Bildung, Beten, Babys – Zum komplexen Zusammenhang von IQ und Religiosität

BLOG: Natur des Glaubens

Evolutionsgeschichte der Religion(en)
Natur des Glaubens

Richard Lynn hat wieder zugeschlagen: Nach Frauen und Afrikanern attestiert der britische Intelligenzforscher nun auch Religiösen publikumswirksam einen niedrigeren Intelligenzquotienten – IQ – als säkularen, männlichen Europäern (Auswertung, Kommentar und Links hier). Als unterstützendes Argument wird ein Zitat aus Richard Dawkins Gotteswahn angeführt, wonach es unter europäischen und US-amerikanischen Wissenschaftlern nur sehr wenige Religiöse gebe. Also: Wie steht es um Kausalität und Sinnhaftigkeit dieses Vergleichs? Und warum verzeichnen die USA gleichzeitig einen hohen IQ und hohe Religiosität?

Zunächst sollte man wissen: Der Intelligenzquotient hat eine genetischen, eine kulturelle und nicht zuletzt eine sozioökonomische Komponente, deren Wechselwirkungen seit Jahrzehnten erforscht und heiß diskutiert werden. Unstrittig ist, dass es auch bei diesen Fähigkeiten des Gehirns (wie übrigens auch bei Musikalität und Religiosität) genetisch vererbte Veranlagungsunterschiede gibt. Allerdings werden diese Veranlagungen je kulturell unterschiedlich ausgeprägt – in einer Kultur von Wildbeutern (und also beim Jagen und Sammeln) werden z.B. andere Fähigkeiten ausgebildet und trainiert als in einer japanischen Mittelschule (und am Computer). Entsprechend steigt der durchschnittliche, in Tests ermittelte IQ in Gesellschaften mit sozioökonomischer Entwicklung: Ernährung, medizinische Versorgung, kindliche Früh- und Schulförderung und nicht zuletzt Bildungschancen auch für Mädchen bewirken einen Anstieg. Für Lynns Thesen war und ist das doppelt peinlich: So weisen nicht nur z.B. Afrikaner in wohlhabenden Gesellschaften steigende IQ-Werte auf, sondern auch Frauen holen die Männer in Sachen Intelligenz und Bildungserfolg ein, überholen sie sogar teilweise.

Die gleichen Prozesse formen auch die Religiosität um. Schon die klassische Religionssoziologie weiß zur Säkularisierung: Es sind zunächst und vor allem die gebildeten Schichten (und hier vor allem Männer!), die sich aus traditionellen Religionsformen lösen. Denn zum einen werden sie häufiger (etwa im Rahmen von Ausbildung und Studium) aus den traditionellen Heimat-, Familien- und Gemeinschaftsstrukturen herausgelöst. Sie erfahren von der Vielzahl an religiösen und weltanschaulichen Alternativen. Häufig den besser versorgten Gesellschafsschichten angehörend, sind sie auf die klassischen Funktionen religiöser Gemeinschaften – wie gegenseitige Hilfen im Falle von Familiengründung, aber auch Krankheit, Armut, Tod – immer weniger angewiesen. Stattdessen werden insbesondere die tradierten Sexual- und Familienregeln zunehmend häufiger als unsinnig empfunden, zumal moderne Verhütungsmethoden doch "Lust ohne Last" ermöglichen. Die Folge: Eine gleichzeitige Abnahme von Religiosität und Zunahme von IQ, wie bereits seit Jahren in Internetdarstellungen verfügbar. (Die USA sind in der Darstellung rot umrandet.)

Aber Achtung – Überraschung!

Als Carsten Ramsel, Sven Graupner und ich 2006 Daten der deutschen ALLBUS-Studie 2002 analysiserten, erwartete uns jedoch eine Überraschung: Bei den 35- bis 45jährigen war kein klarer Zusammenhang von religiöser Selbsteinschätzung und Bildungsstand mehr erkennbar, allenfalls noch eine "religiöse Schwäche" in den mittleren Bildungsbereichen.

Traten wieder massenhaft Gebildete in die Religionen ein? Nein – die Daten belegten die starke Prägung der eigenen Religiosität durch die elterlichen Einflüsse, die wir erwartet hatten. Stattdessen fanden wir einen anderen Zusammenhang: Die reproduktive Schere war auseinander gegangen. Nichtreligiöse hatten durchschnittlich seltener Kinder erzogen als Religiöse – und unter Gebildeten nahm dieser Unterschied weiter zu! Säkularisierung findet weiterhin statt (auch in den USA), aber sie wurde und wird zunehmend dadurch ausgeglichen, dass ein wachsender Teil nicht nur der Aufsteiger, sondern auch der oberen Bildungs- und Einkommensschichten selbst in religiösen Familien aufgewachsen ist. Die scheinbar besiegte Religiosität wächst so immer wieder (freilich oft in neuen, nicht-traditionalistischen) Formen nach. (Europäisch-amerikanische Vergleichsdaten auch hier.)

Auch die Schweizer Volkszählung zeigte auf: Die Konfessionslosen bildeten keinesfalls die Bildungsspitze – in den jüdischen Gemeinden und einigen kleineren, christlichen Gemeinschaften gab es bereits höhere Anteile an Akademikern und Inhabern leitender Berufe. Und: Diese wiesen zudem deutlich höhere Geburtenraten auf (Vgl. hier, S. 4).

Längst gibt es auch eine ganze Reihe unabhängiger Bestätigungen für diesen Befund: So werteten Lareen A. Newman und Graeme J. Hugo 2006 Daten der australischen Volkszählung und Interviews explizit auf die Fragestellung aus, wie sich weibliche Fertilität, Religion und Bildung zueinander verhielten. Und auch sie fanden: Gebildetere sind häufiger nichtreligiös und haben weniger Kinder. Aber den religiös "standhaften" (und dabei meist keineswegs traditionalistischen) Gebildeten gelingt es, dem allgemeinen Geburtenrückgang Widerstand zu leisten – sie heiraten eher und stabiler und haben deutlich mehr Kinder als säkulare Peers. Damit zeigen auch die südaustralischen Daten: mit steigender Bildung nehmen die biografischen Optionen und damit das reproduktive Potential von Religiosität sogar zu! Hier ein Vergleich der allgemeinen Geburtenentwicklung von Frauen in Adelaide (mitte), der Hauptstadt Südaustraliens sowie der Lutheranerinnen (oben) und der Konfessionslosen (unten). Erkennbar ist auch hier die bereits in der Schweiz beobachtete Geburtenschwäche der Konfessionslosen – und die Verknüpfung von Bildung und Reproduktionserfolg bei mindestens einigen Religionsgemeinschaften.

So erklärt sich auch die Verbindung hoher Religiosität und hohen IQs in den USA: Hier gibt es bereits seit Jahrhunderten den religiös-demografischen Wettbewerb, der sich in Europa, Asien, Lateinamerika usw. erst zu entfalten beginnt.

Aus evolutionswissenschaftlicher Perspektive stellt sich ohnehin vor allem eine Frage: Welche Aussagekraft über menschliches Leben hat eigentlich die Maßzahl IQ? Warum nicht z.B. emotionale Intelligenz (EQ), Musikalität, Religiosität, Körperkraft oder Kreativität?

Sind die Fähigkeiten, die eine Familie von Wildbeutern der Kalahari pflegt, die eine Bäuerin in Mexiko beherrscht oder die ein philippinischer Fischer seinen Kindern vermittelt "weniger wert", weil sie nicht IQ-Testsituationen abbilden? Gerade wenn wir streng naturalistisch argumentieren wollten, so müßten wir anerkennen, dass es darwinistisch gesehen nur einen Erfolgsmaßstab gibt: den relativen Reproduktionserfolg, die Weitergabe der eigenen Gene. Es mag in bestimmten Zirkeln auch der deutschen "Bildungseliten" noch immer schick sein, sich auf sehr fragwürdiger Datenbasis je über die vermeintlich mangelnde Intelligenz von Frauen, Afrikanern und/oder religiösen Menschen auszulassen. Aber empirisch betrachtet ist diese rationalistische Arroganz nicht haltbar – wie der Evolutionstheoretiker und Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek bemerkte. Denn wir beobachten derzeit keineswegs einen pauschalen "Evolutionserfolg" säkularer, rationalistischer Europäer, sondern im Gegenteil einen Flaschenhals aus Wohlstand, Freiheit und Individualisierung. Und an diesem scheitern – rein biologisch gesehen – signifikant häufiger jene Gebildeten, die sich über Beziehungen, Beten und Babys erhaben wähnen…

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

137 Kommentare

  1. Rassismus

    In den 1970er Jahren wurde in den USA ein Intelligenztest durchgeführt, um zu testen, wer intelligenter ist: Schwarze oder Weiße
    => das Ergebnis war eindeutig: Weiße waren eindeutig intelligenter als Schwarze.

    Der gleiche Test wurde aber auch durchgeführt, mit überarbeiteten Fragen, die den Sprachgewohnheiten der Schwarzen angepasst waren (Slang)
    => das Ergebnis war eindeutig: Schwarze waren eindeutig intelligenter als Weiße.

    Fazit: Mit Intelligenztests wird nicht eindeutig Intelligenz getestet, wenn das Sprachverständnis für das Ergebnis ausschlaggebend ist.

    Daher eignen sich solche Test hervorragend, um verschiedene Formen des Rassismus zu zementieren (hier: Zusamenhang von IQ und Religiosität).
    Man hat es schließlich wissenschaftlich bewiesen.
    Man kann es aber auch anders sagen: Intelligente Menschen würden an keinem Intelligenztest teilnehmen.

  2. Religion und Reproduktionserfolg

    Hallo Herr Blume,

    ich kann kaum mehr folgen, was die Untersuchung der Intelligenz und des damit in Zusammenhang gestellten Reprodukitonserfolges von “Religiösen” (wie immer man diese auch definieren mag) bringen soll.

    Oder doch?

    Wenn wir dem Schluss folgen, dass rein naturalisitisch gesehen der Reproduktionserfolg auf die wahre Intelligenz schließen lässt, dann ruft uns dies m. E. nicht zu dem, was hier als “religiös” untersucht wird, sondern zeigt, dass unserem Kult (auch der hier hier untersuchten “Religiösität”) insgesamt die Intelligenz fehlt. Hier liegt scheinbar das Problem.

    Denn um echten Reporoduktionserfolg zu haben, unsereren Kindern Zukunft zu geben, dazu beizutragen, dass der Mensch den “sinn”los gewordenen Egoismus überwindet und zu einem Gemeinschaftswesen wird, das sich im Sinne der Gesamtheit als Schöpfung verhält, Zukunft gestaltet, statt sie auf vielfältige Weise vollen Wissens zu vernichten, taugt das, was hier als “religiös” untersucht wird ebenso wenig, wie atheistische Ideologien.

    Die Auswertung von Statistiken über die Geburtenrate bei Konservativen greift m.E. zu kurz, um etwas über die Natur und Logik des Glaubens auszusagen, der sich vor 2000 Jahren gegenüber inhaltsentleerter jüdischer Tradition/Glaubensgesetzlichkeit (hier als Religiösität umschrieben), römischisch-politischem Königskult, griechischen Philosophiesystemen, Polytheismus und Pantheismus durchgesetzt hat.

    (Dass die unter “www.theologie-der-vernunft.de” zu findenden Überlegungen noch nicht ausgereift sind, ist mir klar. Doch ohne eine weiterentwickelte Glaubensvorstellung, die auf Wissen gründet, kommen wir nicht weiter.)

    Mit freundlichem Gruß
    von einem Paradigma, das nur noch in der Natur/Vernunft/Logik den altbekannten Grund/die Gründer des monotheistischen Glauben sieht.

    Bei der Veranstaltung in Weingarten “Muss der wahre Naturwissenschaftler Atheist sein” hoffe ich etwas mehr über die Probleme zu erfahren, die es m.E. nicht geben kann und braucht bzw. die nur eine Folge festgefahrender “Religiösitätsvorstellungen” sind.

  3. @ Herr Mentzel

    Lieber Herr Mentzel,

    vielen Dank für Ihren Beitrag und Ihre Fragen.

    Der Dreiklang Religiosität – IQ – Reproduktion beschreibt vor allem empirisch eines: Dass die Korrelation von Lynn (auch) hier zu kurz greift. In sich entwickelnden Gesellschaften bilden Gebildete Anfangs einen Schwerpunkt der Säkularisierung – die Demografie pendelt diesen Überhang jedoch mittelfristig (wie in den USA, beginnend aber eben auch schon in Europa usw.) wieder ein.

    Wie mehrfach erwähnt bin ich weder Theologe noch Philosoph, sondern Religionswissenschaftler. Mein wissenschaftliches Interesse zielt also zunächst weder auf eine Bewertung noch eine (religiöse oder religionskritische) Verkündigung, sondern auf naturalistisch und empirisch nachvollziehbare Beschreibung. Auf den Reproduktionserfolg fokussiere ich daher gerade nicht, weil ich dies für das Wichtigste im Leben hielte (man kann z.B. mit guten Argumenten eine globale Überbevölkerung konstatieren!), sondern weil der relative Reproduktionserfolg nun einmal der bio-logisch entscheidende Faktor ist, wenn wir die Evolutionstheorie als Basis auch menschlichen Verhaltens ernst nehmen.

    Auf das Kennenlernen in Weingarten (und die Diskussionen z.B. mit Prof. Kantischeider) freue ich mich sehr!
    (Für weitere Interessierte hier:
    http://www.forum-grenzfragen.de/…ungen/index.php )

    Bis also dann, Herr Mentzel! 🙂

  4. @ Ingo: Super, danke!

    Lieber Ingo,

    das ist eine weitere, unabhängig-empirische Bestätigung! Danke für diesen Fund!

    Aus Erfahrung wage ich jedoch die Voraussicht, das auch dieses weitere Ergebnis atheistisch-religionskritische Fundamentalisten (wie einigen Anhängern Dawkins) nicht daran hindern wird, sich wissenschaftlichen Befunden zu verweigern. Da sind sie ihren religiösen Kollegen wahnsinnig ähnlich… 😉

    Herzlichen Dank und viele Grüße!

    Michael

  5. Dawkins

    Lieber Michael,

    Wo verweigert sich Dawkins deiner Meinung nach wissenschaftlichen Erkenntnissen? Mir ist nichts dergleichen bekannt. Auch Dawkins hat sich mit den evolutionären Vorteilen von Religion befasst… vielleicht kennst du die entsprechenden Stellen nur nicht.

    Und ich bin mir nicht sicher weshalb du Dawkins als Fundamentalist bezeichnest. Das klingt mir sehr nach der Anti-Dawkins-Propaganda, die allenthalben zu finden ist. Ich habe einige Videos gesehen wo er live aufgetreten ist, er schien mir immer äusserst rational und überhaupt nicht “fundamental”.

  6. @ Arnd

    Lieber Arnd,

    ich habe es Dawkins und seinen Jüngern übel genommen, wie sie vor allem mit David Sloan Wilson umgegangen sind (Darwins Cathedral et al.), beispielweise nach der Beyond Belief Conference. Auch hier in Deutschland muss sich Wilson noch von Dawkins-Anhängern als “Wirrkopf” bezeichnen lassen, dabei ist seine Arbeit sehr viel empirischer als die Dawkins.

    Die “Memetik” arbeitet seit Jahrzehnten ohne klare Definition, ohne jede empirische oder experimentelle Studie und wird m.E. vor allem wegen ihres polemischen Potentials geschätzt.

    Ich schätze Dawkins, weil er die Religion-Evolution-Debatte in Gang gebracht hat und habe seine Bücher und mir bekannten Artikel selbstverständlich gelesen. Seriöse, empirische Evolutionsforschung betreibt er aber bislang nicht, in seinem Gotteswahn-Buch und darüber hinaus streift er die entsprechenden Thesen nur – obwohl er sich doch angeblich als “Ultradarwinist” (so seine Selbstbezeichnung) äußert. Und wer Religionen als “Wahn” bezeichnet und religiöse Erziehung in die Nähe von “Kindesmißhandlung” bezeichnet, verläßt m.E. klar den Standpunkt empirischer Beschreibung und bezieht stattdessen dogmatische Position.

    Bei jedem Verhaltensmerkmal auch des Menschen (Intelligenz, Musikalität etc.) gehen Evolutionsforscher selbstverständlich als erstes von einer biologischen Adaptation aus, suchen und beschreiben die evolutiven Vorteile. Ich bin mir sehr sicher, dass Dawkins inzwischen die Wagenladungen an Befunden kennt, die genau das auch für die Religiosität nahelegen – und trotzdem bislang fast völlig ausblendet. Damit handeln atheistische Fundamentalisten ebenso wie ihre religiösen “Kollegen” – sie nehmen nur jene Befunde wahr, die ihnen ins Konzept passen und wehren andere mit teilweise absurden Spekulationen ab. Die Medien lieben dann die vergröberten Schlagabtausche – und die seriöse, empirische Forschung bleibt zwischen den Extremen zu oft auf der Strecke.

    Wird übrigens Sonntag mein ausführlicheres Vortragsthema bei der Weingarten-Koferenz sein, das Skript plane ich dann online zu stellen.

    Herzliche Grüße

    Michael

  7. @ Thilo: Danke…

    …mit einem Fragezeichen, was der verlinkte Artikel nun genau beweisen wollte.

    Allerdings hat m.E. schon der erste Blogkommentar den m.E. etwas schrägen Haupttext zurecht gerückt, insofern war das als kleine Übung für an Evolution Interessierte vielleicht gar nicht schlecht.

    Mit Dank und herzlichen Grüßen

    Michael Blume

  8. Korrelation bleibt Korrelation

    Sind die Fähigkeiten, die eine Familie von Wildbeutern der Kalahari pflegt, die eine Bäuerin in Mexiko beherrscht oder die ein philippinischer Fischer seinen Kindern vermittelt “weniger wert”, weil sie nicht IQ-Testsituationen abbilden?

    Nö. Was immer IQ-Tests angeben, den Wert eines Menschen bestimmt nicht. Aber vielleicht ja doch zumindest einen Hinweis auf kritische Denkfähigkeit im Sinne unseres Verständnisses davon. Daraus folgt keine Wertaussage (auch wenn man sich ja mal überlegen kann, was daraus folgen sollte, wenn IQ-Ergebnisse zuverlässig wären); deshalb sollte man trotzdem nicht die Augen prinzipiell vor der Realität verschließen, nur weil andere daraus eine unberechtigte Wertaussage ableiten könnten, und so tun, als würden selbst idealisiert denkbare IQ-Tests gar nichts angeben.

    Gerade wenn wir streng naturalistisch argumentieren wollten, so müßten wir anerkennen, dass es darwinistisch gesehen nur einen Erfolgsmaßstab gibt

    Mir scheint, Du operierst hier hingegen mit einem Verständnis, dass IQ doch etwas über den Wert aussagt, und willst dass mit einem anderen Thema kontern, von dem Du auch fälschlicherweise annimmst, er sage irgendetwas über den Wert aus. Stimmt beides nicht. Weder sind intelligente Menschen wertvoller noch kinderreiche.

    Schon gar nicht gibt es eine Verbindung zwischen Intelligenz und der selbstgewählten Reduktion zur darwinschen Reproduktionsmaschine, wie Du es hier andeutest (‘wenn die so intelligent sind, warum sind sie dann evolutionär so dumm’). Es gibt nicht die kleinste Verbindung zwischen beiden Themen, außer dass Du beide offenbar über Wert-Vorstellungen verbunden siehst.

    “Ein Intellektueller ist jemand, der für sich etwas interessanteres gefunden hat als Sex.”
    — Aldous Huxley
    Um es mal so zu sagen 🙂

    Beste Grüße,
    k.

    ps. Ach, und zeig mir doch mal bitte die deutsche “Bildungselite”, die sich über die mangelnde Intelligenz von Frauen und Schwarzen auslässt und das auch noch auf Religiöse anwendet. Aber bitte keine Parteiinterna.

  9. Dawkins

    Lieber Michael,

    Ich wüsste nicht dass Dawkins jemals einen evolutionären Vorteil von Religion abgestritten hat. Im Gegenteil, ich habe jüngst ein Video gesehen in dem er bestätigt, dass viele Bestandteile von religiösem Verhalten sehr wahrscheinlich auf evolutionären Vorteilen beruhen. Es geht Dawkins aber auch gar nicht darum, ob Religion evolutionär von Vorteil ist sondern lediglich ob ihre Behauptungen wahr sind. Ich glaube du misverstehst da etwas.

    Dass Dawkins alles ausblendet was ihm nicht passt solltest du m.E. mal mit einem Beispiel belegen. Ich verfolge die entsprechenden Diskussionen schon seit langem. Fundamentalistisches “Ausblenden” von Tatsachen, von Dingen die beweisbar sind, kenne ich eigentlich nur von der religiös fundamentalistischen Seite. Dass du mit Dawkins nicht übereinstimmst, ist mir bewusst. Aber ihn wegen einer abweichenden Meinung zum Fundamentalisten zu machen halte ich nicht für fair. Lies bitte “Fundamentalismus” nach in z.B. Wikipedia… das passt einfach nicht.

    Grüßle,
    Arnd.

  10. @ kamenin

    Tja, da sind wir wohl einer Meinung: IQ ist eben kein objektiver Wertmaßstab, sondern eine kulturell bedingte Maßeinheit, die man (etwa philosophisch, erkenntnistheoretisch u.ä.) durchaus bewerten kann, aber die nicht per se absolute Werte impliziert. Und Lynn nutzt IQ sogar als Grundlage von eugenischen Überlegungen! Dagegen hätte ich mir Deinen entschiedenen Protest gewünscht.

    Wegen vermeintlich dummen Religiösen – Frauen hatte ich das wieder und wieder erlebt, wenn ich etwa empirische Befunde aufgezeigt habe, wonach Frauen durchschnittlich religiös aktiver sind als Männer. Da schlugen mir so manches Mal Mutmaßungen a la “Frauen sind nun einmal weniger gebildet.” oder “Frauen denken nicht so logisch.” entgegen. Dabei macht gerade auch die weibliche Religiosität evolutions-logisch Sinn:
    http://www.wissenslogs.de/…religi-se-frauen-dumm

    Zuletzt noch:
    “Schon gar nicht gibt es eine Verbindung zwischen Intelligenz und der selbstgewählten Reduktion zur darwinschen Reproduktionsmaschine, wie Du es hier andeutest (‘wenn die so intelligent sind, warum sind sie dann evolutionär so dumm’). Es gibt nicht die kleinste Verbindung zwischen beiden Themen, außer dass Du beide offenbar über Wert-Vorstellungen verbunden siehst.”

    Nun, wir bemerken einen sehr deutlichen Zusammenhang zwischen steigender Bildung / IQ-Leistung und niedrigerer Kinderzahl, der aber (etwa durch Familienförderung, Religiosität etc.) auch abgemildert werden kann. Wechselwirkungen gibt es also schon, aber eben keine Monokausalität.

    Und, nein, ich sehe im Reproduktionserfolg keinen “Wert”, sondern als strenger Naturalist schlicht den entscheidenden Fitnessindikator im Evolutionsprozess. Wenn jemand auf philosophischer Basis Religiosität kritisieren möchte – gerne. Wenn jemand aber behauptet, naturwissenschaftlich oder gar evolutionstheoretisch zu argumentieren, erwarte ich den Einbezug harter, empirischer Fakten. Erklärungen, die mit Designer-Göttern, Memen oder anderen empirisch nicht beobachtbaren Entitäten hantieren, kann ich als Mythen respektieren, wissenschaftlich überzeugen sie mich nicht.

  11. @ Arnd: Dawkins

    Lieber Arnd,

    abgesehen von der Wilson-Dawkins-Debatte, in der es um genau diesen Punkt ging (und die genau das Beispiel liefert, um das Du gebeten hast), impliziert schon die Benennung einer Merkmals als “Wahn”, “Virus” oder “Mißhandlung” selbstverständlich eine maladaptive Schädigung des “betroffenen” Organismus. Und viele Leute glauben, dass Dawkins hierbei seriös als Zoologe argumentieren würde!

    Im übrigen “mache” ich Dawkins nicht zum Fundamentalisten, sondern werfe ihm vor, Fundamentalismen zu bedienen. Sowohl atheistische wie religiöse Extreme werden in ihren jeweiligen Vorurteilen bestätigt, weil sie glauben, da ginge es um seriöse, empirische Forschung. Tut es (bisher) nicht.

    Dawkins selber halte ich für sehr klug und nehme durchaus auch wahr, dass auch er die adaptationistischen Befunde längst kennt. Er bedient eben effektvoll ein bestimmtes, religionskritisches Publikum (wie es ja auch religiöse “Prediger” tun) und spielt dabei geschickt mit dem Nimbus des Evolutionsbiologen. Dass schon Darwin selbstverständlich von einer insgesamt adaptiven Wirkung von Religiosität ausging, wissen die meisten seiner Anhänger ja auch gar nicht, auch er – der selbst ernannte “Ultradarwinist” “vergißt” dies ja zu erwähnen.

    Wenn ein Biologe als Biologe Organismen Wahn, Viren oder Mißhandlungen attestiert, sollte er dafür empirisch belastbare Befunde aufbieten können. Dawkins kann und will das nicht. Würden Du, Kamenin & Co. nicht ebenso kritisch reagieren, wenn ein Biologe den Nutzen von Religiosität preisen würde, ohne belastbare Befunde und Daten dafür aufbieten zu können? Ich denke, doch.

  12. Evolutions-Unlogik

    oder “Frauen denken nicht so logisch.” entgegen. Dabei macht gerade auch die weibliche Religiosität evolutions-logisch Sinn:

    Du verstehst es einfach nicht. Logisches Denken bezieht sich auf eine ganz andere Ebene als “evolutions-logischer Sinn”. Mit Deinem Einwand entkräftest Du nicht die Sottise, Du bekräftigst sie: wer sich evolutions-logisch veranlagt verhält, verhält sich eben nicht logisch. Das macht nämlich schon jeder Nacktmull.

    Und, nein, ich sehe im Reproduktionserfolg keinen “Wert”, sondern als strenger Naturalist schlicht den entscheidenden Fitnessindikator im Evolutionsprozess.

    Es geht in der Untersuchung aber um eine Korrelation von IQ und individuellem Glauben. Dagegen mit einem Fitnessindikator im Evolutionsprozess zu argumentieren, ist nicht “streng naturalistisch”, wie Du oben schreibst, sondern Unsinn. Das sind getrennte Kategorien, zwischen denen es Zusammenhänge gibt, die man aber nicht gegeneinander setzen kann, als könne man sie gegeneinander verrechnen.
    Ich nehm Dir auch nicht ab, dass Du oben schreiben kannst, dass ‘rational Arrogante’ “am Evolutionserfolg” “scheitern” — rein biologisch gesehen natürlich –, damit aber keine Wertung verbunden sehen willst. Dann ist der Hinweis nicht nur inhaltsleer, sondern steht in keinem Zusammenhang zum Rest des Textes.

    Und wär’s nicht langsam an der Zeit, Dir einzugestehen, dass Dich an Dawkins vor allem der offensiv vertretene Atheismus mächtig annervt? Das ist jetzt bestimmt das 20. Mal, dass ich was über Meme lesen muss, die in seinem Religionsbuch auf 5 Seiten vorkommen und dazu am Anfang ausdrücklich und klar als Spekulation und Gedankenspiel gekennzeichnet werden. Inzwischen ist es also nicht mal mehr, was Dawkins glaubt, noch was er schreibt, sondern was er nicht schreibt? Den beleidigten Empiriker nehme ich Dir an der Stelle nicht mehr ab.

    Bei aller Wertschätzung Deiner Arbeit, wenn Du die Kategorien so beliebig argumentativ vermischst, um Dich bei Widerspruch auf eine “es ist doch nur Wissenschaft”-Position zurück zu ziehen, dann darfst Du Dich nicht ernsthaft wundern, wenn andere das dann auch mal benennen — oder, wie beim hpd, auch mal kräftig missverstehen oder zumindest genauso falsch vermischen.

    Alles Gute,
    k.

  13. @ kamenin

    Ich schreibe es gerne auch noch einmal hundert Mal:

    1. Lynn hat die (von Dir zu Recht als widersinnig behauptete) Korrelation nicht nur behauptet, sondern auch eugenisch aufgeladen. Aber soweit wie Du, zu schreiben, dass gar kein Zusammenhang zwischen Intelligenz und Reproduktion bestünde, würde ich als strenger Naturalist auch nicht gehen: denn selbstverständlich halte ich auch unser Gehirn für ein Produkt der Evolution. Oder willst Du etwas sagen, Veranlagungen zur Intelligenz seien nicht evolutiv entstanden (und evolvierten ggf. weiter)?

    2. Dawkins hat nicht nur die quasi-wissenschaftliche Memetik vertreten (was m.E. völlig okay wäre), sondern sein Buch u.a. Gotteswahn genannt, Religionen als Geisteskrankheiten und Virenkomplexe beschrieben und religiöse Erziehung als Kindesmißhandlung angedeutet. Unbedarfte Leute glauben bis heute, das habe etwas mit Evolutionsbiologie zu tun – und diese Täuschung nehme ich ihm übel. Offensive Atheisten gehören dagegen zu meinem besten Freundeskreis, damit habe ich kein Problem.

    3. Den Angriff des humanistischen Pressedienstes betrachte ich schon deshalb als Ehre, weil er letztlich den Religion-Reproduktion-Zusammenhang bestätigte, den Ach-so-wissenschaftliche-Rationalisten gegen alle Befunde und Belege leugnen wollen. Also, ich fand das richtig gut! 🙂

    Nur eben schade, dass auch atheistische Fundamentalisten persönlich werden, wenn ihnen die empirischen Argumente ausgehen. Inhaltliche Debatten auf Basis von empirischen Daten finde ich viel interessanter.

  14. @ Michael Blume

    zu 1. Ich habe die Korrelation nicht als widersinnig behauptet und sehe auch nicht, wo Du das getan hättest — eine Erklärung der Korrelation negiert sie nicht. Auch die Allbus-Daten ordnen diese Korrelation nur in die richtige Größenordnung ein, zeigen sie aber genauso.
    Außerdem habe ich nirgendwo geschrieben, dass es keinen Zusammenhang zwischen Intelligenz und Reproduktion gebe, was allerdings widersinnig wäre.

    Es ist nur kein Argument gegen diese Korrelation, die höheren Geburtsraten von Religiösen anzuführen. Die Kinder können weder in der IQ-, noch in der Religiositätsstatistik auftauchen. Eine Betrachtung, wie sich durch die höhere Kinderzahl der Generationenmix in Bezug auf Intelligenz/Religiosität verändert, ist bestenfalls hochspekulativ, ohne Betrachtung der signifikanten Kirchenaustrittszahlen sogar reines Wunschdenken. Das widerlegt nicht mal eine über reine Korrelation hinausgehende ursächliche Beziehung zwischen IQ und Religiosität, weil die ja gerade massive Kirchenaustritte vormals religiös erzogener “Hoch-IQler” voraussagen würde.

    Es ist dagegen schon bemerkenswert, wie Du aus dem von Dir verlinkten fowid-Paper die Daten von jüdischen und wenigen kleinen christlichen Gemeinden hervorhebst. Mal abgesehen davon, dass europäisches Judentum eine sehr starke kulturelle und areligiöse Komponente beinhaltet, man die Zahlen also zumindest nach Religiosität aufschlüsseln müsste: die Zahlen in der Veröffentlichung zeigen eine eindeutige Korrelation zwischen Konfessionslosigkeit und höherem Bildungsabschluss (30,6% gg. 19,2% für die Gesamtschweiz und 16,8 bzw. 18,9% für Katholiken und Reformprotestanten) — da ist schon die Frage, ob Du eine Frage beantworten willst oder ein Bild entwerfen, wenn Du Daten derart selektiv auswählst.

