Rabbi Sacks – Europa stirbt mangels Religion

BLOG: Natur des Glaubens

Evolutionsgeschichte der Religion(en)
Natur des Glaubens

In Deutschland soll es immer noch Leute geben, die den Bundesbanker Thilo Sarrazin für einen mutigen Querdenker halten. In Wirklichkeit aber richtete der Sozialdemokrat seine Provokationen bislang stets nur gegen öffentlich ohnehin angegangene Gruppen: Berliner, Beamte, arme Menschen, Muslime. >

Prof. Dr. Jonathan Sacks, Oberrabbiner (Chief Rabbi) der United Hebrew Congregations of the Commonwealth, ist da schon ein anderes Kaliber. In seinen Reden und Büchern verknüpft er jüdisch-orthodoxe Traditionen mit liberaler Philosophie und moderner Wissenschaft, um vorherrschende Überzeugungen der Eliten in Frage zu stellen. So löste seine Hayek-Lecture „Morals and Markets“ von 1998, in dem er die evolutionäre Religionstheorie des Wirtschaftsnobelpreisträgers auslegte und auf dieser Basis vor schrankenloser Marktwirtschaft warnte, unter Ökonomen Betroffenheit und eine intensive Debatte aus und wurde zu einer der erfolgreichsten Reden, die am traditionsreichen Institute of Economic Affairs je gehalten wurde. (vgl. Erwähnung im Hayek-Post vom März 2008) >

Rabbiner Sacks wurde von der englischen Königin 2005 zum Ritter erhoben und am 27.10.2009 als Baron von Aldgate in das House of Lords berufen. Im Jahresvortrag vor „Theos“ am 4.11.2009 griff er u.a. Themen der Säkularisierungs- und Freiheitstheorien, Evolutionsforschung und des durchschnittlich höheren Kinderreichtums religiöser Menschen auf und attestierte ein „Sterben Europas“. Innerhalb weniger Tage löste der Vortrag eine lebhafte Debatte in der englischen Öffentlichkeit aus. Die vorliegende Übersetzung erfolgte aus Eigeninitiative und ohne Haftung. Hier in „Natur des Glaubens“ steht Ihnen außerdem ein (moderierter) Bereich zur Verfügung, um auch deutschsprachige Meinungsäußerungen zu ermöglichen. Ich wünsche Ihnen eine auf- und anregende Lektüre! >

Lord Chief Rabbi Sacks

Den englischen Originalvortrag von Chief Rabbi Sacks, Lord of Aldgate, finden Sie per Klick hier.

Eine deutsche Übersetzung – ohne Gewähr – von "Religion im Britannien des 21. Jahrhunderts" finden Sie hier.

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

32 Kommentare

  1. Artikelkommentar

    Hallo Herr Blume,

    ich weiß ja nicht, ob dieser Herr Sacks
    wirklich ein “anderes Kaliber” ist, aber dem verlinkten Vortrag kann ich nur die Note 3-4 geben.
    Sehr oberflächlich und auch noch logisch falsch.

    Zitat:
    “It is our last best hope if we seek to find meaning, … , in concepts like freedom, justice, human dignity, compassion, love, forgiveness and hope.”

    Und daraus schließt Herr Sacks nun, dass
    man Religion braucht, um “meaning in life” zu finden.
    Ähm. Also entweder ich übersehe etwas Offensichtliches, oder das scheint mir eine, nett gesagt, unintelligente Aussage zu sein. Was genau haben all die Konzepte (Frieden, Liebe, usw..) genau mit Religion zu tun?
    Also meiner Meinung nach GAR NICHTS!

    Grüße,
    naturemath

  2. @ naturemath

    Hmm, haben wir da den gleichen Vortrag gelesen? Rabbi Sacks leugnet doch gar nicht, dass Religion auch anders – z.B. fundamentalistisch – ausgelegt werden kann, vielmehr warnt er ausdrücklich davor – und will dem eine Religiosität entgegen setzen, die sich mit den genannten Werten verbindet.

    Was ist denn daran auszusetzen?

  3. @ Blume

    Hallo,

    vielleicht sollte ich etwas weiter ausholen.

    Er erzählt zuerst darüber, warum der Markt, die Politik, die Wissenschaft und die Philosophie dem Leben keine Bedeutung geben können. (Dieser Abschnitt des Textes ist meiner Meinung nach sehr oberflächlich.)

    Und dann folgert er ohne auch nur ein ernsthaftes Argument zu bringen, dass nur die Religion die Antworten auf diese Fragen (Who am I? Why am I here? How then shall I live?) liefern kann.

    Das finde ich einfach lächerlich und für jemanden, der einen “Prof.” Titel trägt, sehr unangebracht.

    Mehr wollte ich eigentlich mit meinem letzten Kommentar nicht ausdrücken.

    “Rabbi Sacks leugnet doch gar nicht, dass Religion auch anders – z.B. fundamentalistisch – ausgelegt werden kann,…”

    Wo habe ich das behauptet?

    “Was ist denn daran auszusetzen?”

    Es ist nichts daran auszusetzen, wenn sich die Religion mit Themen wie Gerechtikkeit, Mitgefühl, … beschäftigt.
    Aber zu unterstellen, dass das von Natur aus die Themen der Religion SIND, finde ich etwas gewagt.
    Als ob man Religion so zu definieren hätte:
    “Religion ist die Gesamtheit der Denkvorgänge und Handlungen, die sich mit den Themen: Liebe, … beschäftigen”.

    Also das ist zumindest nicht meine Definition von Religion.

    Schönen Gruß,
    naturemath

  4. @ naturemath

    Lieben Dank für Ihren Kommentar!

    Ich hatte das Argument von Rabbi Sacks – der hier ja gerade auch als studierter Philosoph und erfreulicherweise in komprimierter Form (m.E. eher schon etwas lang) sprach – etwas anders aufgefasst. Demnach verwies er darauf, dass Markt, (demokratisch-freiheitlicher) Staat, Wissenschaft und auch Philosophie “nach ihrem jeweiligen Selbstverständnis” (!) keine verbindlichen Letztbegründungen für Lebenssinn anbieten könnten.

    Das ist doch eine Hypothese, die sich leicht widerlegen ließe: z.B. durch den Verweis auf einen durch die Vertreter dieser Institutionen gemeinsam (also nicht nur individuell bzw. relativistisch) vertretenen Sinnkonzeptes. Ein solches ist mir in der Tat nicht bekannt.

    Dagegen verweist Sacks darauf, dass von diesen Institutionen nur Religion bzw. der Glaube an Gott (er spricht hier von den abrahamischen Religionen) eine solche Letztbegründung liefern könne – die z.B. Familien, Kinder und Gemeinschaften stärken, aber auch fundamentalistische und Konflikte verschärfende Formen annehmen kann.

    Deswegen vertritt er die Auffassung, dass Gesellschaften einerseits den bleibenden Wert und die bleibenden (z.B. demografischen) Funktionen von Religionen anerkennen, die Religiosität aber auch in Richtung der genannten, konstruktiven Werte entwickeln sollten.

    Aber zu unterstellen, dass das von Natur aus die Themen der Religion SIND, finde ich etwas gewagt.

    Das sagt er doch gar nicht, im Gegenteil: Er warnt doch explizit vor dem “Hurrikan” intoleranter Fundamentalismen, die haltlosen Relativismus demografisch und politisch bedrohen könnten. Deutlicher kann man m.E. Befürchtungen kaum formulieren…

    Als ob man Religion so zu definieren hätte: “Religion ist die Gesamtheit der Denkvorgänge und Handlungen, die sich mit den Themen: Liebe, … beschäftigen”.

    Diese Definition konnte ich bei ihm partout nicht finden – Konflikte, Intoleranz, Kompromißlosigkeit etc. benennt er doch explizit auch – und zwar ausdrücklich als Probleme der Religion!

    Andersdenkenden eine Position zu unterstellen, die diese gar nicht bezogen haben, um diese dann zu widerlegen, nennt man ja das Aufbauen eines “Strohmannes”. Könnte es sein, dass Sie sich über einen solchen ärgern, nicht aber über den realen Rabbi? 🙂

  5. Im Wissen das sinnstifende schöpferische Wort verstehen

    Hallo Herr Dr. Blume,

    wenn ich nicht auch davon ausginge, dass das Betriebssystem menschlicher Wesen ein zeitgemäßes Gottes- bzw. Schöpfungsbewusstsein bedarf, damit sie (nicht nur wissen, was vernünftig wäre, sondern)sich wirklich im Sinne der Schöpfungsordnung bzw. Gesamtheit (somit auch des Selbst-sinnes), “schöpferisch vernünftig” verhalten, würde ich hier nicht schreiben.

    Letztlich ruft selbst Gregor Gysi in der Berliner Zeitung “Kompass” nach Religion, was ihm dann von den den Brights in der ” Natur des Zweifels” krumm genommen wird.

    Doch ist damit die Arbeit schon getan?
    Ist das, was Rabbi Sacks der Religion zuweist, wirklich ihr Sinn? Kann eine Religion Sinn stiften, weil das weder Markt, Politik noch Philsophie und Wissenschaft möglich ist?

    Denn “geben” kann den Sinn des Lebens weder Wissenschaft, noch Philosophie oder eine politische Obrigkeit. Doch ebenso wenig kann dies die Religion. Deren Aufgabe kann nur die kultgerechte Vermittlung eines realen Sinnes sein, der sich aus dem Wissen um das Werden, den natürlichen Zweck des großen Ganzen ableiten muss.

