CO2-Abgabe für Flugzeuge – Scheindebatte ums Kohlendioxid

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Flugzeug (Foto: Nick Herbold/Pixelio) Es ist immer wieder unterhaltsam zu sehen, mit wie Wirtschaft und Politik (und manche Medien) auf Vorgaben zum Umweltschutz reagieren. Die wieder aufflammende Debatte um CO2-Abgaben für den Luftverkehr ist das jüngste Beispiel dafür. Aber nicht nur China und die USA machen sich darin lächerlich – auch deutsche Unternehmen schneiden nicht gut ab.

Erinnern Sie sich noch an die Reaktionen der Autoindustrie und mancher Medien, als erstmals Vorgaben zum CO2-Ausstoß bzw. einer CO2-abhängigen Besteuerung gemacht wurden? Vom Verlust zehntausender Arbeitsplätze war die Rede. Haben Sie damals auch so erstaunt geguckt wie ich? Das ist schon eine Aussage, die zum Nachdenken animiert. Stoßen Autos weniger Kohlendioxid aus, vernichtet das Arbeitsplätze – wie sieht da wohl die Kausalität aus? Benötigen die Unternehmen zehntausende Mitarbeiter, die dafür sorgen, dass die Autos kräftig Dreck ausstoßen – und wenn dieses Extra nicht mehr eingebaut werden darf, fallen die Arbeitsplätze dafür weg? Oder weigern wir Deutschen uns, Autos zu kaufen, wenn da nicht tüchtig Dreck hinten raus gepustet wird, so dass der Absatz von sauberen Autos sinkt?

Ähnlich kurios mutet jetzt die Argumentation aus dem Ausland an, nachdem die EU 2012 eine Abgabe für Flugzeuge einführen will, die an den CO2-Ausstoß gekoppelt ist. In den USA heißt es, das Land entscheide selbst, was richtige Klimaschutzmaßnahmen seien. Aha. Ich vermute, die USA entscheiden auch selbst, wann ein Auto sicher ist und in Deutschland fahren darf. Der TÜV oder der deutsche Gesetzgeber haben da bestimmt nichts mitzureden. Und wenn die Amerikaner harte Drogen für gesund hielten, würden sie auch selbst entscheiden, diese in Deutschland zu verkaufen.

China hingegen lernt Wirtschaftspolitik noch immer im Sandkasten. Das Land droht, europäische Airlines mit Sonderabgaben zu belegen, wenn alle(!) Airlines der Welt bei Landungen in der EU CO2-abhängige(!) Abgaben zahlen müssen. Sehen Sie die Logik? Ich auch nicht.

Leider geht es in der EU, speziell in Deutschland, auch nicht intelligenter zu. Laut „Spiegel“ soll der Bundesverband der Deutschen Luftwirtschaft unsere Bundeskanzlerin aufgefordert haben, sich bei der EU dafür einzusetzen, den Start der Maßnahme verschoben wird – weil sonst „deutschen Fluglinien Wettbewerbsnachteile drohen“. Ja, denken Sie ruhig noch ein bisschen drüber nach, das Rätsel ist nicht einfach: Weil alle(!) Airlines, die den europäischen Luftmarkt bedienen, eine Abgabe zahlen müssen, drohen deutschen(!) Airlines Wettbewerbsnachteile.

Vielleicht könnte man sagen: Die deutschen Airlines haben die ältesten und schrottigsten Flugzeuge der Welt, haben darum einen besonders hohen Dreckausstoß und sind deshalb von der Abgabe besonders betroffen. Aber das stimmt natürlich nicht. Und das gilt ähnlich wenig für andere Gesellschaften, die in Europa aktiv sind, weil allein die zu erfüllenden Sicherheitsvorgaben für eine gewisse Mindest-Modernität aller Maschinen sorgen. Aber machen wir ruhig das Gedankenexperiment – eine Gesellschaft hätte besonders alte und schmutzige Maschinen. Hätte die nun einen Wettbewerbsnachteil? Ist es nicht vielmehr so, dass sie nur einen zweifelhaften Vorteil verliert, weil sie – anders als Wettbewerber – ihre Flotte am längsten nicht modernisiert hat, also Ausgaben verschoben hat, die andere längst getätigt haben? In Kombination mit den Sicherheitsvorschriften befördert eine CO2-Abgabe eher die Wettbewerbsgerechtigkeit, weil sie alle Anbieter, die in Europa aktiv sein wollen, dazu drängt, eine ähnlich moderne Flotte einzusetzen.