    Die Frage ist hier nicht: wer gewinnt den Kulturkampf? Aber damit scheint sich ein guter Teil des Artikels zu befassen. Es geht um eine statistische Korrelation (und mögliche Kausation) zwischen IQ-Wert und Religiosität. Da haben Kinderzahlen nichts drin verloren. Und wenn Du dann noch auf der Ebene argumentierst, vielleicht gäb’s die Korrelation ja, aber wie dumm es denn sei, den Reproduktionswetbewerb zu verlieren — dann begehst Du da denselben Fehler, dem Du dem hpd als persönlichen Angriff übel nimmst. Im letzten Abschnitt setzt Du ja schon explizit Intelligenz und “Evolutionserfolg” gleich. Vollkommen widersinnig.

    zu 2. Was stört Dich denn jetzt? Religion als Wahn zu bezeichnen (halte ich immer noch für einen Übersetzungsfehler) oder fundamentalistische(!) Erziehung schwerstenfalls als Kindesmisshandlung? Oder die Tatsache, dass von Dir behauptete Unbedarfte angeblich meinen, das wäre evolutionsbiologisch argumentiert?
    Ich kenne keinen, der diesem Missverständnis unterliegt und habe erst recht keine Ahnung, wie Dawkins sich noch klarer hätte ausdrücken sollen, um jedem seine Argumentation verständlich zu machen. Ihm bewusste Täuschung vorzuwerfen, will ich an Zitaten belegt sehen. Dass irgendein Depp alles, was ein Biologe sagt, für Biologie halten kann, zumal wenn er das Buch nicht liest, halte ich für ein sehr dürftiges Argument.

    zu 3. Ich weiß nicht, was Du immer mit atheistischen Fundamentalisten hast, die Deine Ergebnisse leugnen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Dich jemand als Fundamentalist bezeichnet hätte. Du scheinst damit ja freigiebiger umzugehen.

    Zur Aufheiterung: http://www.jesusandmo.net/2008/06/20/lake/

  15. @ Kamenin: Zustimmung

    Lieber Kamenin,

    ich wollte Dir aber noch bei einem Aspekt ausdrücklich zustimmen! Du schriebst:

    “Logisches Denken bezieht sich auf eine ganz andere Ebene als “evolutions-logischer Sinn”. Mit Deinem Einwand entkräftest Du nicht die Sottise, Du bekräftigst sie: wer sich evolutions-logisch veranlagt verhält, verhält sich eben nicht logisch. Das macht nämlich schon jeder Nacktmull.”

    Zum einen hoffe ich tatsächlich, dass ich nirgendwo von “evolutions-logischem Sinn” geschrieben habe – denn der Begriff “Sinn” scheint mir ungeeignet zu sein. Wenn ich bio-logisch oder evolutions-logisch schreibe, dann ist damit genau die von Dir beschriebene Unterscheidung gemeint: Es mag z.B. irrational sein, an die ewige Liebe zu glauben, kann aber dem biologischen Erfolg dienlich sein. Und umgekehrt: eine ganze Menge sehr kluger, logischer und rationaler Leute kommen gerade aufgrund ihrer Klugheit, Logik und Rationalität zu dem Ergebnis, dass Kinder sie mehr Freiheit und Geld kosten, als sie ihnen wert sind. Entsprechend verhalten sich viele sehr rationaler Leute bio-logisch maladaptativ und verzichten darauf, über Nachkommen zum Genpool kommender Generationen beizutragen.

    Dass Leute also z.B. eine Nacktmulle “dumm” finden, empört sind, gemeinsame Vorfahren mit Affen zu haben oder Reproduktionserfolg nicht als den letztlich entscheidenden, darwinschen Fitnessindikator erkennen, halte ich gleichermaßen für fragwürdig. Logik ist toll, aber nicht das Selektionsprinzip der Evolution.

  16. Wahn

    Lieber Michael,

    Schön dass du so zuverlässig alle unsere Kommentare kommentierst. Ich finde es toll, dass auf diese Weise ein echter Dialog zustande kommt.

    Nimm einmal an Dawkins hat recht und es gibt keinen Gott. Dann ist die Bezeichnung “Wahn” sehr zutreffend. Laut Wikipedia:

    Der Begriff Wahn repräsentiert eine Überzeugung, die

    1. logisch inkonsistent ist oder wohlbestätigtem Wissen über die reale Welt widerspricht und
    2. trotz gegenteiliger Belege aufrechterhalten wird, weil die persönliche Gewissheit der Betroffenen so stark ist, dass sie rational nicht mehr zugänglich sind.

    Auf bibeltreue Christen trifft beides 100%ig zu.

    Natürlich will Dawkins polarisieren. Deshalb wählt er eine starke Sprache. Dawkins ist tatsächlich der Meinung dass Religion überwiegend schädigend wirkt. Ich bin mir da nicht so sicher.

    Die Hauptsache bei Dawkins ist aber eben nur die Frage, ob Religion Wahrheit verkündet. Und in dieser Frage hat er meiner Meinung nach sehr überzeugende Argumente dagegen geliefert.

    Du lieber Michael machst auf mich den Eindruck als wenn dich diese zentrale Frage, nämlich nach der Wahrheit der Religion, gar nicht interessiert. Du scheinst die Religion nur unter soziologischen Gesichtspunkten zu sehen. Für mich und Dawkins hingegen ist genau dies der alles entscheidende Punkt.

  17. @ kamenin

    Lieber Kamenin,

    danke für Deinen Beitrag, auf den ich gerne eingehe.

    “Ich habe die Korrelation nicht als widersinnig behauptet und sehe auch nicht, wo Du das getan hättest — eine Erklärung der Korrelation negiert sie nicht. Auch die Allbus-Daten ordnen diese Korrelation nur in die richtige Größenordnung ein, zeigen sie aber genauso.”

    Ganz genau. Ich bemühe mich um empirisch gestützte Erklärungen für Korrelationen. Das sehe ich als eine unserer Aufgaben als Wissenschaftler, oder?

    “Außerdem habe ich nirgendwo geschrieben, dass es keinen Zusammenhang zwischen Intelligenz und Reproduktion gebe, was allerdings widersinnig wäre.”

    Gut, danke. Lynn hat impliziert, dass IQ und Religiosität direkt miteinander zusammen hingen, ich mache auf die dritte Variable Reproduktion aufmerksam, die sowohl kulturell wie biologisch besonders relevant ist – und die er via Eugenik ja auch selbst ins Spiel bringt…

    “Es ist nur kein Argument gegen diese Korrelation, die höheren Geburtsraten von Religiösen anzuführen. Die Kinder können weder in der IQ-, noch in der Religiositätsstatistik auftauchen. Eine Betrachtung, wie sich durch die höhere Kinderzahl der Generationenmix in Bezug auf Intelligenz/Religiosität verändert, ist bestenfalls hochspekulativ, ohne Betrachtung der signifikanten Kirchenaustrittszahlen sogar reines Wunschdenken.”

    Zum einen erklärt just dieser Zusammenhang z.B. den Ausreißer USA, in dem sowohl hohe Religiosität wie hoher IQ vorhanden sind, ebenso wie die ALLBUS-Befunde. Und zum anderen darf ich Dich auf einen Widerspruch aufmerksam machen: Gerade wenn (auch) Intelligenz eine genetische Komponente hat, ist die Frage des Reproduktionserfolges natürlich hoch interessant! Auf Lynns Appelle in Richtung Eugenik können wir dann z.B. verzichten. Warum darf ich das nicht feststellen?

    “Das widerlegt nicht mal eine über reine Korrelation hinausgehende ursächliche Beziehung zwischen IQ und Religiosität, weil die ja gerade massive Kirchenaustritte vormals religiös erzogener “Hoch-IQler” voraussagen würde.”

    Genau, die hast Du ja sogar in den USA. Und das eben ergibt den Flaschenhals: Gebildete weisen (durchschnittlich) massiv sinkende Geburtenzahlen auf, außer wenn sie religiös vergemeinschaftet sind (siehe die oben verlinkte Australien-Studie genau zu diesem Thema). Kannst Du mir wirklich übel nehmen, dass mich das als evolutionsbiologisch arbeitender Religionswissenschaftler interessiert?

    “Es ist dagegen schon bemerkenswert, wie Du aus dem von Dir verlinkten fowid-Paper die Daten von jüdischen und wenigen kleinen christlichen Gemeinden hervorhebst. Mal abgesehen davon, dass europäisches Judentum eine sehr starke kulturelle und areligiöse Komponente beinhaltet, man die Zahlen also zumindest nach Religiosität aufschlüsseln müsste: die Zahlen in der Veröffentlichung zeigen eine eindeutige Korrelation zwischen Konfessionslosigkeit und höherem Bildungsabschluss (30,6% gg. 19,2% für die Gesamtschweiz und 16,8 bzw. 18,9% für Katholiken und Reformprotestanten) — da ist schon die Frage, ob Du eine Frage beantworten willst oder ein Bild entwerfen, wenn Du Daten derart selektiv auswählst.”

    Diese Gemeinschaften nenne ich deswegen, weil sie schlicht die behauptete Monokausalität Bildung -> Religionslosigkeit falsifizieren. Und sie sind zugleich reproduktiv hoch erfolgreich, ihr Verhalten ist also biologisch adaptiv.

    Ich hatte ja schon mehrfach um den umgekehrten Fall gebeten: Wenn Du mir eine einzige, säkulare Gemeinschaft benennen könntest, die seit auch nur zwei, drei Generationen reproduktiv vergleichbar erfolgreich gewesen wäre, würde dies meine These (Religiosität als nicht substituierbare Variable im Hinblick auf Reproduktionserfolg) ebenso schwächen bzw. falsifizieren. Also, leg los! 🙂

    “Die Frage ist hier nicht: wer gewinnt den Kulturkampf? Aber damit scheint sich ein guter Teil des Artikels zu befassen.”

    Dass Lynn just diesen Zusammenhang triumphierend verlautbarte, scheint Dich nicht zu stören. Immerhin wurde ich im Rahmen dieses Scilogs von zwei aufmerksamen Lesern auf eine zustimmende Rezension Lynns aufmerksam gemacht und habe darauf reagiert. Und wenn ich dann dessen Befunde vertiefe, soll das schlimm sein? Dabei müsste doch jeden an empirischen Fakten interessierten Menschen z.B. interessieren, warum in den USA Religiosität ungebrochen lebendig ist und auch in Deutschland vor allem in der jungen Generation wieder empirisch messbar auflebt.

    “Es geht um eine statistische Korrelation (und mögliche Kausation) zwischen IQ-Wert und Religiosität. Da haben Kinderzahlen nichts drin verloren.”

    Nein, @Kamenin, Lynn schreibt explizit von genetischen Veranlagungen zur Intelligenz und nimmt unterschiedliche Niveaus zwischen “Rassen”, Geschlechtern und Säkularen-Religiösen auf biologischer Basis an! Und wenn wir auf naturalistischer Basis von Genen und Evolution sprechen, sprechen wir notwendig von Reproduktion. Ganz davon abgesehen, dass diese auch kulturelle Phänomene (siehe oben, USA, Europa etc.) erklärt.

    “Und wenn Du dann noch auf der Ebene argumentierst, vielleicht gäb’s die Korrelation ja, aber wie dumm es denn sei, den Reproduktionswetbewerb zu verlieren — dann begehst Du da denselben Fehler, dem Du dem hpd als persönlichen Angriff übel nimmst.”

    Das verstehe ich nicht. Wer sich auf die Evolutionsbiologie beruft, kann sich doch dann nicht darüber beschweren, dass ich darauf hinweise, dass der relative Reproduktionserfolg der Fitnessindikator schlechthin ist. Damit greife ich doch niemanden persönlich an, sondern weise auf die Grundregeln der eigenen Annahmen hin. Was mich wundert: Statt dann also ehrlich auf naturalistischer und evolutionsbiologischer Basis zu argumentieren, werden die Angriffe persönlich. Damit hätte ich von Seiten erklärter Rationalisten, die doch angeblich ihre Weltanschauung wissenschaftlich begründen, nicht gerechnet.

    “Im letzten Abschnitt setzt Du ja schon explizit Intelligenz und “Evolutionserfolg” gleich.”

    Genau das tut Lynn – und ich bestreite es. Im Evolutionsprozess entscheidet der relative Reproduktionserfolg, sonst gar nichts. Man kann superklug sein und trotzdem aussterben. 😉

    “Religion als Wahn zu bezeichnen (halte ich immer noch für einen Übersetzungsfehler) oder fundamentalistische(!) Erziehung schwerstenfalls als Kindesmisshandlung?”

    Ach, Kamenin, jetzt sind also die Übersetzer schuld (kommt mir aus Bibeldebatten bekannt vor… 😉 ). Entschuldige, seine Aussagen sind nun einmal eindeutig, z.B.:
    “To describe religions as mind viruses is sometimes interpreted as contemptuous or even hostile. It is both. I am often asked why I am so hostile to organized religion.”
    — Richard Dawkins, The Devil’s Chaplain (2004)

    Ich kann gut damit leben. Aber es überrascht mich schon, welche Emotionen es weckt, wenn man es wagt, diesem Guru auf empirischer Basis zu widersprechen. Dabei hat Dawkins, im Gegensatz zu anderen, die überragende Bedeutung von Reproduktion durchaus erkannt!

    Not a single one of your ancestors died young. They all copulated at least once.
    — Richard Dawkins, The New Yorker, “Richard Dawkins’s Evolution” (September 9, 1996), debating “Does God Exist?” with Rabbi Adin Steinsaltz, as reported by Ian Parker, quoted from The Columbia Dictionary of Quotations

    “Oder die Tatsache, dass von Dir behauptete Unbedarfte angeblich meinen, das wäre evolutionsbiologisch argumentiert?
    Ich kenne keinen, der diesem Missverständnis unterliegt und habe erst recht keine Ahnung, wie Dawkins sich noch klarer hätte ausdrücken sollen, um jedem seine Argumentation verständlich zu machen. Ihm bewusste Täuschung vorzuwerfen, will ich an Zitaten belegt sehen. Dass irgendein Depp alles, was ein Biologe sagt, für Biologie halten kann, zumal wenn er das Buch nicht liest, halte ich für ein sehr dürftiges Argument.”

    Auf meinem Blog kannst Du sogar lesen, wie der Redakteur des humanistischen Pressedienstes behauptet, dank des Absenkens der Sterblichkeit habe die natürliche Selektion geendet… Und ich würde ihn nicht als Deppen bezeichnen.

    “Ich weiß nicht, was Du immer mit atheistischen Fundamentalisten hast, die Deine Ergebnisse leugnen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Dich jemand als Fundamentalist bezeichnet hätte. Du scheinst damit ja freigiebiger umzugehen.”

    Ja, ich bin nämlich durchaus überrascht. Als ich vor einigen Jahren begonnen habe, Religiosität evolutionsbiologisch zu erforschen, habe ich mit religiös-fundamentalistischem Gegenwind gerechnet. Der kam auch, war aber im Gegensatz zu den wüsten Attacken von atheistischer Seite ein laues Lüftchen.

    Und mich verblüfft die Ähnlichkeit der Argumentationen. Mit einigen Atheisten (wie Eckart Voland, Edgar Dahl) kann ich hervorragend über die Daten, Befunde und Implikationen diskutieren. Andere aber wählen genau die gleiche Strategie wie religiöse Fundamentalisten: Wenn sie erkennen, dass sich die Befunde schlicht nicht leugnen lassen, werden sie persönlich, erklären die entsprechende Forschung für unerlaubt oder widersinnig, krallen sich an Begrifflichkeiten fest oder verlangen lückenlose Fossilketten. Dieser Mangel an Wissenschaftlichkeit bei vielen “Rationalisten” hat mich, ich gebe es zu, überrascht…

  18. @ Arnd: Danke 🙂

    Lieber Arnd,

    Du schriebst:

    “Schön dass du so zuverlässig alle unsere Kommentare kommentierst. Ich finde es toll, dass auf diese Weise ein echter Dialog zustande kommt.”

    Danke, das ist eine schöne Rückmeldung! Der Zeitaufwand ist intensiv und geht von der knappen Freizeit ab, aber es sind auch immer wieder wertvolle Diskussionen dabei, denen ich viel verdanke.

    “Nimm einmal an Dawkins hat recht und es gibt keinen Gott. Dann ist die Bezeichnung “Wahn” sehr zutreffend.”

    Nicht aus biologischer Perspektive. Dann wäre Religiosität schlicht ein (wohl adaptives) Naturphänomen wie Musikalität oder die Liebe auch. Unterliegt derjenige, dem bei einem Musikstück oder angesichts eines Liebesbriefs das Leben sinnvoll erscheint, einem Wahn? Klar, philosophisch kann man je der Meinung sein, aber ein Biologe sollte (nur das) als Krankheit das bezeichnen, was Organismen und deren Reproduktionserfolg schädigt.
    “Auf bibeltreue Christen trifft beides 100%ig zu.”

    Ich halte mich persönlich auch für bibeltreu – was genau der Grund ist, warum ich Fundamentalismen ablehne. Warum nehmen so viele Menschen den Fundamentalisten ab, sie repräsentierten die “wahre” Religion? Ist Barack Obama weniger Christ als George W. Bush?

    “Natürlich will Dawkins polarisieren. Deshalb wählt er eine starke Sprache.”

    Das ist ja auch okay. Nur wundert mich dann die Weinerlichkeit, mit der auf Gegenkritik reagiert wird. Dawkins ist ein Sprachtalent, aber er bemüht sich kaum, seine starken Worte auch empirisch zu belegen. Damit täuscht er eine ganze Menge Menschen, die tatsächlich glauben, er argumentiere seriös als Zoologe.

    “Dawkins ist tatsächlich der Meinung dass Religion überwiegend schädigend wirkt. Ich bin mir da nicht so sicher.”

    Und ich bin mir inzwischen sehr sicher, dass Religiosität adaptiv ist – nicht, weil ich das gut fände, sondern weil harte, empirische Daten aus allen Ecken der Welt und inzwischen Dutzender verschiedener Forscher dies belegen. Und mich überrascht, wie massiv gerade diejenigen, die doch angeblich Wissenschaft zur Grundlage ihrer Weltanschauung wählten, ihnen unliebsame Befunde ausblenden. Mit oft genau den gleichen Argumentationstricks wie religiöse Fundamentalisten vor ihnen.

    “Die Hauptsache bei Dawkins ist aber eben nur die Frage, ob Religion Wahrheit verkündet. Und in dieser Frage hat er meiner Meinung nach sehr überzeugende Argumente dagegen geliefert.”

    Über Metaphysik diskutiere ich auch gerne mit Theologen oder Philosophen. Wenn aber jemand als Zoologe auftritt und seine Behauptungen und Bezeichnungen bezüglich Religion(en) weder empirisch noch bio-logisch belegen kann, erlaube ich mir ernsthaften Zweifel auch an dessen philosophischer Qualifikation. 😉

    “Du lieber Michael machst auf mich den Eindruck als wenn dich diese zentrale Frage, nämlich nach der Wahrheit der Religion, gar nicht interessiert. Du scheinst die Religion nur unter soziologischen Gesichtspunkten zu sehen. Für mich und Dawkins hingegen ist genau dies der alles entscheidende Punkt.”

    Tja, und das eben ist der Punkt, wo sich religiöse und atheistische Fundamentalismen begegnen. Sie gehen von einer absoluten Wahrheit aus, die sie “für alles entscheidend” halten und beugen dann die empirischen Befunde. Das ist einfach, schnell und populär. Gerade “weil” ich aber als Wissenschaftler an wirklicher Erkenntnis interessiert bin, setze ich mich dafür ein, dass wir erst einmal und immer wieder empirisch so weit wie möglich klären, was wir dann philosophisch oder theologisch diskutieren. Und ich freue mich, dass mindestens einige Religionskritiker die Kraft haben, auch ihre eigenen Vorannahmen durch harte Daten überprüfen zu lassen.

  19. Religion

    Ich wüßte nicht wo Dawkins jemals von einer absoluten Wahrheit gesprochen hätte. Das wäre sehr unwissenschaftlich… und ich glaube du wirst große Schwierigkeiten haben diese deine Behauptung zu belegen.

    Alles was er sagt ist dass es keine Beweise für Gott gibt. Das heisst nicht dass es Gott nicht geben kann, aber es heisst dass er genauso unwahrscheinlich ist wie alles andere für das es ebenfalls keine Beweise gibt. Dawkins sagt nicht dass es keinen Gott geben kann (das wäre die Fundamentale Position).

    Von welchen harten Daten sprichst du eigentlich bei der Frage nach der Wahrheit der Religion? Das würde mich aufrichtig interessieren.

    Ich glaube aber inzwischen dass wir ein bischen aneinander vorbei reden. Und ich finde es schade dass du über Metaphysik nur mit Philosophen oder Theologen reden möchtest… in diesem Sinne also auch nicht mit mir.

    Schade.

  20. @ Arnd: Empirie – Metaphysik

    Lieber Arnd,

    danke für Deinen Beitrag. Ja, da haben wir vielleicht einander etwas verfehlt, bleiben wir dran! 🙂

    “Ich wüßte nicht wo Dawkins jemals von einer absoluten Wahrheit gesprochen hätte. Das wäre sehr unwissenschaftlich… und ich glaube du wirst große Schwierigkeiten haben diese deine Behauptung zu belegen.”

    Das habe ich nicht behauptet, sondern bin direkt auf Deinen Beitrag eingegangen, wonach es Dawkins und Dir vor allem um die Klärung der Wahrheitsfrage ginge. Und da sage: Ja, aber bevor wir darüber sprechen, sollten wir doch erst einmal alles empirisch Verfügbare geklärt haben! Denn sonst landen wir in den fundamentalistischen Schleifen: Jeder geht von Wahrheitsannahmen aus, ohne mehr dazu sagen zu können.

    “Alles was er sagt ist dass es keine Beweise für Gott gibt. Das heisst nicht dass es Gott nicht geben kann, aber es heisst dass er genauso unwahrscheinlich ist wie alles andere für das es ebenfalls keine Beweise gibt. Dawkins sagt nicht dass es keinen Gott geben kann (das wäre die Fundamentale Position).”

    Volle Zustimmung! Gott läßt sich empirisch weder ausschließen noch beweisen – was ich sehr begrüße, weil wir ja sonst m.E. kaum echte Glaubensfreiheit hätten. Wenn wir Ihn aber (bislang? endgültig?) weder beweisen noch widerlegen können, dann wäre es doch unsere Aufgabe, alles empirisch Zugängliche wissenschaftlich zu klären. Warum hat der Mensch die Veranlagungen zu Glauben und religiösem Verhalten entwickelt? Warum auch der Neandertaler? Wie wirkt sich Glauben heute aus? Darüber “können” wir forschen, wenn wir uns an harten, empirischen Fakten orientieren.

    “Von welchen harten Daten sprichst du eigentlich bei der Frage nach der Wahrheit der Religion? Das würde mich aufrichtig interessieren.”

    Dass absolute Wahrheit empirisch nicht zugänglich sind, darüber sind wir uns, meine ich, einig. Aber hier im Blog findest Du z.B. Befunde zum relativen Reproduktionserfolg, bei Edgar Dahl aus der Glücksforschung u.v.m., die es uns erlauben, das Phänomen Religion empirisch besser zu verstehen und zu beschreiben als in den Polemiken zwischen religiösen und atheistischen Fundamentalisten üblich.

    “Ich glaube aber inzwischen dass wir ein bischen aneinander vorbei reden. Und ich finde es schade dass du über Metaphysik nur mit Philosophen oder Theologen reden möchtest… in diesem Sinne also auch nicht mit mir.”

    Autsch, Mißverständnis! Die Einschränkung hatte ich natürlich auf mich selber bezogen: Ich bin Religionswissenschaftler und obwohl dazu natürlich theologisches und philosophisches Grundwissen gehört, maße ich mir da keinen Expertenstatus an. Deswegen präsentiere ich als empirischer Forscher die Befunde immer wieder gerne und höre dann zu, was Theologen und Philosophen dazu sagen.

    Also natürlich diskutiere ich, gerade auch mit Dir, gerne über diese Themen! Nur maße ich mir dabei kein Expertentum an, das ich nicht besitze. Ich bin “nur” ein Religionswissenschaftler, der sich auf die Evolutionsbiologie des Glaubens spezialisiert hat.

    “Schade.”

    Ja, wenn ich schlauer wäre, hätte ich vielleicht auch noch Theologie oder Philosophie studiert. 😉

    Im Ernst: Natürlich gilt die Einladung zum Dialog weiterhin unbeschränkt, zumal Du diesen sehr fair, sachlich und kundig führst!

  21. @ Blume: zu Lynn

    Jetzt habe ich mal was revolutionäres getan und Lynns Veröffentlichung gelesen. Revolutionär deshalb, weil ich inzwischen arge Zweifel habe, ob Du das auch gemacht hast.

    1. An keiner Stelle stellt Lynn irgendeinen Zusammenhang her zwischen Intelligenz und Reproduktions- oder Evolutionserfolg, im Gegenteil: die Untersuchung legt eher nahe, dass er von einem wesentlich nichtbiologisch determiniertem IQ ausgeht, weil sonst zum Beispiel die Anstiege während des 20. Jahrhunderts wohl kaum erklärbar wären.
    In den Kommentaren behauptest Du mehrfach das Gegenteil, als wäre Lynns Hauptanliegen der evolutionäre Erfolg gewesen.

    2. An keiner Stelle ist der Artikel triupmhierend. An keiner Stelle geht es um die Anhebung des IQ oder das Zurückdrängen von Religiosität. Es findet absolut keine “eugenische Aufladung” statt, wie Du mehrmals explizit geschrieben hast. Du baust da ein reines Schreckgespenst auf, das einerseits die dargestellte Korrelation in einem dämonischen Licht erscheinen und andererseits Deinen Rückfall auf Reproduktionsraten rechtfertigen soll. All das ist nicht Thema der Veröffentlichung.

    3. Die Veröffentlichung beschränkt sich nicht auf das Verhältnis zwischen Ländern, sondern schaut sich auch die Verteilung in den Ländern an, mit demselben Ergebnis.

    Wenn ich ein (biologisch oder kulturell) ausgeformtes Merkmal A betrachte und eine Korrelation zu einem anderen Merkmal B untersuche, spielt es keine Rolle, welche Kinderzahlen mit A oder B einhergehen. Die Korrelation bleibt trotzdem bestehen.
    Man kann gerne untersuchen, welche Auswirkungen Kinderzahlen auf die Zukunft haben können, aber das ist eine andere Frage, insbesondere kein Gegenargument gegen die Korrelation an sich.

    Ich nehme Dir nicht nicht übel, dass Du mal wieder Dein Lieblingsthema abreitest, auch wenn’s nicht passt.
    Was ich Dir allerdings übel nehme, und zwar aus demselben Anspruch, den Du hier für Dich einnimmst, nämlich empirische Wissenschaft zu betreiben, ist Deine Vermischung der Argumentationsebenen, vor allem aber Dein Umgang mit den Zahlen.

    Du schreibst, Du wolltest Befunde vertiefen usw. Aber genau das Gegenteil machst Du: Du benutzt Deine Zahlen hoch selektiv und filterst sie tendenziös und lieferst damit keine Vertiefung, schon gar nicht Aufklärung.
    Deine Argumentation oben: Lynn schreibt von Korrelation, da gibt’s ja auch Gründe für — aber Überraschung: Allbus und Schweiz sagen sogar was anderes. Das stimmt absolut nicht. Selbst bei Allbus hast Du von Hauptschule zu Abitur einen Anstieg von 50% und 20% an nicht und wenig Religiösen. In der Schweiz hast Du 80% höhere Quoten für einen höheren Bildungsabschluss für Konfessionslose gegenüber Katholiken. Wenn Du Dich wirklich ernsthaft empirisch mit dem Zusammenhang zwischen IQ und Religiosität anhand Deiner Zahlen hättest auseinandersetzen wollen, wären das die ersten zwei Feststellungen gewesen.
    Stattdessen beziehst Du Dich bei der Schweiz auf 0,45% Bevölkerungsanteil, die angeblich eine “Monokausalität”, die keiner behauptet hat, widerlegen soll. 0,45%, die zum Beispiel aufgrund der Besonderheiten der jüdischen Gemeinden gut erklärbar sind, sollen irgendwas falsifizieren, was dann bei 99,55% der Bevölkerung durchgehend und hochsignifikant nachgewiesen ist? Das ist Dein Verständnis von fairer Empirie?

    Was mich zudem immer mehr stört, ist die Beliebigkeit, mit der Du zwischen biologischen und kulturellen Erklärungen wechselst, je nachdem, ob es Deine These bestätigt oder nicht. Wird ein Land weniger religiös, liegt das an der Sozioökonomie, nicht an der Biologie. Ist die USA religiös geblieben, liegt es aber nicht an den fehlenden Änderungen der Sozioökonomie, sondern an der Biologie.

    Fazit: Deine Zahlen belegen Lynns Hypothese. Punkt. Aber aus irgendeinem Grund bekommt man beim Lesen Deines Artikels den gegenteiligen Eindruck.
    Das ganze Zurückrudern auf den Reproduktionserfolg sind nichts als Relativierungsversuche der ziemlich eindeutigen Korrelation. Das hat schon ein Geschmäckle, wenn Du angeblichen “atheistischen Fundamentalisten” hier vorwirfst, nicht erst mal unvoreingenommen die Daten zu prüfen und dann die philosophisch-kulturell zu bewerten, weil Du hier genau das Gleiche machst: Religiöse niederer IQ, darf nicht sein, wie krieg ich’s weg, wie kann ich mit ganz anderen Zahlen einen anderen Zusammenhang hinzaubern.

    Es ändert aber nichts daran: es gibt eindeutig feststellbare Korrelationen zwischen der Religiosität einer Gruppe und ihrem durchschnittlichen IQ.
    Dagegen, und das allein ist Thema von Lynns Untersuchung, habe ich hier von Dir kein Gegenargument gesehen.

  22. @ Blume: zu Dawkins

    Ich kann gut damit leben. Aber es überrascht mich schon, welche Emotionen es weckt, wenn man es wagt, diesem Guru auf empirischer Basis zu widersprechen.
    Ehrlich gesagt, habe ich arge Probleme nachzuvollziehen, warum Du immer noch meinst, Du würdest mit Deinen Thesen in irgendeiner Form Dawkins Buch widersprechen.

    Auf meinem Blog kannst Du sogar lesen, wie der Redakteur des humanistischen Pressedienstes behauptet, dank des Absenkens der Sterblichkeit habe die natürliche Selektion geendet…

    Die natürliche Selektion ist aber nun mal im Großen für den Menschen keine natürliche mehr (jenseits von Fehlgeburten, fatalsten Krankheiten und Unfruchtbarkeit), sondern eine kulturelle. Daran ist überhaupt nichts Dummes, das festzustellen.
    Also war das jetzt das Beispiel für Unbedarfte, die dank Dawkins Hinterhältigkeit Atheismus für Evolutionsbiologie halten? Oder für bewusste Irreführung durch Dawkins?

    Mit einigen Atheisten (wie Eckart Voland, Rüdiger Vaas, Edgar Dahl) kann ich hervorragend über die Daten, Befunde und Implikationen diskutieren.

    Ich bin entsetzt über die persönliche Herabstufung. Jetzt krieg ich schon Deine “mit anderen Atheisten”-Rede 😉

    Wenn sie erkennen, dass sich die Befunde schlicht nicht leugnen lassen, werden sie persönlich, erklären die entsprechende Forschung für unerlaubt oder widersinnig, krallen sich an Begrifflichkeiten fest oder verlangen lückenlose Fossilketten.

    Mal ehrlich: dass es Widerstände gibt, sehe ich auch. Dass jemand Deine Forschung verbieten wollte, halte ich für wahnsinnig hochgespielt. Und leider muss ich auch sagen, dass Du zu argen Überinterpretation Deiner Daten neigst und manchmal sogar dazu, Dich bei Widerspruch gleich in die Ecke verfolgter religiöser Wissenschaftler zu stellen — das hat alles nichts mit Deinen Daten zu tun. Die mögen eindeutig sein. Deine Interpretation und die argumentative Verwendung sind es nicht immer. Zum Beispiel hier.

  23. @ Kamenin: Lynn

    Lieber Kamenin,

    eine Zusammenfassung des Biologie-IQ-Buches von Lynn hier:
    http://www.ssc.uwo.ca/…of%20Lynn%20in%20PAID.pdf

    Zum Lynn-Plädoyer für Eugenik hier:
    http://news.bbc.co.uk/1/hi/health/1952449.stm

    Und, wenn Du magst, auch noch zu Frauen, hier:
    http://news.bbc.co.uk/…ews/education/4183166.stm

    Und, nein, ich “wechsele” nicht zwischen Biologie und Kultur, sondern erforsche deren Wechselwirkung. Denn als strenger Naturalist gehe ich selbstverständlich davon aus, dass kulturelle Verhaltensweisen biologische Wurzeln haben wie auch umgekehrt kulturelle Umstände auf die Biologie zurückwirken. Das bekannteste Beispiel dafür ist ja die Lactosetoleranz.