    Nur die Wissenschaft beschreibt die reale Welt, das natürliche Werden von Kosmos und Kultur, damit das, was für Gläubige als schöpferische Gesamtheit gilt und sinnvoll ist. Wäre es daher nicht auch “Natur des Glaubens”, genau daraus den schöpferischen Sinn allen menschlichen Lebens abzuleiten?

    Ich denke, Sacks wirft die Flinte zu schnell ins Korn, wenn er die Philosophie aufgibt und sich in Predigt einen Sinn vorsetzen lassen will bzw. ihn selbst schriftgelehrt predigt.

    Hat die Evolutionslehre den Zweck der Naturprozesse widerlegt, wie Sacks sagt? Oder hat sie ihn wiedergefunden und belegt ihn auf empirische Weise in allen natürlichen Prozessen? Selbst der Evolutionsbiologe Thomas Junker (im Vorstand der GBG) zeichnet in “Der Darwin Code” einen externen Sinn nach, für den sich bisher nur die Schriftglehrten zuständig sahen. Er beschreibt dort einen ganz natürlichen Lebenssinn, den sich kein Wesen und keine Wissenschaft und Organisation selbst setzen kann.

    Hat daher die Synthese von Juden (nicht Christen, wie er schreibt, denn die sind erst daraus geworden) und Hellenisten wirklich schon ausgedient? Bleibt uns nichts anderes, als den Sinn unseres Seins in alten Buchstaben, Traditionslehren zu begründen?

    Sacks vergleicht unsere Zeit mit der der Skeptiker und Epikureer. Doch waren da nicht auch Stoiker, die den Sinn des Seins in einer kausalen Ordnung sahen, die sie in der Bezeichnung Logos auf einen Begriff brachten? Einen aus monistischer Welterklärung abgeleiteten Sinn/Logos, den dann – wie ich denke – die Kirchenväter kultgerecht begreiflich machten in der bekannten menschlichen Jesus-Gestalt.

    Hoffnung macht mir daher auch der Hinweis Sacks auf eine Sprache des Lebens, die heute selbst in der DNA nachzuzeichnen ist.

    Ich glaube, wenn im Dialog von Wissenschaft und Religion, nach der Sacks verlang, eine gemeinsame Sprache wieder als das Wort nachgedacht würde, das am Anfang des Monotheismus galt und das zur Zeitenwende in menschlicher Person (Aufgabe, Rolle Jesus)der Welt vermittelt wurde, das könnte echt “sinnvoll” sein.

    Gerhard

  6. @ Blume

    Hallo Herr Blume,

    ich glaube wir reden einfach aneinander vorbei.

    Nein, ich glaube nicht, dass ich mir einen “Strohmann” aufbaue, sondern die Aussagen von Herrn Sacks sehr gut verstehen kann.
    Aber gerade, weil ich sie sehr gut verstehe,
    sehe ich auch, dass diese nicht gerade vor Genialität leuchten.

    Das mit der “Definition der Religion” war kein Kommentar aus dem Text. Vielleicht haben Sie die Anführungszeichen verwirrt?

    “Dagegen verweist Sacks darauf, dass von diesen Institutionen nur Religion bzw. der Glaube an Gott (er spricht hier von den abrahamischen Religionen) eine solche Letztbegründung liefern könne – … “

    Ähm, und gerade das betreite ich ja. Keine Religion kann Antworten auf die seiner Meinung nach wichtigen Menschheitsfragen liefern! Religion hat, wenn man es genau nimmt, noch nie eine Antwort auf irgendeine Frage gefunden.
    Dabei setze ich eine Mindestqualität der Antwort voraus: Die Antwort “Gott hat es gemacht.” auf die Frage, wie das Universum entstanden ist, ist keine Antwort im klassischen Sinne, da diese nichts erklärt.
    Vielleicht können Sie mir ja eine einzige Frage nennen, auf die Religion eine Antwort gefunden hat? Danach suche ich nämlich schon länger :-).

    “Das sagt er doch gar nicht, im Gegenteil:…”

    Natürlich sagt er das:
    Zitat:
    “It is our last best hope if we seek to find meaning, as people in the Abrahamic monotheisms have always tried to do, in concepts like freedom, justice, human dignity, compassion, love, forgiveness and hope.

    And that is why religion will never be obsolete, so long as we continue to be the meaning-seeking animals. That is why religion survived.”

    Also zu sagen “And that is why…”, ohne auch nur ein Argument gebracht zu haben finde ich, wie schon vorher gesagt, sehr schwach.

    “Demnach verwies er darauf, dass Markt, (demokratisch-freiheitlicher) Staat, Wissenschaft und auch Philosophie “nach ihrem jeweiligen Selbstverständnis” (!) keine verbindlichen Letztbegründungen für Lebenssinn anbieten könnten.”

    Man müsste erst einmal sauber untersuchen, was der Lebenssinn überhaupt sein soll/kann/darf.
    Wieso kann Wissenschaft keinen Lebenssinn geben? Warum kann es Philosophie nicht?

    Sie können das genauso gut, wie Musik, Kinder, Sport, usw.
    Einen “verbindlichen” Lebenssinn kann es nicht geben, genauso, wie es keine absoluten moralischen Werte gibt. Der Lebenssinn ist RELATIV! Und genau deswegen mag ich Religion nicht. Weil Sie vorgibt, dass es absolute Maßstäbe für einen Lebenssinn geben muss,
    absolute Maßstäbe der Lebensweise, absolute Verbote,…
    Wir wären alle besser dran, wenn wir die Welt nicht in Schwarz-weiß, sondern wenigstens in Graustufen und noch besser in Farben sehen würden. Vielschichtig und vieldimensional, wie sie ist.

    Naja, ich labere schon wieder zu viel :-).

    Vielleicht lassen wir die Diskussion hier einfach sein, weil ich den Eindruck habe, dass wir uns hier sowieso nur missverstehen.
    Ich melde mich dann wieder beim Thema Meme :-).

    Viele Grüße,
    naturemath

  7. @ Blume

    Nun ja – meinen Applaus würde ich dem Rabbi Sacks nicht versagen, aber das Brillianteste an dem Votrag war meiner Ansicht nach das Zitat der Schnurre von Herrn Shaw, das ich mir bedenkenlos für ähnlich Anlässe aneignen werde.

    Oh nein – ich glaub’ ja gar nicht, dass er unrecht hat. Die Diagnose, dass vom Markt, der Demokratie, der Naturwissenschaft keine “Sinnstiftung” zu erwarten sei, findet sich in ähnlicher Form bei Schopenhauer (“die Physik sehnt sich nach Ihrer Vollendung durch die Metaphysik”, oder so ähnlich), und das unterschreib’ ich sofort.

    Ich würd’ sogar sein – und auch Dein – Argument, dass es einen Zusammenhang zwischen Areligiosität und Fortpflanzungs(miss-)erfolg gibt, konzidieren. Ob das ein ursächlicher Zusammenhang ist, das weiss ich nicht – ich will’s mal dahingestellt sein lassen.

    Einen Nebenkriegsschauplatz möcht’ ich eröffnen: Warum ist es denn von Übel, auszusterben? Könnte das nicht vielmehr der Sinn der Veranstaltung sein? “Europa vorn!”, wie schon öfters in der Weltgeschichte?

    Eine Art des Theismus, die sehr an mich ginge, wenn ich mich zum Theismus bekennen wollte (jawohl, ich eiere hier mit Absicht, ich hab’ nicht vor, mich festzulegen, ich taste fragend herum…) macht nun gerade den _Untergang_ zum Sinn.

    Es ist herrlich bizarr und morbid, und ich hab’ den Herren, der das schrieb, auch andernorts schon zitiert. Egal, ich bring’s nochmal:

    Mainländer heisst er, der müde Philosoph des Weltunterganges, und war der Meinung, dass die Welt und Gott eines seinen. Naja: Spinoza, denkt man, nichts Neues. Dann aber meint Mainländer, dass die Welt das Selbstmordprojekt Gottes sei, der seiner selbst überdrüssig wurde. Und führt die Verfasstheit der Welt als Beweis an. Um genau zu sein: den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, den absehbaren Kältetod des Universums, das Zeitalter der Eisensterne, das tote, ins endlose expandierende All…

    Ja, ich weiss, da würden jetzt alle möglichen heiteren Physiker dagegen halten, dass das Universum womöglich pulsiere, sich vielwelten-mässig in jedem Moment in parallele Universen verzweige, dass hinter schwarzen Löchern andere Kosmen kauern…

    Es ist aber absehbar, dass der Laden sich selbst den Garaus machen wird. Das Leben auf diesem Planeten insgesamt wird ein Ende haben, ebenso wie noch jede Art, die ihn je bevölkerte, ausstarb. In der langen Sukzession des “Stirb und Werde!” wird am Ende ein “Stirb!” stehen, auf das kein “Werde!” mehr folgt.

    Wenn man aus der Verfasstheit der Welt auf ihren Schöpfer schliessen darf – dann finde ich Mainländers Gott gar nicht so unsympathisch.

    Er erinnert mich an Hugo von Hoffmansthal:

    “Ganz vergessn’ner Völker Müdigkeiten kann ich nicht abtun von den schweren Lidern, noch fernhalten von der erschrocknen Seele stummes Niederfallen ferner Sterne.”

    Und womöglich bin ich dann dem Rabbi Sacks – als Vertreter des mosaischen Glaubens – dann doch recht nah. Denn der Gott der Juden, der Gott des Alten Testaments, der verspricht – soweit ich weiss – seinen Schäfchen auch nichts weiter, als dass sie tot sein werden. Keine Transzendenz, keine bessere Welt, kein ewiges Leben: nur den Tod. Und dass DER der Sinn der Welt sei: damit kann ich mich, wie gesagt, anfreunden.