Wenn die Gegner der CO2-Abgabe ihr Getöse also wirklich glauben, dann haben sie in der Tat Wettbewerbsnachteile zu fürchten – aber die stehen dann eher in Zusammenhang mit der eigenen Hirnkapazität.

Foto: Nick Herbold/Pixelio

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Björn Lohmann ist freier Wissenschaftsjournalist und Trainer für Onlineredakteure. Sein Anliegen ist es, die wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen zu hinterfragen, die unser aller Leben maßgeblich beeinflussen - denn nicht immer sind die Prioritäten von Forschern, Unternehmern und Politikern die besten im Interesse der Gesellschaft. In seiner Freizeit rettet Björn Lohmann die Welt, weil er findet, dass es sich mit ihr einfach netter lebt.

8 Kommentare

  1. Wettbewerbsnachteil

    Den Nachteil dürfte es eher im Wettbewerb mit Bahn, Bus und Auto im innerdeutschen/innereuropäischen Verkehr geben.

  2. Es ist natürlich ein Wettbewerbsnachteil der vorwiegend in Europa agierenden Fluggesellschaften, den Gesellschaften gegenüber die vorwiegend auf anderen Kontinenten agieren. Aber niemand muss befürchten, dass die Gesellschaften die Abgabe selber tragen werden, denn so sicher wie das Amen in der Kirche wird diese auf die Passagiere umgelegt.
    Die Chinesen sehen allerdings, dass ihre Maschinen nun in Europa Geld liegen lassen müssen, das sich die EU in den Säckel stopft. Wohl aus diesem Grund herrscht dort eine gewisse Verstimmung.

    Schade finde ich, dass Steuern und Abgaben nicht zweckgebunden verwendet werden müssen, sondern in einem allgemeinen Topf verschwinden. Hätte man die Einnahmen der Öko-Steuer nur für die Forcierung der erneuerbaren Energien verwendet, wären wir da heute schon viel weiter. Hier findet sich dazu eine schöne Tabelle: http://de.wikipedia.org/…rgesetze_in_Deutschland

  3. @Carl

    Es wäre nur dann ein “Wettbewerbsnachteil der vorwiegend in Europa agierenden Fluggesellschaften, den Gesellschaften gegenüber die vorwiegend auf anderen Kontinenten agieren”, wenn letztere ihre europäischen Flüge “quersubventionierten”. D.h. im außereuropäischen Geschäft durch die fehlende CO2-Abgabe so hohe Gewinne erwirtschafteten, dass sie die europäischen Flüge deutlich günstiger anbieten könnten als vorwiegend in Europa agierende Fluggesellschaften.

  4. @Björn

    Ich seh das so wie Carl, der Wettbewerbsnachteil wird größer verkauft als er ist und dabei kommen so konfuse Begründungen zustande.

    Da es mittlerweile jede Menge populärer websiten gibt die den persönlichen Co2Footprint durch CO2-Außstoß/Tätigkeit berechnen, habe ich den Eindruck, dass das ein bischen stinkt.
    Sehr oft, wenn wir uns ökologischer Verhalten sparen wir bares Geld, dass zusätzlich ausgegeben werden kann. Deswegen würde mich mal der CO2-Ausstoß/(Tätigkeit*Geld) interessieren. Wie stark ist dieser Wert gestreut und wie stark ist der Wert gestreut für die Erwartung was man dann tatsächlich mit dem restlichen Geld machen würde?

  5. @ udo

    Wenn außereuropäisch agierende Gesellschaften wegen nicht anfallender CO2 Kosten mehr Gewinn machen können, dann drückt sich das auch beim Aktienkurs und bei der Dividende aus. Konkurrenz gibt es auch wenn man gar nicht im selben Luftraum fliegt.