    Und genau diese Wechselwirkung untersuche und beschreibe ich überall, wo sich belastbare Befunde und Daten dazu auftun – z.B. mit Daten aus den USA, Europa, Australien, internationalen Vergleichsstudien, ethnologischen Berichten aus Afrika etc.

    Es würde mich also freuen, wenn wir über empirische Befunde diskutieren würden.

  24. @ Kamenin

    Lieber Kamenin,

    danke für Deinen Beitrag.

    “Ehrlich gesagt, habe ich arge Probleme nachzuvollziehen, warum Du immer noch meinst, Du würdest mit Deinen Thesen in irgendeiner Form Dawkins Buch widersprechen.”

    Der Zoologe Dawkins beschreibt Religiosität mit Begriffen von Krankheit, impliziert also Schädigung, und seine Mem-These hat auch nach Jahrzehnten keine empirischen Belege aufzuweisen, die er von anderen auffordert. Ich erlaube mir lediglich, darauf hinzuweisen. In diesem ganzen Blogbeitrag kam er nicht einmal im Haupttext, sondern nur in einem Klammersatz eines Kommentars bei mir vor. 🙂

    “Die natürliche Selektion ist aber nun mal im Großen für den Menschen keine natürliche mehr (jenseits von Fehlgeburten, fatalsten Krankheiten und Unfruchtbarkeit), sondern eine kulturelle. Daran ist überhaupt nichts Dummes, das festzustellen.”

    Oh, ich dachte, wir wären beide Naturalisten. Die Kulturfähigkeiten sind m.E. selbstverständlich Teil unserer Natur, oder? Wenn Primaten Werkzeuge basteln, Wale Musik komponieren und Menschen Autos fertigen, dann tun sie das doch je als biologische Wesen, oder? Und die Weitergabe von Genen erfolgt auch biologisch. Selbst wenn wir einen Dualismus von Natur – Kultur gelten lassen wollten (was ich nicht tue, Kultur ohne Natur sehe ich nicht) – wäre der Reproduktionserfolg das verbindende Element.

    “Ich bin entsetzt über die persönliche Herabstufung. Jetzt krieg ich schon Deine “mit anderen Atheisten”-Rede ;-)”

    War lieb gemeint – sehr viele Atheisten ertragen auch Befunde, die ihnen nicht passen. Schreibst Du auch mal so was Nettes über religiöse Kollegen, ja? 😉

    “Mal ehrlich: dass es Widerstände gibt, sehe ich auch. Dass jemand Deine Forschung verbieten wollte, halte ich für wahnsinnig hochgespielt.”

    Zustimmung. Und natürlich kann mir niemand das Forschen, Lehren, Publizieren und Diskutieren verbieten.

    “Und leider muss ich auch sagen, dass Du zu argen Überinterpretation Deiner Daten neigst und manchmal sogar dazu, Dich bei Widerspruch gleich in die Ecke verfolgter religiöser Wissenschaftler zu stellen — das hat alles nichts mit Deinen Daten zu tun.”

    Das ist das Problem: über empirische Daten und ihre richtige Interpretation würde ich gerne streiten, gehe selbstverständlich von eigenen Fehlern aus und habe durch inhaltliche Einwände im Laufe der Jahre viel gelernt, neue Anregungen, Ideen, Begriffsschärfungen etc. erlebt. Dass die Angriffe aber massiv persönlich wurden, hatte ich einfach nicht erwartet, vor allem nicht aus der “rationalistischen” Ecke. Verfolgung ist das nicht, aber eine Erfahrung, mit der ich schlicht nicht rechnete.

    “Die mögen eindeutig sein.”

    Danke!
    “Deine Interpretation und die argumentative Verwendung sind es nicht immer. Zum Beispiel hier.”

    Genau jetzt begänne für mich der spannende Teil! Welche “Interpretation und argumentative Verwendung” würdest Du wie besser formulieren? Und wie ließen sich die Daten Deines Erachtens im Rahmen der Evolutionsbiologie noch präziser interpretieren? DIESE Debatten suche ich, genau diese! Denn das sind empirische Fragen, die sich auch unabhängig von religiösen oder weltanschaulichen Vorannahmen klären lassen! Und (erst) wenn wir in diesem Bereich Erkenntnisse gewinnen, kann dies m.E. dann auch die philosophischen und theologischen Debatten voran bringen.

  25. Gott

    Hallo Michael,

    Du schreibst:
    “Volle Zustimmung! Gott läßt sich empirisch weder ausschließen noch beweisen – was ich sehr begrüße, weil wir ja sonst m.E. kaum echte Glaubensfreiheit hätten. Wenn wir Ihn aber (bislang? endgültig?) weder beweisen noch widerlegen können, dann wäre es doch unsere Aufgabe, alles empirisch Zugängliche wissenschaftlich zu klären.”

    Damit tappst du in eine leider sehr beliebte argumentative Falle. Es gibt unzählige Dinge die sich nicht beweisen oder widerlegen lassen (Russels teapot, Feen, rosa Einhörner usw., im Prinzip alles was Menschen sich ausdenken können). Das bedeutet aber nicht, dass man sich ernsthaft mit dem Wahrheitsgehalt von allen diesen Dingen beschäftigen sollte.

    Auf einer Meta-Ebene ist das natürlich was ganz anderes. Selbst wenn es Gott nicht geben sollte, Religionen gibt es… und sie sind es natürlich auch Wert erforscht zu werden, was ja dein Hauptgebiet ist. Und das finde ich auch durchaus spannend, deshalb lese ich ja auch dein blog :o).

  26. Arnd: Genau!

    Lieber Arnd,

    ich glaube, jetzt haben wir den Faden (wieder) gefunden! 🙂

    “Es gibt unzählige Dinge die sich nicht beweisen oder widerlegen lassen (Russels teapot, Feen, rosa Einhörner usw., im Prinzip alles was Menschen sich ausdenken können). Das bedeutet aber nicht, dass man sich ernsthaft mit dem Wahrheitsgehalt von allen diesen Dingen beschäftigen sollte.”

    Na, Du und Dawkins wolltet doch die Wahrheit wissen, bis dahin bleibt uns die Freiheit zu glauben! 😉 Ernsthaft: ich bin neugierig und befürworte daher sogar die Forschung nach außerirdischem Leben, wenn ich den UFO-Glauben bislang auch für ein neureligiöses Phänomen halte:
    http://www.blume-religionswissenschaft.de/…8.pdf

    Auch hier kann uns ja die Zukunft mit Existenzbeweisen oder -widerlegungen überraschen, bis dahin heißt es forschen, forschen und die Freude an der Erkenntnis pflegen! Findest Du nicht?

    Aber Du hast m.E. den Punkt, in dem sich der Religiöse, der Agnostiker und der Atheist einig sein und von dem aus sie forschen können. Aus naturalistischer Perspektive sind Religionen “mindestens” menschliche Phänomene, Religiosität evolvierter Teil unseres Menschseins. Zumal Religionen einen bedeutenden Teil unseres Lebens prägen und beeinflussen, sollten wir uns m.E. aktiv und interdisziplinär um ein empirisch gestütztes Verständnis dieses Phänomens bemühen. Und dann schauen, was uns das sagt.

    “Auf einer Meta-Ebene ist das natürlich was ganz anderes. Selbst wenn es Gott nicht geben sollte, Religionen gibt es… und sie sind es natürlich auch Wert erforscht zu werden, was ja dein Hauptgebiet ist.”

    Genau! Und würde ich z.B. belastbare Daten zu den biologischen Auswirkungen des Glaubens an Feen und rosa Einhörner sehen, würde mich das auch sofort faszinieren. Bisher aber sieht es so aus, als ob der Gottesglaube sich z.B. sehr viel massiver auswirkt als der Glaube an die Zahnfee. Und wir erforschen u.a., warum das so ist. Bering z.B. mit der ausdrücklichen Hoffnung, ihn zu widerlegen!
    http://www.wissenslogs.de/…-28/gott-im-kopf-wozu

    “Und das finde ich auch durchaus spannend, deshalb lese ich ja auch dein blog :o).”

    Danke, das bedeutet mir auch viel! Denn, wie geschrieben, mit der Verkündigung absoluter (Un-)Wahrheiten kann und will ich gar nicht werben, sondern erst einmal nach besten Kräften “nur” die Natur des Glaubens empirisch erforschen und diskutieren. (Auch) Deine Beiträge waren und sind mir dabei Ermutigung und Anregung!

  27. Zahnfee :o)

    Hallo Michael,

    Ich sehe Religion im gleichen Kontext wie Tarot, Hellsehen, Bachblüten-Therapie, Astrologie usw. Insofern würde ich der Religion keine großartige Sonderstellung im Zoo menschlicher Fantasien einräumen, es ist lediglich die Einflußreichste.

    Das menschliche Hirn ist anscheinend so aufgebaut, dass es für alles eine Erklärung sucht. Je einfacher die Erklärung desto besser. Dieses Prinzip ist natürlich oft auch genau richtig, aber es führt eben auch zu besagten Auswüchsen.

    Dies ist allerdings nur meine nicht sehr qualifizierte Meinung zu diesem Thema, mein Hirn hat eben nach einer möglichst einfachen Erklärung gesucht :o).

  28. @ Arnd: In der Tat…

    “Ich sehe Religion im gleichen Kontext wie Tarot, Hellsehen, Bachblüten-Therapie, Astrologie usw.”

    Die ja auch alle in religiösen Kontexten belegt sind bzw. religiöse Atavismen darstellen könnten. Und für die es unterschiedliche Präferenzen zwischen Männern und Frauen gibt…

    Glaubst Du übrigens an Außerirdische? Und UFOs?

    “Insofern würde ich der Religion keine großartige Sonderstellung im Zoo menschlicher Fantasien einräumen, es ist lediglich die Einflußreichste.”

    Oder sind die anderen Fähigkeiten (Vor-)Ahnungen einer größeren Schau? Von Stonehenge über das vatikanische Observatorium bis zum Point Omega, sozusagen? Wir sollten alles tun, um mehr darüber herauszufinden, finde ich.

    “Das menschliche Hirn ist anscheinend so aufgebaut, dass es für alles eine Erklärung sucht. Je einfacher die Erklärung desto besser. Dieses Prinzip ist natürlich oft auch genau richtig, aber es führt eben auch zu besagten Auswüchsen.”

    Naja, in diesem Verständnis ist natürlich die Weltanschauung säkularer Evolutionsbiologen hundertfach “richtiger” als die z.B. von Amischen. Wie aber erklärt sich aus vermeintlich “falschen” Annahmen der meßbare Reproduktionserfolg der letzteren? Es scheint, als wären die “Auswüchse” längst zu einem adaptiven Merkmal exaptiert…

    Ich will verstehen und beschreiben können, warum. Dann werden wir auch klarer sehen können, inwiefern hier “Fantasien” vorliegen…

    “Dies ist allerdings nur meine nicht sehr qualifizierte Meinung zu diesem Thema, mein Hirn hat eben nach einer möglichst einfachen Erklärung gesucht :o).”

    Hihi, gute Pointe! Aber immerhin zeigst Du ja die Bereitschaft, Dich auch den empirischen Befunden zu stellen, die alles komplizierter machen! Dafür Dank und Anerkennung!!! 🙂

  29. @ Michael Blume

    Es würde mich also freuen, wenn wir über empirische Befunde diskutieren würden.

    Genau das tue ich ja hier, und das beinhaltet auch, dass Lynns Metastudie und seine Daten ernst nehme. Aber auch Deine Daten, die diese Korrelation auch zeigen, und eben nicht nur darauf untersucht werden dürfen, ob man darein auch anderslautende Spekulationen deuten kann.
    Es beinhaltet auch, dass ich Lynns empirische Daten für sich untersuche und die argumentativ nicht durch einen Popanz über Jahre ältere politische Ansichten des Autors zum Thema Eltern und vorgeburtliche Diagnostik (=”Eugenik”) in Misskredit bringe.

  30. @ Michael Blume: Dawkins

    Der Zoologe Dawkins beschreibt Religiosität mit Begriffen von Krankheit, impliziert also Schädigung,

    Was sie für den Einzelnen auch darstellen kann, aus atheistischer Perspektive sowieso. Übrigens werden Viren und Krankheitserreger auch evolutionär selektiert. Und dass Krankheitserreger sich auch Wirte aneignen können und die aus Eigeninteresse des Erregers zu vermehrter Reproduktion antreiben können, findest Du schon im Egoistischen Gen.

    seine Mem-These hat auch nach Jahrzehnten keine empirischen Belege aufzuweisen
    Also noch mal: 5 Seiten im religionskritischen Buch, klar gekennzeichnet als Spekulation und Gedankenspiel, keine Relevanz für die Religionskritik. Die Mem-Hypothese ist eine Verbindung genetischer Vorstellungen übertragen auf einen sozialwissenschaftlichen Bereich. Und wenn Du jetzt noch mal behauptest, dass irgendein Depp, der das Buch nicht richtig liest, das auch als Evolutionsbiologie missverstehen könnte, erachte ich das nicht mal mehr einer Erwiderung für würdig.

    Oh, ich dachte, wir wären beide Naturalisten. Die Kulturfähigkeiten sind m.E. selbstverständlich Teil unserer Natur, oder?

    Ich bin ja nicht nur Naturalist, sondern auch glühender Vertreter der Atomtheorie. Trotzdem gehe ich davon aus, dass es Menschen gibt, nicht nur Atome. Du könntest Deinem Chef natürlich vorschlagen, alle Mordkomissionen bei euch zu schließen, weil es Deiner Meinung nach nur natürliche Tode gibt.
    Ernsthafter, die Feststellung, dass Selektion in der Zivilisation nicht mehr uneingeschränkt durch Natur vorgenommen wird (und “natürliche Selektion” war als Begriff schon immer als Gegenpart zu künstlicher gemeint, z.B. durch gezielte Züchtung) ist wahrlich keine revolutionäre mehr.

    Genau jetzt begänne für mich der spannende Teil! Welche “Interpretation und argumentative Verwendung” würdest Du wie besser formulieren?

    Das habe ich schon die ganze Zeit aufzuzeigen versucht. Aber ich zitiere gerne noch mal Deinen Artikel:

    “Es mag in bestimmten Zirkeln auch der deutschen “Bildungseliten” weiterhin schick sein, sich auf sehr fragwürdiger Datenbasis je über die vermeintlich mangelnde Intelligenz von Frauen, Afrikanern und/oder religiösen Menschen auszulassen. Aber empirisch betrachtet ist diese rationalistische Arroganz nicht haltbar”

    Du betreibst neben tendenziöser Datenselektion da eine Politisierung Deiner Zahlen und eine wertende Gleichsetzung von Reproduktionserfolg mit Intelligenz, Erwünschtem, Positivem. Das ist weit jenseits empirischer Forschung. Und zumindest in Lynns Veröffentlichung findet eben das nicht statt; er trennt da scheinbar seine politischen Ansichten besser von seiner Forschung.

    Empirisch kannst Du eigentlich nur feststellen: “ja, der Mann hat recht, meine Daten zeigen das auch, aber politisch stimme ich mit ihm in keiner Weise überein.” Gerade das tust Du aber nicht.
    Kein Wunder, dass bei manchen der Eindruck entsteht, Du wolltest mit Deiner Arbeit auch Urteile und Politik über Religion andeuten.

    Und (erst) wenn wir in diesem Bereich Erkenntnisse gewinnen, kann dies m.E. dann auch die philosophischen und theologischen Debatten voran bringen.

    Bei aller Wichtigkeit, die Evolution des Menschen besser zu verstehen, und dass ich die teile muss ich wohl kaum unter Beweis stellen: die philosophisch-weltanschauliche Debatte braucht diese Ergebnisse kein bisschen. Solange Wissenschaft nicht findet, dass damals tatsächlich zwei überirdische Steintafeln überreicht wurden, ist es vollkommen egal, ob Religion adaptiv, als Mem oder als Spontanpsychose auftritt.
    Das beeinflusst die philosophischen und erkenntnistheoretischen Argumente über den Wahrheitskern von Religion gar nicht.

  31. @ Kamenin

    Lieber Kamenin,

    zu Dawkins Bezeichnung von Religionen als Krankheitserregern:

    “Was sie für den Einzelnen auch darstellen kann, aus atheistischer Perspektive sowieso.”

    Soll ich dann also auch den Atheismus als Krankheit bezeichnen? Als Mangel, fehlende Geistesfähigkeit, die empirisch nachweisbar den Reproduktionserfolg beeinträchtigt und im übrigen Massenmorde wie in Russland, China, Nordkorea usw. auf dem Gewissen hat? Würdest Du so etwas ernsthaft als seriöse Wissenschaft durchgehen lassen? Ich nicht! Hand aufs Herz: Du akzeptierst so etwas nur, wenn es sich gegen Religionen richtet, stimmts! Wenn ich Guru Dawkins auch nur sanft kritisiere, fliegen dagegen die Fetzen! 🙂

    “Übrigens werden Viren und Krankheitserreger auch evolutionär selektiert. Und dass Krankheitserreger sich auch Wirte aneignen können und die aus Eigeninteresse des Erregers zu vermehrter Reproduktion antreiben können, findest Du schon im Egoistischen Gen.”

    Dann wären es aber nicht Parasiten, sondern Symbionten. Wenn es Dawkins um ernsthafte Zoologie gegangen wäre, hätte er doch genau diesen Gedanken längst empirisch überprüfen können – dessen Wurzeln schon in die 70er-Jahre reichen! Würdest Du einem Wissenschaftler ernsthaft durchgehen lassen, dass er eine adaptive Religionstheorie über 30 Jahre hinweg verkündet, aber nicht einmal empirisch überprüft und ggf. Begrifflichkeiten anpasst? Du bist ja schon bei mir sauer, obwohl ich erst seit ein paar Monaten damit online bin und Wagenladungen empirischer Daten zur Verfügung stelle… 😉

    “Also noch mal: 5 Seiten im religionskritischen Buch, klar gekennzeichnet als Spekulation und Gedankenspiel, keine Relevanz für die Religionskritik. Die Mem-Hypothese ist eine Verbindung genetischer Vorstellungen übertragen auf einen sozialwissenschaftlichen Bereich.”

    Und sie stammt aus dem egoistischen Gen, ist mit dem Aufruf “zur Rebellion gegen die Tyrannei der Replikatoren” verbunden und zog sowohl von Dawkins selbst wie von Schülerinnen und Schülern eine ganze Reihe Nachfolge-Veröffentlichungen nach sich. Nur leider keine empirischen Arbeiten, wie wir sie doch von ernsthaften Wissenschaftlern erwarten dürften…

    “Und wenn Du jetzt noch mal behauptest, dass irgendein Depp, der das Buch nicht richtig liest, das auch als Evolutionsbiologie missverstehen könnte, erachte ich das nicht mal mehr einer Erwiderung für würdig.”

    Ach, @Kamenin, die Realität ist noch viel besser. Schau Dir das mal an:
    http://www.churchofvirus.org/

    Und bei Blackmore konnte man sogar Zen-Kurse zum “Memjäten” buchen! Seriöse Wissenschaft, schon klar! 🙂

    “Ich bin ja nicht nur Naturalist, sondern auch glühender Vertreter der Atomtheorie. Trotzdem gehe ich davon aus, dass es Menschen gibt, nicht nur Atome.”

    Und das hat mit unserem Thema jetzt was zu tun? Emergente Systemeigenschaften nehme ich übrigens durchaus an, sie bilden m.E. eine der spannendsten Erklärungsvarianten der (soziobiologischen) Evolution von Religion. Aber das wäre mal ein eigenes Thema.

    “Du könntest Deinem Chef natürlich vorschlagen, alle Mordkomissionen bei euch zu schließen, weil es Deiner Meinung nach nur natürliche Tode gibt.
    Ernsthafter, die Feststellung, dass Selektion in der Zivilisation nicht mehr uneingeschränkt durch Natur vorgenommen wird (und “natürliche Selektion” war als Begriff schon immer als Gegenpart zu künstlicher gemeint, z.B. durch gezielte Züchtung) ist wahrlich keine revolutionäre mehr.”

    Wenn ein Schimpanse einen anderen umbringt, ist das also nach Deiner Lesart noch natürliche Selektion – wenn ein Mensch einen Menschen tötet, kulturelle. Interessant. Und wenn der Schimpanse einen Stein verwendet? Kultur ist eine Erweiterung unserer Natur, kein dualistischer Gegenpart. Und gerade wenn Du die evolutive Rolle der Kultur betonen willst – dann wäre doch gerade die Religiosität dafür von besonderer Bedeutung! Dann müsstest Du Dich doch fragen, warum es z.B. weltweit keine Menschenkultur ohne religiöse Elemente gibt und religiöse Menschen nachweisbare Reproduktionsvorteile haben!
    “Du betreibst neben tendenziöser Datenselektion da eine Politisierung Deiner Zahlen und eine wertende Gleichsetzung von Reproduktionserfolg mit Intelligenz, Erwünschtem, Positivem.”

    Dir steht es frei, eine bessere, überzeugendere Datenselektion zu präsentieren – so funktioniert Wissenschaft. Forscher nur deshalb zu beschimpfen, weil einem die Befunde nicht passen – so funktioniert Fundamentalismus.

    Ich “politisiere” die Daten nicht, sondern weise die rationalistische Anmaßung zurück, die Lynn gegenüber Afrikanern, Frauen und Religiösen vertritt (Links siehe oben) und zitiere dabei (mit Link) Friedrich August von Hayek (Nobelpreisrede Anmaßung von Wissen und 1982 Die überschätzte Vernunft). IQ ist kein Maßstab der Evolutionsbiologie, auch nicht “Logik” – sondern der Reproduktionserfolg.

    “Das ist weit jenseits empirischer Forschung.”

    Stimmt, es ist eine Zurückweisung von wissenschaftlichem Mißbrauch empirischer Daten, in diesem Fall von Rassismus, Frauen- und Religionsfeindlichkeit. Ich bin etwas bestürzt, dass Du die Zurückweisung als unwissenschaftlich beschimpfst, Lynn selber aber völlig unkritisch in Schutz nimmst…

    “Und zumindest in Lynns Veröffentlichung findet eben das nicht statt; er trennt da scheinbar seine politischen Ansichten besser von seiner Forschung.”

    Schon im Eingangsstatement beziehe ich mich auf Lynns Veröffentlichungen der letzten Jahre, die ich Dir und allen Bloglesern per Link auch zugänglich gemacht habe. Wo behaupte ich denn, nur eine bestimmte Veröffentlichung zu rezensieren? Hast Du Dir Lynns Werke nicht einmal angeschaut? Warum lesen wir kein kritisches Wort von Dir zu seiner genetischen IQ-Theorie und seinen Aussagen zu Frauen und Eugenik? Sorry, es scheint wie bei Dawkins: Wenn ein Atheist es sagt, muss es stimmen…

    “Empirisch kannst Du eigentlich nur feststellen: “ja, der Mann hat recht, meine Daten zeigen das auch, aber politisch stimme ich mit ihm in keiner Weise überein.””

    Wie bitte???? Kamenin, langsam wird es grotesk. Lynn hat NICHT recht, weder in seinen Aussagen über andere “Rassen”, über Frauen noch Religiöse! Er stellt Korrelationen als biologisch verursachte Tatsachen dar und bezieht dritte Faktoren gar nicht ein! Willst Du Dich hier ehrlich mit Lynns Werken identifizieren? Hast Du sie denn überhaupt gelesen? (Ich hatte das “Vergnügen” u.a. mit seinem Hauptbuch.)

    “Kein Wunder, dass bei manchen der Eindruck entsteht, Du wolltest mit Deiner Arbeit auch Urteile und Politik über Religion andeuten.”

    Selbstverständlich hoffe ich, dass auch meine wissenschaftliche Arbeit dazu beiträgt, dass natürliche Phänomene besser verstanden, der Umgang mit ihnen fundierter erfolgt und beispielsweise rassistischem und eugenischem Mißbrauch von Daten Einhalt geboten wird! Du etwa nicht?

    Wissenschaft steht m.E. im Dienst der Menschen. Sie kann weder absolute Wahrheiten noch absolute Werte bestimmen, aber sie kann und soll uns Menschen helfen, uns selbst und unsere Umwelt besser zu verstehen. Und sie hat eine Beratungsaufgabe gegenüber Öffentlichkeit und Politik, sei es die Klimaforschung (Erderwärmung), die Politik-, Wirtschafts-, Sozial- oder Religionswissenschaft.

    Den unpolitischen Wissenschaftler, der für einen Diktator ebenso forschen würde wie in einer Demokratie, der sich nicht um die Folgen seiner Arbeiten schert usw., den hatten wir in Deutschland – samt Frauen- und Religionsfeindlichkeit sowie Eugenik. Mein Ideal ist das nicht und wird das nicht sein.

    “Bei aller Wichtigkeit, die Evolution des Menschen besser zu verstehen, und dass ich die teile muss ich wohl kaum unter Beweis stellen: die philosophisch-weltanschauliche Debatte braucht diese Ergebnisse kein bisschen.”

    Oh, ich dachte, Deine Weltanschauung fußt auf wissenschaftlichen Erkenntnissen??? Und jetzt, wo die Befunde Deinen Erwartungen nicht entsprechen, interessieren sie Dich plötzlich nicht (mehr)? Interessant…

    “Solange Wissenschaft nicht findet, dass damals tatsächlich zwei überirdische Steintafeln überreicht wurden, ist es vollkommen egal, ob Religion adaptiv, als Mem oder als Spontanpsychose auftritt.”

    * Hüstel * Kamenin, so ganz unter uns: Ist das noch sachlich? Ich dachte immer, dass Wissenschaft Phänomene wissenschaftlich beschreibbar machen soll. Und jetzt erklärst Du uns, Befunde empirischer Forschung seien nicht wichtig? Also völlig egal, was Dawkins und Co. über Religionen so schreiben, Fakten, Begriffe, alles ganz egal? Ist das Dein Ideal von Wissenschaft?

    “Das beeinflusst die philosophischen und erkenntnistheoretischen Argumente über den Wahrheitskern von Religion gar nicht.”

    Woher weißt Du denn das? Kennst Du die Ergebnisse schon, die die Evolutionsforschung zur Religiosität erbringen werden und die Reflektionen, die sie auslösen? Lass mich raten: Du meinst den “Wahrheitskern” schon (als nichtexistent) zu kennen und bist so fest davon überzeugt, dass Dich keine wissenschaftlichen Befunde der Gegenwart oder Zukunft von anderem überzeugen würden. Kenne ich gut, diese Haltung. Von religiösen Fundamentalisten, die argumentieren ganz genau so (“Was immer Sie Evolutionsforscher mir auch sagen – ich kenne die Wahrheit schon! Ich habe sie gefunden und sie ist über jeden Zweifel erhaben!”)…

    Vielleicht wäre es gut, wir würden uns eine kleine Pause gönnen, hm?

    Freundschaftliche Grüße

    Michael

  32. @Blume – Vorschlag

    Warum eigentlich nur über fremde Statistiken und Erhebungen diskutieren? Wie wäre es mit einer eigenen, nicht repräsentativen und unbescheidenen Umfrage?

    Als Thema schlage ich die anstehenden Probleme der Spezies Mensch und die Auswirkungen ihres Tuns vor:
    Wie kann der Hunger beseitigt werden?
    Wie können verschiedene Kulturen friedlich zusammenleben?
    Wie wird die Umwelt geschützt?
    Wie kann man den Klimawandel stoppen?
    Wie können Kriege verhindert werden?
    Wie wird ein Leben in Würde ermöglicht …

    Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Zu jeder Frage werden einige wenige Antworten angeboten.
    Die einzige Bedingung: In den Lösungsvorschlägen muss immer die Möglichkeit “durch Religion” vorhanden sein.
    Außerdem kann der Teilnehmer angeben, welcher Bildungsschicht er angehört.

  33. @ Michael Blume

    Lieber Michael,

    Dir steht es frei, eine bessere, überzeugendere Datenselektion zu präsentieren – so funktioniert Wissenschaft.

    Das habe ich bereits getan, indem ich Dir gezeigt habe, dass in Allbus, vor allem alber in den Schweizer Daten diese Korrelation ebenso vorkommt. Bisher hast Du gegen das Sachargument nichts vorgebracht.

    Forscher nur deshalb zu beschimpfen, weil einem die Befunde nicht passen – so funktioniert Fundamentalismus.

    Wer überall “Feuer” schreit, wird irgendwann nicht mehr ernst genommen, wenn’s wirklich brennt.

    Wie bitte???? Kamenin, langsam wird es grotesk. Lynn hat NICHT recht, weder in seinen Aussagen über andere “Rassen”, über Frauen noch Religiöse! Er stellt Korrelationen als biologisch verursachte Tatsachen dar und bezieht dritte Faktoren gar nicht ein! Willst Du Dich hier ehrlich mit Lynns Werken identifizieren? Hast Du sie denn überhaupt gelesen? (Ich hatte das “Vergnügen” u.a. mit seinem

    Eine höfliche, aber entschiedene Frage: Hast Du das Paper gelesen? Allein über diese Veröffentlichung rede ich, weil ich nämlich die empirischen Daten darin so ernst nehme, wie Du hier immer forderst. Gleichzeitig enthält es keine der Charakterisierungen von Dir über behauptete Kausalitäten (wohl als solche gekennzeichnete Spekulationen und Erklärungsansätze, die aber eben nicht(!) biologisch sind) oder “Eugenik”. Es ist eine rein empirische Zusammenstellung von Studien und Zahlen, die sich wie gesagt auch in Deinen Schweizer Zahlen wiederfinden lassen.

    Identifizieren muss ich mich hier mit gar nichts, um die Veröffentlichung als wissenschaftlichen Beitrag anzuerkennen und zu untersuchen.

    Ich “politisiere” die Daten nicht, sondern weise die rationalistische Anmaßung zurück, die Lynn gegenüber Afrikanern, Frauen und Religiösen vertritt (Links siehe oben) (…)
    Stimmt, es ist eine Zurückweisung von wissenschaftlichem Mißbrauch empirischer Daten, in diesem Fall von Rassismus, Frauen- und Religionsfeindlichkeit.

    Die “rationalistische Anmaßung” und die “Religionsfeindlichkeit” besteht in dem Zusammentragen von Daten über IQ-Messungen und Religiosität. Mehr steht in der Veröffentlichung nicht.
    Wenn derart empirische Arbeit schon eine Beleidigung darstellt, dann soll man sie in Zukunft nicht mehr durchführen dürfen? Oder wie soll ich das verstehen?

    Du verrennst Dich hier vollkommen, weil Du nicht mehr zwischen Lynns Daten (und mehr enthält die Veröffentlichung hier nicht) und der Person Lynn und seinem privaten Ansichten und Buchprojekten unterscheidest. An keiner Stelle habe ich hier Lynns Ansichten oder Empfehlungen gutgeheißen — das hindert mich kein bisschen daran, seine wissenschaftliche Veröffentlichung über Korrelationen zwischen IQ und Religiosität nicht als solche ernstzunehmen.
    Bei Dir erscheint aus der Ablehnung des einen das Bedürfnis zu erwachsen, das andere wegzudiskutieren.

    und zitiere dabei (mit Link) Friedrich August von Hayek (Nobelpreisrede Anmaßung von Wissen und 1982 Die überschätzte Vernunft). IQ ist kein Maßstab der Evolutionsbiologie, auch nicht “Logik” – sondern der Reproduktionserfolg.

    Noch mal, Du kriegst einen empirischen Zusammenhang zwischen Ohrenlänge und Jazz-Vorliebe nicht dadurch aus der Welt, dass Ohrenlänge nicht Maßstab der Evolutionsbiologie ist. Das ist eine vollkommen andere Frage.
    Und die eingebildete “Eugenik”-Debatte willst Du wirklich damit gewinnen, indem Du Evolution über richtig und falsch, klug und dumm entscheiden lässt? Wie absurd. Warum verwendest Du naturalistische Zusammenhänge, wo nach ethischen Entscheidungen gefragt ist?

    Oh, ich dachte, Deine Weltanschauung fußt auf wissenschaftlichen Erkenntnissen??? Und jetzt, wo die Befunde Deinen Erwartungen nicht entsprechen, interessieren sie Dich plötzlich nicht (mehr)? Interessant…
    Lieber Michael, an welchem Punkt entsprechen welche von mir geleugneten Befunde nicht meinen Erwartungen. Dass Religion mit dem IQ korreliert? Ach nein, das warst ja Du. Dass Religiöse mehr Kinder haben? Ist für mein Weltbild allerdings egal. Wenn Esoteriker mehr Kinder haben, was bewiese das über Deine Ansichten zur Wahrheit von Esoterik? Rein gar nichts. Und genau so ist es mit mir und dem Reproduktionserfolg von Religiösen.