    Hand anlegen? Nein, muss man nicht. Den Tod aktiv beförden, töten? Nein. Das geht alles von ganz allein.

  8. @ Wicht

    “Denn der Gott der Juden, der Gott des Alten Testaments, der verspricht – soweit ich weiss – seinen Schäfchen auch nichts weiter, als dass sie tot sein werden. Keine Transzendenz, keine bessere Welt, kein ewiges Leben: nur den Tod. Und dass DER der Sinn der Welt sei:”

    Zur Zeit von Jesus Christus gab es zwei Strömungen von Theologen. Die Sadduzäer und die Pharisäer. Die Sadduzäer glaubten nicht an die Auferstehung der Toten und konfrontierten Jesus damit. Ich will nur eine kurze Passage von ihm zitieren, die eigentlich alles sagt.

    Habt ihr nicht gelesen von der Toten Auferstehung, was euch gesagt ist von Gott, der da spricht: “Ich bin der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs”? Gott aber ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebendigen. (Matthäus 22,31-32)

    Gott will nicht den Tod. Gott will das Leben. Wobei unsere Existenz hier auf Erden nicht unbedingt das Leben ist, welches Gott meint.

  9. @ naturemath

    Danke für Ihren Beitrag, auf den ich gerne wieder eingehe.

    Ich glaube wir reden einfach aneinander vorbei.

    Nein, so streng würde ich das nicht sehen. Wir alle (!) haben bei so emotionalen Themen wie Religiosität und Religionen unser biografischen und kulturellen “blinde Flecken” und Diskussionen bieten uns die Chance, andere Perspektiven einzunehmen (wenn wir uns trauen). Ich verdanke Blogdiskussionen mit ernsthaft und fair argumentierenden Gesprächspartnern wie Ihnen, @Balanus, @Mona, @KRichard und vielen anderen sehr viel!

    Das mit der “Definition der Religion” war kein Kommentar aus dem Text. Vielleicht haben Sie die Anführungszeichen verwirrt?

    Nein, Sie haben Sacks eine Definition unterstellt und diese dann abgelehnt. Da sie auch inhaltlich in keiner Weise zutrifft, erlaubte ich mir, darauf hinzuweisen. 🙂

    Keine Religion kann Antworten auf die seiner Meinung nach wichtigen Menschheitsfragen liefern! Religion hat, wenn man es genau nimmt, noch nie eine Antwort auf irgendeine Frage gefunden.

    Ganz banal aus dem Vortrag zitiert: Religionen geben vielen Menschen Lebenssinn und z.B. Motivationen für Kinder (Gott “Seid fruchtbar und mehret Euch!” etc.). Dass die “Antworten” und Formulierungen des Lebenssinns z.B. der Amischen Sie und mich nicht überzeugen, sollte uns nicht davon abhalten, anzuerkennen, dass sie glücklich und reproduktiv erfolgreich sind.

    Die Antwort “Gott hat es gemacht.” auf die Frage, wie das Universum entstanden ist, ist keine Antwort im klassischen Sinne, da diese nichts erklärt.

    Genau. Es ist keine wissenschaftliche Antwort, sondern eine religiöse.

    Vielleicht können Sie mir ja eine einzige Frage nennen, auf die Religion eine Antwort gefunden hat? Danach suche ich nämlich schon länger :-).

    Wie der Rabbi schon schrieb: Viele Menschen finden Lebenssinn in Religionen, vielen beantwortet Religion, warum man Ehe(n) und Familie anstreben sollte, wo doch so viele konkurrierende Angebote bestehen.

    Zitat:
    “It is our last best hope if we seek to find meaning, as people in the Abrahamic monotheisms have always tried to do, in concepts like freedom, justice, human dignity, compassion, love, forgiveness and hope.

    And that is why religion will never be obsolete, so long as we continue to be the meaning-seeking animals. That is why religion survived.”

    Ja, @naturemath: Mitglieder der Religionen (er schreibt nicht einmal alle!) haben stets versucht (always tried), über Religionen positive Werte zu leben und in der Auseinandersetzung mit übernatürlichen Akteuren Lebenssinn zu finden. Ebenso schreibt der Rabbi über Auswüchse an Intoleranz, Kompromißlosigkeit und Fundamentalismus. Er räumt also ein, dass Religion(en) zu beidem in der Lage sind und spricht sich für die freundliche Variante aus. Weder definiert er Religion nur positiv, noch blendet er Probleme aus – im Gegenteil, er warnt davor!

    Man müsste erst einmal sauber untersuchen, was der Lebenssinn überhaupt sein soll/kann/darf.
    Wieso kann Wissenschaft keinen Lebenssinn geben? Warum kann es Philosophie nicht?

    Sie können das genauso gut, wie Musik, Kinder, Sport, usw.

    Die Antwort geben Sie sich gleich selbst!

    Einen “verbindlichen” Lebenssinn kann es nicht geben, genauso, wie es keine absoluten moralischen Werte gibt. Der Lebenssinn ist RELATIV!

    Genau das ist der Punkt des Rabbi. Nur Religionen setzen im Meer des Relativismus “absoluten” Lebenssinn – der konstruktiv (Familie, Gemeinschaft), aber auch gefährlich (Fundamentalismus, Gewalt) sein kann. Alle anderen Institutionen bieten bestenfalls “relative” Sinnangebote an – die z.B. (empirisch messbar!!!) seltener zu Familien und Kindern führen.

    Und genau deswegen mag ich Religion nicht. Weil Sie vorgibt, dass es absolute Maßstäbe für einen Lebenssinn geben muss, absolute Maßstäbe der Lebensweise, absolute Verbote,…

    Die Ironie an der Sache ist aber, dass Sie mit dem Relativismus ja auch eine absolute Position beziehen: Der Lebenssinn ist RELATIV! ist genau so eine unbeweisbare Aussage wie In Gott hat ALLES seinen Sinn!. Als empirisch arbeitender Forscher stehe ich daneben und notiere staunend, wie unterschiedlich sich religiöse und säkulare Lebensentwürfe auf den Erfolg biologischer und kultureller Tradition auswirken.

    Wir wären alle besser dran, wenn wir die Welt nicht in Schwarz-weiß, sondern wenigstens in Graustufen und noch besser in Farben sehen würden. Vielschichtig und vieldimensional, wie sie ist.

    Das sehe ich ganz genau so! Und der Rabbi wohl auch: Immerhin spricht er sich entschieden gegen Fundamentalismen aus, lobt (auch explizit atheistische) Wissenschaftler und deren Bücher, ruft zu Dialog & Demokratie auf.

    Naja, ich labere schon wieder zu viel :-).

    Nein, Sie diskutieren gut und auf hohem Niveau! 🙂

    Vielleicht lassen wir die Diskussion hier einfach sein, weil ich den Eindruck habe, dass wir uns hier sowieso nur missverstehen.

    Das Verstehen des noch Unverstandenen ist doch Erkenntnisfortschritt per se und jede Mühe wert! 🙂

    Ich melde mich dann wieder beim Thema Meme :-).

    Super, ich freue mich!

  10. @ Helmut

    Lieber Helmut,

    danke für Deinen wunderschönen Kommentar, auf den ich gerne ausführlicher eingehe!

    Nun ja – meinen Applaus würde ich dem Rabbi Sacks nicht versagen, aber das Brillianteste an dem Votrag war meiner Ansicht nach das Zitat der Schnurre von Herrn Shaw, das ich mir bedenkenlos für ähnlich Anlässe aneignen werde.

    Dann hat sich die Übersetzerei ja schon gelohnt! 🙂

    Oh nein – ich glaub’ ja gar nicht, dass er unrecht hat. Die Diagnose, dass vom Markt, der Demokratie, der Naturwissenschaft keine “Sinnstiftung” zu erwarten sei, findet sich in ähnlicher Form bei Schopenhauer (“die Physik sehnt sich nach Ihrer Vollendung durch die Metaphysik”, oder so ähnlich), und das unterschreib’ ich sofort.

    Ja, den Part finde ich auch überzeugend. Auch in der Religionswissenschaft haben wir uns auf den methodologischen Agnostizismus (weitgehend) verständigt, da alle anderen Versuche immer wieder in Pseudo-Religionsstiftungen geführt haben.

    Ich würd’ sogar sein – und auch Dein – Argument, dass es einen Zusammenhang zwischen Areligiosität und Fortpflanzungs(miss-)erfolg gibt, konzidieren. Ob das ein ursächlicher Zusammenhang ist, das weiss ich nicht – ich will’s mal dahingestellt sein lassen.

    Der Blog bietet eine Menge dazu an und Artikel mit Daten gibts z.B. auch hier:
    http://www.chronologs.de/…eist.de/artikel/982255
    (Deutsch)

    und hier:
    http://www.blume-religionswissenschaft.de/…9.pdf
    (Englisch)

    Einen Nebenkriegsschauplatz möcht’ ich eröffnen: Warum ist es denn von Übel, auszusterben? Könnte das nicht vielmehr der Sinn der Veranstaltung sein? “Europa vorn!”, wie schon öfters in der Weltgeschichte?

    Ja, das ist durchaus denkbar! Auch religiöse Traditionen der Gnosis, der Shaker oder einiger Auslegungen des Buddhismus vertreten eine sog. “negative Soteriologie” – also die Aufforderung, sich von der sterblichen Welt zu lösen, sie nicht zu bejahen. Auch philosophische und ökologische Strömungen probieren das immer wieder auf, wie in einem Witz, den ich sehr mag:

    Die Venus erschrocken zur Erde. “Erde, Du siehst ja schlimm aus!!!” Die Erde: “Ja, ich hab Homo sapiens!” Venus: “Na, dann mach Dir keine Sorgen. Das geht vorbei.” 🙂

    Was die sowohl die relativistischen wie auch existenzverneinenden Traditionen jedoch nicht zu schaffen scheinen, ist es, sich über die Generationen hinweg erfolgreich zu verbreiten. So setzen sich positive Soteriologien auch demografisch immer wieder durch (was kein Wahrheitsargument sein muss, aber eben eine beobachtbare Tatsache).

