Gut möglich, dass wir dem einzelnen Artikel irgendwann auch wieder etwas mehr Freiheit an dieser prominenten Stelle gewähren! Das werden wir testen.

    Der Rahmen auf dem Cover ist ein Merkmal aller unserer Hefte – von Spektrum der Wissenschaft über Gehirn&Geist und epoc bis hin zu Sterne und Weltraum. Man kann ihn mögen oder nicht, nach unserem Verständnis trägt er auf jeden Fall zur Profilbildung (und zum schnellen Finden am Kiosk) bei. Und zuletzt: Nein, wir haben wir mit dem Relaunch kein neues Papier eingeführt. Da die Papierpreise derzeit anziehen, ist es uns leider nicht möglich, hier auf dickeres (und teureres) Papier umzusteigen. Wir hatten im Vorfeld des Relaunches mehrere neue Optionen im Verlag begutachtet, Haptik, Glänzen, Durchscheinen usw. geprüft, sind aber zu dem Schluss gekommen, dass das bisherige Papier im Rahmen des Bezahlbaren das beste ist.

    Viele liebe Grüße – und noch mal danke für Ihr Feedback
    Carsten Könneker

  6. @ Björn: Infokästen / Hervorhebungen

    Lieber Björn,

    danke nochmal für Deine Blattkritik. Deine Anmerkungen zu den Fettungen zentraler Begriffe in den “Auf einen Blick”-Kästen haben mich nachdenklich gemacht. Nach einiger Zeit des Überlegens und Prüfens verschiedener Layout-Varianten haben wir nun beschlossen, ab Heft 3/2011 die Schlüsseltermini optisch wieder hervorzuheben. Das ist eine gute Sache!

    Liebe Grüße
    Carsten

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