    Und jetzt erklärst Du uns, Befunde empirischer Forschung seien nicht wichtig?

    Für die philosophisch-erkenntnistheoretische Debatte ist empirische Forschung über unterschiedliche Kinderzahlen allerdings nicht wichtig. Genau wie die Untersuchung der besten Baby-Badewassertemperatur nicht die Vorliebe für meinen Fußballverein beeinflusst.

    Kenne ich gut, diese Haltung. Von religiösen Fundamentalisten, die argumentieren ganz genau so (“Was immer Sie Evolutionsforscher mir auch sagen – ich kenne die Wahrheit schon! Ich habe sie gefunden und sie ist über jeden Zweifel erhaben!”)…

    In einem Kommentar zweimal als Fundamentalist diskreditiert zu werden, nehm ich dann mal als Kompliment. Sag mir, welche Aspekte Deiner Forschung tatsächlich den Wahrheitskern von Religion auch nur streifen könnten, dann schränk ich das gerne ein. Ich seh es bloß nicht.

    Beste Grüße,
    k.

    ps. “Wenn ich Guru Dawkins auch nur sanft kritisiere, fliegen dagegen die Fetzen! :-)”
    War mal wieder was mit atheistisch-religionskritischen Fundamentalisten, die sich der Wissenschaft verschließen, nicht wahr. Übrigens ganz ohne Not oder Anlass.
    Hm, wenn das sanft ist, dann war die hpd-Attacke ja praktisch zärtlich 😉

  34. @ Kamenin

    Heya, weiter geht es! 🙂

    “Das habe ich bereits getan, indem ich Dir gezeigt habe, dass in Allbus, vor allem alber in den Schweizer Daten diese Korrelation ebenso vorkommt. Bisher hast Du gegen das Sachargument nichts vorgebracht.”

    Weil ich diese Korrelation doch insgesamt gar nicht bestreite – ich erkläre sie lediglich unter Einbezug der Demografie. Wie Du oben lesen kannst, war und ist Säkularisierung vorwiegend ein Prozess unter gebildeten und wohlhabenden Schichten – die sich dann in Folge reproduktiv ausdünnen. Nur religiöse Gebildete (wie die Schweizer Juden und einige Christen) entgehen dem Trend – siehe dazu auch die australische Studie. Entsprechend schwingt das Pendel zurück und in der deutschen ALLBUS weisen Akademiker plötzlich den zweithöchsten Anteil an sehr Religiösen auf, die USA weisen gleichzeitig hohe Religiosität und hohen IQ auf etc. Diese Befunde kann Lynn aus seiner Warte nicht erklären und sie machen seine eugenischen Träume unnötig.

    “Eine höfliche, aber entschiedene Frage: Hast Du das Paper gelesen? Allein über diese Veröffentlichung rede ich, weil ich nämlich die empirischen Daten darin so ernst nehme, wie Du hier immer forderst. Gleichzeitig enthält es keine der Charakterisierungen von Dir über behauptete Kausalitäten (wohl als solche gekennzeichnete Spekulationen und Erklärungsansätze, die aber eben nicht(!) biologisch sind) oder “Eugenik”. Es ist eine rein empirische Zusammenstellung von Studien und Zahlen, die sich wie gesagt auch in Deinen Schweizer Zahlen wiederfinden lassen.”

    Exakt. Und ich diskutiere hier die IQ-Forschung Lynns generell, der ja schon mehrfach über diese Themen, biologische Vererbung und Eugenik publiziert hat. Verstehe ich Dich richtig, dass Du mir vorwirfst, dass Du bisher nur ein Paper von ihm gelesen zu haben? 😉

    “Die “rationalistische Anmaßung” und die “Religionsfeindlichkeit” besteht in dem Zusammentragen von Daten über IQ-Messungen und Religiosität. Mehr steht in der Veröffentlichung nicht.”

    Aber in seinem Buch, in Interviews etc. Wie Du darauf kommst, nur ein bestimmtes Paper diskutieren zu wollen, erschließt sich mir nicht. Lynn sitzt seit Jahren an dem Thema und ich habe z.B. mit Ingo Bading schon des öfteren über ihn, seine “Rassen”tabellen etc. diskutiert.

    “Wenn derart empirische Arbeit schon eine Beleidigung darstellt, dann soll man sie in Zukunft nicht mehr durchführen dürfen? Oder wie soll ich das verstehen?”

    Ich spreche mich oben ganz klar gegen Denk- und Forschungsverbote aus. Aber natürlich muss sich jede Forschung wissenschaftlicher Kritik stellen.

    “Du verrennst Dich hier vollkommen, weil Du nicht mehr zwischen Lynns Daten (und mehr enthält die Veröffentlichung hier nicht) und der Person Lynn und seinem privaten Ansichten und Buchprojekten unterscheidest.”

    Moment, Kamenin: ich erkenne Lynns Daten doch ausdrücklich an, bestreite aber seine Präsentation. Und was, bitte, meinst Du mit “privaten Ansichten und Buchprojekten”? Darf ich jetzt Lynns Buch nicht mehr kommentieren, weil Du es als “privat” erklärt hast?

    Nochmal, Kamenin: Wenn Du außer einem Paper noch nichts von Lynn gelesen hast, ist das wirklich nicht mein Problem.

    “An keiner Stelle habe ich hier Lynns Ansichten oder Empfehlungen gutgeheißen — das hindert mich kein bisschen daran, seine wissenschaftliche Veröffentlichung über Korrelationen zwischen IQ und Religiosität nicht als solche ernstzunehmen.”

    Schön. Wenn Du seine IQ-Forschung “ernstnehmen” möchtest, kannst Du sie lesen – oben ist sogar eine Kurzfassung verlinkt.

    “Bei Dir erscheint aus der Ablehnung des einen das Bedürfnis zu erwachsen, das andere wegzudiskutieren.”

    Nein, wieso? Ich leugne doch seine Daten gar nicht, oben sind sie sogar verlinkt! Ich zeige nur auf, dass seine Forschungen zur “IQ-Evolution” Äpfel mit Birnen vergleichen und unter anderem die Erkenntnisse der (Religions-)Demografie außer Acht lässt.

    “Noch mal, Du kriegst einen empirischen Zusammenhang zwischen Ohrenlänge und Jazz-Vorliebe nicht dadurch aus der Welt, dass Ohrenlänge nicht Maßstab der Evolutionsbiologie ist. Das ist eine vollkommen andere Frage.”

    Was willst Du uns sagen, @Kamenin? Auch Ohrenlänge ist nicht Maßstab der Evolutionsbiologie, sondern der relative Reproduktionserfolg. Anders als über Reproduktion werden Gene nicht weitergegeben…

    “Und die eingebildete “Eugenik”-Debatte willst Du wirklich damit gewinnen, indem Du Evolution über richtig und falsch, klug und dumm entscheiden lässt? Wie absurd.”

    Genau das meint Lynn: Wir müssten in den Evolutionsprozess eingreifen, damit sich Intelligenz durchsetze. Ich sage: Nein, das brauchen wir nicht, denn zum einen ist IQ kein absoluter Maßstab und zum anderen schwinden nicht “die Intelligenten”, sondern nur die säkularen unter ihnen. Es besteht also m.E. kein Grund für Eugenik oder Zuchtprogramme a la Lynn oder Dawkins.
    “Warum verwendest Du naturalistische Zusammenhänge, wo nach ethischen Entscheidungen gefragt ist?”

    Weil ich der Auffassung bin, dass Wissenschaftler ihr Tun und ihre Ergebnisse ethisch reflektieren sollten – im Bewußtsein ihrer stets begrenzten Erkenntnisreichweite und ohne absolute Wahrheitsansprüche. Ich würde z.B. aus ethischen Erwägungen Atheismus nicht als Krankheit bezeichnen, obwohl die Daten belegen, dass er mit mangelndem Reproduktionserfolg einhergeht.

    “Lieber Michael, an welchem Punkt entsprechen welche von mir geleugneten Befunde nicht meinen Erwartungen. Dass Religion mit dem IQ korreliert? Ach nein, das warst ja Du.”

    Nö, das genau erkläre ich ja.

    “Dass Religiöse mehr Kinder haben? Ist für mein Weltbild allerdings egal. Wenn Esoteriker mehr Kinder haben, was bewiese das über Deine Ansichten zur Wahrheit von Esoterik? Rein gar nichts.”

    Nun, es würde immerhin schon einmal beweisen, dass die Veranlagungen zur Esoterik ein natürliches Phänomen wären und dass Bezeichnungen a la Krankheit, Virus, Parasiten etc. unhaltbar sind. Und es würde erkenntnistheoretische Fragen aufwerfen, etwa nach der Bedeutung von Rationalität im Evolutionsprozess, nach der Erkenntnisfähigkeit des Menschen und den Strukturen, an denen er sich bewährt usw.

    “Und genau so ist es mit mir und dem Reproduktionserfolg von Religiösen.”

    Danke. Dann darf ich davon ausgehen, dass Du in Zukunft als guter Naturalist davon absehen wirst, Religiosität mit Begriffen der Krankheit zu umschreiben?

    “Für die philosophisch-erkenntnistheoretische Debatte ist empirische Forschung über unterschiedliche Kinderzahlen allerdings nicht wichtig. Genau wie die Untersuchung der besten Baby-Badewassertemperatur nicht die Vorliebe für meinen Fußballverein beeinflusst.”

    Nur eine Frage, @Kamenin: Unser gesamter Erkenntnisapparat ist doch auch Deiner Meinung nach ein Produkt unserer Evolution, nicht wahr? Wie schließt Du aus, dass die Religiosität ein Teil dieses Erkenntnisapparates ist – so wie auch Tast-, Hör- und Sehfähigkeiten zuvor erfolgreich evolvierten? Oder ist Dein Wissen schon so abgeschlossen und perfekt, dass Du wissen kannst, was wir (bzw. unsere (zunehmend religiöser veranlagten) Nachkommen) in Zukunft sehen werden?

    “In einem Kommentar zweimal als Fundamentalist diskreditiert zu werden, nehm ich dann mal als Kompliment.”

    Ich diskreditiere Dich nicht als Fundamentalisten, sondern mache Dich darauf aufmerksam, dass Du inzwischen genau auf die argumentativen Techniken setzt, die Du religiösen Fundamentalisten zu Recht vorhältst. Ich werde Dich dazu gleich einfach selbst zitieren…

    “Sag mir, welche Aspekte Deiner Forschung tatsächlich den Wahrheitskern von Religion auch nur streifen könnten, dann schränk ich das gerne ein. Ich seh es bloß nicht.”

    Religiosität ist keine Krankheit und kein Defekt, sondern wird soziobiologisch beschreibbar als Teil der natürlichen Selbstorganisation des Lebens. Haben wir es hier nur (denkbar) mit einem Zufallsprodukt zu tun, das zufällig konvergent bei Sapiens und Neandertalern evolvierte? Oder vielleicht mit der Emergenz eines weiteren Erkenntnisprinzips? Was bedeutet es für unser Verständnis von Wahrheit und unser Konzept vom Universum, wenn sich die Annahme von symbolischen Wahrheiten (Hayek) der rationalistischen Reduktion als bio-logisch überlegen erweist? Wie kann eine empirisch nicht zugängliche Existenz (z.B. Gott) massive Verhaltensänderung verursachen? Erwartet uns am Ende der Zeiten das Nichts oder doch ein Punkt Omega?

    Ich kenne die Wahrheiten auf diese Fragen nicht, @kamenin. Und ich würde es für vermessen und fundamentalistisch halten, zu behaupten, alle Antworten stünden schon fest. Wissenschaft ist Wagnis, Erkenntnissuche. Aber Du hast das ja viel schöner beschrieben…

    “War mal wieder was mit atheistisch-religionskritischen Fundamentalisten, die sich der Wissenschaft verschließen, nicht wahr. Übrigens ganz ohne Not oder Anlass.
    Hm, wenn das sanft ist, dann war die hpd-Attacke ja praktisch zärtlich 😉 “

    Ich kenne einen sehr klugen Blogger, der neulich den Philosophen Stephan Schleim nach Strich und Faden (u.a. als Obskuranten) kritisiert und uns erklärte, was Wissenschaft eigentlich bedeutet. Den werde ich jetzt einfach mal zitieren, okay, @Kamenin? 😉

  35. @ Herr Falk: Nur zu! 🙂

    Lieber Herr Falk,

    mir wäre nicht ganz klar, was eine solche Umfrage messen würde – aber nur zu! An seriös erhobenen, empirischen Daten bin ich stets interessiert! 🙂

    Herzliche Grüße!

    Michael Blume

  36. @ Kamenin: Wissenschaftsverständnis

    Lieber Kamenin,

    ein von mir sehr geschätzter, kluger Blogger hat in seinem Blog dem Philosophen Stephan Schleim mal so richtig gezeigt, was er unter Wissenschaft versteht. Interessiert Dich das vielleicht?

    “Wissenschaft ist, kurz gesagt, eine Methode, um wiederkehrende Muster in der Realität beschreibbar, damit voraussagbar und schließlich manipulierbar zu machen.”

    Zum Beispiel evolutionsbiologische Erklärungen zu religiösem Verhalten, oder?

    “Wissenschaft muss nicht voraussetzen, dass „alles” wissenschaftlich beschreibbar ist, weil es eben doch auf sich wiederholenden Prinzipien beruht; es reicht ihr zu zeigen, was sich alles auf die Art beschreiben lässt. Sollte am Ende was überbleiben, kann man da ja gerne noch mal drüber nachdenken.”

    Aber erst dann, nicht wahr? Wer schon von vornherein sagt: Die evolutionsbiologische Beschreibung von Merkmal X interessiert mich gar nicht, mein Wahrheitsurteil habe ich gefällt, könnte sich da kaum als Wissenschaftler bezeichnen, nicht wahr?

    “Bisher haben wir nichts gefunden, was wir jetzt schon prinzipiell aus dem Beschreibungsversuch herausnehmen müssten. Dagegen behaupten Naturalismuskritiker gerne, dass evolviertes Merkmal A oder Geisteszustand B ja grundsätzlich gar nicht wissenschaftlich fassbar seien („zu komplex!”, „darüber nachzudenken ist ein Kategorienfehler!”), womit sie dann einerseits beweisen, dass sie genau den Denkfehler der Verabsolutierung des heutigen Stands der Wissenschaft machen, den sie dann andererseits gerne „Wissenschaftsgläubigen” nachsagen, und andererseits, dass sie oft genug nicht mal den heutigen Stand der Wissenschaft ausreichend kennen.”

    Ganz genau! Hier hat es z.B. geheißen, Religiosität sei ja gar nicht als Phänomen des natürlichen Evolutionsprozesses erfassbar, sondern sei “Kultur” usw. Lustig, diese Kategoriendebatten, nicht?

    “Um Realität manipulierbar zu machen, kann es Wissenschaft nicht genügen, die Phänomene nur qualitativ zu beschreiben. Dass Froschschenkel zucken, wenn man Elektrizität durch sie leitet, ist zwar eine bahnbrechende Beobachtung, aber noch nicht die wissenschaftliche Beschreibung. Darum muss Wissenschaft, um kurz im Bild zu bleiben, sich darum bemühen, was die Froschschenkel zum Zucken bringt und wie das mit der Menge des Stroms korreliert, den man durch sie leitet.”

    Stimmt. Ich wundere mich immer wieder über Leute, die zwar Glaubensannahmen beobachten und bewerten, aber weder so recht wissen noch wissen wollen, “woher der Strom fließt” – wie es also zur weltweiten Verbreitung entsprechender Dispositionen gekommen ist. Das ist doch unwissenschaftlich, nicht wahr, @Kamenin?

    “Am Ende steht dann eine Erkenntnis, wie eine bestimmte Menge Strom im untersuchten System wirkt: den in seiner Größe messbaren Effekt einer in seiner Größe messbaren Menge Stromes bezeichnet man eben als Quantifizierung. Man bringt ein Phänomen in einen mathematisch beschreibbaren Zusammenhang.”

    Genau! Bei der Erforschung von Religiosität können wir inzwischen z.B. den Reproduktionsvorteil in verschiedenen Kontexten weltweit beobachten und quantifizieren. Aber, stell Dir vor, einige halten das prompt für erkenntnistheoretisch völlig irrelevant… 😉

    “Hat man einen reproduzierbaren, quantifizierten Zusammenhang gefunden kann man ihn technisch nutzen, man kann mit quantifiziert beschriebener Elektrizität Transistoren bauen und schließlich Mikrochips.”

    Und mit wirtschaftswissenschaftlichem Wissen lassen sich u.U. ökonomische Prozesse besser verstehen und kanalisieren, mit religionswissenschaftlichem Wissen religiöse usw. Toll, wofür Wissenschaft gut sein kann, gell?

    “Die Erklärung dieser Welt bleibt Aufgabe der Wissenschaft, und ob wir jenseits davon noch zu weiteren Erkenntnissen kommen können, wird man sehen können, ohne deshalb in Obskurantismus oder Esoterik verfallen zu müssen — die Begrenztheit unserer Wissens und unserer Beschreibungsmöglichkeiten sind nicht mal Indiz in diese Richtung.”

    Da hat der Mann doch Recht, oder? Wir können heute ja noch nicht wissen, was uns an Erkenntnissen erwartet – also sollten wir zugängliches, empirisches Wissen für möglicherweise auch erkenntnistheoretisch relevant halten! Von vornherein Erkenntnisrelevanz auszuschließen gilt nicht, stimmts?
    🙂

    “Bedenkt man nun die Unsicherheit wissenschaftlicher Erkenntnis, wie es von wissenschaftsphilosophischer Seite vorgeblich versucht wird, führt kein Weg an den Begriffen von Reproduzierbarkeit und vor allem Quantifizierbarkeit vorbei. Jeder Wissenschaftler weiß (und jeder wissenschaftsinteressierte Laie sollte wissen), dass unser wissenschaftliches Weltbild nicht vollständig und soweit auch nicht vollständig korrekt ist. Das ist aber mitnichten gleichzusetzen mit einem Ansatz, wir könnten nicht wissen, was eigentlich ist oder was die nächste wissenschaftliche Revolution morgen bringen werde. Es mag das Bild, das wir uns über die Natur machen, nur eine Näherung sein oder eine Erzählung in für uns verständlicheren Begriffen; es mögen sich auch die aufgestellten Zusammenhänge ändern. Aber wir haben ein Maß dafür, wie groß diese Änderungen sein mögen, weil mit dem heute erreichten, quantifizierten Wissen unsere Technik und, in noch größerer Auflösung, unsere Messungen reproduzierbar funktionieren. Das beweist uns nicht, dass wir ein vollständig korrektes Bild der Welt haben. Aber wir wissen, auf welchen Größenordnungen unser Weltbild funktioniert und zuverlässig ist. An dieser Zuverlässigkeit wird sich nichts ändern, solange nicht die Natur selbst sich ändert.”

    Das ist so schön, dass ich es ausführlich zitieren musste! Wir wissen zum Beispiel mit höchster Wahrscheinlichkeit, dass der relative Reproduktionserfolg “der” darwinsche Fitnessindikator schlechthin ist! Es gibt aber immer noch Leute, die meinen, ernsthaft über Humanevolution ohne diesen Faktor diskutieren und Merkmale ohne diesen Faktor sogar bewerten zu können, stell Dir das mal vor…

    “Will man als Skeptiker an als wissenschaftlich verbreiteten Positionen Kritik üben, beweist man nur seine eigene Unzulänglichkeit, wenn man dies über einen Ansatz versucht, der so tut, als wüsste Wissenschaft im Grunde nichts sicheres und alles könnte auch ganz anders sein.”

    Genau! Was die Evolution angeht, gibt es z.B. keinen anderen Weg als die Reproduktion, das ist gesichertes Wissen – auch wenn das manche nicht wahrhaben wollen. 😉

    “Die Kernfrage, das berechtigte Zweifeln, muss sich um die quantitativen Unsicherheiten kümmern und darum, wie sicher diese abgesteckt sind, und ein auch berechtigtes Infragestellen muss quantitativ argumentieren.”

    Genau. Jeder Befund lässt sich in Frage stellen, aber bitte auf Basis empirischer Daten! Wer seine Infragestellung nur nichtquantitativ “begründen” kann, muss sich irgendwann nach der Berechtigung dafür fragen lassen, meint der Blogger.

    “Alles andere ist leer und in der Konsequenz von geschmäcklerischen Vorlieben kaum zu unterscheiden.”

    Exakt. Wer philosophisch-metaphysische Aussagen völlig von empirischen Befunden lösen will, führt aus wissenschaftlicher Perspektive vielleicht “geschmäcklerische Selbstgespräche”, aber nicht Wissenschaft…

    “In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung führt an der Quantifizierung kein Weg vorbei, weder auf der einen, noch auf der anderen Seite.”

    Ganz genau! Wer z.B. als Zoologe Religiosität mit Krankheitsbezeichnungen belegt und dies dann nicht quantifizieren kann, betreibt keine seriöse Wissenschaft. Quantifizierbare und also empirische Daten sind der Maßstab, an dem sich gerade auch naturalistische und erkenntnistheoretische Debatten orientieren sollten!

    “Wer das nicht versteht, ist, so unfair es scheint, weder Wissenschaftsphilosoph noch Skeptiker. Er ist Obskurantist, Möchtegerntheoretiker oder gleich Leugner. Er mag auch öffentlich durchaus Eindruck machen, weil in der Berichterstattung über Wissenschaft fast nie Zahlen vorkommen oder erwähnt werden. Zur wissenschaftlichen Diskussion trägt er nichts bei.”

    Ich gebe zu, der zitierte Blogger ist doch etwas sehr streng zu Andersdenkenden. Er argumentiert ganz eindeutig gegen Leute, die sich mangels empirischer Argumente in philosophische oder erkenntnistheoretische Sphären retten wollen, nennt sie Obskurantisten, Möchtegerntheoretiker und Leugner.

    Der Name dieses gestrengen Bloggers ist – @Kamenin! – und der Beitrag erschien just Montag, vor unserer hiesigen Debatte…
    http://kamenin.wordpress.com/…e-gegner/#more-349

    Tja, da fällt einem nichts mehr ein…
    Vielleicht noch bis auf eines: Die strengen Maßstäbe, die der zitierte Blogger an andere Wissenschaftler, sogar an Philosophen, anlegt, wird er als bekennender Naturalist doch sicher auch für sich selbst gelten lassen, oder?

    Dir alles Gute, schlaf(t) gut! 🙂

    Dein Michael

  37. UFOs

    Hi Michael,

    Dass die Religiösen einen höheren Reproduktionserfolg haben ist doch unbestritten. Aber Reproduktionserfolg ist ungleich Wahrheit. Religionen sind natürlich auch selber einer Art Evolution unterworfen. Die Tatsache, dass die katholische Kirche gegen Verhütung ist, ist sicherlich sehr förderlich für sie. Religionen, die zum Selbstmord raten, sind nur sehr kurzlebig.

    Also nochmal: Ich beurteile Religionen nicht danach wie erfolgreich sie sind (reproduktiv oder finanziell oder wie auch immer), sondern ob sie Wahrheit verkünden. Nur weil eine Ideologie erfolgreich ist, ist sie noch nicht erstrebenswert… dafür gibt es endlos viele Beispiele.

    Zum Thema UFOs: Früher fand ich es ziemlich wahrscheinlich dass einige UFOs Ausserirdischen gehören, inzwischen bin ich sehr viel skeptischer. Aber trotzdem schliesse ich nichts aus. Ich fände es toll wenn es mal einen richtigen tragfähigen Beweis gäbe. Solange es den nicht gibt, gehe ich eher davon aus, dass das ganze nur Fantasie ist.

    Dass es Ausserirdische Intelligenzen gibt halte ich hingegen für sehr wahrscheinlich. Ich hoffe dass das SETI-Projekt irgendwann mal Erfolg hat.

  38. @ Arnd: Danke!

    Lieber Arnd,

    herzlichen Dank für Dein Mail. Du schaffst es – im Gegensatz zu mir – erfrischend präzise und kurz zu kommentieren. Vorbildlich…

    “Dass die Religiösen einen höheren Reproduktionserfolg haben ist doch unbestritten.”

    Danke.

    “Aber Reproduktionserfolg ist ungleich Wahrheit.”

    Ja, sehe ich auch so. Naturwissenschaft kann keine absoluten Wahrheitsaussagen machen. Aber ich halte es für fahrlässig, wenn über Wahrheit diskutiert wird, ohne zuvor alle empirischen Erkenntnismöglichkeiten auszuschöpfen. Und es gibt noch SO viel zu entdecken! 🙂

    “Religionen sind natürlich auch selber einer Art Evolution unterworfen.”

    Ja, sehe ich auch so! Entdeckte und beschrieb übrigens bereits Friedrich August von Hayek (der auch in seiner Nobelpreisrede überzogenen Rationalismus kritisierte):
    http://www.wissenslogs.de/…azer-hayek-konvergenz

    Und einen politikwissenschaftlichen Artikel zum Wettbewerb der Religionen hier:
    http://www.kas.de/wf/doc/kas_13362-544-1-30.pdf

    “Die Tatsache, dass die katholische Kirche gegen Verhütung ist, ist sicherlich sehr förderlich für sie. Religionen, die zum Selbstmord raten, sind nur sehr kurzlebig.”

    Exakt! Es entstehen jederzeit tausende von Religionen inner- und außerhalb der großen Ströme, von denen nur die wenigsten je zu einer besonderen Größe wachsen. Und ohne reproduktiven Erfolg bewährt sich auf Dauer keine (vgl. zum Beispiel Amische und Shaker in den USA!).

    “Also nochmal: Ich beurteile Religionen nicht danach wie erfolgreich sie sind (reproduktiv oder finanziell oder wie auch immer), sondern ob sie Wahrheit verkünden.”

    Wobei Du eine Position absoluter Wahrheit annehmen musst, die sich wiederum der empirischen Überprüfung entzieht. Das ist Dein gutes Recht (ebenso wie es mein gutes Recht ist, zu glauben) – aber wir beide sollten das dann nicht mit Wissenschaft verwechseln. Das ist dann eine andere Ebene.

    “Nur weil eine Ideologie erfolgreich ist, ist sie noch nicht erstrebenswert… dafür gibt es endlos viele Beispiele.”

    Genau. Aber schon die Frage, wie sich in der Vergangenheit religiös und atheistisch legitimierte Ideologien ausgewirkt haben, ist eine empirische Frage. Dennoch kenne ich auch heute noch Leute, die z.B. den Kommunismus für “die einzige Wahrheit” halten und empirische Belege für dessen Scheitern als verfälscht oder erkenntnistheoretisch irrelevant erachten…

    “Zum Thema UFOs: Früher fand ich es ziemlich wahrscheinlich dass einige UFOs Ausserirdischen gehören, inzwischen bin ich sehr viel skeptischer. Aber trotzdem schliesse ich nichts aus.”

    Die gleiche Frage wie beim Schöpfer: Absolute Wahrheiten sind nicht verfügbar. Wenn wir also etwas Sinnvolles wissen wollen, bleibt uns nur die empirische Forschung!

    “Ich fände es toll wenn es mal einen richtigen tragfähigen Beweis gäbe.”

    Ich auch. Den werden wir aber wohl nur über seriöse Wissenschaft bekommen, nicht über fundamentalistische Vorannahmen der einen oder anderen Seite. Da stimme ich Dir zu.

    “Solange es den nicht gibt, gehe ich eher davon aus, dass das ganze nur Fantasie ist.”

    Ja, ich zähle auch eher zu den Skeptikern, schließlich wären diesseitige Aliens empirisch faßbar. Religionswissenschaftlich interessant ist aber z.B. der atheistische Kreationismus der Raelianer…

    “Dass es Ausserirdische Intelligenzen gibt halte ich hingegen für sehr wahrscheinlich.”

    Tja, und so geht es mir mit Gott – wobei dieser ja als übernatürliche Existenz geglaubt wird. Werden wir das eine oder andere je wissen? Müssen wir auf Offenbarung warten? Ich denke, wir können durch empirische Wissenschaft zumindest unseren Teil dazu beitragen, soviel zu entdecken, wie uns eben möglich ist. Ob es um übernatürliche oder empirisch fassbare Wesenheiten gibt…

    “Ich hoffe dass das SETI-Projekt irgendwann mal Erfolg hat.”

    Ich auch. Bin deswegen auch dabei.

  39. @ all: Zwei-Tages-Entschuldigung

    Liebe Mitdiskutanten,

    da ich zum Geburtstag ein Ticket für heute Abend (Deutschland – Türkei in Basel!) geschenkt bekommen habe, muss ich mich für heute und wohl auch noch morgen entschuldigen. Teilnehmende Beobachtung in Sachen Identität, Gruppendynamik, Zivilreligion(en) usw. stehen an! 🙂

    Ernsthaft: Ich danke allen, besonders Arnd und Kamenin, für die lebendige Debatte und wünsche uns allen einen fröhlichen und friedlichen Fussballabend!

    Schon in den Stammesfarben

    Euer Michael

  40. @ Michael Blume

    Es ist ja schön, dass auch meine etwas ambitionierteren und theoretischen Texte auf dem Blog mal Leser finden. Ich finde nur ehrlich gesagt den Zusammenhang nicht. Du scheinst davon auszugehen, dass ich hier Deine Daten geleugnet hätte. Zeig mir bitte, wo ich das getan habe? Ernsthaft. Ich sehe es nicht. Du wirst es aber wissen, sonst würdest Du hier im Kommentarteil ja nicht öfter “Fundamentalist” rufen als andere Leute “Jehova”.

    Weil ich Lynns empirische Daten ernst nehme, Deine Spekulationen (die sich nicht wie von selbst aus Deinen Daten heraus-evidieren) als Spekulationen gekennzeichnet habe und gezeigt habe, wo Du Deine Datensätze rein selektiv verwendest, um nur Dir passende Aussagen damit zu belegen — darum betreibe ich Obskurantismus und argumentiere wie ein Fundamentalist? Gewagt, Michael, gewagt.

    Du hast als Thema Deines Postes nicht benannt: “Lynn ist ein eugenischer Spinner”, sondern “Der Zusammenhang zwischen IQ und Religiosität” und auf das entsprechende Paper von Lynn hingewiesen. Da Du Dich immer noch nicht zu der Bestätigung hast hinreißen lassen, gehe ich inzwischen davon aus, dass Du es nicht mal gelesen hast und darum Dich lieber an einen Gesamtabriss von Lynns Schaffen abarbeitest.

    Die empirischen Daten sprechen aber auch da für sich, und für die ist es vollkommen unerheblich, ob Lynn ansonsten Ansichten über Eltern und Frühdiagnostik unterhält (=”Eugenik”) oder ob er morgens kleine Frösche zum Frühstück verspeist — dass Du das nicht verstehst, wo Du doch immerzu das Gegenteil bemängelst, wenn es sich um Deine Arbeit handelt, erschließt sich mir nicht.

    Es gibt offensichtlich einen Zusammenhang zwischen IQ und Religiosität, zumindest sind die Daten mindestens so gut belegt wie der Zusammenhang von höherer Kinderzahl und Religiosität. Deine Behauptung, dass sich dies umkehren würde, wenn nur endlich die höhere Kinderzahl von Religiösen durchschlagen würde, ist aber nur Spekulation und steht auf wesentlich dünnerem empirischen Fundament. Wenn Dich der Hinweis an Fundamentalismus erinnert, kann Dir kein wissenschaftsheoretischer Text von mir oder sonstwem noch helfen.

    Warum Deine evolutionspsychologische Arbeit mein Weltbild nicht weiter interessiert? Weil alle Mechanismen, die Du selber immer wieder anführst, wieso Religion adaptiv sein soll, keinen Gott voraussetzen, mithin auch Deine Ergebnisse keinerlei Aussage über die Existenz eines Gottes machen können. Wie soll Religion da plötzlich Erkenntnis sein, wenn Du sie in Deine Abhandlungen selbst nicht so behandelst sondern als aus dem kulturellen Zusammenhalt evolviertes Phänomen? Zeig mir doch einfach den Mechanismus, über den Evolutionspsychologie eine Aussage über Gott machen kann — kannst Du aber nicht, und das weißt Du auch.