    Wenn man aus der Verfasstheit der Welt auf ihren Schöpfer schliessen darf – dann finde ich Mainländers Gott gar nicht so unsympathisch.

    Er erinnert mich an Hugo von Hoffmansthal:

    “Ganz vergessn’ner Völker Müdigkeiten kann ich nicht abtun von den schweren Lidern, noch fernhalten von der erschrocknen Seele stummes Niederfallen ferner Sterne.”

    Oh ja, die Schönheit des Endes, die Verlockung ewiger Ruhe… Kann ich auch ästhetisch nachvollziehen, demografisch erfolgreich wird es gleichwohl kaum sein. 🙂

    Und womöglich bin ich dann dem Rabbi Sacks – als Vertreter des mosaischen Glaubens – dann doch recht nah. Denn der Gott der Juden, der Gott des Alten Testaments, der verspricht – soweit ich weiss – seinen Schäfchen auch nichts weiter, als dass sie tot sein werden. Keine Transzendenz, keine bessere Welt, kein ewiges Leben: nur den Tod. Und dass DER der Sinn der Welt sei: damit kann ich mich, wie gesagt, anfreunden.

    Ja, in der Frühzeit des Judentums (wie auch vieler anderer Religionen z.B. Roms) haben wir keine systematisierten Jenseitsversprechen. Stellen diese nun nur hohle Versprechungen – oder Entdeckungen dar?

    Hand anlegen? Nein, muss man nicht. Den Tod aktiv beförden, töten? Nein. Das geht alles von ganz allein.

    Die Frage ist, ob der das letzte Wort haben wird. Deine Gedanken stehen näher bei Camus, der Rabbi wandte sich dagegen der Frage nach zukünftigen Generationen zu.

    Und in gewisser Hinsicht schließt sich da der Kreis, aus dem auch wir empirischen Forscher nicht bzw. nur glaubend heraus treten können: Bislang folgte auf Leben stets Tod – aber eben auch stets wieder Leben. Wohin führt diese Leiter, wer wird das letzte Wort haben – und was wird es sein?

    Danke nochmal für Deinen poetischen und anregenden Kommentar!

  11. “Was die sowohl die relativistischen wie auch existenzverneinenden Traditionen jedoch nicht zu schaffen scheinen, ist es, sich über die Generationen hinweg erfolgreich zu verbreiten. So setzen sich positive Soteriologien auch demografisch immer wieder durch (was kein Wahrheitsargument sein muss, aber eben eine beobachtbare Tatsache).”

    “Soteriologie”: Das musste ich nachschlagen. Die Metawissenschaft von der Eschatologie – was es nicht alles gibt.

    Verzeih’, wenn ich nerve, verzeih’, wenn die Frage, die ich stellen möchte, schon beantwortet ist. Ich hab’ hier nicht regelmässig mitgelesen. Ich möcher folgendes wissen: wenn ich zugeben, dass es einen Zusammenhang zwischen Religiosität (im soteriologisch POSITIVEN Sinne, nicht im Sinne meiner rabenschwarzen Metaphysik) und Fortpflanzungserfolg gibt, wenn ich weiter sogar zugebe, dass deiser Zusammenhang ursächlich in dem Sinne ist, dass Religiosität ein positiv selekiertes (“adaptives”) Merkmal ist — was ist damit gesagt?

    Mein “Bauchgefühl” sagt mir, dass Du auf eine Art von “evolutionärer Erkenntnistheorie” hinauswillst. Ist das richtig?

    Grüße, danek für Deine Replik
    Helmut

  12. So so, also auch Rabbi Sacks sieht den tieferen Sinn der Religionen in der Erhaltung der Art. Vielleicht gelingt es ja irgendwann einmal tatsächlich, psychosoziale Faktoren als gemeinsame Ursache für das Bedürfnis nach Religion als auch nach zahlreichen Kindern auszuschließen.

    Rabbi Sacks: »Science studies causes not purposes.«

    Zwecke im teleologischen Sinne untersucht die Wissenschaft tatsächlich nicht, wäre ja auch absurd. Derartige Spekulationen werden nichtwissenschaftlichen Weltanschauungen überlassen.

    Allerdings stellt die Lebenswissenschaft durchaus die Frage nach dem “wozu”, nach der Zweckmäßigkeit und Zielgerichtetheit lebender Organismen. Überhaupt glaube ich, dass von daher die teleologischen Fragen kommen, nämlich von der Beobachtung, dass sich Lebewesen meist zweckmäßig und zielgerichtet verhalten, dass also die Natur insgesamt absolut zweckmäßig eingerichtet ist. Hier liegen meiner Meinung nach die tatsächlichen Ursachen für die Entstehung von Spiritualität und, darauf aufbauend, Religiosität.

  13. @ Helmut

    Lieber Helmut, danke für Deine Fragen, auf die ich gerne eingehe.

    Ich möcher folgendes wissen: wenn ich zugeben, dass es einen Zusammenhang zwischen Religiosität (im soteriologisch POSITIVEN Sinne, nicht im Sinne meiner rabenschwarzen Metaphysik) und Fortpflanzungserfolg gibt, wenn ich weiter sogar zugebe, dass deiser Zusammenhang ursächlich in dem Sinne ist, dass Religiosität ein positiv selekiertes (“adaptives”) Merkmal ist — was ist damit gesagt?

    Erst einmal nur, dass Religiosität Teil unserer Natur(geschichte) ist und wir sie ebenso erforschen können wie Musikalität oder Sprachfähigkeit. Einerseits geht es um schlichte, wissenschaftliche Neugier, idealerweise verstehen wir uns selbst und andere dadurch ein wenig besser und können z.B. im Hinblick auf Gegenwart und Zukunft besser informierte Entscheidungen treffen.

    Mein “Bauchgefühl” sagt mir, dass Du auf eine Art von “evolutionärer Erkenntnistheorie” hinauswillst. Ist das richtig?

    Klar, interessant finde ich das schon und habe dem Thema daher auch ein Kapitel in der Neuauflage meiner Diss gewidmet:
    http://www.chronologs.de/…hop.de/artikel/1004739

    Allerdings habe ich auch dort geschrieben, dass ich nicht davon ausgehe, dass sich mit empirischer Religionswissenschaft (einschließlich der Evolutionsforschung) beispielsweise die Gottesfrage je klären ließe. M.E. wird es immer möglich sein, die Befunde atheistisch, agnostisch oder theistisch zu deuten. Dass Religiosität biologisch erfolgreich sei, ist m.E. weder ein abschließendes Wert- noch Wahrheitsargument.

    Ich hoffe also allenfalls, dass die Diskussionen und Reflektionen um Religion ein generell höheres und wechselseitig respektvolleres Niveau erreichen könnten. Das wär doch was! 🙂

  14. @ Balanus

    Danke für Ihr Interesse – und wieder ein präzise formulierter Kommentar, auf den einzugehen Freude macht!

    Vielleicht gelingt es ja irgendwann einmal tatsächlich, psychosoziale Faktoren als gemeinsame Ursache für das Bedürfnis nach Religion als auch nach zahlreichen Kindern auszuschließen.

    Solange diese “psychosozialen Faktoren” nicht identifiziert bzw. in die Form einer testbaren Hypothese gegossen sind, verbleiben sie auf dem wissenschaftlichen Niveau von UFOs und Intelligent Design – wissenschaftlich nicht nachweisbar und offenkundig eher aufgrund weltanschaulicher Vorlieben denn wissenschaftlicher Argumente “gewählt”. 🙂

    Rabbi Sacks: »Science studies causes not purposes.«

    Zwecke im teleologischen Sinne untersucht die Wissenschaft tatsächlich nicht, wäre ja auch absurd. Derartige Spekulationen werden nichtwissenschaftlichen Weltanschauungen überlassen.

    Ja, an diesem Punkt sind Sie, Rabbi Sacks und ich also tatsächlich einer Meinung. 🙂

    Allerdings stellt die Lebenswissenschaft durchaus die Frage nach dem “wozu”, nach der Zweckmäßigkeit und Zielgerichtetheit lebender Organismen.

    Einschließlich ihrer Religiosität…

    Überhaupt glaube ich, dass von daher die teleologischen Fragen kommen, nämlich von der Beobachtung, dass sich Lebewesen meist zweckmäßig und zielgerichtet verhalten, dass also die Natur insgesamt absolut zweckmäßig eingerichtet ist. Hier liegen meiner Meinung nach die tatsächlichen Ursachen für die Entstehung von Spiritualität und, darauf aufbauend, Religiosität.

    Ja, in der Kognitionsforschung spielt das eine große Rolle. Kelemen sprach dabei sogar von “intuitive Theism”. Allerdings dürften mehrere Module zusammen gewirkt haben, wie z.B. (schon von Darwin vermutet) der (auch bei Tieren anzutreffende) Bias in der Unterscheidung belebter oder unbelebter Akteure (sog. Hyperactive Agency-Detection, HAD) etc.

  15. @ Balanus

    “Zwecke im teleologischen Sinne untersucht die Wissenschaft tatsächlich nicht, wäre ja auch absurd. Derartige Spekulationen werden nichtwissenschaftlichen Weltanschauungen überlassen.”

    Nur weil die Naturwissenschaft keine Zwecke untersucht, heisst das ja nicht, dass die Welt keine hat.