  6. Wirksame CO2-Abgabe: Weniger Fliegen

    Eine CO2-Abgabe, die das Fliegen selbst nicht begrenzt, sondern nur die CO2-intensivsten Flieger aus dem Verkehr zieht, bewirkt wenig, denn heutige Flugzeuge sind schon recht effizient (verglichen mit dem Auto) und die maximal möglichen CO2-Reduktionen beim Fliegen liegen eher bei 30% als bei 40 %. Das bewirkt also wenig, wenn der Flugverkehr wie bisher um 8% pro Jahr zunimmt.

    David MacKay schreibt im Kapitel Planes seines Buches Sustainable Energy without the hot air, dass ein einziger Interkontinentalflug über 10’000km pro Person und Jahr gleich viel Energie benötigt wie eine 1 Kilowattheizquelle, die ununterbrochen läuft. Und der CO2-Ausstoss ist dementsprechend und es gilt sogar:

    Flying creates other greenhouse gases in addition to CO2,
    such as water and ozone, and indirect greenhouse gases, such as nitrous
    oxides. If you want to estimate your carbon footprint in tons of CO2-
    equivalent, then you should take the actual CO2 emissions of your flights
    and bump them up two- or three-fold.

    Folgendes Zitat aus dem Mund eines Flugbetreibers kann deshalb als wohlinformiert betrachtet werden:


    The best thing we can do with environmentalists is shoot them.

    Michael O’Leary, CEO of Ryanair

    Die einzige Möglichkeit weiterzufliegen und sich trotzdem der CO2-Neutralität anzunäheren wäre Biotreibstoff. Doch der hat seine eigenen Probleme. Heute würde ein verstärkter Biotreibstoffeinsatz darauf hinauslaufen, die Nahrung zu verteuern und damit den weltweiten Hunger zu vergrössern.

  7. Fliegen gibt Agrotreibstoffen Auftrieb

    Der Artikel Klimaneutrale Agrotreibstoffe sind ein Phantom in der NZZ vom 9.08.2011 beginnt mit dem Einsatz von Agrotreibstoff in den Lufthansa-Fliegern, denn diese bietet kliamfreundliches Fliegen von Frankfurt nach Hamburg an: Der Airbus, der diese Strecke bediene sei mit 25% Pflanzenöl betankt. Tatsächlich ist – wenn schon – das Fliegen der noch sinnvollste Einsatz von Agrotreibstoffen, gibt es doch kaum Alternativen zu einem Verbrennungsmotor für den Flugzeugantrieb. Tina Goethe, die Autorin des erwähnten Artikels kommt jedoch zum Schluss, dass Agrotreibstoffe heute nur Unheil anrichten, vor allem dadurch, dass sie der Landwirtschaft wertvolle Landreserven entziehe – und das vor allem in den Entwicklungsländern. Es läuft also auf Fliegen gegen Land und gegen Nahrung heraus. So werden Bauernfamilien in Kolumbien gewaltsam durch Paramilitärs von ihrem Land vertrieben, damit dort Biotreibstoffe angebaut werden können. Zudem steigen durch den Biotreibstoffanbau die Nahrungsmittelpreise. Zitat: In der gnadenlosen Hierarchie der Kaufkraft kommen jene, für die Mais noch ein Grundnahrungsmittel ist, ganz am Schluss.

    Der letzte Satz des Artikels passt hier gut zum Thema:
    Dass man die knapp 500 Kilometer lange Strecke zwischen Hamburg und Frankfurt am klimafreundlichsten mit dem Zug zurücklegt – in nur vier Stunden -, geht dabei glatt vergessen.

  8. quote Martin Holzherr
    … und die maximal möglichen CO2-Reduktionen beim Fliegen liegen eher bei 30% als bei 40 %. Das bewirkt also wenig, wenn der Flugverkehr wie bisher um 8% pro Jahr zunimmt.
    /quote

    Oh Mann 🙁

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