    Deine neue Riposte, dass die philosophisch-weltanschauliche Debatte unbedingt die Ergebnisse der Evolutionspsychologie brauche, ist nur eine Finte, die nicht das geringste mit Deiner Arbeit zu tun hat. Ebenso Deine Argumentation, dass man “absolute Wahrheit” bräuchte, um Religion abzulehnen. Die brauch ich auch nicht, um den Weihnachtsmann abzulehnen. Ganz unabhängig davon, ob Weinachtsmanngläubige mehr Kinder haben oder nicht.

    Ich darf Religion nicht als Krankheit bezeichnen, weil sie Reproduktionsvorteile hat? Dürfte ich denn Vergewaltiger oder Kindesmörder als krank bezeichnen, obwohl das evolutionär statthafte Strategien sind? Der Reproduktionsvorteil sagt nichts über die ethische Bewertung aus: typischer naturalistische Fehlschluss. Nur als Information: Natur (und Evolution) sind grausam, unmenschlich und gnadenlos. Den Teufel werde ich tun und Evolutionsprozesse in irgendeiner Weise meine Werturteile informieren lassen.
    Wenn Du das nicht mehr trennen willst und selbst über Esoterik rumschwafelst, dass das im Falle eines Reproduktionsvorteils ja zumindest irgendwie natürlich sei und wer wisse schon, was noch dahinter stecke: dann verstehst Du weder Inhalt noch Grenzen Deiner eigenen Arbeit. So leid mir das täte.

    Anderen übrigens fehlende Quantifizierung vorzuwerfen, halte ich auch für gewagt, wenn man sich nur auf Kinderstatistiken stützt und daraus evolutionäre Mechanismen behauptet: diese Mechanismen sind mathematisch beschreibbar, aber ich sehe immer noch keine Zahlen, welche Selektionsmechanismen wie funktionieren sollen und wie gut sie gegen Unterwanderung funktionieren. Für einen evolutionären Mechanismus sind die Kinderzahlen nur der erste Schritt, und mit denen schon dahin ablaufende Evolution als gegeben anzunehmen, ist ohne Selektionsmechanismus immer noch unwissenschaftlich (nicht unbedigt falsch deswegen, aber eben noch nicht wissenschaftlich gezeigt). Die absurden Fundamentalisvorwürfe kommen hier nur noch wie eine ziemlich aufgeregte Immunisierungsstrategie gegen berechtigtes Hinterfragen an.

    in der deutschen ALLBUS weisen Akademiker plötzlich den zweithöchsten Anteil an sehr Religiösen auf, die USA weisen gleichzeitig hohe Religiosität und hohen IQ auf etc. Diese Befunde kann Lynn aus seiner Warte nicht erklären und sie machen seine eugenischen Träume unnötig.
    Das sehe ich in den ALLBUS-Daten oben überhaupt nicht, und da würde ich dann auch gerne die zeitliche Entwicklung sehen und eine Aufschlüsselung nach Alter.
    Auch in den USA gibt es den Zusammenhang zwischen IQ und Religiosität, nur auf einem höheren Level an Grundreligiosität, der sich zum Beispiel durch das weitgehende Fehlen europäischer Sicherungssysteme erklären lässt. Kann Lynn das erklären? Das ist das eigentlich Witzige, was Dir bestimmt aufgefallen wäre, wenn Du das Paper gelesen hättest: eine seiner vorgeschlagenen Erklärungen ist, dass die USA von einer hohen Quote religiöser Einwanderer besiedelt worden ist und dass darum kulturell und vielleicht sogar genetisch(!) deshalb ein höheres Religionslevel in den USA beibehalten worden wäre.
    Aber Lynn ist natürlich nur ein Spinner mit Eugenik-Träumen.

    Haben wir es hier nur (denkbar) mit einem Zufallsprodukt zu tun, das zufällig konvergent bei Sapiens und Neandertalern evolvierte? Oder vielleicht mit der Emergenz eines weiteren Erkenntnisprinzips?

    Oder vielleicht mit einem Sekundärprodukt, was aus anderen, evolutionär vorteilhaften Eigenschaften erwachsen ist (Vorausplanung, (leerlaufende) Kausalitätssuche, …)? Ich sag’s noch mal: Du hast keinen einzigen möglichen Mechanismus, wie Religiosität ein neues Erkenntnisprinzip etwas tatsächliche Existierenden darstellen könnte. Ohne mir einen solchen zu zeigen, ist es ein reines “alles könnte auch ganz anders sein”-Argument, aber eben kein wissenschaftliches.

    Wie kann eine empirisch nicht zugängliche Existenz (z.B. Gott) massive Verhaltensänderung verursachen?

    Gar nicht. Darum zeigst Du ja auch in allen Darstellungen, wie der Glaube an Gott Dinge verändert, nicht anders als der Glauben an Ahnen, Tiergötter oder Wallhall. Alles in sich gegensätzliche metaphysische Bilder, die irgendwie funktioniert haben — schon darum kann der Vorteil des Glaubens kein Kriterium für die Wahrheit des geglaubten Inhalts sein. Aber das weißt Du ja.

    Ich kenne die Wahrheiten auf diese Fragen nicht, @kamenin.

    Eben. Religion die übers Private hinausgeht, behauptet aber gerade, es zu wissen und daraus sogar verbindliche Verhaltensregeln für die Gesellschaft ableiten zu können. Wie darf man das dann nennen? Getäuscht? Unkritisch? In stärkeren Ausformungen: schädlich? In stärksten: krank?

    Oh, er hat mehr Kinder? Tja. Trotzdem.

    Vielleicht noch bis auf eines: Die strengen Maßstäbe, die der zitierte Blogger an andere Wissenschaftler, sogar an Philosophen, anlegt, wird er als bekennender Naturalist doch sicher auch für sich selbst gelten lassen, oder?

    Sicher. Aber wenn er das tut, dann wird er halt auch hier und da für einen Fundamentalisten gehalten. Fehlende Distanz zu den Daten und ihrer Reichweite und Begrenzung findet man ja nicht nur auf der Gegner-Seite.

    Viel Spaß beim Spiel,
    etwaige Niederlagen werden Dir angelastet!
    k.

  41. ALLBUS und Empirie

    Ich habe doch noch eine Frage zu den beiden ALLBUS-Diagrammen, mit denen Du ja Deine sehr empirische Argumentation stützt. Im ersten Diagramm der erste Balken, “ohne Abschlus”, der mir wie der größte Ausreißer erscheint und ohne den Du Deine qualitative Bewertung (höchstens “religiöse Schwäche” in mittleren Bildungsabschlüssen) eigentlich wieder zurückziehen kannst. Also die Frage: Besteht der Balken aus genau 13 befragten Personen, von denen 4 angegeben haben, sie seien nicht religiös?

    Das scheint mir nach Betrachtung der Gesamtstichprobengröße, dem Anteil der Bundesbürger ohne Abschluss an der Bevölkerung und den tatsächlichen angebenen Prozentzahlen nämlich das wahrscheinlichste.

    Sollte das zutreffen, kannst Du Dir die weiteren Frage, inwiefern Du das für eine wissenschaftliche oder empirische Argumentation hälst, wieso da keine Ungenauigkeiten dranstehen, dafür aber drei signifikante Stellen, sicher denken.

    Beste Grüße,
    k.

  42. Vorstellungen – common sense – IQ

    Ich möchte mich, nachdem ich mich erst etwas spät in die vielschichtige Diskussion einlas, doch auch mal melden, aber ohne direkt auf den einen oder anderen einzugehen.
    Dass und wo und und mit welcher Begleitmusik die Untersuchungen Lynns veröffentlicht wurden, lässt schon ein gewisses erkenntnisleitendes Interesse vermuten. Man merkt die Absicht… Absichten darf man merken. Das mit früheren bei Lynn sichtbar gewordenen Absichten (Eugenik, Rassismus…) zu verknüpfen, ist doch mehr als plausibel. Wenn dann kritische Einwände gegen seine Untersuchungsmethoden kommen, wird man auch daran die Absicht merken dürfen. Und wird da und dort zwischen Befunden und Bewertungen unterscheiden.

    Ich könnte mir auch einmal eine Diskussion vorstellen, bei der zwar nicht absichtslos aber ohne entsprechende Häme die Zahlen Lynns diskutiert werden. Dazu würde ich mit meinem erkenntnisleitenden Interesse, also als Theologe (ein etwas etwas eigenwilliger), etwa folgendermaßen argumentieren wollen:
    Die Zahlen Lynns sind als solche sicher nicht zu bestreiten. Aber es sind zunächst einmal eben Zahlen. Zu fragen ist, was auf der Seite der Religion gemessen wurde: Zustimmung zu (welchen?) Glaubens-Inhalten/Vorstellungen, Zugehörigkeit zu einer Gruppe, intensive Praktizierung von Riten… Also welche Definition von “Religiösen”? An (Zustimmung zu) Vorstellungen allein wird man doch Religiosität nicht messen wollen? Auch nicht nur an Hirnströmungen…
    Ich kenne nur IQ-Tests, die sehr stark mit Tests von Allgemeinbildung bzw. auch mit in entsprechenden Schulen gelehrten zivilisatorischen Techniken zusammenhängen. Dass ein australischer Hirte sofort erkennt, welches seiner 100 Tiere fehlt, oder die nautischen Fähigkeiten von Pazifik-Insulanern — das zählt dabei wohl nicht. Aber vielleicht kenne ich die Feinheiten heutiger IQ-Tests doch nicht ganz.

    Ich würde hauptsächlich auf die Zusammenhänge zwischen zivilisatorisch-technischem Fortschritt und der damit verbundenen gesteigerten Beweglichkeit hinweisen wollen – natürlich zunächst nur in westlichen Gesellschaften: Man erfährt, sieht mehr, kann mehr erkunden, kann sich sein Lebensprogramm (oder auch nur seinen Wochenplan) nach verschiedenartigen Angeboten oder auch nach eigenen Rezepten zusammenstellen. Ob das immer intelligent geschieht, müsste man dann extra untersuchen. Etwas merkwürdig berührt hat mich die Aussage Lynns, die Menschen seien im 20. Jahrhundert intelligenter geworden. Woran misst sich das? (Und in welchen Ländern?!) Man könnte etwas bissig werden bei dem Gedanken.

    Ganz allgemein muss man doch sicher auch eine Beobachtung einbeziehen, die sich sowohl im Wettstreit zwischen Konfessionen (Hayek lässt grüßen) als auch zwischen Religionen und eben nicht nur zwischen Religion und Nicht-Religion zeigt: Wer bewusst einem sonst vorgegebenen common sense widerspricht, wird im allgemeinen intelligenter sein. (Oder Mitläufer). Relative kognitve Minderheiten brauchen, um sich durchzuhalten, einen Intelligenz-Vorsprung – na ja, bei den Amishen wird’s nicht stimmen; die schotten sich entsprechend ab.
    Aber sonst: In Ländern, in denen Atheisten zu den kognitiven Minderheiten gehören – und das sind die meisten – , würde ich mich über einen durchaus statistisch messbaren Intelligenz-Vorsprung nicht wundern. Mich würden also auch Vergleiche zwischen Ländern interessieren, in denen Religion und Nicht-Religion sich entsprechend unterschiedlich verteilt. Für die frühere DDR hätte ich da meine Vermutungen.

    Nur: Das, was statistisch für eine Gruppe messbar ist, lässt ja nur sehr bedingt Rückschlüsse zu auf den Einzelnen. Doch dazu: Auch sehr intelligente Leute können aus den verschiedensten Gründen, zB weil sie mit ihrer Formulierungsfähigkeit entsprechend Bücher verkaufen können, sehr dummes Zeug verbreiten. Die glauben wohl selber daran, weil sie schon als Fettauge auf der Soße schwimmen. Da denke ich durchaus an Ideologen der verschiedensten religiösen und politischen Systeme wie auch an Erfolgsautoren…
    Und das hat mich denn doch gewundert, oder eben auch nicht gewundert, dass manche Vertreter einer kognitiven Minderheit die statistischen Untersuchungen Lynns so vor sich hertragen, als seien sie persönlich damit schon auf der sicheren Seite. Womit ich wieder am Anfang wäre: Das lässt Rückschlüsse auf ein erkenntnisleitendes Interesse der Betreffenden zu; oder auch auf den IQ.

    Übrigens – gehört nicht ganz zum Thema; ich habe mit großem Interesse und Freude über die anscheinend sehr differenzierte Diskussion zum “neuen Humanismus” in Nürnberg gelesen. Siehe hpd in: http://hpd.de/node/4865.
    Da könnten sich einige eine Scheibe abschneiden, nicht nur Religiöse.

    Macht’s gut – Basty

  43. Bodenständige Frage

    Ich kann zu der philosophischen Diskussion leider nichts beitragen, aber ich habe zum Hauptthema dieses Blogs mal eine ganz bodenständige Frage an die Religionswissenschaft. (Manchmal sind einzelne extreme Beispiele ja genau so erhellend wie ausführliche Statistiken.)

    Ende November 2005 gabe es in ländlichen Regionen des Münsterlands einen großen Stromausfall. Eine Viertelmillion Menschen waren mehrere Tage lang abgeschnitten von allen Errungenschaften der Zivilisation.
    9 Monate später, Ende August 2006, gab es einen Anstieg der Geburtenrate um 15%, der stärkste Anstieg seit 1998.

    Man kann wohl annehmen, daß sich während dieser Zeit an Bildungsstand und Religiosität der Münsterländer nichts geändert hat. Zumal die Geburtenrate danach ja wieder auf den alten Stand zurückfiel.
    Wie läßt sich dies aus religionswissenschaftlicher Sicht erklären?

  44. @ Basty

    Wenn dann kritische Einwände gegen seine Untersuchungsmethoden kommen, wird man auch daran die Absicht merken dürfen. Und wird da und dort zwischen Befunden und Bewertungen unterscheiden.

    Das ist es ja, zu der verwiesenen Veröffentlichung kommt keine Kritik an den Methoden, die werden ja noch nicht mal dargestellt. Lynns Paper ist zum größten ein Review oder eine Metastudie, also ein Zusammentrag aller zu dem Thema erschienenen Studien zwischen IQ und Religiosität. Dabei werden die Korrelationen zwischen IQ und Religiosität sowohl zwischen Ländern als auch innerhalb eines Landes als auch altersabhängig betrachtet. Darum gibt es auch nicht einen festen Religiositätsbegriff, weil der sich in den Unterstudien verschiedener Gruppen unterscheiden wird; vermutlich nicht mal einen einzigen IQ-Begriff — es gibt aber in allen Studien das weitgehend übereinstimmende Ergebnis eines Zusammehangs: steigender IQ, niedrigere Religiosität.

    Und ich bitte hier ausdrücklich darum, zwischen Befunden und Bewertungen zu unterscheiden. Sowohl was die Einschätzung des IQ-Begriffs betrifft, aber vor allem, was eventuell politische oder weltanschauliche Ableitungen daraus betrifft, die mit der eigentlich wissenschaftlichen Arbeit nichts zu tun haben (in der Veröffentlichung aber auch nicht vorkommt).

    Dass ein australischer Hirte sofort erkennt, welches seiner 100 Tiere fehlt, oder die nautischen Fähigkeiten von Pazifik-Insulanern — das zählt dabei wohl nicht. Aber vielleicht kenne ich die Feinheiten heutiger IQ-Tests doch nicht ganz.

    Unser IQ- wie auch unser Intelligenz-Begriff ist natürlich auch kulturell geprägt und definiert, schon weil Intelligenz ja nur ein konstruierter Begriff ist: gewisse mentale Fähigkeiten bezeichnen wir als Intelligenz, andere, genauso hilfreiche, vielleicht nicht.
    Darum muss man natürlich vorsichtig sein mit der Bewertung. Und niemand schreibt einem vor, den IQ zu seinem neuen Götzen machen zu müssen.
    Das heißt aber nicht, dass der IQ-Begriff deshalb leer wäre oder nichts mit ihm beschrieben würde. Er beschreibt zumindest mit einiger Genauigkeit (wie gut, kann man ja hinterfragen) gewisse analytisch-logische Fähigkeiten, die wir heute aus unserer Sicht oft unter dem Begriff Intelligenz zusammenfassen. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.

    Beste Grüße,
    k.

  45. Intelligenz in der Intelligenzmessung

    Zunächst gibt es verschiedene Formen psychometrischer Intelligenztestungen, so dass nicht einmal die Aussage IQ -Zahl, ohne die Kenntnis des/der verwendeten Tests allzu viel aussagen kann.

    Intelligenzmessungen sind kulturell überformt, orientieren sich vornehmlich an schulisch relevantem Wissen.

    Eine In-Bezugsetzung des verwaschenen, kulturell überformten Intelligenzwertes mit Religiosität und anderen Parametern ist daher grundsätzlich problematisch.Ebenfalls müsste man die erklärten Abweichungen und Residuen betrachten, um zu sehen, wie stark die Korrelationen tatsächlich sind…..

    Intelligenz ist das, was Wissenschaftler (auch mit einer bestimmten Bildungserwartung, kulturell bedingten Weltanschauung etc.) definieren. Wollte man also dem ganzen Problem hier auf den Grund gehen, müsste man sich die gemessenen Items sehr genau anschauen und dies sowohl auf Seiten der Intelligenzmessung, als auch auf Seiten der Religiositätsmessungen.

    Ein Beispiel, wie schwierig allein die Hochbegabung mit einer Intelligenzmessung zu erfassen ist:
    Was ist Hochbegabung? Hochbegabung ist das, was Wissenschaftler definieren….

  46. Beweisgrundlage?

    Hallo Herr Blume,

    Ihr Beitrag hat in mir insbesondere die Fragestellung hervorgebracht, ob es tatsächlich einen zwingenden Zusammenhang zwischen (Hoch-)schulabschluss / leitendes Berufsbild hinsichtlich der Aussagekraft des “IQs” gibt. Ich formuliere diese Vermutung absichtlich als Fragestellung, weil mir keine empirische Grundlage für oder gegen diese Annahme vorliegt. Gestatten Sie mir deshalb eine Betrachtung aus subjektivem Empfinden heraus anzustellen: Im (Hoch-)schulbereich fallen mir zunehmend die zusammenhängenden Faktoren finanzieller und gesellschaftlicher Status und der Erfolg in der akademischen sowie schulischer Laufbahn auf. Insofern nehmen diese Faktoren Einfluss auf die Einkategorisierung hinsichtlich der Gleichung “Akademiker = intelligent”.

    Sie hinterfragen allerdings auch den Intelligenzbegriff indem Sie “EQ” als ein anderes Richtmaß heranziehen. Wenn ich auf meine subjektiven und unempirischen Beobachtungen zurückgreife, ist in leitenden Berufsbildern durchaus auch eine gewisse Art von Intuition und Raffinesse für ein erfolgreiches Bestehen notwendig. Oft wird sich sogar gezielt von Fachwissen distanziert, um seine Aufstiegschancen als Führungskraft zu steigern. In gewissem Sinne lässt sich diese Beobachtung für mich in dem Begriff des “EQs” einkategorisieren, den Sie zurecht hier aufgreifen. Allerdings wäre es für mich bei den empirischen Beweisgrundlagen interessant gewesen, den “EQ” als Maß der Intelligenz heranzuziehen. Soweit es mein Kenntnisstand erlaubt, ist es nicht möglich den “EQ” äquivalent zum “IQ” in einer Metrik zu ermitteln. Auch wenn mich hier eine empirische Untersuchung interessiert hätte, ist es deshalb für mich plausibel, eine Art offene Fragestellung hinsichtlich der Relevanz des “EQ” am Ende Ihres Artikels zu formulieren. Auch ist die Diskussion um den impliziten Zusammenhang zwischen Intelligenz und Reproduktionserfolg ein sehr aktueller und interessanter Ansatz.

    Herzliche Grüße
    Stefan

  47. Fragen?

    Sind die bei Lynn’s IQ-Test verwendeten Fragen eigentlich irgendwo einsehbar? Das wäre doch, wie ja auch Frau Armand angedeutet hat, die erste Voraussetzung, um die Aussagekraft der Tests überhaupt beurteilen zu können. IQ-Tests, die ich kenne, messen in der Regel eher logisch-mathematische Fähigkeiten als kulturelles und schulisches Wissen. (Daß das sehr eindimensional und trotzdem noch kulturell beeinflußt ist, ist schon klar.) Wir sind uns ja sicher auch alle einig, daß der IQ über den späteren Erfolg (im Leben im allgemeinen und selbst in der Wissenschaft) genauso wenig aussagt wie z.B. die Abiturnote. Aber trotzdem fände ich es interessant zu wissen, was genau von Lynn gemessen wurde, also aus welchen Bereichen seine Testfragen eigentlich stammten.

  48. @Thilo – bodenständige Frage

    Es juckt mich doch, frag nicht wo, Deine “bodenständige” Frage aufzugreifen: ob auf dem Boden oder sonstwo “ständig”? Ohne eine gewisse Standfestigkeit wird’s zumeist nicht gegangen sein.
    Und dann doch – etwas ernsthafter – nachgeschoben: Es gibt doch einen Zusammenhang zwischen Reproduktionsfähigkeit und religiöser Intensität. Dabei würde ich, vielleicht deutlicher betont als bei Michael Blume, diese Korrelation in Korrelation zu anderen Zusammenhängen sehen. Also, es gibt doch sicher auch Zusammenhänge zwischen Religiosität und Lebensstandard, Bewegungsgfreiheit, kultureller Auswahlmöglichkeit und eben auch zur Kommunikationsbereitschaft. Im letzteren Fall würde ich (nicht überall aber) für die in Europa normal vertretene Religiosität eher einen positiven Zusammenhang sehen: In Vereinen und bei kirchlichen Aktivitäten sieht man oft die gleichen.
    Na, ein Stromausfall und eine gemeinsam erfahrene Zwangslage ist zumindest in Europa ein ganz besonders starker Impuls für die Kommunikationsbereitschaft nach außen, auch zu sonst unbekannten Nachbarn. Und eben anscheinend auch für die besonders interaktive “ständige” Kommunikation innerhalb der eigenen, abgedunkelten 4 Wände.

    So viel von mir als religionswissenschaftlichem Amateur zur “bodenständigen Frage”.

    Basty

  49. Befunde -Bewertungen – Religionsbegriff

    Hallo @kamenin,

    das originale “Papier Lynns” kenne ich nicht (war es doch bei einem der verschiedenen Links – von Dir und Michael Blume -, die sich aber sehr verästelten?). Ich kenne nur Reflexe und Reflektionen (nicht nur aus den Blume-Blogs)dazu : Die von mir genannte “Begleitmusik”, mit der es veröffentlicht wurde. Da gab es manches Störende. Darum ging es mir mehr. Bei Lynn selbst war/bin ich nur misstrauisch wegen seiner sonstigen Veröffentlichungen, über die ich nicht nur bei Michael Blume etwas erfuhr. Und ich wollte die Sache mit dem IQ hinterfragt haben. Ersteres (Rassismus…) wäre schon gravierend; aber das sollen andere ausfechten. In Letzterem (IQ) scheinen wir uns einig zu sein. Und wurde ähnlich von Monika Armand bestätigt.
    Nun ja, ich gehe davon aus, dass es stimmen wird, dass nach den Maßstäben westlicher Kultur westliche Atheisten ein durchschnittlich höheres Intelligenz-Niveau haben als westliche Religiöse. Eben wegen der Situation als kognitive Minderheit. Ähnlich dürften italienische Protestanten ein höheres Intelligenz-Niveau haben als italienische Katholiken. Nur, damit man nicht meint, Atheismus sei der Königsweg zur höheren Intelligenz. Oder meint, von solchen statistischen Aussagen könne man direkte Rückschlüsse machen auf die Intelligenz eines Einzelnen. Dann würde es fatal und würde wieder zur Begleitmusik gehören. Dir kann man diesen Fehler sicher nicht vorwerfen.
    Und wenn du dann schreibst:
    “Und ich bitte hier ausdrücklich darum, zwischen Befunden und Bewertungen zu unterscheiden. Sowohl was die Einschätzung des IQ-Begriffs betrifft, aber vor allem, was eventuell politische oder weltanschauliche Ableitungen daraus betrifft…” – dann zielen unsere Interventionen in dieselbe Richtung. Und so wie ich Michael Blume bisher verstanden habe, wird er gerade darin nicht widersprechen.

    Du schreibst von differenzierten Untersuchungen in verschiedenen Ländern. OK – da überflog (!) ich eben das von Michael Blume Veröffentlichte (Fragestellung, ob Religion wichtig sei).

    Nur, wenn du dann schreibst : “Darum gibt es auch nicht einen festen Religiositätsbegriff, weil der sich in den Unterstudien verschiedener Gruppen unterscheiden wird”, dann kommt es mir wieder zu sehr ins Schwimmen.
    Es wird doch entscheidend sein, was und wie man fragt: Ob Religion wichtig ist (wie vorher erwähnt) – das wird womöglich ein italienischer Atheist bestätigen. Habermas evtl. auch. Nun ja, die beiden sind statistisch nicht relevant.
    Wenn man andererseits fragt: Ob es einen persönlichen Gott gibt oder eine überpersönliche Gotteskraft, müsste das Ergebnis wieder anders aussehen. Wenn man dritterseits so etwas wie Kirchgang (oder andere regelmäßige Beteiligung an Riten…) misst, kommt nochmals ein anderes Ergebnis raus.
    Die (über das “Freigeisterhaus” gefundene) amerikanische Untersuchung http://religions.pewforum.org/reports# zeigt ja gerade mit solchen verschiedenen Fragestellungen interessante Verschiebungen. Stellte doch einer im “Freigeisterhaus” entsetzt fest, dass demnach 6 Prozent der Atheisten die Existenz Gottes für möglich halten. Auch ich versteh das nicht. Na ja, bei Gott (und bei Gottesleugnern) ist kein Ding unmöglich. Für mich wären derartige Beobachtungen Anlass aufzuzeigen, dass die Gottes-Vorstellung so entscheidend nicht ist, um etwas/jemand als “religiös” bezeichnen zu können. Aber das ist ein anderweitig durchgekautes Thema. Und: Da müsste eben doch mehr Einigkeit über die bei Umfragen verwendeten Religionsbegriffe hergestellt werden.

    Ja, mir fällt noch dazu ein: Ich würde mich schon auch als religiös bezeichnen, aber den von Dir in Deinem Blog mal vorgestellten Testdurchlauf über alle möglichen, (eigentlich unmöglichen) Vorstellungen würde ich mit ziemlich dem gleichen Ergebnis beantworten wie du. Was ist Religion? Ich versuche allerdings gerade, mich dem religionswissenschaftlich allgemein anerkannten Sprachgebrauch anzunähern: Religion als Anerkenntnis übermenschlicher Akteure. Ja, dann bin ich vielleicht doch nicht religiös.
    Das Thema gehört eigentlich jetzt nicht mehr hierher. Ich kam nur drauf und betonte es so, weil ich da mit deiner Äußerung nicht einig bin, wenn Du bei den entsprechenden Unfragen keinen “festen Religiositätsbegriff” erwartest.
    Einen festen braucht es vielleicht nicht, aber eindeutig benannte. Aber vielleicht sind wir uns auch da doch einiger als ich es heute Nacht sehe.

    Gute Nacht
    Basty

  50. @ Basty (1.Absatz)

    Guter Punkt.

    Was ich einmal ganz interessant fände, wäre ein Vergleich zwischen Christen in West- und Osteuropa, oder zwischen religiösen Juden inner- und außerhalb Israels.
    Wenn die Ergebnisse so ausfallen, wie ich vermuten würde, wäre dies wohl kein Beleg für eine positive oder negative Korrelation zwischen Intelligenz und Religion, sondern einfach nur dafür, daß ein hoher IQ Leute daran hindern kann, den staatlich, gesellschaftlich oder schulisch vorgegebenen Sichtweisen zu folgen.

  51. @ Basty

    Es ist eigentlich nicht, dass ich nicht eine feste Definition von Religiosität erwarten würde; ich sehe das durchaus als Mangel und würde auch lieber eine auch von Michael vertretenen Definition des Annehmens übernatürlicher Akteure angewandt sehen. Wobei auch dazu gezwungen ist, indirekte Annahmen über z.B. die Konfessionszugehörigkeit zu treffen, weil die entsprechenden Daten manchmal nur so vorliegen.
    Nur erledigt sich diese methodische Klarheit nun mal, wenn man wie Lynn hier eine Untersuchung über die zu der Frage in den letzten 50 Jahren durchgeführten Untersuchungen macht. Zwangsläufig fließen dann unterschiedliche Definitionen von Religiosität und unterschiedliche Metriken für den IQ in die Untersuchung, die man auch nicht mehr herausbekommen kann. Das ist ein Mangel. Aber umso erstaunlicher ist es eigentlich, dass der Zusammenhang über diese Unterschiede hinweg immer wieder bestätigt wurde. In gewisser Weise stärkt das den Schluss, weil es zeigt, dass die Korrelation so deutlich ist, dass sie sich auch über solche Variationen hinweg abzeichnet — es ist eben nicht eine ganz spezielle Definition von Religiosität, die mit einer ganz speziellen IQ-Metrik zusammenfällt, darum ist es auch nicht einfach mit einem falsch gestellten IQ-Test oder einem zu engen/weiten Religionsbegriff wegzudiskutieren.

    Ich bin mir nicht sicher, ob kognitive Minderheiten automatisch eine höhere Intelligenz haben. Die Zeugen Jehovas oder deutsche Evangelikale sind ja auch solche, mir ist aber nicht bekannt, dass die in Untersuchungen höhere Bildungsabschlüsse oder IQs aufweisen. Was ich mir, als reine Spekulation, vorstellen könnte, ist zum Beispiel eine höhere Beeinflussbarkeit Geringgebildeter durch politisch-gesellschaftliche Rahmensetzung. Das kann sein, aber ohne Daten ist es ein ziemlich geschmäcklerisches Vermuten, was andere wohl dächten.

    Ich bin mir aber absolut nicht sicher, ob das stimmt, z.B. in kommunistischen Regimen mit propagandiertem Atheismus. Zum einen gibt es da die Erzälungen mit der so einfach nicht wegzukriegenden “Volksreligiosität” der “einfachen Schichten”, die doch, auch in Michael Sinne, zeigen würde, dass Religion hartnäckiger ist als von oben wegvordnungsbar. Zum anderen gibt es für Leute, die höhere Bildung oder Karriere anstreben ganz andere Anreize und Sanktionsmöglichkeiten vom Regime, den Glauben abzulegen oder sich mit dem System zu identifizieren.
    Ich vermute, dass in unfreien Systemen darum der Zusammenhang eher durch die Steuerung von oben verwaschen und durch Umfragen dann sowieso nur sehr ungenügend aufzuklären sein wird. Das Gleiche gilt vermutlich auch für religiös gelenkte Staaten, die zumindest den Anschein von Religiosität genauso fördern. Aber da bräuchte man wirklich Daten, das ist alles nur Spekulation. Und die Frage nach Zwangsausübung ist eine ganz andere als die nach der Säkularisation in religiös freien Ländern.

    Und Durchschnittswerte sagen auch nichts über die Einzelperson aus. Wobei ich es eher als Realsatire empfinde, wenn Stammtischproleten dummes Zeug erzählen über irgendwelche leicht verschobenen IQ-Durchschnitte von Schwarzen oder Ausländern, ohne das reflektieren zu können oder dabei zu bemerken, dass die IQ-Forschung eher deutlichere Aussagen über den IQ-Schnitt von Stammtischproleten macht.
    Zudem ist auch selbst ein eindeutig belegter Zusammenhang von IQ und Religiosität kein Beweis für oder gegen religiöse Inhalte. Etwas, worüber man keine Beweismöglichkeiten hat, kann man auch nicht per IQ-Test unterscheiden.

    Aber in der Sache, abgesehen vom eher spekulativen Teil, sind wir uns wohl einig.
    k.

  52. Korrelationen mit pschyometrischen Messu

    “In gewisser Weise stärkt das den Schluss, weil es zeigt, dass die Korrelation so deutlich ist, dass sie sich auch über solche Variationen hinweg abzeichnet — es ist eben nicht eine ganz spezielle Definition von Religiosität, die mit einer ganz speziellen IQ-Metrik zusammenfällt, darum ist es auch nicht einfach mit einem falsch gestellten IQ-Test oder einem zu engen/weiten Religionsbegriff wegzudiskutieren.”

    Zunächst sind psychometrische Messungen in keinster Weise vergleichbar mit naturwissenschaftlich (z.B. physikalische) geprägten Messungen, so dass sich o.g. Schlussfolgerung verbietet, solange Details über Korrelationsmessungen unbekannt sind.