    Jessas – ich werd’ zum Aristoteliker!

  16. @Helmut Wicht – Zwecke

    »Nur weil die Naturwissenschaft keine Zwecke untersucht, heisst das ja nicht, dass die Welt keine hat.»

    An welche Zwecke denken Sie da so?

    Ich bestreite ja nur, dass die Religion einen solchen Zweck hat, und dass der zudem darin bestehen soll, den Fortbestand der Spezies Mensch zu sichern – womöglich noch mit dem Ziel, dass der Mensch irgendwann einmal Gott erkenne. Oder genauer gesagt: Ich bestreite, dass es für diese Annahmen belastbare Befunde gibt.

  17. Zusammenhänge

    Hat ein bisschen gedauert, aber hier kommt er, mein Widerspruch:

    »Solange diese “psychosozialen Faktoren” nicht identifiziert bzw. in die Form einer testbaren Hypothese gegossen sind, verbleiben sie auf dem wissenschaftlichen Niveau von UFOs und Intelligent Design – wissenschaftlich nicht nachweisbar und offenkundig eher aufgrund weltanschaulicher Vorlieben denn wissenschaftlicher Argumente “gewählt”. :-)«

    Ich fürchte, lieber Michael, da machen Sie es sich etwas zu einfach. Das wissenschaftliche Niveau meines Einwands würde ich eher mit einem U-Boot vergleichen: irgendwann taucht es auf, und dann können Sie es nicht mehr ignorieren… Mehr, als darauf hinweisen, kann ich nicht 😉 ).

    Ich gebe ja zu, “psychosoziale Faktoren” klingt etwas wischiwaschi. Und ich konzediere, dass es schwieriger ist, mit sozialpsychologischen und soziobiologischen Fragestellungen zu arbeiten, als Kinder, Taufen und Kirchenbesuche zu zählen 😉

    Aber die menschliche Psyche und vor allem das Sozialverhalten sind viel älter als die Religiosität und auch deutlich älter als die Spiritualität. Dieses grundlegende Faktum darf nicht einfach ausblendet werden, bloß weil es nicht ins Schema passt.

    Meine Hypothese ist, dass, wenn man unvoreingenommen der Frage nachgeht, was die Ursachen und Gründe für die verschiedenen Kinderzahlen sind, man ganz profane Dinge finden würde, die man leicht sozialpsychologisch und/oder soziobiologisch erklären und einordnen könnte.

    Wenn zum Beispiel das Max-Planck-Institut für demographische Forschung “Zusammenhänge zwischen institutionellen und politischen Rahmenbedingungen auf der einen Seite und generativem Verhalten auf der anderen” untersucht, sowie den “Einfluss individueller sozialer Kontexte auf Fertilität und Familiendynamik”, dann wird deutlich, wo die primären Einflussgrößen für den Kinderwunsch vermutet werden. Aber das schließt Koinzidenzen mit oder Beziehungen zur Religiosität ja nicht aus.

    Im Übrigen haben Sie doch selbst im Beitrag “Gretchenfrage” sinngemäß geschrieben, dass es Menschen gibt, die als Paar bestrebt sind, eine besonders verbindliche Kooperation einzugehen, die ungern unverheiratet zusammenleben und großen Wert auf eine gemeinsame Kindererziehung legen. Solche familienorientierten Paare haben naturgemäß im Schnitt mehr Kinder als jene, denen das alles weniger wichtig ist. Da besteht also überhaupt kein Dissens.

    Meine höchst plausible (und bislang nicht widerlegte) These ist nun, dass der Sozialtypus “Familienmensch” überproportional häufig zur Religiosität neigt, hier scheint es eine gewisse Assoziation zu geben, vielleicht sogar eine gewisse Wechselbeziehung. Aber die eigentliche Triebkraft fürs Kinderkriegen ist der (im Übrigen evolutions-psychologisch und soziobiologisch gut erklärbare) Wunsch nach einer Familie – und nicht das begleitende und vielleicht auch unterstützende Verhalten gegenüber übernatürlichen Akteuren.

    Kurzum: Ich bezweifle das von Ihnen und anderen postulierte Primat der Religiosität in der Frage der Kinderzahl.

  18. @ Balanus

    Lieber Balanus,

    herzlichen Dank für Ihren erhellenden Beitrag, den ich mit Freude und Genuss gelesen habe.

    Die von Ihnen erhoffte Entdeckung “psychosozialer Faktoren” erinnert mich frappierend an die Hoffnungen von Vertretern des Intelligent Design, doch noch Beweise zu finden, die die Evolutionstheorie als lückenhaft dokumentieren. Es gibt keinerlei belastbare Anzeichen dafür, die die Evolutionstheorie stützenden Befunde, Fossilien etc. werden immer reicher – aber sie wollen es einfach nicht wahrhaben, weil es in ihre jeweilige Weltanschauung nicht passt…

    Das wissenschaftliche Niveau meines Einwands würde ich eher mit einem U-Boot vergleichen: irgendwann taucht es auf, und dann können Sie es nicht mehr ignorieren… Mehr, als darauf hinweisen, kann ich nicht 😉 ).

    Wenn Sie eine testbare Hypothese mit Belegen haben, gerne. So lange bewegt sich Ihre Hoffnung auf dem gleichen Niveau wie das jener Jesus- oder UFO-Jünger, die “ganz sicher” wissen, dass die Evolutionstheorie “bald” durch jetzt noch verborgene Befunde (die Enthüllung (lat. Apokalypse) der UFOs, Gottes bzw. Ihres U-Bootes 😉 ) widerlegt würde. Theoretisch möglich, aber eben keine wissenschaftliche Hypothese und also auch noch keine ernsthafte Alternative. 🙂

    Meine höchst plausible (und bislang nicht widerlegte) These ist nun, dass der Sozialtypus “Familienmensch” überproportional häufig zur Religiosität neigt, hier scheint es eine gewisse Assoziation zu geben, vielleicht sogar eine gewisse Wechselbeziehung. Aber die eigentliche Triebkraft fürs Kinderkriegen ist der (im Übrigen evolutions-psychologisch und soziobiologisch gut erklärbare) Wunsch nach einer Familie – und nicht das begleitende und vielleicht auch unterstützende Verhalten gegenüber übernatürlichen Akteuren.

    Naja, DIESE Hypothese lässt sich nun wirklich leicht widerlegen – z.B. mit dem Papst oder Dalai Lama. 😉

    Wir haben sehr intensive Religionsformen wie z.B. die Shaker, Manichäer, Katharer sowie auch christliche oder buddhistische Mönche, Nonnen, hinduistische und jainistische Asketen u.v.m., die für sich persönlich oder gar generell zugunsten der Religion auf Kinder und Familie verzichten. Wären Religiosität und Familienaffinität einfach genetisch verbunden, wäre all das schlicht nicht möglich. Zu den Shakern (die Ihre Hypothese klar falsifizieren) hier:
    http://www.chronologs.de/…-kurze-bl-te-kinderlos

    Ich bezweifle das von Ihnen und anderen postulierte Primat der Religiosität in der Frage der Kinderzahl.

    Nun, ein “Primat” behaupte ich doch gar nicht. Das biokulturelle Verhaltensmerkmal der Religiosität hat das Potential, (auch) reproduktives Verhalten zu fördern – und demografisch erfolgreiche Überlieferungen setzen sich (biologisch und kulturell) erfolgreicher durch. Das bedeutet weder, dass Religiosität der einzige Faktor sei, noch der “primäre”. Es ist zunächst einmal ein evolutionäres Merkmal – das aktuell beobachtbar erfolgreich ist. Und – Hand auf’s Herz, lieber @Balanus – hätten wir vergleichbar klare Befunde zu Sprache oder Musik, hätte kein Mensch Probleme damit, nicht wahr? Nur bei Religion regt sich allenthalben ideologischer Widerstand, wie Eckart Voland so richtig beschrieb:

    “Ich bin einerseits akzeptiert in Teilen der Atheisten, aber nicht in allen, weil allein der Hinweis, dass biologische Nützlichkeit dahinterstecken könnte, für viele kämpferische Atheisten schon eine Reinwaschung des Religiösen bedeutet. Bei den Frommen begrüßt auf der einen Seite eine Vielzahl von gläubigen Menschen, dass ich hier eine Nützlichkeit postuliere – das entspricht häufig auch ihrem Selbstkonzept -, aber andererseits wird ein akademisch gebildeter Theologe sagen: Wenn man Religion auf Nützlichkeit reduziert, dann fällt das Essenzialistische der Religion weg, und das ist natürlich nichts, was wir haben können.”
    http://science.orf.at/stories/1629005/

    Tja, mehr als Anbieten kann man wissenschaftliche Erklärungen m.E. nun einmal nicht.

    Evolutionäre Grüße! 🙂

  19. @ Balanus

    “An welche Zwecke denken Sie da so?”

    Nun – ganz einfach: an die, die z.B. ich (als Teil der Welt) tagtäglich verfolge oder zu deren Mittel ich mich machen lasse.

  20. @Helmut Wicht

    “An welche Zwecke denken Sie da so?”

    Nun – ganz einfach: an die, die z.B. ich (als Teil der Welt) tagtäglich verfolge oder zu deren Mittel ich mich machen lasse.

    Das hat ja nun mit einem metaphysischen Telos wenig bis gar nichts zu tun. Soweit ich das beurteilen kann, lag Aristoteles ja ganz richtig mit seinen Überlegungen – bis auf die Sache mit dem letzten Zweck der Dinge (Gott oder das Schönste und Beste). Nobody is perfect…

  21. Lieber Michael

    Ich schrieb: “Meine höchst plausible (und bislang nicht widerlegte) These ist nun, dass der Sozialtypus “Familienmensch” überproportional häufig zur Religiosität neigt,…”

    Sie antworten (scherzhaft): Naja, DIESE Hypothese lässt sich nun wirklich leicht widerlegen – z.B. mit dem Papst oder Dalai Lama. 😉

    Da haben Sie wohl mein “überproportional” übersehen…

    Wir haben sehr intensive Religionsformen (…), die für sich persönlich oder gar generell zugunsten der Religion auf Kinder und Familie verzichten. Wären Religiosität und Familienaffinität einfach genetisch verbunden, wäre all das schlicht nicht möglich.

    Von “genetisch einfach” war nicht die Rede.

    Das biokulturelle Verhaltensmerkmal der Religiosität hat das Potential, (auch) reproduktives Verhalten zu fördern – und demografisch erfolgreiche Überlieferungen setzen sich (biologisch und kulturell) erfolgreicher durch.

    Ja wie denn nun?

    Die Sache wird ja immer verwirrender. Bei manchen sorgt Religiosität für Kinderlosigkeit, bei den anderen für Kinderreichtum, wie’s gerade passt.

    Das stützt ja meine Hypothese, dass es letztlich nichts mit der Religiosität direkt zu tun hat, sondern mit jenen sozial-psychologischen Verhaltensmerkmalen, die Sie (!) bei der Gretchenfrage angesprochen haben. Die Idee, dass Familienfreundlichkeit und Religiosität irgendwie zusammenhängen, habe ich doch von Ihnen (oder habe ich da etwas ganz falsch verstanden?).

    Nun, ein “Primat” behaupte ich doch gar nicht. Das biokulturelle Verhaltensmerkmal der Religiosität hat das Potential, (auch) reproduktives Verhalten zu fördern – und demografisch erfolgreiche Überlieferungen setzen sich (biologisch und kulturell) erfolgreicher durch.

    Sie sagen doch, dass man die Menschheit grob in zwei Gruppen einteilen kann, die Religiösen und die Areligiösen. Der Unterschied zwischen diesen beiden Gruppen besteht u.a. darin, dass die einen sich etwas erfolgreicher fortpflanzen (nicht unbedingt vermehren!) als die anderen. Und dieser Unterschied in der Fortpflanzungsrate ist ALLEIN auf das Verhaltensmerkmal Religiosität zurückzuführen – sonst wäre die Sache ja auch uninteressant und nicht wert, erforscht zu werden. Mit dieser Präzisierung würde ich weiterhin vom “Primat der Religiosität” sprechen wollen.

    Und – Hand auf’s Herz, lieber @Balanus – hätten wir vergleichbar klare Befunde zu Sprache oder Musik, hätte kein Mensch Probleme damit, nicht wahr?

    Wenn Sie sagen würden, Ihre Untersuchungen hätten ergeben, dass sich musikalische oder sprachbegabte Menschen sich erfolgreicher fortpflanzen als unmusikalische oder weniger sprachbegabte – also, ich weiß nicht… wahrscheinlich würde ich in diesem Fall vermuten, dass diese Begabungen mit einem bestimmten Sozialverhalten assoziiert sind, welche die eigentliche Ursache für den Reproduktionserfolg sind. Aber- und da haben Sie völlig Recht – diese Frage würde mich weniger beschäftigen, aus vielerlei Gründen.
    Wenn Sie eine testbare Hypothese mit Belegen haben, gerne.

    Es geht um die Frage, ob man bestimmte Sozialtypen definieren kann, ob einer davon als “Familienmensch” bezeichnet werden kann, und ob “Familienmenschen” eher zur Religiosität neigen als andere. Erstellen Sie einen entsprechenden Fragebogen und Sie werden sehen, ob es einen Zusammenhang zwischen Familienfreundlichkeit und Religiosität gibt. Sie halten diese Idee echt für abstrus?

    Ansonsten: Belege habe ich als interessierter Laie natürlich keine. Aber ich verweise noch einmal auf Ihre Einlassungen bei “Gretchen”. Genau das meine ich mit meiner Hypothese. Und dann verweise ich gerne noch einmal auf das MPI für demographische UFO-Forschung 🙂

    (ist etwas länger geworden als geplant – aber heute haben wir ja Sonntag, ein Tag, den wir den definitiv den Religiösen zu verdanken haben)

  22. @ Balanus: Biokulturelle Evolution

    Lieber Balanus,

    danke für Ihre Nachfragen! Nun, Sie haben den Befund da etwas vereinfacht (und ich gebe zu, dass die Möglichkeiten eines Blogs bei der Vermittlung komplexer Sachverhalte wohl sicher auch begrenzt sind).

    Religiosität motiviert zu allen möglichen Formen von Verhalten: von der kinderreichen Familie bis zum Zölibat, vom Pazifismus bis zum Selbstmordattentat, von der Krankenpflege bis zum Menschenopfer usw. Überlebens- und Reproduktionsvorteile entstehen – in der schönen Formulierung von F.A. von Hayek “nicht intrinsisch, sondern historisch”. D.h. dass sich im Wettbewerb über die Generationen hinweg immer wieder jene Varianten durchsetzen, die (auch) kinderreiche Familien fördern. Das war der Effekt, den ich Ihnen mit den konstanten Hinweisen auf die Extremfälle der Shaker (kinderlos) und Amischen (kinderreich) erläutern wollte: Beides sind genuin religiöse Traditionen, aber die Shaker gingen nach missionarischer Blüte mangels Kindern ein, die Amischen wachsen trotz Missionsverzichts weiter exponentiell. Die “Strömung” von Biologie und Kultur weist daher in die gleiche Richtung (=Reproduktionserfolg), ohne dass eine genetische Fixierung von Religion auf ein bestimmtes, anderes Verhalten bestünde.

    Sorry, wenn es mir nicht gelungen ist, dass verständlich zu vermitteln. Den nächsten Beitrag mache ich zum Thema “Biokulturelle Evolution”, bevor ich endlich den lange geplanten Post zu Richard Dawkins einstelle.

    Danke & beste Grüße!

  23. OK, lieber Michael

    dann demnächst über die biokulturelle Evolution… 🙂

    (Gut möglich, dass ich einiges missverstanden habe. Ich hatte stets Rabbi Sacks’ Demographiezahlen vor Augen, Amische und Shaker habe ich als nicht verallgemeinerbare Sonderfälle bewusst ausgeklammert.
    Ja, und dann habe ich auch noch dieses “Religionen sind adaptiv” im Kopf, auch wenn Sie das inzwischen relativiert haben, oder irgend etwas anderes aus Ihren vielen Beiträgen, ohne aber direkt Bezug darauf zu nehmen. Das schwingt alles irgendwie mit und tut meinen Beiträgen, die ja auch noch möglichst kurz sein sollen, meist nicht gut.
    Vielleicht schafft ja Ihr nächster Beitrag bei mir mehr Klarheit. Denn dass Überlebens- und Reproduktionsvorteile “historisch” entstehen und gesehen werden müssen, ist ja richtig – deshalb ja auch meine Probleme mit dem postulierten Zusammenhang von Religiosität und Fortpflanzungserfolg in der Gegenwart)

    Beste Grüße zurück 😉

  24. Werte setzen, Werte pflegen…

    Sorry, ich war zu lange abgehalten. Mitgelesen immer, oder besser: nachgelesen. Die ganze Rede von Rabbi Sacks erst sehr spät. Und zu viel Zeit konnte ich mir nicht nehmen. Möchte aber wieder auch in dieser Gruppe anknüpfen.
    Nun, vielleicht würde Sacks weniger Einwände provozieren, wenn es nicht bei ihm danach klänge: Wo anders als in den Religionen werden noch Werte gepflegt?
    Ich würde seine Gedanken gerne ein bisschen drehen und sagen: Menschen haben sich *schon immer* in ihren Gruppen, Clans… auf gemeinsame Werte verständigt, haben ihr Leben auf die gleiche Melodie gesungen und dabei sich durch unterschiedliche Melodien von Nachbargruppen unterschieden. Sie entwickelten dadurch jeweils eigene Gruppenziele, Lebensbewältigungs-Strategien (und Maßnahmen gegen Dissonanzen, die innerhalb der Gruppe stören könnten). Dies geschah und geschieht durch Riten, gemeinsame Gründungs-Geschichten (Mythen), Feste, therapeutische Maßnahmen, Rechts-Setzungen, Essens-Traditionen. Das alles lässt sich als „natürlicher“ Vorgang innerhalb der kulturellen Evolution erklären. Wenn nun aus anthropologisch einsichtigen Gründen die Angelpunkte dieser gemeinsamen Lebensorganisation zumeist mit Gottes-Vorstellungen besetzt sind, nennt man das Religion. In diesen „kulturellen Schatzkammern der Menschheit“ (Schmidt-Salomon!) – die allerdings gelegentlich auch zu Rumpelkammern oder Kinderspielzimmern verkommen – kommen solche Wertvorstellungen gemeinschaftlich zum Zuge.
    Religionen sind traditionellerweise *schon immer* die Pflegestätten von Werten. Sie haben dabei den Vorteil, dass notwendige Änderungen von Werten und Verhaltensweisen schneller durchsetzbar sind als etwa durch genetische Veränderungen: Sie können auch die sonst den Menschen naheliegenden Regungen (Fremdenhass…) gegen den Strich bürsten, zu größeren Zusammenschlüssen (Staaten) befähigen als es von der ursprünglichen Ausstattung des Menschen her möglich gewesen wäre, der wohl nur für Clans bis 150 Mitgliedern „programmiert“ ist. Sie haben dabei den Nachteil, dass in unserer Turbo-Entwicklung sich zu viele Denk- und Verhaltensweisen so eingeschliffen haben, dass sie nicht leicht zu verändern sind; und dass es durch manche Religionen wie auch andere Ideologien, die mit Machtapparaten verknüpft sind, Denk- und Redeverbote gibt; oder Abschottungen gegenüber dem Werte-Wandel. Offene Diskussionen – durchaus auch in monotheistischen Religionen oft gepflegt und weiterentwickelt – wären natürlich bekömmlicher als Denkverbote. Da sind wir doch mit den humanistischen Atheisten einig. Die Gefahr sei allerdings auch angemerkt: Oft mischen sich in die öffentlichen Wertsetzungen nicht nur die offenen Diskussionen ein sondern schnelle und u.U. auch gefährliche Formen von Massenverführung; oder die Wertvorstellungen werden geschäftstüchtig manipuliert.