    Gerade hier werden statistische Probleme psychometrischer Messungen obsolet (Objektivität, Validität, Reliabilität,Steuwertproblematiken etc. etc.)
    Ohne die Kenntnis der Messparameter und ohne die erklärten Abweichungen und Residuen lässt sich daher überhaupt nichts aussagen…..

    Insbesondere sagen Korrelationen grundsätzlich nichts über Ursachen aus. Sie können genau so zufällig zustande kommen. Solange das zufällige Zustandekommen nicht ausgeschlossen werden kann, bleibt hier alles im Reich der Spekulation, so dass man endlos darüber diskutieren könnte.

    Was davon übrig bleibt sind dann individuelle, persönliche Standpunkte bzw. Meinungen, wieder geprägt von unserer Sozialisation, unseren Voreinstellungen und Vorurteilen…..

  53. @ Monika Armand

    Eben deswegen meinte ich ja, daß man zunächst wissen müßte, wonach genau in der Studie eigentlich gefragt worden ist. Was man daraus schlußfolgert, bleibt letztlich jedem selbst überlassen.

  54. @ Thilo

    Da sind wir uns einig 😉

    Leider werden wir vermutlich diese Daten nicht bekommen. Die liegen nämlich ganz gerne in der Schublade der Wissenschaftler. Dort sind sie vor so kritischen Wissenschaftlern wie Michael und uns sicher 😉 Denn was hätten sie uns dann noch zu berichten, wenn sie alles offen legen müssten? Und wie sollten sie etwaige Verschwendungen der Forschungsgelder rechtfertigen….. Außerdem liest sich eine Studie mit ständigen “Wenns” und “Abers” einfach nicht gut und lässt sich schon gar nicht redaktionell gut aufbereiten….

    All das sind die Nachteile, der weniger “harten” Wissenschaftszweige. Mogeln geht hier ganz leicht oder vorsichtig ausgedrückt: einfach leichter.

    Und wenn ich wollte, könnte ich jetzt wieder Wasser auf die Mühlen von uns “Gläubigen” (nicht Religiositätsgläubigkeit ;-)) schütten und mitteilen, dass Naturwissenschaftler im Vergleich z.B. mit Geistes- und Betriebswissenschaftlern im Durchschnitt! den höchsten IQ (nicht zu verwechseln mit EQ) haben. Geisteswissenschaftler liegen zu meinem großen Glück wenigstens in der Mitte…… Also lass ich das lieber ….und bitte den Leser diesen Absatz zu ignorieren…..

    Also glauben wir weiter….Jeder für sich, das eine oder andere…

    Beste Grüße
    Monika

  55. @ Monika, Thilo

    In einer Metastudie werden keine Fragen gestellt, es wird versucht eine Übersicht über die bisher zu diesem Thema erschienenen Ergebnisse zu gewinnen, gegebenenfalls (hier nicht) eine Metastatistik unter Einberechnung der Einzeldaten versucht. Wenn man an den jeweiligen Fragen der Einzelstudien interessiert ist, geht man die Literaturliste durch und schaut sich die Einzelveröffentlichungen an: in verantwortungsvollen Veröffentlichungen findet man im Methodenteil den Weg der IQ-Bestimmung. Der ist nämlich normalerweise nicht willkürlich, sondern richtet sich nach standardisierten Metriken, die in standardisierten Tests und Fragekatalogen zusammengefasst sind. Die können natürlich zwischen den verschiedenen Studien durchaus andere sein, zumal über den großen Zeitraum.

    So kenne ich das jedenfalls aus den gesellschaftswissenschaftlichen Veröffentlichungen, die ich mir bisher angetan habe. In Schubladen verschwinden die Methoden nicht, dürfen sie auch nicht, es sei denn, der Peer Review hat das wissenschaftliche Arbeiten schon aufgegeben.

    Natürlich ist eine Korrelation keine Kausalität vom Typ A verursacht B. Eine nachgewiesene Korrelation deutet aber zumindest auf einen engen, wenn auch vielleicht indirekten Zusammenhang zwischen A und B hin. Ganz so, wie Michael es oben auch darstellt (bevor er dann behauptet, seine Daten ständen in irgendeinem Widerspruch zu Lynns Daten oder könnten diese entkräften, worüber der ganze Disput nur geht).

    Es gibt zwei Wege, aus statistischen Daten belastbare Aussagen zu gewinnen: entweder man unternimmt eine statistische Analyse, welche Aussagen sich mit den Daten signifikant belegen ließen (was der ALLBUS oben dringendst fehlt) — oder man versucht in einer Metastudie Gemeinsamkeiten zu finden. Die sind gerade dafür da, um die Reliabilität und Objektivität zu überprüfen. Und in dem Fall siehst das Ergebnis sehr signifikant aus, weil fast alle Studien den Zusammenhang zwischen IQ und Religiosität zeigen. (Ich habe das Paper gerade nicht da, es war sowas in der Größenordnung 50 zeigens, 2 nicht, aus dem Gedächtnis)

    Sind diese Studien damit aussagelos, weil der IQ ein schwammiger Begriff ist? Das kann man simpel beantworten. Wäre der IQ ein beliebiger Begriff, der keine Grundlage in der Wirklichkeit hat und damit nur eine zufällige Beziehung zur Religiosität, dann wäre die Wahrscheinlichkeit, dass 30 Studien in Folge eine solche Korrelation aufzeigen, obwohl es keine geben dürfte: 1 zu 1 Milliarde (bei zwei Fällen: ja oder nein; ansonsten noch höher).

    Aus demselben Grund kann man zwar ALLBUS oben zurecht kritisieren, aber da das nicht die einzige Studie zum Kinderreichtum von Religiösen, ist damit die These keineswegs widerlegt. Was man damit rauswerfen kann, sind Interpretationen, die sich nur auf diese Daten stützen (“Überraschung: in ALLBUS zeigt es sich so gar nicht” — ein Verwechslung von Statistik, statistischen Schwankungen und belegbarer Aussage).

    Die Reliabilität von Lynns Daten kann man immer noch anzweifeln. Aber dann kann man vielleicht besser annehmen, dass Lynn die Daten einfach nur verfälscht hat (z.B. durch selektive Auswahl, indem er nur positive Studien berücksichtigt hat). Was dann auch niemandem aufgefallen ist: weder dem Peer Review, noch seinen Kollegen und Konkurrenten, noch seinen weltanschaulichen Kritikern.
    Ich halt’s für unwahrscheinlich und ohne Indizien dafür sogar verleumderisch, aber immer noch für wahrscheinlicher als die These, dass alles auch nur Zufall sein könnte.

  56. @ Kamenin

    Zitat: “Wenn man an den jeweiligen Fragen der Einzelstudien interessiert ist, geht man die Literaturliste durch und schaut sich die Einzelveröffentlichungen an: in verantwortungsvollen Veröffentlichungen findet man im Methodenteil den Weg der IQ-Bestimmung. Der ist nämlich normalerweise nicht willkürlich, sondern richtet sich nach standardisierten Metriken, die in standardisierten Tests und Fragekatalogen zusammengefasst sind. Die können natürlich zwischen den verschiedenen Studien durchaus andere sein, zumal über den großen Zeitraum.”

    Das berührt jetzt aber schon die Frage nach dem Sinn wissenschaftlicher Bloggens. Wenn ich in einem (für mich fachfremden) Blog etwas über eine neue (Meta)studie lese, dann werde ich anschließend bestimmt nicht hergehen und mir den Methodenteil der 60 Einzelveröffentlichungen anschauen (auf die ich vermutlich gar keinen Zugriff hätte). Sondern ich möchte eben schon erklärt haben, was genau in dieser Studie untersucht worden ist. (Schlußfolgerungen ziehen kann ich dann selber.) Ohne zu wissen, was gemessen worden ist, kann ich mit den Meßergebnissen schlicht nichts anfangen.

    Und falls es tatsächlich so sein sollte, daß die Studien unterschiedliche IQ-Begriffe zugrunde legen, fragt man sich natürlich, welchen Sinn es macht, hier Äpfel und Birnen zu addieren.

  57. @ Thilo

    Es ist ja auch nicht mein Beitrag — ich habe nur, nach all den Andeutungen, was Lynn für ein schlechter Mensch ist, mir mal die Veröffentlichung selbst angeschaut, um zu sehen, was eigentlich drin steht und worauf sich der behauptete Zusammenhang IQ und Religiosität stützt.
    Es ist ein kurzes Paper, auf das Du von Deinem Uni-Account auch Zugriff hast. Dann weißt Du soviel wie ich und kannst Dir Dein eigenes Bild machen.

    Und falls es tatsächlich so sein sollte, daß die Studien unterschiedliche IQ-Begriffe zugrunde legen, fragt man sich natürlich, welchen Sinn es macht, hier Äpfel und Birnen zu addieren.

    Der IQ-Begriff hat sich sicher in den letzten 50 Jahren verändert, aber er ist wohl kaum von Äpfeln zu Birnen geworden. Ich bin nur auch weder IQ- noch Religionswissenschaftler. Für mich ist es dieselbe fachfremde Arbeit, mich durch die Literatur zu wühlen, um das einzugrenzen, wie für Dich.

  58. @ kamenin (Sven Keßen)

    …da sprach der Naturwissenschaftler 😉

    Naturwissenschaftliche Methoden sind mit geisteswissenschaftlichen nicht zu vergleichen. Studien werden nun mal nicht in diesen Details veröffentlicht, denn diese hätten dann den Umfang eines dicken Buches.

    Zur Bedeutung psychometrischer Studien kann ich die Lektüre des Buches:
    “Forschungsmethoden und Statistik in der Psychologie” von Peter Sedlmeier und Frank Renkewitz, Pearson Studium, 2008, 831 Seiten, aus dem Pearson Verlag empfehlen. (=> Forschungsmethoden und Statistik in der Psychologie)

  59. @ Kamenin

    Ist mir schon klar, daß das nicht Dein Gebiet ist. Aber vielleicht liest hier ja jemand mit, der in Religionswissenschaft oder Intelligenzforschung arbeitet und uns aufklären kann?

  60. Gute Debatte!

    Hallo Freunde,

    wieder einmal muss ich zu meinem Erstaunen feststellen, dass die Diskussionen umso besser laufen, umso mehr ich mich gar nicht einmische! 🙂

    Bin aus Basel zurück, immer noch groggy (obwohl es gigantisch war) und morgen geht es gleich weiter auf die Akademietagung nach Weinheim: “Müssen wahre Naturwissenschaftler Atheisten sein?”, u.a. mit Pro-Contra zu Prof. Bernulf Kanitscheider usw.

    Ich muss dafür heute Abend / Nacht noch mächtig arbeiten, will aber natürlich versprechen, dass ich nächste Woche allen Fragen zu beantworten versuche (das ist ja fast ein Nebenjob…).

    Nur, vorab, @Kamenin: “Ganz so, wie Michael es oben auch darstellt (bevor er dann behauptet, seine Daten ständen in irgendeinem Widerspruch zu Lynns Daten oder könnten diese entkräften, worüber der ganze Disput nur geht).”

    Nochmal: Ich bezweifle Lynns Daten nicht und meine sie auch nicht zu entkräften, sondern gebe eine Erklärung an, die alternativ zu einer simplen Kausalität A verursacht B steht (und die Du ja, wenn ich Dich richtig verstehe, auch nicht vertrittst). Und während Du eine Veröffentlichung von Lynn gelesen hast, sehe ich das Gesamtwerk und vor allem seine Kombination aus Genetik, IQ und Eugenik. Und da stimme ich ihm nicht zu, was die Interpretation seiner Daten angeht.

    Aber Du hast lange Texte geschrieben, nächste Woche nehme ich mir Zeit, okay?

    Herzliche Grüße

    Michael

  61. @ Thilo

    Vielen Dank für Deine Anregung. Ich denke, zur Frage, was Intelligenztests überhaupt messen, gibt es generell viel Aufklärungsbedarf. Nach wie vor ist das alles “Expertenwissen”, wie die Testung der Intelligenz bislang eine reine Domäne von ausgebildeten Psychologen /Pädagogen ist.Leider lässt sich Intelligenz resp. I-forschung nicht im Rahmen eines Blogbeitrages erklären.

    Im Rahmen des Psychologiestudiums werden dazu verschiedene Seminare angeboten, wobei eine wichtige Grundlage zum Verständnis von Intelligenz-, wie auch anderen psychologischen Testungen die Kenntnis psychologischer Forschungsmethoden und psychol. Testtheorie voraussetzt. Diese unterscheiden sich wiederum auch von sozialwissenschaftlichen Testmethoden.

    Gerne will ich mir das Thema mal im Überblick für meine Webseite vornehmen, denn für einen Blogbeitrag wird das Ganze zu lang.

    Einen recht guten “Überblick” im www gibt es hier: Intelligenz und Kreativität: Was ist Intelligenz?

  62. Michaels Informationen zur Intelligenz

    umschreiben im Übrigen korrekt, wie die “Science Community” ihr Intelligenzkonstrukt sieht:

    „Zunächst sollte man wissen: Der Intelligenzquotient hat eine genetischen, eine kulturelle und nicht zuletzt eine sozioökonomische Komponente, deren Wechselwirkungen seit Jahrzehnten erforscht und heiß diskutiert werden. Unstrittig ist, dass es auch bei diesen Fähigkeiten des Gehirns (wie übrigens auch bei Musikalität und Religiosität) genetisch vererbte Veranlagungsunterschiede gibt.[…]
    Entsprechend steigt der durchschnittliche, in Tests ermittelte IQ in Gesellschaften mit sozioökonomischer Entwicklung: Ernährung, medizinische Versorgung, kindliche Früh- und Schulförderung und nicht zuletzt Bildungschancen auch für Mädchen bewirken einen Anstieg.

    IQ ist eben kein objektiver Wertmaßstab, sondern eine kulturell bedingte Maßeinheit, die man (etwa philosophisch, erkenntnistheoretisch u.ä.) durchaus bewerten kann, aber die nicht per se absolute Werte impliziert.“

    Wie Michael betont, führen Lynns Schlussfolgerungen zu einer monokausalen Erklärung einer multifaktoriell bedingten Situation(= Religiosität). Meines Erachtens dürfte sich bereits für verschiedene Formen von Religiosität und seine Entstehung eine multifaktoriell bedingte Verursachungskette ergeben. Allerdings ist das nicht mein Gebiet, so dass Michael dazu auf alle Fälle Genaueres sagen kann bzw. ja bereits gesagt hat. Insofern kann ich die Diskussion um vermeintliche Inkonsistenzen in Michaels Beitrag nicht ganz nachvollziehen.

  63. @ Monika

    Ich stehe selber ja oft genug kritisch zu den Gesellschaftswissenschaften. Die haben einen schwereren Job, weil ihre Begrifflichkeiten und Objekte schwerer zu fassen sind, weswegen sie eigentlich doppelt viel Arbeit in die Analyse stecken müssten; tatsächlich nehmen sie das manchmal als Anlass, überhaupt nur eine minderwertige Analyse zu liefern. Bin ich gerne dabei, sowas zu kritisieren.

    Zur Kritik gehört aber auch, dass ich Studien, die mir von der Methodik solide erscheinen als solche anerkenne. Die Ergebnisse sind dann nicht in Stein gemeißelt, aber zumindest sehe ich die als bestätigt an. Der Ball, das zu durch wissenschaftliche Arbeit zu widerlegen, liegt dann sozusagen bei den Skeptikern.

    Und so ist es nach meiner durchaus kritischen Einschätzung bei der Lynn-Veröffentlichung. Ich kenne keinen Mechanismus, der ein so klares Bild über mehrere Dutzend Studien hinweg ergeben könnte als das tatsächliche Vorhandensein der untersuchten Korrelation. Ich lasse mich da gerne vom Gegenteil überzeugen, aber dann müssen es halt auch stichhaltigere Argumente sein als das, dass der IQ-Begriff nicht klar definiert oder inhärent ungenau sei. Wäre der so ungenau, gäbe es nämlich keine Chance, die gefundene Korrelation derart reproduzierbar in den Studien zu finden.

    Womit ich nicht sagen will, dass der IQ- oder gar sei Bezug zum Intelligenz-Begriff ähnlich klar umrissen ist wie eine naturwissenschaftliche Größe. Aber offenbar klar genug, um damit verlässliche, reproduzierbare Daten gewinnen zu können.

    Anders: wenn ich Lynns Darstellung schon deshalb abtun würde, weil gesellschaftswissenschaftliche Begrifflichkeiten nie so klar sind wie naturwissenschaftliche, dann müsste ich konsequenterweise fordern, alle gesellschaftswissenschaftlichen Institute zu schließen. Dann könnten sie prinzipiell zu keiner wissenschaftlichen Erkenntnis gelangen und wären nicht besser als New-Age-Institute und Konversations-Generiermaschinen.

    Studien werden nun mal nicht in diesen Details veröffentlicht, denn diese hätten dann den Umfang eines dicken Buches.

    Auch als Naturwissenschaftler veröffentlichen wir ja nicht unsere Quelldaten in den Veröffentlichungen. Wie ich es aus dem Methodik-Teil solcher Untersuchungen kenne, steht dann im Methodenteil: “IQ wurde bestimmt nach der Metrik von Hanselbacher, 1978”. Bei Hanselbacher findet man dann den Aufbau des Tests, vielleicht auch den vollständigen Fragenkatalog.
    Auf die Art wird zum Beispiel auf Asperger getestet (z.B. mit dem AQ-Test, aber auch mit anderen Metriken), und ähnliche Verfahren (und Veröffentlichungsmethoden) gibt es in der Sexualforschung (ja, ich blogge über komische Sachen).

  64. @ Kamenin

    Das Problem hier ist, dass wir von unterschiedlichen Beschreibungsebenen an die Sache herangehen.

    Für Geisteswissenschaftler ist die Fragwürdigkeit von Lynn’s linearen Korrelationen deshalb selbstverständlich, weil sie wissen, wie gemessen wird und dass alleine die Messung der Intelligenz, sowie die Religiosität sich aus verschiedenen Faktoren zusammensetzt.

    Hinzu kommt, dass auch die Frage, ob wir an einen Gott glauben oder nicht über unsere Sozialisation zustande kommt. Ebenso wie der IQ auch von Sozialisationsbedingungen abhängt. (Auf unsere Sozialisation wirken gleichfalls viele unterschiedliche Faktoren und Zufälle, gesellschaftliche Einflüsse, Einflüsse von einzelnen Lebensereignissen etc. etc.) Wenn dann jemand hergeht und die Intelligenz und gleichzeitig die Religiosität misst, bekommt er “Korrelationen”. Diese sind erklärungsbedürftig. Wir bekommen z.B. auch eine gute Korrelation,wenn wir die Schuhgrösse mit dem Einkommen korrelieren…. Dabei lässt jener, welcher seiner Messung eine lineare Beziehung unterstellt,oben genannte Sachverhalte völlig außer Acht. Denn eine Korrelation alleine ist wenig aussagekräftig. Sie muss erst im Hinblick auf logisch erklärbare Verbindungen hin analysiert werden. Und diesen ist Michael auf den Grund gegangen und hat ausführlich dargelegt, dass Lynns lineares Konstrukt logische Fehler enthält.

    Lynn wird mit Sicherheit nicht nur hier, sondern auch von seinen Fachkollegen kritisiert werden. Deshalb sollte eine solche Studie auf ihre logische Konsistenz hin überprüft werden , bevor sie veröffentlicht wird. Diese Überprüfung müsste interdisziplinär stattfinden.Wenn Intelligenz und Religiosität gemessen wird, müssten also Religionswissenschaftler mit Psychologen die von mir bereits genannten Testkonstrukte untersuchen.

    Wir könnten hier stundenlang weiter diskutieren und man müsste vermutlich viele viele Hintergründe aus der Sozialisationsforschung und psychol. Testtheorie erläutern, was in diesem Rahmen nicht möglich ist, so dass wir an dieser Stelle auch nicht weiter kommen (können).

    Eben weil hier völlig verschiedene Wissenschaftsdiszipline mit unterschiedlichen Hintergründen aufeinander stossen. Ich nehme mal an, dass in der Physik weit weniger Interpretationsspielraum für Studien vorhanden ist, wie dies in den Geisteswissenschaften der Fall ist.

    Dasselbe “Verständigungsproblem” dürfte also entstehen, wenn ich beginnen würde mit Ihnen über Physik zu diskutieren. Ich weiß, wie man eine Glühbirne reindreht und wenn ich mich wieder einlese, kann ich mich auch noch an vieles erinnern, was ich im Physikabitur hatte. Würde ich mich allerdings auf eine Diskussion mit Ihnen um physikalische Sachverhalte aus der aktuellen Forschung einlassen, würde dies, wie hier geschehen,ebenfalls dazu führen dass fehlendes Hintergrundwissen notgedrungen ergänzt werden müsste um meinerseits ein Grundverständnis Ihrer Materie herzustellen…… Wenn dies aber alles so leicht wäre, dann könnte man an den Unis ein Studium Generale einführen und müsste die Leute nicht 4 Jahre und mehr in einem oder zwei Fächern (+ Teilgebiete der Fächer) ausbilden.

    Angesichts der steigenden Fülle von Erkenntnissen und Forschungen in zahlreichen – auch neuen – Fachrichtungen befürchte ich jedoch, dass Wissenschaftsgebiete für Fachfremde immer undurchdringlicher werden.Ein Indiz dafür sind die ständig steigenden Aufsplitterungen in den Fachgebieten.

    Im Fach Psychologie ist dies zwischenzeitlich so, dass bei keinem Wissenschaftler mehr die Rede davon sein kann, man kenne dieses Fach 😉

    Das Portal Psychologie bei Wikipedia vermittelt einen ersten Eindruck über die enorme Wissensfülle und Fachrichtungen, welches nur dieses eine Fach bietet: Portal:Psychologie

    Dabei wird es auch verständlich, dass eine Sehnsucht, die Dinge mit einfachen Parametern erklären zu wollen, wächst. Quasi als psychisches Bedürfnis, sich nicht ganz die Illusion zu nehmen, wir könnten die Welt um uns herum abschließend erklären.

    Zum Schluss noch ein Beispiel aus dem medizinischen Bereich, welche eine Korrelation zwischen Handystrahlung und Verhaltensstörungen bei Kindern herstellt und eine ähnliche Fragwürdigkeit wie hier ‘Lynss Studie’ aufweist:Von Exorzismen und Verhaltensstörungen

  65. @ Michael Blume

    Klar, nimm Dir die Zeit, und grüß Herrn Kanitscheider sehr herzlich von einem Fan und Leser. Beizeiten muss er mir das mit der Kosmologie noch mal genauer erklären.

    Damit wir uns die Fundamentalismus-Missverständnisse sparen können, will ich klar machen, worauf sich meine Kritik bezieht.

    Ich bezweifle Lynns Daten nicht und meine sie auch nicht zu entkräften, sondern gebe eine Erklärung an, die alternativ zu einer simplen Kausalität A verursacht B steht (und die Du ja, wenn ich Dich richtig verstehe, auch nicht vertrittst).

    Allerdings. Ich würde sogar sagen, was Deine ersten drei Abschnitte betrifft, stimmen wir vollkommen überein. Auch wenn ich natürlich die (oder eine) Erklärung der Korrelation nicht so deute, dass sie danach nicht mehr besteht. Du aber vermutlich auch nicht.

    Danach wird es aber fragwürdig. Du legst explizit nahe, dass durch Deine Ergebnisse (ALLBUS und Schweiz) sich ein neues Phänomen abzeichnen würde, was die Korrelation in neuerer Zeit abschwächen oder bald sogar abschaffen könnte (“erwartete uns jedoch eine Überraschung … kein klarer Zusammenhang . mehr erkennbar … Traten wieder massenhaft Gebildete in die Religionen ein? … sie wurde und wird zunehmend dadurch ausgeglichen … gab es bereits höhere Anteile…“).

    Diese Darstellung lässt sich durch Deine Daten nicht belegen.

    1. Dass kein klarer Zusammenhang in ALLBUS da ist, liegt einfach daran, dass die Stichprobengröße nicht groß genug ist, um ein klares Bild zu liefern: statistische Schwankungen überlagern natürlich das Bild. Der erste Balken (sofern er so wenige Befragte umfasst, wie ich vermute) ist überhaupt nicht haltbar oder abdruckbar. Der Rest bedarf einer Analyse auf die Größe der Schwankungen und danach eine Untersuchung, ob sich überhaupt etwas signifikant nachweisen lässt. Vielleicht gar nichts, dann ist die Folgerung aber “Die Daten sind zu schlecht für eindeutige Aussagen”, nicht “der Effekt verschwindet”. Vom puren Augenschein sind die vier rechten Balken mit höherer Stichprobenzahl einfach nur verträglich mit der von Lynn dargestellten Korrelation und zeigen keinerlei anderen Effekt außer statistischem Rauschen.

    2. Die Schweiz-Daten zeigen Lynns Korrelation ungebrochen. Die sagt ja nicht aus, dass es keine intelligenten Religiösen geben darf. Dass es Ausnahmegruppen wie die jüdischen Gemeinden gibt, die eine Extra-Betrachtung hinsichtlich ihrer Religiosität verdienen, widerspricht ihr kein bisschen. Die andere Gruppe ist die unaufgeschlüsselte Gruppe “andere christliche Gemeinschaften”. Das könnte meiner Wissenstand nach auch das “Berner Forum Christlicher Professoren” sein — mit 0,2% Anteil an der Gesamtbevölkerung zeigt sich da kein neuer Effekt, wie von Dir angedeutet, sondern nur eine Besonderheit. Die Daten für die restlichen 99,55% der Schweizer sind nicht nur verträglich mit Lynns Daten, sondern zeigen die Korrelation auch absolut signifikant und ohne jeden neuen Effekt. Es gibt einfach kein Indiz für eine Veränderung der Korrelation darin.

    3. Bis dahin hast Du noch keinen Effekt zeigen können, kommst jetzt aber zu dem Mechanismus. Das zweite ALLBUS-Bild ist dabei uninformativ, weil es nur einen Geburtenüberschuss von Sehr Religiösen zeigt, was an der Menge Religiöser was ändern kann, nicht aber an der relativen IQ-Verteilung innerhalb der Religiösen. Auch hier wieder: Stichprobengröße weniger als 50 Befragte pro Balken, keine Einordnung der Signifikanz.

    4. Jetzt kommt tatsächlich ein möglicher Mechanismus im 4. Bild. Aber auch hier erst mal wieder: Du hast Dir natürlich den größten Ausreißer nach oben ausgesucht. Zum einen beruht der unerwartete Ausreißer bei den Postgraduates wieder nur auf 57 Frauen. Zum anderen finde ich das nicht besonders amüsant, wenn mir unter dem Etikett Wissenschaftsbloggen immer nur Extremwerte gezeigt werden, sodass ich die Paper raussuchen muss, um ein objektives Bild zu erhalten und das statistisch einordnen zu können. Weil viele andere das nämlich nicht machen, und von dem Eindruck, den Dein Bild vermittelt, über die tatsächlichen Ausmaße getäuscht werden. Hier nicht ganz so extrem wie im Schweizer Beispiel, aber unter ergebnisoffener Analyse verstehe ich was anderes. Wenn ich dem Wissensvermittler keine neutrale Vermittlung mehr abnehme, vermittelt er auch nichts mehr.

    5. Objektiver Vergleich: Religionslose Akademikerinnen kriegen 28% weniger Kinder als Religionslose allgemein. Das liegt nur knapp unter dem Durchschnitt aller Akademikerinner, die 24% weniger Kinder kriegen als Frauen in Adelaide allgemein. Das ist das reale Ausmaß der Unterschiede.

    6. Wenn das wirklich einen Effekt nach sich ziehen muss, muss die Weitergabe der Religion an die Kinder so effektiv sein, dass nicht einfach durch Kirchenaustritte dieser kleinere Reproduktionsvorteil von Akademikerinnen durch Dekonversion ihrer Kinder wieder verloren geht — ansonsten ändert sich nämlich an der Korrelation zwischen IQ und Religiosität: nüschts.
    Eindeutige Daten habe ich nicht gesehen, aber die Indizien in ALLBUS scheinen mir eher auf das Gegenteil hinzudeuten: mehr religiös aufgewachsene Kinder verlieren ihre Religion als umgekehrt.

    7. Jetzt aber das spannende: Ist diese Konversionsrate abhängig vom IQ? Verlassen Kinder mit höherem IQ öfter die Religion? Wenn Du das nicht widerlegen kannst, fällt Dein ganzer Mechanismus zusammen. Und das ist ja gerade das, was Lynn auch behauptet. Soll heißen, um zu zeigen, dass Dein Mechanismus die Korrelation überhaupt aufbricht, musst Du schon annehmen, dass sie auf individueller Basis nicht gilt.

    8. Dazu passendes Fakt: In der Schweiz haben Konfessionslose eine 80%ig höher Quote an Akademikern als Katholiken. In Adelaide haben Religionslose eine 80%ig höhere Akademikerquote als die gezeigten Lutheraner und einer 117% gesteigerte gegenüber Katholiken.
    Dein Ansatz müsste sein: die machen höhere Abschlüsse, weil sie schon aus gebildetem, religionslosem Elternhaus kommen. Wenn diese Zahlen stattdessen daher kommen, dass Menschen auf dem höheren Bildungsweg überproportional häufig aus der Kirche austreten, dann war es das für Deine These, dass die höhere Reproduktionsrate von Religiösen Lynns Korrelation irgendwie beeinträchtigt. Die zeigt und festigt die dann nur. Wenn der höhere Bildungsweg Menschen dazu bringt, überproportional häufig ihre Religion zu verlassen, kriegst Du genau Lynns Korrelation von hohem IQ und geringer Religiosität und umgekehrt.

    Das war alles reine Empiriekritik, und bis dahin beziehst Du Dich auch überhaupt nicht auf Lynns anderweitige Interpretationen und Behauptungen. Lynns Gesamtwerk spielt soweit und in dem Zusammenhang überhaupt keine Rolle.

    Was Deine abschließenden Bemerkungen angeht, halte ich die immer noch für verfehlt, weil sie für mich irgendwo zwischen in der Luft hängenden Empörung und naturalistischem Fehlschluss schwanken. Vielleicht ist die Empörung Lynn gegenüber ja angemessen. Es wäre dann schön, wenn Du vielleicht jeweils klar machst, auf welche Position Lynns Du Dich beziehst. Dann würde ich vielleicht auch verstehen, warum Du hier im Kommentarteil so vehement davon gesprochen hast, dass Lynn eben doch unrecht hat, obwohl Du seine Daten nicht bestreitest und ich mehr nie verteidigt habe. Hat Lynn hinsichtlich Religiöser Eugenik eingefordert? Religiöse anderweitig beleidigt? Kann ja sein. Klarer wär’s, wenn Du schreibst, worauf Du Dich beziehst. Dann gibt’s auch weniger Missverständnisse.

    Viel Spaß! Während Du weg bist, hab ich wenigstens mal wieder Zeit, mein eigenes Blog zu pflegen.
    k.

  66. Zahlen – Auswertungen – Querverweis

    OK, es scheint eine große Einigkeit, dass die Zahlen Lynns stimmen. Es geht um die Folgerungen und die Begleitmusik.
    Kurzschlüsse müssen wir vermeiden, in solchen Fragen – wie schon in der Physik :-).
    Kamenin, ich trete Dir wohl nicht persönlich zu nahe, wenn ich mehr aus meiner Erfahrung als dass es durch Statistik abgesichert wäre, sage: Bei Physikern gibt es besonders ausgeprägte Vertreter, die sehr gerne argumentative Kurzschlüsse produzieren: Einer der enegischsten Kreationisten, die mir begegneten, war Physiker. Aber ich suche jetzt nicht nach dem Namen. Er lehrt wohl in Hannover. Und bei einer evolutionstheoretischen Tagung trat ein Phsiker auf, der mit der Existenz (!) von Memen rechnete und im Zusammenhang damit die Existenz Gottes ins Lächerliche zog. Er war von der Humboldt-Uni in Berlin. Es klang eben nach in 40 langen Jahren erworbener/angepasster Überzeugung. Worauf ich nur noch lästern konnte, die Kerzenrevolution in der DDR sei offensichtlich nicht von den Physikern ausgegangen. (Da dachte ich auch an eine Physikerin, die später eine andere Karriere machte).
    Na ja, du könntest da mit Erfahrungen mit Kirchenvertretern kontern. Und ich würde Dir nicht widersprechen…

    Zurück zur Sache:
    Die Relativierung der IQ-Untersuchungsmethoden wird vermutlich auch allseits gesehen. Und dass IQ auch zu anderen Wertmaßstäben in Beziehung gesetzt werden muss, jedenfalls nicht als einziger Wertmaßstab taugt.