    Natürlich hat sich in den letzten Jahrhunderten in unserem Teil der Welt herauskristallisiert, dass *nicht nur* in Religionen Werte gepflegt werden. Atheisten sind aus verständlichen Gründen zumeist sehr darum bemüht – nicht nur aus Konkurrenzgründen, sondern auch um ihre Systeme wirklich nicht nur philosophisch, künstlerisch oder wissenschaftlich zu durchdenken sondern sie umfassend lebenspraktisch zu gestalten. Am deutlichsten wird mir das gegenwärtig bei Schmidt-Salomon, u.a. im „Manifest“. Und die durchaus achtbaren Beispiele hoher ethischer Wert-Setzungen auf atheistischer Seite sind nicht zu bestreiten. Auch nicht, da würde ich mit Rabbi Sacks streiten, die gefährlichen Einmischungen religiöser Wertsetzungen in den USA.
    Für die Pflege von Werten gefährlicher als Religionen oder der bewusste Atheismus humanistischer Prägung ist hierzulande der unbewusste Atheismus – dass Leute sagen: „Danke nein, ich denke nicht an Gott, ich bin normal“. Da wird Wert oft mit „Kaufwert“ oder mit „preiswert“ verwechselt; sich nicht streiten mit dem Nachbarn und ein bisschen Hilfe für die hungernden Kinder in Afrika… Diese Banalisierung des Lebens – ähnlich wie der frühere Rückzug von vielen DDR-Bürgern in ihre „Datsche“ – das ist gefährlich. Und das wird u.a. auch die beklagten Auswirkungen auf den Reproduktionswillen vieler haben: Hauptsache, ich komme ungestreift durchs Leben.
    Also: bitte weniger die Menschen zurückführen wollen *zur* „Religion“, sondern vorwärts: Wertvorstellungen, Zielvorstellungen entwickeln, diskutieren, pflegen. Ich arbeite im Rahmen der Religion daran; und weiß mich verbündet mit Leuten, die auf anderem Terrain daran arbeiten.

    Basty

  25. @ all: Werte…

    Normalerweise stehe ich ja gar nicht auf Untergangsszenarien, aber bei diesen neuen Studienbefunden zum Verhalten deutscher (und auch britischer) Jugendlicher im internationalen Vergleich musste ich nun doch noch einmal an den Rabbi Sacks denken…

    http://www.welt.de/…auchen-und-Trinken-vorn.html

    Ob da nicht doch auch Zusammenhänge mit dem -zufällig gleichzeitig stattfindenden? – Verfall (auch) religiöser Traditionen bestehen?
    http://www.welt.de/…istlichung-Deutschlands.html

    Anders gefragt: Wo bleibt sie denn nur, die säkular erblühende Gesellschaft?

  26. Gute Rede!

    Gott verkündende Geistliche der Religionen haben die Aufgabe, den Lebenswandel der Menschen auch in Frage zu stellen. Wenn sie sich das trauen, sind sie unbeliebt. Wenn sie sich das aber nicht trauen, sind sie ihre Funktion nicht wert.

    Dieser Rabbiner hat sich getraut, das finde ich sehr gut. In Deutschland, der Schweiz oder Österreich wäre wohl kaum jemand so mutig, uns zu sagen, dass wir mangels Liebe & Kindern erlöschen. Und das ist nicht die Schuld der Ausländer, sondern unsere eigene! Wir sind reich und arm zugleich!

    An Dr. Blume: Wir kennen Sie von Ihrem Vortrag bei München und haben danach Ihr Buch gekauft. Meinem Mann (Chemiker) und mir (Architektin) hat es sehr gut gefallen. Über den Weihnachtsartikel über Ihre Forschungen in der Süddeutschen Zeitung haben wir uns dann auch sehr gefreut! Und wir finden es gut, dass Sie die mutige Rede des Rabbiners Jonathan Sacks ins Deutsche übersetzt haben. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Ausdauer und Erfolg!

  27. @ Unami

    Vielen Dank für Ihre ermutigende Rückmeldung!

    Und den Gedanken, dass eine “Funktion” gerade auch von (nur monotheistischen?) Geistlichen darin bestünde, eingefahrene Abläufe in Frage zu stellen, finde ich reizvoll und interessant. Zumal doch häufig das Gegenteil wahrgenommen wird: Geistliche als Traditionsverwalter, die alles so machen und sagen sollen, wie es schon immer gemacht und gesagt wurde.

    Danke also für Ihr Interesse an Vortrag, Buch & Blog und für das Gedankenfutter!

  28. Rabbi Sacks

    Der Rabbi sieht meiner Meinung nach viel zu schwarz. Nicht nur in Europa gehen die Geburtenraten zurück, sondern in allen Ländern dieser Welt, außer Somalia.
    Wie es dort aussieht wissen wir ja.
    Ich halte den Rabbi für einen der größten Geister dieses Jahrhunderts, weswegen es mich umsomehr erstaunt, daß er in einer geplagten Welt immer noch für Kinderreichtum plädiert. Der Kapitalismus ist ohne jeden Zweifel das bessere System,
    doch nur in seiner sozialwirtschaftlichen
    Form. Viele Mäuler, die zu stopfen sind,
    ermöglichen den Raubtierkapitalismus, weil
    es immer einen arbeitslosen Bodensatz gibt. Keine Kirche dieser Welt wird je verhindern können, daß der eine auf Kosten des Anderen reich wird, wenn es die
    Bedingungen erlauben. Kinderreichtum ist also was für bereits Wohlhabende.
    Dann möchte ich noch daran erinnern, daß auch nichtreligiöse Machthaber für Kinderreichtum waren / sind. Warum wohl?
    Ganz nebenbei sind weniger Menschen auch besser für die Schonung der Umwelt, nur eben nicht für die kapitalistische Marktwirtschaft in ihrer extremen Ausbildung. Die Gewaltentrennung genügt nicht, Kirchen der Zukunft müssen sich mehr den Bedürfnissen der Menschen anpassen und nicht umgekehrt. Sosehr sich Kirchen und Sozialismus / Kommunismus auch spinnefeindlich sein mögen, (warum eigentlich?), sind sie sich zumindest in einem sehr ähnlich, nämlich darin, daß ihre Angebote meist am Bedarf vorbeigehen, weil sich beide Systeme dogmatisch auf ewig Gestrigem verharrend zurückziehen. Weil nun jedoch nichts so sicher ist, wie Veränderung, ist das Schwinden von Interesse an beiden Systemen keine Überraschung für mich. Ich kann halt nichts damit anfangen, wenn z. B. mein Pfarrer mich mahnte, mehr Kinder in die Welt zu setzen, und ich nicht wüßte, ob ihre Bildung und Ernährung morgen noch gewährleistet wäre. Nicht zuletzt steigt mit anwachsender Weltbevölkerung auch die Gefahr von kriegerischen Auseinandersetzungen im Kampf um verbliebene Resourcen. Nicht zuletzt entstehen auch Abspaltungen innerhalb der jeweiligen Weltreligionen aus wirtschaftlichen Gründen, in der Regel ebenfalls aus Not wegen Knappheit an Lebenswichtigem. So wie die Reformation nicht durch Luther ins Leben gerufen wurde, sondern die Wut der Ausgebeuteten nach Veränderungen schrie.
    Es ist kein Zufall, daß heutige, fundamentalistisch eingestellte Gruppen aller Weltreligionen mehr oder weniger identisch sind, mit den jeweils eher Benachteiligten. Eine Religion der Zukunft
    müßte in jeder Beziehung dazu beitragen,
    passiv und aktiv, das Streben nach Glück,
    das gleichbedeutend ist mit Abwesenheit von entwürdigender Armut, massiv zu fördern.
    Doch nicht durch Almosen, die von Kapitalstrotzenden stammen welche ein natürliches Interesse haben, Arme arm zu halten. Individualismus heißt für mich,
    daß es einem jeglichen ermöglicht wird,
    sich im Rahmen seiner gottgewollten Verschiedenheit, entfalten zu können und nicht in irgendwelche Systeme, egal ob nun kirchlich oder weltlich, gepresst zu werden.
    Jedenfalls kommt mein Glaube an Gott und meine Liebe und Bewunderung für Jesus
    ganz gut ohne Dachorganisation aus.

  29. @R. Eberhardt

    Haben Sie vielen Dank für Ihren ausführlichen und durchdachten Kommentar, den ich aufmerksam gelesen habe. Ich habe ja die oben verlinkte, deutsche Übersetzung in ehrenamtlicher Fleißarbeit genau dafür gemacht, um anderen Menschen die Chance zu geben, selber und weiter zu denken. Insofern nehme ich Ihren Kommentar als erfreuliche Rückmeldung und Ermutigung auf, vielen Dank dafür!

  30. Warum ignorieren wir die Wahrheit? Die M

    Warum ignorieren wir die Wahrheit? Die Moscheen sind unsere Kasernen…
    Ein neues “Schlangenei“ wird heute in Europa ausgebrütet.

    Zitat Erdoan:
    Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten.

    Als Deutscher, der schon viele Jahre in der Schweiz lebt, habe ich mich oftmals gefragt, ob sie wirklich ein souveräner Staat ist, obwohl wir viel erreicht haben und ein internationaler Anziehungspunkt für die Gelder vieler Investoren geworden sind, denn die Stabilität der staatlichen Struktur und des Bankensystems wird als Garant für die Sicherheit der Gelder von Investoren und Sparern aus der ganzen Welt angesehen.

    Vor kurzem übten wir bekanntlich unser demokratisches Recht als Bürger eines souveränen Staates in der vieldiskutierten Volksabstimmung über die Frage aus, ob auf dem Boden der Schweiz muslimische Minarette errichtet werden dürfen, das Symbol einer Religion, die unserer Kultur gänzlich fremd ist. Und weil wir dies ablehnten, wurden wir zur Zielscheibe vieler internationaler Kritiken, als ob die Ausübung des demokratischen Rechts illegal sei und von diversen internationalen Kreisen gesteuert werden müsse.

    Das Eindrucksvollste dabei war freilich, dass wir zahlreiche Drohungen erhielten, wie es bereits andere Länder erlebt haben. Wer könnte Dänemark und die Geschichte um die Mohammed-Karikaturen vergessen, oder die Niederlande mit der Ermordung des Regisseurs durch Moslems, weil er es gewagt hatte, etwas gegen ihre Religion zu schreiben, oder das Nachbarland Österreich.

    Es scheint, dass der Botschafter der Türkei glaubt, noch immer in jener Zeit zu leben. Herr Kadri Ecvet Tezcan benimmt sich wie ein Sultan, als ob er nicht nur Gast hier in Österreich wäre, und kritisiert Parteien wie die ÖVP und Politiker wie Maria Fekter und Heinz-Christian Strache von der FPÖ, von der er – nicht mehr und nicht weniger – Wiedergutmachung für ihre antiislamischen Positionen forderte, als ob wir uns nicht in Wien, sondern irgendwo in Istanbul befänden, wo die „verschwenderische“ religiöse Freiheit bekannt ist, welche die Türken den anderen religiösen Minderheiten einräumen.

    Das würde ich Ihnen nicht mit großer Empörung schreiben, aber ich nehme ein jüngst erschienenes Buch eines deutschen Verlags (Kollateral Verlag) mit dem Titel „Die türkische Bedrohung – Europa im Fadenkreuz des Islam“ von Christoph Henssinger zum Anlass. Dieses Buch ließ mich wirklich wütend über unsere fortwährende Teilnahmslosigkeit gegenüber dieser „Schlange“ werden, die wir in unserer Mitte nähren, ohne dass es irgendeine wesentliche Reaktion aufgrund unserer vorgeblichen demokratischen Prinzipien gibt, die genau jene beseitigen wollen, für die wir sie verteidigen.

    Viele fragen sich, warum ständig die PVV an Wählerstimmen gewinnt, und warum sie dauernd von verschiedenen internationalen Zeitschriften wie dem deutschen „Spiegel“ kritisiert wird, der sie als faschistische Partei bezeichnet. Ich wähle nicht die PVV, aber ich kann auch meine Augen nicht vor der Realität verschließen. Vor wenigen Jahren (2004) wurden die Niederlande von der bestialischen Ermordung des Regisseurs Theo van Gogh erschüttert, weil er es gewagt hatte, das Problem der Frauen im Islam anzusprechen. Was erwartet uns noch?

    Das arme Deutschland, die Menschen dort sind zu unpersönlichen Maschinen geworden, die ihren Glauben verloren haben. Man könnte meinen sie seien unbeseelte Zahnräder, die von früh bis spät arbeiten, ohne zu wissen, warum sie eigentlich leben und existieren.

    Dagegen überrollt eine Welle der Islamisierung, die sich in der Errichtung von immer mehr und größeren Moscheen äußert, viele Gebiete des heutigen Deutschlands, und viele Deutsche, die vom Christentum enttäuscht sind, werden Moslems. Aber der Durchschnittsdeutsche scheint sich heutzutage für nichts anderes als das Essen, Trinken und Wohlergehen zu interessieren, deswegen die zahllosen Kochsendungen in den deutschen Fernsehkanälen. Der Multikulturalismus, der uns im Prinzip aufgezwungen wurde, ohne jemanden zu fragen, beginnt, jede Spur unserer wahren Identität aufzufressen ‘DIE ISLAMISIERUNG IST EIN GENOZID’.

    Ich glaube, dass das Problem Deutschlands und der Deutschen heute ist, dass sie allmählich entfremdet werden und ihre nationale und religiöse Überzeugung verlieren, und deswegen sind sie nicht in der Lage, die Gefahren aller Art einzuschätzen, die über unserer Gesellschaft schweben.

    So viele Jahre lang beobachten wir tatenlos, wie die Anwesenheit eines gänzlich fremden Elements neben uns stetig ansteigt. Das Gefährliche an der ganzen Situation ist nicht, dass die Türken und Muslims überall wie Pilze aus dem Boden schießen, sondern dass ihr Hauptziel ist, sich bei uns durchzusetzen und uns ihren eigenen religiösen und kulturellen Grundsätzen zu unterwerfen, wie dieses Buch von Christoph Henssinger belegt.

    Ich bin sehr betrübt über diese Feststellungen, aber das Buch hat mich wirklich erschüttert, und ich empfehle es, damit wir endlich aufwachen und aufhören, dieses neue „Schlangenei“ zu streicheln, das in unseren eigenen Ländern ausgebrütet wird. Wir müssen endlich aufhören, gleichgültig zu sein.

    Zitate:

    “Moscheen werden Teil unseres Stadtbildes sein.”
    Angela Merkel, CDU und Bundeskanzlerin in der FAZ vom 18.September 2010

    „Der deutsche Nachwuchs heißt jetzt Mustafa, Giovanni und Ali!“
    Cem Özdemir, Bündnis90/Die Grünen auf dem Parteitag der Grünen 1998 in Bonn-Bad Godesberg

    “Deutsche sind Nichtmigranten, mehr nicht!”
    “Türkei ist zweite Heimat für mich, ich mach seit 20 Jahren Türkeipolitik”
    Claudia Roth, Bündnis90/Die Grünen

    „Migration ist in Frankfurt eine Tatsache. Wenn Ihnen das nicht passt, müssen Sie woanders hinziehen.“ (Antwort auf die Beschwerde zu Integrationsproblemen von 50 Anwohnern)
    Nargess Eskandari-Grünberg, Bündnis90/Die Grünen, in der Frankfurter Rundschau vom 13. November 2007. Augenzeugen sagen, es hieß wörtlich “…dann wandern Sie aus!”

    Sinngemäß: Wir, die Grünen, müssen dafür sorgen, so viele Ausländer wie möglich nach Deutschland zu holen. Wenn sie in Deutschland sind, müssen wir für ihr Wahlrecht kämpfen. Wenn wir das erreicht haben, werden wir den Stimmenanteil haben, den wir brauchen, um diese Republik zu verändern.
    Daniel Cohn-Bendit, Bündnis90/Die Grünen

    Deutsche Helden müsste die Welt, tollwütigen Hunden gleich, einfach totschlagen.“
    Joschka Fischer, Bündnis90/Die Grünen

    „Ihr habt nur die Chance, mit uns zu leben. Ein Leben ohne uns wird es für Euch nicht mehr geben. Die Ibrahims, Stefanos, Marios, Laylas und Sorayas sind deutsche Realität. Ihr werdet es nicht verhindern können, dass bald ein türkischstämmiger Richter über Euch das Urteil fällt, ein pakistanischer Arzt Eure Krankheiten heilt, ein Tamile im Parlament Eure Gesetze mit verabschiedet und ein Bulgare der Bill Gates Eurer New Economy wird. Nicht Ihr werdet die Gesellschaft internationalisieren, modernisieren und humanisieren, sondern wir werden es tun – für Euch. Ihr seid bei diesem leidvollen Prozess lediglich Zaungäste, lästige Gaffer. Wir werden die deutsche Gesellschaft in Ost und West verändern.“

    M. Walid Nakschbandi, Deutscher afghanischer Herkunft und Geschäftsführer der Fernsehproduktionsfirma AVE, Quelle

  31. @Ludwig Baumann

    Danke, dass Sie uns an Ihren Ängsten teilhaben lassen.

    Erlauben Sie mir nur wenige – ernsthaft gemeinte – Nachfragen.

    1. Worin unterscheiden sich Ihre antimuslimischen Verschwörungstheorien eigentlich von den antijüdischen, die sowohl Deutschland wie Österreich schon einmal so ins Unglück gestürzt haben?

    2. Wer verbietet denn Österreichern, Deutschen, Schweizern (etc.) je mehr Kinder zu haben, je ihren Glauben und ihre Kultur zu leben, zu stärken, zu verbreiten?

    3. Sind nicht also eigentlich “wir” das Problem? Und projizieren wir “unsere” Schwäche vielleicht vorschnell auf Minderheiten, anstatt das eigene Denken und Verhalten zu überprüfen?

    Zuletzt ein Hinweis: Auch unter Muslimen befinden sich die Geburtenraten im Sinkflug – Religiöse aller Weltreligionen weisen dagegen (wie Rabbi Sacks oben richtig feststellte) durchschnittlich größere Kinderzahlen auf:
    https://scilogs.spektrum.de/…grunds-tzlich-mehr-kinder

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