    Und das muss ich wohl dir, kamenin, auch zugestehen, dass die Begründung mit kognitiver Minderheitssituation so einlinig nicht geht. Ich erwähnte schon die Amischen, du die Zeugen Jehovas. Man könnte weitermachen und alle möglichen UFO-Spinner und andere gedankliche Irrlichter erwähnen (aber manche dieser Dummheiten, in die sich manche verbohren, zeugen von großer (fach-idiotischer) Intelligenz).
    Bei meiner Vermutung wegen kognitiver Minderheit dachte ich an eine auch bei Lynn erwähnte Beobachtung an den aschkenasischen Juden. Da stimmt’s wohl. Aber das hat sich eben über Jahrhunderte weg so entwickelt. Und da könnte man wohl Ähnliches, ohne dass ich Untersuchungen hätte, aber etwas von deren Schulsystem weiß, bei den italienischen Waldensern/Protestanten unterstellen. (Nebengedanke: Bei kultureller Evolution dürfte man wohl, gerade im Blick auf solche Entwicklungen, auch etwas lamarckianisch denken. Oder etwa nicht?).

    Ja, Zusatzbedingung zur “kognitiven Minderheit” müsste auch so etwas wie eine Spannung (schon wieder so ein phsyik-verdächtiger Begriff), eine Konkurrenz-Situation zur herrschenden Meinung sein und eine gewisse Bedrohungssituation. Und sich auswirken kann es sich auch womöglich nur in so langen Zeitläuften wie bei aschkenasischen Juden. Also, ich schraube das Argument zurück. Auf Atheisten passt es so nicht: Keine durchgängige, gar familiär greifbare, Tradition. Und eben auch nicht so lange am Stück. Ich würde nur ganz allgemein sagen: Bei Atheisten, die sich dafür auch noch in Gruppen organisieren, unterstelle ich schon im Voraus (also auch schon ohne Lynn), dass die sich mehr Gedanken machen als andere; und dass sie dazu auch fähig sind. Aber es gibt eben auch Mitläufer ohne eigene Gedanken und auch bei den selbständiger Denkenden so und so viel Enttäuschungen. Etwa wenn einer bei den brights in merkwürdig verschraubtem Deutsch als ständige Wiederholung bringt: “Die Menschheit teilt eine 5% Minderheit als intelligenten Menschen ohne Religion, in eine 60% Mehrheit als religiöse Menschen ohne Intelligenz und in den Rest ohne eine eigene Meinung.” Na ja. Wenn der meint, er sei auf der sicheren Seite der Intelligenten, da kann ich nur meine Bibel zitieren, in der es heißt: “Wer da meint er stehe, der sehe zu, dass er nicht falle.” Es gibt eben in den Religionen Einsichten, die man nicht einfach wegkippen sollte. Und es ist für viele dieser Einsichten nicht einmal nötig, als Eintrittsgeld mit der Anerkenntnis überweltlicher Akteure zu bezahlen.

    Übrigens, im Freigesiterhaus wird Lynn differenzierter diskutiert.

    Weswegen ich hier nochmal schreibe: Schaut hier in “natur des glaubens” einmal auf den benachbarten Thread “Religionsdemografischer Fanpost”. Spätestens ab der Äußerung von adenosine am 12.6. um 12:09 Uhr wurde dort genau dasselbe diskutiert. Und spannend sind die zwei Links bei Michael Blume am 17.6. um 19:26.
    Hätte ich alles *vorher* gelesen haben wollen. Vielleicht geht’s euch und Ihnen auch so.

    Basty

  67. @ Monika

    Ich denke, wir stimmen da weitergehend überein, als es den Anschein hat. Natürlich rede wir hier von einer Korrelation, nicht von einer monokausalen Erklärung. Das würde zu kurz greifen. Wenn Lynn anderswo behaupten sollte: Dummheit misst sich in Gottesglaube und Gottesglaube misst sich in Dummheit, hätte er damit unrecht. Bzw. er könnte es mit seinen Daten nicht belegen.

    Gleichzeitig würde ich keine Korrelation so abtun, als deute sie nicht auf einen Zusammenhang hin. Das gilt auch für Schuhgröße und Einkommen, wenn die Korrelation so konstant gezeigt werden würde (dass größere Menschen durchschnittlich höheres Einkommen haben, wird ja auch immer wieder behauptet).

    Im gezeigten Fall gibt es sicher voneinander unabhängige Bewegungen, die ohne kausale Verknüpfung für ein Sinken von Religiosität und ein Ansteigen des messbaren IQs gesorgt haben. Darum würde ich auch nicht behaupten, dass Lynn gezeigt hat, dass Intelligenz dank verbesserter Denkleistung zum Atheismus führt oder umgekehrt.

    Ob die gesellschaftlichen Prozesse (die auch nicht ungelenkt ablaufen) die einzigen sind, die einen Zusammenhang zwischen IQ und Religiosität hervorrufen, würde ich zumindest anzweifeln. Mal hingestellt, der IQ beschreibe auch (eine Korrelation zur Fähigkeit des) kritisches Hinterfragens. Dann wird damit auch eine Fähigkeit gesteigert, tradierte Überlieferung auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Auch religiöse Menschen glauben heute viel weniger und viel weniger wörtlich als noch die Generationen vor ihnen.
    Oder um es an einem anderen Beispiel zu erläutern, um aus der etwas aufgeladenen weltanschaulichen Debatte rauszukommen: Ich würde wohl eher nicht annehmen, dass diejenigen, die heute überzeugt an Astrologie glauben, ausnahmslos die Allerschlausten sind. Das ist was anderes als der Glaube an übernatürliche Akteure, aber vielleicht auch nicht so hundertprozentig getrennt von zumindest einem Teil von Religion, den es auch noch gibt. Von daher kann ich mir neben den unabhängig ablaufenden Prozessen durchaus noch Nebenerklärungen vorstellen, die auch zu der Korrelation beitragen.

    Aber, und das ist der Knackpunkt, das ist nicht das, was man aus Lynns Daten schließen kann. Von daher sind das vielleicht Gedanken von mir zum Thema, aber keine wissenschaftlich begründeten Aussagen.
    Mein Problem mit Michaels Text war da ein anderes.

  68. @ Basty

    Ich bin mir nicht sicher, ob man Amischen als kognitive Minderheit bezeichnen kann. Soweit ich weiß, leben die Amischen sehr abgeschieden. Wer als Amische in einer Amischen-Gemeinschaft lebt, befindet sich also sicher nicht in einer Minderheit.

  69. @ Kamenin

    “Mal hingestellt, der IQ beschreibe auch (eine Korrelation zur Fähigkeit des) kritisches Hinterfragens. Dann wird damit auch eine Fähigkeit gesteigert, tradierte Überlieferung auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.”

    Mit dieser Aussage bringen Sie das Problem der Intelligenztestung auf den Punkt. Denn die Fähigkeit zum “kritischen Hinterfragen” ist einer der Faktoren, welcher sich psychometisch äußerst schwer erfassen lässt. So können z.B. Hochbegabte in einem gewöhnlichen IQ-Test durchaus scheitern, weswegen IQ-Tests zur Erfassung von Hochbegabung (z.B. solchen Hochbegabten, welche in ihrer bisherigen Schullaufbahn – aus welchen Gründen auch immer – gescheitert sind) schwer umstritten sind. Ein überzeugter Vertreter würde sagen, dass IQ-Testungen durchaus jene Fähigkeit “implizit” testeten. Wie man sieht, also eine wachsweiche Angelegenheit…..

    IQ-Testungen korrelieren daher hoch mit der Schulleistung. Und da haben ja TIMMS und PISA gezeigt, dass soziale Herkunft und die Qualität des Schulunterrichts wichtige Einflussfaktoren sind….

    Insofern trifft Ihre Vermutung: …dass der IQ-Begriff nicht klar definiert oder inhärent ungenau sei zu.
    Es gibt nicht “eine”, sondern mehrere IQ-Definitionen, ebenso wie es mehrere Formen der IQ-Testung gibt.Es gibt auch unterschiedliche Theorien, was zur Intelligenz alles dazugehöre….

    Zur “Korrelationsfrage”:
    “Gleichzeitig würde ich keine Korrelation so abtun, als deute sie nicht auf einen Zusammenhang hin. Das gilt auch für Schuhgröße und Einkommen, wenn die Korrelation so konstant gezeigt werden würde (dass größere Menschen durchschnittlich höheres Einkommen haben, wird ja auch immer wieder behauptet).

    Zunächst beschreibt eine Korrelation einen Zusammenhang zwischen zwei Variablen. So belegt tatsächlich eine Studie, dass das Einkommen von der Schuhgröße abhängt.
    Diese Korrelation sagt zunächst nichts aus. Sie muss interpretiert werden. Bezüglich der Schuhgröße ist die erhaltene Korrelation schlicht logisch. Denn Kinder, welche ja kleine Schuhgrößen haben, verdienen kein Geld. Erwachsene hingegen schon. Dann haben Männer die größeren Füße und jene sind die Hauptverdiener, denn beim Einkommen fallen z.B. auch noch etliche Frauen (Kinderpause, Hausfrau etc.) weg.

    Und mit einer Korrelationsmessung werden nur zwei Variablen in Beziehung gesetzt, weswegen bei einer solchen Messung immer monokausal gemessen wird.

    Wenn – wie hier – von verschiedenen Einflussfaktoren ausgegangen werden kann, sollte die Untersuchung auch mit einem mehrfaktoriellen Design gemacht werden, so dass die einzelnen Einflussfaktoren z.B. auf Religiosität herausgerechnet werden können.(d.h. man darf zu Recht die Frage stellen, ob Lynns Messungen valide und reliabel sind. Messen sie wirklich, was er messen wollte und dies zuverlässig?) Im Übrigen erhält man bei mehrfaktoriellen Designs selten Werte über r= .40. Meist liegen diese um .20! Und wie bereits gesagt sollte die erklärte Abweichung betrachtet werden. Denn diese sagt erst aus, wieviel Anteile der Religiosität überhaupt mit dem IQ erklärt werden könnten.

    Daher ist Lynns Studie bereits von der Anlage her unzureichend, wie man sieht jedoch publikumswirksam. So publikumswirksam wie die Studie von der Korrelation zwischen Handystrahlung und Verhaltensstörungen bei Kindern. Auch diese war in einem “seriösen” peer-reviewed Magazin veröffentlicht worden……

    Hintergrund dieser ganzen Geschichte sind immer wieder einerseits die beschränkten forschungsmethodischen Möglichkeiten in der Psychologie und andererseits das fehlende logische Denkvermögen oder sagen wir zu geringe Kenntnis forschungsmethodischer Probleme auch hochangesehener Wissenschaftler…

    Da jedoch die statistischen Probleme in diesen Bereichen nur “auffallen”, wenn man alle Details hinterfragt, werden dauernd Studien veröffentlicht, welche behaupten etwas zu erklären, was sie de facto aber gar nicht können.

    In diesem Fall steht die Frage im Vordergrund:
    Wie lässt sich der Zusammenhang zwischen IQ-Messung und Religiosität erklären? Dazu brauchen wir unseren gesunden Menschenverstand und das Wissen um detaillierte Hintergründe der Studie – ähnlich wie bei der Erklärung warum zwischen Schuhgröße und Einkommen eine sehr hohe Korrelation besteht….

    Da selten alle Detailfragen dem interessierten Wissenschaftler zugänglich sind, bleiben Schwächen von vielen psychologischen Studien im Verborgenen…. Um Aufmerksamkeit für eine Studie zu bekommen, werden Studien oft auch publikumswirksam “getunt” und vereinfacht dargestellt…..d.h. die Simplifizierung geschieht auf Seiten der veröffentlichenden Personen sogar bewusst, wobei daraus Interpretationen entstehen, welche die Sachverhalte verfälschen…..

  70. @ Basty

    Physiker sind ein ziemlich gemischtes Völkchen, das dazu noch dazu neigt, sich jeweils eigene Gedanken zu machen — manchmal sich auch mit skurrilen Ergebnissen. Kreationisten kenne ich zwar keine, aber gerade unter älteren und emiritierten gibt es einen deutlichen Anteil auch religiöser, wenn auch in ganz unterschiedlichen Ausprägungen. Das ist auch eine Generationenfrage (nach meiner bescheidenen Anschauung), und eine Wiederkehr von Religiosität sehe ich da gerade nicht. Aber natürlich gibt es auch junge, religiöse Physiker, die kein bisschen dümmer oder intelligenter sind als der Schnitt. Nehme ich an.

    Und bei einer evolutionstheoretischen Tagung trat ein Phsiker auf, der mit der Existenz (!) von Memen rechnete und im Zusammenhang damit die Existenz Gottes ins Lächerliche zog.

    Auf Michaels Blog ernsthaft über Meme zu reden, gleicht eigentlich einem Sakrileg. Aber er ist ja gerade unterwegs 😉

    Einerseits warne ich immer ziemlich eindringlich, dass Meme nur ein Modell sind und dass man die Begrifflichkeiten darum nicht wörtlich nehmen sollte. Andererseits habe ich manchmal den Eindruck, einige würden unter “Existenz von Memen” verstehen, dass man die mit einem genügend großen Mikroskop schon nachweisen müssen könnte — und wenn nicht, “existieren” Meme halt nicht.

    Wer Probleme mit Memetik hat, dem rate ich einfach, das Wort Mem mal durch “Bewusstseinsinhalt” zu ersetzen. Die Kernfrage der Memetik ist nämlich nicht, ob Meme als entitätische Gebilde irgendwo existieren, sondern ob die Verbreitungsprozesse von Inhalten so ablaufen, wie sie durch Meme beschrieben werden können; oder nur zum Teil so; oder ganz anders. Wenn man das für sich geklärt hat, kann man auch entscheiden, ob man die Beschreibung über Meme für zutreffen hält, für teilweise hilfreich oder nur für falsch.

    Memetik ist darum auch zuvorderst eine gesellschaftswissenschaftliche Disziplin, die sich an Naturwissenschaften orientiert, aber trotzdem nicht an naturwissenschaftlicher Klarheit gemessen werden darf. Dafür ist das Untersuchungsobjekt halt immer noch ein gesellschaftswissenschaftlich komplexes.

    Aber es gibt eben auch Mitläufer ohne eigene Gedanken und auch bei den selbständiger Denkenden so und so viel Enttäuschungen.

    Das ist nicht anders als bei Religiösen. In beiden Anschauungen gibt es dumme und verschreckte, kritische und intelligentere.

    Es gibt eben in den Religionen Einsichten, die man nicht einfach wegkippen sollte. Und es ist für viele dieser Einsichten nicht einmal nötig, als Eintrittsgeld mit der Anerkenntnis überweltlicher Akteure zu bezahlen.

    Darum sind es ja auch keine genuin religiösen Einsichten, und wenn man nachsieht, sind viele dieser Einsichten von der Kirche überhaupt nur übernommen und dann für sich beansprucht worden. Ich denke gar nicht, dass es unbedingt Atheisten sind, die das anders sehen: es sind doch gerne kirchliche Würdenträger, die dies oder das argumentativ so mit der Religion verbinden, dass es angeblich ohne Religion nicht existieren würde. Fall nicht drauf rein.

  71. @ Thilo, Monika

    @ Thilo
    Die Veröffentlichung findet sich vom Heise-Artikel, der vom oben verlinkten Beitrag auf Michaels Privatblog verlinkt ist.

    @ Monika

    Nun, was ich im Grunde ja nur behaupte, ist ganz analog zu dem Schuhgrößen-Beispiel. Der Großteil läuft über unabhängig voneinander ablaufende Zusammenhänge ab; daneben gibt es vielleicht noch einen anderen Anteil, der zum Beispiel an anderen Studien rauskommt, wenn man bei Personen gleicher Ausgangsposition (Alter, Bildung, …) feststellt, dass Körpergröße immer noch direkt mit dem Gehalt korreliert (nur natürlich deutlich schwächer als im ersten Fall).
    Dazu muss ein IQ-Test nicht hundertprozentig “kritisches Hinterfragen” wiedergeben, er muss nur auch damit korrelieren, wenn auch nur leicht.

    Aber da ich dazu keine Daten habe und annehme, dass Du keine Daten hast, die zeigen dass IQ mit “kritischem Hintefragen” negativ korreliert, können wir das wissenschaftlich nicht entscheiden. Und ewig darüber diskutieren, was uns plausibler erscheint, ist ja auch nur begrenzt sinnvoll, weil wir beide sicherlich sehr starke eigene Meinungen haben.

    IQ-Testungen korrelieren daher hoch mit der Schulleistung. Und da haben ja TIMMS und PISA gezeigt, dass soziale Herkunft und die Qualität des Schulunterrichts wichtige Einflussfaktoren sind….

    Da würde mich schon, rein um des Verstehen willens, interessieren, ob die Korrelation IQ und Schulleistung in Deutschland geringer oder stärker ist als in anderen Ländern, wo Herkunft zum Beispiel einen schwächeren Einfluss auf den Schulerfolg hat. Andererseits stimme ich vollkommen überein, dass der IQ nicht einfach angeboren ist, sondern natürlich auch trainiert und ausgeformt werden muss (muss ja im Übrigen auch Religiosität).

    Daher ist Lynns Studie bereits von der Anlage her unzureichend,

    Wie gesagt, eine Zusammentragung anderer Studien, die damit eindeutig zeigt, dass die überwiegendste Anzahl dieser Studien dasselbe Ergebnis zeigt, halte ich nicht von der Anlage her für unzureichend, schon rein statistisch nicht.
    Unzureichend, um zu zeigen, wie die Korrelation zustande gekomme ist, das sicher. Aber soweit ich mich erinnere, steht das so gar nicht in der Studie. Wenn er die Studie dann anderswo so deutet, lüt er; aber das macht die Studie selbst nicht unzureichend.

    Auch diese war in einem “seriösen” peer-reviewed Magazin veröffentlicht worden……

    Die Frage an die Studie wäre dann, ob es nur eine statistische einwandfreie Belegung der Korrelation war oder ob darin auch mehr als spekulativ über die Kausalität gesponnen wird. Im ersten Fall würde ich es sogar auch veröffentlichen. Dass andere (Journalisten oder Laien oder Wissenschafts-PRler) die Daten falsch auslegen, ist kein Argument, die Daten, so sie richtig belegt sind, nicht zu veröffentlichen.
    Es ist sicherlich ein Problem, dass eigentlich richtige Daten für falsche Aussagen missbraucht werden, heute vielleicht öfter und regelmäßiger als früher. Aber das muss man anders in den Griff kriegen als einfach die Daten unter Verschluss zu halten. Selbst wenn’s keine Kausalität gibt, können die auf andere Probleme und mögliche Zusammenhänge hinweisen.

  72. @ M.A.

    Ich hoffe mal, die Links in den verschiedenen Kommentaren helfen wenigstens den Technorati-Rang zu steigern. (Kleiner Scherz.) Ehrlich gesagt, war dies auch für mich der Hauptgrund, mich an dieser Diskussion zu beteiligen. Mit weltanschaulichen Debatten erhalte ich, selbst wenn ich nur in der Namenszeile des Kommentars verlinkt bin, viel mehr Page Impressions als mit irgendwelchen Fachartikeln, die sowieso keiner liest.

    @ Kamenin: Vielen Dank für den Link. Nachdem ich mir jetzt die Kommentare nochmal durchgelesen habe, frage ich mich allerdings auch, ob außer Dir noch jemand hier das Paper überhaupt gelesen hatte.

    @Blume: Ich habe zu Lynn’s Studie mal gegoogelt, und dabei neben dem Heise-Artikel nur noch einen Artikel im Telegraph und einen (sehr kritischen) Leserkommentar im Guardian gefunden. Man hat den Eindruck, daß Sie Lynn (der ja ein schon seit langem emeritierter Professor an der Uni Ulster ist) mehr Bedeutung beimessen als irgend jemand sonst das tut. Es ist natürlich eine bewährte Taktik, die eigene Sichtweise dadurch in das rechte Licht zu rücken, daß man irgendwelche abwegigen Gegenmeinungen besonders groß herausstellt (wobei dieses spezielle Paper von Lynn dafür vielleicht gar nicht so geeignet ist). Ich hoffe mal, daß es dabei nur um die Steigerung der Page Impressions geht und Lynn und die Eugenik nicht in Zukunft als Totschlag-Argument in politischen Auseinandersetzungen etwa gegen Frau Leyen’s Familienpolitik verwendet werden.

    Auch wenn das jetzt etwas spät ist und mit dem Thema wenig zu tun hat, möchte ich auch noch die Bemerkung zu den “Bildungseliten”, die sich über die vermeintlich mangelnde Intelligenz von Frauen, Afrikanern und/oder religiösen Menschen auslassen und am Flaschenhals aus Wohlstand, Freiheit und Individualisierung scheitern (letzter Absatz im 1. Beitrag) kommentieren. Das Land Baden-Württemberg (für dessen Regierung sie doch arbeiten?) gibt sehr viel Geld aus, um eben diese “Bildungseliten” aus anderen Bundesländern abzuwerben. (Nach meinem persönlichen Eindruck weit mehr als jedes andere Bundesland; Zahlen kenne ich allerdings keine.) Vielleicht sollten Sie ihren Chef mal darauf hinweisen, daß er damit die Zukunft seines Bundeslandes gefährdet.

  73. @ Thilo – Out of Topic Kommentar 😉

    “Mit weltanschaulichen Debatten erhalte ich, selbst wenn ich nur in der Namenszeile des Kommentars verlinkt bin, viel mehr Page Impressions als mit irgendwelchen Fachartikeln, die sowieso keiner liest.”

    Einer der Gründe, warum Technorati für mich irrelevant ist. Wo kämen wir hin, wenn wir nur noch der Besucherzahlen wegen posteten? Wenn A-Blogger einen Post nur noch mit einem Satz machen (können)?…Glücklicherweise enthalten Blogs – nicht wie einst – reine Linksammlungen, sonst wäre Technorati wohl bereits im Chaos versunken ;-))) und keiner würde sich darum kümmern….

    Aber all das ist ja eine andere Baustelle, welche hauptsächlich interessiert, wenn man andere Gründe hat als das Bloggen selbst. Nun ja, das ist meine ganz persönliche Ansicht….also absolut subjektiv….und “Schläge” habe ich ja dafür schon zu Genüge bekommen 😉

  74. @kamenin, nicht nur Meme…

    OK, mit den Memen habe ich keine Schwierigkeiten, wenn man sie so versteht, wie du, kamenin. Theologen können ja symbolisch denken :-). So fasste ich es zunächst auch auf. Nicht zuletzt als Hinweis darauf, dass auch Gedankengebilde ihre Evolutionsgeschichte haben, kulturelle Evolution. Letzteren Begriff wollte ich mal vorsichtig als Analogie zur biologische Evolution, gerade für Religionen, vorschlagen; und merkte dann erst, dass er schon längst gang und gäbe ist.
    Und auch deshalb wollte ich mich auch nicht dagegen aufregen, weil Dawkins ja schließlich einen Lehrauftrag hat “for public understanding of science” – also darf er wohl ein bisschen popularisieren. Aber du und ich wissen, wie leicht diese Sache dann nur noch naturwissenschaftlich verstanden und an solchen Maßstäben gemessen wird. Und deshalb verstehe ich schon auch den Protest dagegen, zB von Michael Blume. Im “Gotteswahn” schien es mir schon auch, trotz der Kürze, als eine tragende Säule der Argumentation. Und da war er zu schnell von den Memen bei Wahnideen gelandet. Aber ich habe das Buch immer noch nicht wieder vor mir. Sei`s drum.

    Du schreibst so schön über die Einsichten, die du als “nicht genuin religiös” bezeichnest, die würden von der Kirche nur vereinnahmt: “Fall nicht drauf rein”.
    Ich glaube, da trennen sich wirklich unsere Wege, müssen sich trennen:
    Erstens lege ich immer Wert darauf, wenn von Religion allgemein die Rede ist, nicht sofort alles ans kirchliche Kreuz zu heften. Und zweitens sage ich zwar nicht, menschliche Einsichten könnten nur als religiöse Einsichten weiter gegeben werden (das weiß man doch zB von der Altruismus-Diskussion; also nicht etwa: ohne Gott keine Moral…). ABER: Praktisch wurden menschliche Einsichten Jahrtausende lang in Religionen tradiert. Da haben sich einige inzwischen aus diesem Zusammenhang gelöst, wurden auch neu definiert, zB Menschenrechte. Ist auch klar. Aber, schon wieder Aber: Viele der inzwischen “weltlich” definierbaren (moralischen) Grundsätze erweisen sich de facto in Religionen als wirksamer; und das mag mit überweltlichen Akteuren zusammenhängen. Aber es hängt, um es nicht-religiös zu begründen, schlicht und einfach damit zusammen, dass Religionen eben auch zumeist Religions-*Gemeinschaften* sind, in denen Solidarität eingeübt wird und weiter wirken kann. Nicht zu bestreiten, dass es da Risiken und Nebenwirkungen gibt.
    Nun, ob andere Gemeinschaften auch so “gesellschaftsprägend” werden können, das wurde in Nürnberg bei der Tagung zum “neuen Humanismus” – siehe http://hpd.de/node/4865 – anscheinend sehr differenziert und auch etwas selbstkritisch diskutiert. Da ging es wohl um etwas, was ich so benennen möchte: Religion nicht einfach abschaffen, sondern kritisch beerben. Und da würde ich vielleicht mitspielen.

    Manchmal kann man mit dem normal üblichen Begriff von Religion (Glaube an überweltliche Akteure) auch gar nicht so richtig unterscheiden, wo da eine Trennlinie zwischen den Bereichen ist. Was ist denn “genuin religiös”? Wie wollte man das zB in den Zehn Geboten sortieren? Oder wenn man bedenkt, wie viele gerade der alttestamentlichen Geschichten ganz einfach Lebens-Geschichten sind: in Mythen, Legenden ff eingepackte Anthropologie; aber auch ganz einfach: erzählte Lebenserfahrung.

    Das alles ist mit dem üblichen Religionsbegriff eigentlich so nicht zu fassen. Und da mache ich gerade dran rum. Erspare mir aber hier weitere Ausführungen und verweise einfach auf meinen letzten Diskussionsbeitrag im Blog von Edgar Dahl “Libertarian” – vorläufig letzter Beitrag (am 29.6. um 21:06 Uhr) zu “Die Religion fiel nicht vom Himmel”:
    http://www.wissenslogs.de/…immel/page/7#comments

    Damit bin ich noch nicht zu Ende gekommen. Aber jetzt – kurz nach Mitternacht – am Ende.

    Mach’s gut
    Basty

  75. Verzweigung

    Die Diskussion hat sich ja offenbar nun in drei Teile verzweigt, nämlich erstens eine Dawkins-Diskussion, zweitens eine Lynn-Diskussion (bzw. Diskussion über die Frage, wer Lynns Arbeit gelesen hat) und drittens eine Diskussion über den letzten Absatz des Artikels, d.h. über “Bildungseliten”. Vielleicht sollte man für jeden dieser Zweige einen getrennten Thread aufmachen, sonst kommt man beim Lesen immer durcheinander.

  76. @ Basty

    Im “Gotteswahn” schien es mir schon auch, trotz der Kürze, als eine tragende Säule der Argumentation.

    Das kann man schnell klären, indem man mit einer Schere und ein paar Tipp-Ex-Spritzern die fünf Seiten und paar Erwähnungen von Memen aus dem Buch rausnimmt und schaut, ob einem das überhaupt auffällt. Ich glaube ja eher nein. Zumal vor der Membetrachtung extra steht, dass es nur versuchsweise gezeigt wird, ob das zuvor schon begründete auch in Form von Memen ausgedrückt werden kann. Wenn überhaupt, würde ich Dawkins da vorwerfen, eine unnötige Betrachtung zu viel vorgenommen zu haben. Eine tragende Säule sieht für mich anders aus.

    ABER: Praktisch wurden menschliche Einsichten Jahrtausende lang in Religionen tradiert.

    Relgion hatte faktisch ja nicht nur einen guten Teil des Tradierungsmonopols, sondern zumindest über lange Strecken hat sie auch sehr peinlich darauf geachtet, dieses Monopol an sich zu bringen und zu behalten, sowohl mit staatlicher als auch religiöser Gewalt.

    Wobei meine Religionskritik weniger geschichtlich motiviert ist, und auch das Gemeinschaftliche werde ich ihr nicht in Abrede stelle. Von mir aus kann man Religion gerne als Teil der Kultur verstehen und für entsprechend wertvoll erachten (oder auch nicht). Aber eben nur als Teil der Kultur, nicht als erkenntnisgebend. Dafür gibt es heute andere Kriterien.
    Die nicht perfekt sind und nicht so gemeinschaftsfördernd, aber man muss auch wissen, was man will.

    Beste Grüße,
    k.

    (bin zweieinhalb Tage nicht da, weil auch auf einer Tagung)

  77. @ Thilo

    Jetzt wollte ich, frisch zurück, gerade @Kamenin antworten – aber warte natürlich, bis auch er wieder zurück ist. Wir sind hier ja nicht bei World of Warcraft… 😉

    Zu Ihren Fragen:

    1. Die Frage mit dem Stromausfall ist wirklich gut und genial! Ich werde sie gerne zum Ausgangspunkt meines nächsten Blogeintrages machen.

    2. Zu Richard Lynn & Bildungseliten: Ich wurde auf Lynn das erste Mal vor zwei Jahren aufmerksam – und zwar auf “Empfehlung” eines rechtskonservativen Akademikers. Dieser wollte mich davon überzeugen, dass der niedrige Entwicklungsstand der islamischen Welt auf die niedrigere Intelligenz “der Araber” zurückzuführen sei und reichte mir als Beleg (auch für die “Existenz” von “Rassen”) Lynns Buch, das in seiner Studentenverbindung ein echter Renner sei.

    Ich war und bin nicht begeistert: und zwar aus genau den Gründen, die @Monika und andere schon genannt haben. Da aber Intelligenzforschung nicht mein Hauptthema ist und es genügend Pseudowissenschaft gibt, legte ich Lynn achselzuckend wieder beiseite. Zeitweise diskutierte ich auch mit Ingo Bading im über IQ, Biologie & Evolution, z.B. hier:
    http://religionswissenschaft.twoday.net/…374723/

    Als nun aber auf heise.de eine neue, diesmal auf Religion bezogene “Studie” Lynns kritiklos zitiert wurde, nahm ich im Rahmen eines ohnehin geplanten Bildung-Religion-Beitrags Stellung. Und bin verwundert, wie viele Leute, die nur das letzte Paper Lynns gelesen haben, sich spontan für ihn verwenden, solange es nur gegen Religion(en) geht…

    Und, ja, es wundert mich, dass es immer noch auch gebildete Leute gibt, die auf so schwacher Datenbasis Menschen anderer Ethnien, anderen Geschlechts oder eben anderer Glaubenshaltung mehr oder weniger “Intelligenz” attestieren wollen. Ein Dumpfnazi hätte mich weniger bedrückt als das Gegenüber gebildeter, höflicher Nadelstreifen-Akademiker. Mein Eindruck und meine Erfahrung ist, dass es bei denn Berufungen auf Lynn häufiger um die Bestätigung schon vorgefertiger Weltbilder als um empirische Forschung geht. Deswegen werden simple Korrelationen als vermeintliche Wahrheit von Leuten akzeptiert, die andernorts zu Recht sehr kritisch denken würden.

    Also, ich würde langsam viel lieber wieder über interessante Themen diskutieren. Der Stromausfall ist, wie geschrieben, ein genialer Gedanke, danke! 🙂

  78. @ Basty

    Danke für Deine interessierten Beiträge. Im Verständnis-haben bist Du ungeschlagen! 🙂

    Jetzt sollen Dawkins Meme also nur noch ein Detail, eine symbolische Metapher gewesen sein – wo doch Dawkins selbst stets auf strikte Empirie Wert legte und sich munter darüber auslassen konnte, dass sich Gott genauso wenig finden ließe wie die Russelsche Teekanne…

    Naja, an Dir kann man sich halt immer wieder ein Beispiel für Langmut nehmen. 🙂

  79. @ Edgar: Philosophers Rugby

    Hallo Edgar, schön von Dir zu hören! Im Weingarten-Vortrag habe ich Dich gegenüber Bernulf Kanitscheider als Glücksforscher gepriesen und auf den Blogbeitrag zu Deinen Ehren verlinkt. 🙂

    Und wir haben beim Kaffee intensiv diskutiert, wie man eigentlich die klar falsifizierte, aber biologisch eben erfolgreiche Weltsicht der Amischen bezeichnen könnte. Gegen Wahn oder Täuschung spricht der Erfolg, nützliche Illusion vermischt empirisch klärbare (z.B. Evolution) mit unklärbaren (z.B. Gott) Ebenen und “symbolische Wahrheit” von Hayek machte uns auch unbehaglich.

    Noch haben wir also kein Tor erzielt, dennoch werde ich auch zukünftig das Match mit Philosophen suchen! 😉

  80. @ Monika

    Ich kann Dir nur sehr für Deine Beiträge danken, die auch mein Unbehagen ausdrücken.

    Klar: biokulturelle Merkmale wie Musikalität, Intelligenz oder Religiosität lassen sich nie schlüssig auf nur einer Skala darstellen, das können immer nur kulturabhängige Annäherungen sein. Das schließt nicht aus, zu fundierten Aussagen zu kommen, nur dürfen sich diese nicht auf simple Korrelationen beschränken.

    Ich habe gerade das Buch von Barack Obama gelesen, in dem er (auch) beschreibt, wie das rassistische Vorurteil, schwarze oder hispanische Kinder seien “weniger intelligent” wiederum zu weniger Bildungsinvestitionen geführt habe (nach dem Motto, es bringe ja doch nichts). Und ich bin mir ziemlich sicher, dass Lynn kaum so viel “Zustimmung” hier gefunden hätte, wenn er nicht diesmal populär gegen Religiöse argumentiert hätte.

    Über Intelligenzforschung, Pädagogik usw. kann und soll man arbeiten und diskutieren – Du bist ja ein sehr gutes Beispiel dafür. Aber ich bewundere Deine Geduld, mit der Du vorschnelle Korrelationen aufzuklären und ethische Reflektionen auch in manche Blogdiskussion einzubringen versuchst. Danke, dass Du Dir die Zeit hierfür genommen hast!

  81. @ Stefan

    Danke für Ihren Beitrag – dem ich nur zustimmen kann! Und inzwischen leugnet ja auch Lynn nicht mehr, dass steigender Wohlstand (und also bessere Versorgung, Förderung, gezielte Schulung inkl. Intelligenz-Training) die IQ-Werte in wohlhabenden Gesellschaften hat klettern lassen. Dass Kinder von Akademikern häufiger wiederum Akademiker werden, hängt also sicherlich auch damit zusammen, dass diese ihnen ein optimales Umfeld und ggf. entsprechende Erwartungen anzubieten haben. Deswegen habe ich gröbste Schwierigkeiten damit, IQ-Werte aus den Villenorten Londons mit den Armenvierteln Kairos in einen Topf zu werfen und daraus Aussagen über “die Araber” oder “die Religiösen” abzuleiten.

    Darf ich, als Nicht-Intelligenzforscher, eine kleine Anekdote einbringen. Vor einigen Jahren kam ich von einem Uni-Seminar, an dem auf höchstem Niveau über christlich-islamische Beziehungen, ihre Schwierigkeiten und Chancen debattiert wurde. Ich trank am Nachmittag also Kaffee bei einem einfachen schwäbischen Paar, das früher in der Landwirtschaft gearbeitet und neben der eigenen Tochter auch ein türkisches Nachbarskind, dessen Eltern schichten mussten, bei sich aufgenommen und aufgezogen hatte. Ich fragte die ältere Dame, die nie eine höhere Schule besucht hatte und das heutige Fernsehen oft zu schnell findet, ob es denn keine Schwierigkeiten gegeben habe. “Ach ja”, sagte sie, “da haben ein paar Nachbarn gefragt, was denn das Türkenkind bei mir soll. Und da habe ich denen einfach gesagt: Die einen betet so und die anderen so – aber es ist nur ein Vater im Himmel! Und dann war Ruhe.”

    Die versammelte, durch Titel unterstrichene “Kompetenz” unseres Seminars schien (und scheint!) mir in der Antwort dieser Frau überboten. Und wo immer Leute seitdem meinen, Intelligenz zum Bewertungsmaßstab von Menschen machen zu können, muss ich an diese einfache Frau denken. M.E. sähe die Welt wohl besser aus, wenn es ein paar mehr Menschen gebe, die so “einfach” denken wie sie…

    PS: Das türkische Mädchen hat durch das Aufwachsen in einer deutschen Familie übrigens als erste Frau ihrer Familie Abitur machen und Cousins und Cousinen damit anfeuern können. Und zwar ganz ohne Gentransplantation…

  82. @ Michael Blume

    Doch, bitte antworte. Aber bitte sachlich, nachdem ich meine Kritik noch mal sachlich und an den Daten dargestellt habe.
    Die ganzen Andeutung über “Leute”, die sich angeblich für Lynn verwenden, weil sie das Paper tatsächlich gelesen haben, muss ich wirklich nicht aufzuschlüsseln versuchen.

    Jetzt sollen Dawkins Meme also nur noch ein Detail, eine symbolische Metapher gewesen sein

    “The central question for meme theory is wether there are units of cultural imitation which behave as true replicators, like genes. I am not saying that memes necessarily are close analogues of genes, only that the more like genes they are, the better will meme theory work; and the purpose of this section is to ask whether meme theory might work for the special case of religion.”

    Hervorhebungen im Original! Und ich kann gerne auch noch mal “behave”, “analogues” und “might work” hervorheben.
    The truth shall set you free…

    Freue mich auf Deine Antwort,
    k.

  83. @ Kamenin

    Super, bist noch da! Aaalso, dann antworte ich mal gerne! Aber vielleicht ist es leserfreundlicher, es in drei Abschnitten zu tun: Lynns Daten, Fundamentalismus & Co., empirische Religionswissenschaft.

    Zu 1. Selbstverständlich habe ich Lynns Paper gelesen! Und abgesehen von der dünnen Daten- und vor allem Definitionsbasis, die Du mir nie durchgehen lassen würdest, zeigt ja gerade sein rätselhafter USA-Schluss vor allem eines: Auch Lynn räumt ein, dass europäische Katholiken und religiöse Zuwanderer durchaus religiös UND intelligent sein und diese Eigenschaften auch genetisch vererben können.

    Ich habe also kein Problem mit Lynns Daten, sonderm mit seiner simplifizierenden Korrelation. Denn Säkularisierung hat eine zeitliche Dimension, ebenso wie die Religionsdemografie, die die Gleichzeitigkeit von hoher IQ und Religiosität in den USA weit besser erklärt als die ominösen intelligent-religiösen Zuwanderer allein.

    Dass andere Leute sehr viel ernstere Zweifel an Lynns Datensätzen anmelden findest Du z.B. hier:
    http://foreigndispatches.typepad.com/…nn_fe.html

    Aber nur zur Kenntnisnahme, ich mache mir diese Absätze mangels verifizierbarer Quellen nicht zu eigen, mahne jedoch zu einer gewissen Vorsicht.

    Und bevor Du Dich weiterhin für Lynn verwenden und seine eugenischen Bücher zu Privatmeinungen verniedlichen willst, magst Du vielleicht ja mal diese Rezension hier lesen?
    http://www.eugenics.net/papers/lynnrev.html

    Dass Du bisher nur ein Paper von ihm gelesen hast und ihn dennoch empathisch verteidigst, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Aber es hat vielleicht mit dem zweiten Thema zu tun…

  84. @ Kamenin: Fundis und Weihnachtsmann

    Lieber @Kamenin,

    gerne schreibe ich es nochmal: Ich halte Dich nicht für einen Fundamentalisten. Aber ich stelle nüchtern fest, dass Du in emotionalen Diskussionen Argumente verwendest, wie es sonst Fundamentalisten tun.

    Ebenso würde ich Dich nicht als Obskuranten oder Leugner bezeichnen. Aber Du hast diese just Bezeichnungen letzten Montag in einer “Rezension” eines Artikels von Stephan Schleim verwendet – eines Wissenschaftsphilosophen, den ich persönlich kenne, von dem ich mehr als einen Artikel gelesen habe und den ich und noch sehr viel klügere Leute als ich sehr schätzen. Und ich habe Dich, durch so viel Lächelmännchen wie möglich aufgelockert, darauf aufmerksam gemacht, dass Du just die Argumentationsfiguren verwendest, die Du Stephan on deftigen Worten vorwirfst.

    An dieser Stelle gilt es zu entscheiden: Wollen wir beide hier Alphamännchen spielen und blöd herumbrüllen? Mir ist die Zeit zu schade, ich würde lieber mit Dir gemeinsam nachdenken und forschen.

    Ein schönes Beispiel ist Deine Gleichsetzung vom Glauben an den Weihnachtsmann und dem Glauben an Gott.

    Es ist empirisch völlig klar, dass diese unterschiedliche Auswirkungen haben: so verlieren praktisch alle Akademiker den Glauben an den Weihnachtsmann, viele aber nicht an Gott. Und nur der letztere korreliert stark mit Reproduktionserfolg, dem darwinschen Fitnessindikator. Gerade also wenn empirische Aussagen für Dich entscheidend sind, dann müsstest Du schlicht anerkennen: Okay, hier gibt es offensichtlich einen Unterschied, den wir noch zu beschreiben haben. Wenn Du selbst jetzt aber den metaphysischen Rückzieher machst und die empirischen Daten für vornherein und ewig für irrelevant erklärst, dann führst Du Deine eigene Argumentation ad absurdum. Der Glauben an den Weihnachtsmann ist nicht gleich dem Glauben an Gott, weil sie sich völlig unterschiedlich auswirken.

    Und ich bin da auch in der Begrifflichkeit durchaus noch auf der Suche und also für konstruktive Beiträge sehr offen. Denn aus den Diskussionen gerade auch mit Andersdenkenden hier und andernorts habe ich viel gelernt. Und ich halte Dich für klug und gehe durchaus davon aus, dass Dein IQ höher sein dürfte als meiner. 😉

    Vielleicht magst Du also einfach noch einmal überlegen, ob es Dir und uns allen wirklich viel bringt, Stephan Schleim für seine nach Deiner Auffasung inferiore Wissenschaftsphilosophie abzukanzeln, mir zu erklären, wie man Religionswissenschaft betreibt und Bernulf Kanitscheider ausrichten zu lassen, er solle Dir mal seine Kosmologie erklären?

    Ich würde sagen: Stephan Schleim könnte einer der Leute sein, mit denen wir nachdenken können, wie je eine falsifizierte und eine nicht-falsifizierbare Glaubensannahme zu benennen wäre, die nachweislich zum Reproduktionserfolg beiträgt. Mit Kanitscheider kann ich mich empirisch gut zoffen (siehe der Vortrag), aber gleichzeitig achte ich ihn als einen der interessantesten Denker des Naturalismus. Und vielleicht bin ja sogar ich, nachdem ich das Thema Religion – Reproduktion jetzt seit ein paar Jahren erforsche und vor Dutzenden Fachtagungen und Gremien verschiedenster Fächer vertreten habe, ja auch nicht nur ein Depp, sondern ein Gesprächspartner?

    Vielleicht ist es ja gar nicht das Wichtigste, immer als Sieger vom Blogplatz zu gehen, sondern wirklich etwas dazugelernt zu haben? Und auch mal über sich selbst lachen zu können? Das schützt vor Fundamentalismus und Selbstüberschätzung und hilft uns, das Interessante auch im je Anderen und Andersdenkenden zu entdecken…

  85. @ Kamenin: Große und kleine Zahlen

    Lieber Kamenin,

    zum Schluss möchte ich auf Deine Vorwürfe bezüglich “selektiver Datenauswahl” oder “niedriger N” eingehen, die Du nach dem ersten Testosteronrausch ja auch schon selbst wieder ein bissle relativiert hast.

    In der Religionssoziologie erforschen wir Menschen, was u.a. bedeutet, dass wir sehr präzise Fragestellungen an möglichst genau umschriebene Samples richten sollen. Und im Gegensatz z.B. zur Physik haben wir es stets mit historisch einmaligen Settings zu tun, können also z.B. Experimente nicht unter völlig gleichen Bedingungen wiederholen. Umso sorgfältiger und multiperspektivischer müssen wir nicht nur forschen, sondern auch argumentieren.

    So haben wir in der ALLBUS-Auswertung bewusst (!) nur eine Zehn-Jahres-Generation gewählt und damit ein N von knapp 700 akzeptiert. Warum? Weil das gesamte N bedeutet hätte, alte und junge Menschen in einen Topf zu werfen und es wäre möglich, ggf. sogar wahrscheinlich gewesen, das ältere Menschen SOWOHL religiöser wie auch kinderreicher gewesen wären. Dann aber hätten wir ggf. einen Religion-Demografie-Faktor auf Basis einer dritten Variable (Alter) gemessen – und das wollten wir ausschließen.

    Gerade auch bei der Schweizer Volkszählung kannst Du das Problem großer N bei Humanforschungen erkennen, wenn Du einen Moment drüber nachdenkst. So hast Du mir den Vorwurf gemacht, die Verknüpfung Bildung – Religion – Reproduktion nur an den kleinen, jüdischen und christlichen Gemeinschaften belegt zu haben.

    Aber Fakt ist z.B.: Die Großgruppe Katholiken ist extrem disparat und umfasst sowohl den Landfrauenverband wie die katholische Hochschulgruppe, die Unternehmerdynastie wie die italienische Zuwanderergemeinde usw. Wenn wir also überhaupt irgendwelche sinnvollen Aussagen über die Potentiale religiöser oder weltanschaulicher Aussagen machen wollen, müssen wir abgrenzbare Fälle studieren: z.B. jüdische Gemeinden, Amische etc. Das ist keine willkürliche Datenselektion, sondern gälte auch anders herum: Wenn Du mir weltweit eine einzige, säkulare Gemeinschaft mit entsprechendem Reproduktionserfolg gegenüber ihren religiösen Nachbarn aufweisen könntest, wäre dieser Fall von allerhöchster Relevanz, selbst wenn er nur 100 Köpfe und drei Generationen umfassen würde.

    Entsprechend haben z.B. auch Newman & Hugo geforscht. Es war goldrichtig, dass sie zur Klärung des Bildung – Reproduktion – Zusammenhangs nur die Stadt Adelaide einbezogen haben. Denn wenn Du Daten aus Land und Stadt vermischt, kriegst Du zwar höhere N, verlierst aber an Aussagekraft: Zum Studieren ziehen Menschen aus den Dörfern weg, in Städten gibt es andere Individualisierungs- und Gemeindeformen etc. Wer da nicht aufpasst, mittelt sich die relevanten Erkenntnisse raus.

    Wie kann also Humanwissenschaft seriös arbeiten? Sie sollte nach Möglichkeit die Beschränktheit jedes Einzelbefundes anerkennen und daher nach Möglichkeit in Diskussionen Studien aus verschiedenen, unabhängigen Perspektiven einbringen. Genau das versuche ich in diesem Blog, wobei ich finde, dass die Texte, Grafiken und erst Recht Kommentarspalten eher schon zu umfangreich für das Medium werden.

    Noch einmal: Ich schätze Dich sehr und finde die Diskussionen mit Dir immer wieder bereichernd. Aber es hilft dem interdisziplinären Dialog sehr, wenn man auch als Physiker den Kollegen anderer Disziplinen (z.B. Philosophen oder Religionswissenschaftlern) auch zunächst einmal zugesteht, dass sie etwas von ihrem eigenen Fach verstehen.

    Hochachtungsvoll

    Michael

  86. @ Kamenin: Sachliche Frage

    Lieber Kamenin,

    und damit also wieder die Chance besteht, über ggf. interessante Inhalte zu diskutieren, meine ganz konkrete Frage: Stimmst Du Lynns These zu, dass sowohl die Merkmale der Intelligenz wie Religiosität auch genetisch veranlagt sind?

    Mit herzlichen Grüßen

    Michael

  87. Bildungseliten, Lynn und Flaschenhals

    Ich hatte Lynn nicht verteidigt, sondern gesagt, daß ich ihn für unbedeutend halte (was sich ja durch Nachlesen leicht überprüfen läßt). Daß Lynn in gewissen Zirkeln der deutschen Bildungseliten (wie immer man diese definiert) populär sein soll, halte ich für eine abwegige Behauptung. (Ich hatte den Namen noch nie gehört und habe auch jetzt, außer der kurzen Heise-Notiz, in der deutschsprachigen Presse nichts gefunden.)

    Viel interessanter finde ich aber die schon früh von Kamenin und indirekt später auch von mir gestellte Frage nach dem letzten Absatz, nämlich wer genau ihrer Meinung nach die Bildungseliten sind, die (in DIESER Kombination) Frauen, Schwarze und Religiöse für dumm halten, selbst aber am Flaschenhals aus Wohlstand, Freiheit und Individualisierung scheitern. Da in diesem Blog ja immer sehr wissenschaftlich argumentiert wird, nehme ich an, daß es auch dazu empirische Daten gibt. Interessant fände ich bei einer solchen Studie (falls es sie gibt) auch noch eine Aufschlüsselung nach Parteipräferenz, IQ und Kinderzahl (ehelich und unehelich). Das wäre eigentlich noch viel spannender als die Geschichte mit dem Stromausfall.

    (Eine andere Frage, die man in dem Zusammenhang noch stellen könnte, ist die, ob ein Wissenschaftsblog der richtige Ort ist, um parteipolitische oder weltanschauliche Auseinandersetzungen zu führen. Aber das führt jetzt vielleicht zu weit weg.)

  88. @ MB: zu Schleim und Fundies

    Als erstes habe ich noch mal die drei Artikel über Stephan Schleims Telepolis-Artikel gelesen, die ich selbst geschrieben habe — weil ich nicht glauben konnte, Stephan Schleim einen Obskurantisten und Leugner genannt zu haben. Und ich find’s beim besten Willen nicht. Zeig mir bitte die Stelle, dann werde ich das richtig stellen! Ansonsten würde ich es sehr eindringlich begrüßen, wenn Du es richtig stellen würdest, weil ich den Vorwurf, so gegen einen eurer Blogger zu polemisieren ebenfalls ehrenrührig finde (zumal ich übermorgen mit eurem Chef ein Podium teile).

    Die betreffenden Artikel erschienen übrigens Donnerstag und Freitag, der Artikel Montag hatte mit Schleim nicht das geringste zu tun, außer das sein Name in der Einleitung fiel:
    “Was ist Wissenschaftsgläubigkeit überhaupt und wie verbreitet ist sie? Die Frage kam kürzlich erst auf in dieser Auseinandersetzung mit einem vorgeblich wissenschaftsphilosophischen Text von Stephan Schleim.”
    Das war die thematische Verknüpfung (mit Link auf meinen vorhergehenden Eintrag, nicht zu Stephan Schleim) zweier Artikelserien zu Thema Wissenschaftsphilosophie, weil ich in der zweiten einen Aspekt der ersten näher beleuchten wollte (und die Frage kam tatsächlich auf, im Kommentarteil, wo meine Beiträge ebenfalls kritisch beleuchtet werden und wo ich Stephan Schleim ausdrücklich in Schutz genommen habe, weil ich nicht über die Person, sondern über den Artikel reden wollte).
    Direkt nach der Einleitung führe ich über in eine allgemeine Betrachtung des Begriffs Wissenschaftsgläubigkeit und des wissenschaftliches Erkenntnismodells sowie die Probleme so genannter Wissenschaftskritik, die nicht an den Zahlen arbeitet. Außer Dir hat meines besten Wissens nach den Artikel keiner als bezugnehmend oder gar als persönlichen Angriff auf Stephan Schleim verstanden.

    Da erwarte ich jetzt allerdings etwas mehr als ein “Du sagst so, ich sag so” — entweder Du zeigst mir die Stelle oder Du ziehst diese Anschuldigungen zurück.

    Was Kanitscheider angeht, kann es sein, dass Du da Deinen Humor gerade abgegeben hast? Das war durchaus ernstgemeint, als ich mich einen Fan und Leser genannt habe, und vielleicht wär Dir auch aufgegangen, was ich mit seiner Kosmologie meinte: weil mir das Buch nämlich etwas zu hoch war.

    Wenn Du selbst jetzt aber den metaphysischen Rückzieher machst und die empirischen Daten für vornherein und ewig für irrelevant erklärst, dann führst Du Deine eigene Argumentation ad absurdum.

    Bitte, Michael, zeig mir doch, wo ich das getan habe. An welcher Stelle habe ich Deine empirischen Daten für irrelevant erklärt? Diese ganzen Andeutungen und in der Luft stehenden Behauptungen, wie soll ich mich gegen die verteidigen, auch wenn ich noch so oft schreibe, dass die Kinderzahl den Daten nach höher ist?
    Trennst Du noch zwischen Deinen Daten, etwa den Reproduktionszahlen, und Deinen eben wissenschaftlich noch nicht belegten Interpretationen, wie sich das evolutionär ausgewirkt hat (das evolutionäre Modell ist einfach noch nicht erarbeitet) oder wie das angeblich die IQ-Korrelation verändert? Es ist doch nicht obskurantistisch darauf hinzuweisen, dass letzteres durch keine belastbare Statistik gedeckt ist und das Modell die eigentliche Frage nicht beantworten kann.

    Außerdem ist es absurd, mir hier anzudichten, ich würde Dich als Depp und nicht als Gesprächspartner ansehen und kein Interesse an Deiner Forschung zeigen. Was mache ich denn bitte schön hier?
    Vielleicht musst Du auch mal lernen, nicht jeden Einwand gegen Deine Interpretationen als persönlichen Angriff auf Dich zu sehen.

  89. @ MB: Lynn und Korrelation

    Und abgesehen von der dünnen Daten- und vor allem Definitionsbasis, die Du mir nie durchgehen lassen würdest,

    Ich bin doch etwas erstaunt. Lynn bezieht sich auf ein Review, das alleine 43 Veröffentlichungen zusammenfasst, fügt weitere etwa 15 übereinstimmende hinzu, die die Korrelation unter anderen Rahmenbedingungen belegen sollen, und das alles, bevor er auf die hier ins Zentrum gerückten internationalen Daten kommt. Bist Du sicher, dass Du mit der Datenbasis auch so skeptisch umgehst bei Studien, die schön in Dein Bild passen oder Religion positiv erscheinen lassen?

    Auch Lynn räumt ein, dass europäische Katholiken und religiöse Zuwanderer durchaus religiös UND intelligent sein und diese Eigenschaften auch genetisch vererben können.

    Natürlich, Michael, warum auch nicht? Weil es eben eine Korrelation ist, keine 1:1-Kausalität, darum schließt sich das überhaupt nicht aus.

    Ich habe also kein Problem mit Lynns Daten, sonderm mit seiner simplifizierenden Korrelation.

    Die ganze Veröffentlichung ist doch nur eine Darstellung der Korrelation, also des reinen statistischen Phänomens. Du magst es ja als Mangel sehen, dass er praktisch völlig auf eine sozioökonomische Deutung verzichtet — aber gleiches tust Du, wenn Du z.B. die USA-Daten einseitig als Beleg für Deine These heranziehst und die sozioökonomischen Unterschiede (vergleichbar mangelhafte Sozialsystem, größere Existenzunsicherheit) dabei unter den Tisch fallen lässt.

    Dass Du bisher nur ein Paper von ihm gelesen hast und ihn dennoch empathisch verteidigst, kann ich nicht ganz nachvollziehen.

    Ich habe nicht Lynn verteidigt, schon gar nicht emphatisch, sondern die Datenlage. Verstehst Du nicht, dass Deine Daten auch nichts von ihrer Gültigkeit verlieren, selbst wenn Du in Deiner Freizeit kleine Kinder äßest? Wissenschaftlich gesehen wäre das Dein Privatvergnügen. Auch das Ziehen falscher politischer Schlüsse aus richtigen Daten gehört dazu.

    Stimmst Du Lynns These zu, dass sowohl die Merkmale der Intelligenz wie Religiosität auch genetisch veranlagt sind?

    Sowohl zur Intelligenz als auch zur Religiosität gibt es genetische Muster, die jeweils förderlich wirken. Ich würde beide Begriffe nicht auf dieselbe Stufe stellen, weil wir bei Intelligenz durchaus mehr von der physischen Grundlage verstehen (als Basis, nicht als komplexe Ausformung IQ) und auch ein einfacheres Evolutionsmodell vor uns haben (individuelle Überlebensvorteile in vorgeschichtlicher Zeit) aber grundsätzlich sicher.

  90. @ MB: Auswertung und Selektivität

    Umso sorgfältiger und multiperspektivischer müssen wir nicht nur forschen, sondern auch argumentieren.

    Das ist es eben. Meine Kritik war nicht, dass ALLBUS nur 700 Leute umfasst. Man kann daraus wissenschaftliche Ableitungen treffen. Aber das erfordert eine seriös-wissenschaftliche, statistische Auseinandersetzung mit den Daten. Es geht nicht, die 1:1 in eine Excel-Tabelle zu überführen und das als gegeben zu betrachten. Du kannst doch nicht ernsthaft basierend auf 2 Personen eine Aussage treffen: 15,4% der Schulabbrecher sind sehr religiös. Und dann jede Schwankung in den Daten als Wellenbewegung deuten.

    Noch kannst Du aus ALLBUS ablesen, dass irgendetwas anderes als die von Lynn beschriebene Korrelation gilt. Das wird schon fast offensichtlich, wenn Du den vollkommen unwissenschaftlichen ersten Balken herauslässt, und Deine Deutung hier im Blog fällt schon damit praktisch zusammen.

    Aber Fakt ist z.B.: Die Großgruppe Katholiken ist extrem disparat und umfasst sowohl den Landfrauenverband wie die katholische Hochschulgruppe, die Unternehmerdynastie wie die italienische Zuwanderergemeinde usw.

    Das eben gilt für die Gruppe der Nichtgläubigen ganz genauso. Wenn Du die eine Gruppe dann in Untergruppen aufspaltest und nach Extremen suchst, die andere aber nicht, vergleichst Du Äpfel mit Birnen.
    Es geht auch nicht darum, dass jüdische Gemeinden nicht interessant wären. Die Selektivität besteht darin, dass Du Dir das passendste Beispiel heraussuchst und oben explizit als Trend darstellst, ohne dafür Belege zu haben.
    Es sei denn, Du betrachtest das behauptete Modell als Beleg für den Trend und den in die Daten behaupteten Trend als Beleg für das Modell.

    Noch einmal: Ich schätze Dich sehr und finde die Diskussionen mit Dir immer wieder bereichernd. Aber es hilft dem interdisziplinären Dialog sehr, wenn man auch als Physiker den Kollegen anderer Disziplinen (z.B. Philosophen oder Religionswissenschaftlern) auch zunächst einmal zugesteht, dass sie etwas von ihrem eigenen Fach verstehen.

    Unabhängig von aller (gegenseitigen!) Wertschätzung: die saubere Analyse und Verarbeitung von Daten ist fächerübergreifend, es gibt keinen religionswissenschaftlichen Sonderweg, was man wie aus Daten folgern kann unter Beibehaltung wissenschaftlicher Standards. Darum stelle ich auch nicht Deine Kenntnisse in der Religionswissenschaft damit in Frage. Ich sage Dir nur sehr deutlich (und vorher sehr detailliert), wo ich Deine Datenanalyse und insbesondere Deine Interpretation für ungenügend halte, und dass Du mit einer echten Analyse Deine Schlüsse oben zurücknehmen müsstest.

    Das ist weder ein persönlicher Angriff, noch ein Obskurantismus, noch will ich damit sagen, dass man mit ALLBUS keine Wissenschaft treiben kann. Aber es gibt auch keine Sonderregeln für Religionswissenschaftler oder nette Leute und Blogger.

  91. Hitze des Gefechts

    In der ´Hitze des Gefechts´ bei den Blogbeiträgen wird sehr stark die Frage vernachlässigt: was Intelligenz überhaupt ist – und ob sie überhaupt messbar ist.
    Als wir 1975 im Psychologie-Unterricht die Intelligenztests durchnahmen (siehe mein Blog-Beitrag ganz am Anfang) kamen wir zu dem Ergebnis, dass Ergebnisse von Intelligenztests sehr stark vom Sprachverständnis (für die Fragen) und vom kulturellen Hintergrundwissen abhängen. D.h. es wird nicht wirklich Intelligenz getestet; sondern nur, wie stark die Testperson mit dem kulturellen Verständnis der Personengruppe übereinstimmt, welche den Intelligenztest formuliert hat.
    Für unseren Unterricht war damit das Thema `Intelligenztests´ erledigt.

    Ich denke, dass man Intelligenz, Religiosität und Kinderzahl verschiedener religiöser Gruppen nicht miteinander korrelieren kann; wenn man sachlich argumentieren will – denn es gibt viele andere und wichtigere Einflussgrößen für die Reproduktionsrate.
    Z.B. Gibt es bei uns in Deutschland ein sehr gut ausgebautes Sozialsystem. D.h. wir werden im Alter gut versorgt sein, wenn wir regelmäßig ausreichend in Rentenkasse oder private Rentenversicherungen einbezahlen.
    In vielen islamischen Ländern gibt es keine staatliche/private Rentenvorsorge – d.h. die Menschen müssen über eigene Nachkommen dafür sorgen, dass sie im Alter überleben können.
    => solche Gedanken gehen hier leider überhaupt nicht in die Diskussion ein.
    Dabei ist es vollkommen klar: In Ländern ohne Sozialsysteme ist diejenige Personengruppe intelligenter, welche über eine ausreichende Anzahl von Nachkommen ihr eigenes Überleben sichert.

  92. Ist die Katze aus dem Haus,

    tanzen die Mäuse auf dem Tisch.

    @ Richard: Mir ist schon klar, daß man diese Zusammenhänge durchaus sachlich analysieren kann und daß Lynns Arbeiten (soweit ich als Laie dazu etwas sagen kann) trotz sicher korrekter Zahlen in der eigentlichen Analyse recht oberflächlich erscheinen. Mir ging es ja auch nicht darum, Lynn zu verteidigen, sondern zu kritisieren, daß es in diesem Blog wohl eher um platte Propaganda als um komplexe Analysen geht.

    Einen letzten Vorschlag für eine Meinungsumfrage/Studie habe ich noch, damit soll es dann aber auch gut sein.

    Um das Ergebnis nicht zu verzerren, sollte sich diese Meinungsumfrage nur an Mitglieder der großen Kirchen richten.

    Frage: Daß die Stuttgarter Staatskanzlei unter dem Deckmantel wissenschaftlichen Bloggens politische Überzeugungsarbeit betreibt:
    a) finde ich gut
    b) finde ich schlecht
    c) ist mir egal.

    Im Gegensatz zu den bisher vorgeschlagenen Umfragen bin ich mir diesmal über das Ergebnis durchaus im Unklaren. Es scheint mir völlig offen, ob die Mehrheit der Kirchenmitglieder für b) oder c) stimmt.

    Wie gesagt, das ist mein letzter Beitrag. Mehr fällt mir nicht mehr ein.

  93. @ Art der Diskussion

    Danke, Michael, für das Lob.

    Ja es braucht viel Geduld, wenn nicht – wie ich es sonst von meinen Studien her kenne – sachlich und wertschätzend argumentiert wird. So hat mich die Art und Weise, wie Sven Keßen als Physiker, den Geisteswissenschaftler Stephan Schleim und Dich angeht, sehr gestört.

    Und ich bin nicht die Einzige, welche sich hier nach mehr Sachlichkeit und wertschätzender Kritik sehnt. Geisteswissenschaftler sind sich Ihrer wissenschaftlichen Begrenzungen sehr wohl bewusst, viele Naturwissenschaftler auch, aber scheinbar gibt es Ausnahmen….

    Gute Wissenschaft kann m.E. nur mit dem Gedanken im Hintergrund entstehen, indem wir uns bewusst sind, dass wir nur einen kleinen “Ausschnitt” des verfügbaren Wissens kennen. Wer die Möglichkeit eines guten geisteswissenschaftlichen Studiums hatte, lernt bzw. muss daher auch lernen mit anderen Ansichten “tolerant” umzugehen. Was bleibt ist dann eine Diskussion an der Sache und nicht an der Person. Denn ansonsten landet man bei der Schopenhauerschen eristischen Dialektik und der Kunst um jeden Preis “Recht” zu haben, wobei dieses “Recht” haben dann ja nur auf der kommunikativen Ebene stattfinden kann….

    Irgendwie erinnert mich das dann an Fussballspiele wie z.B. Deutschland – Österreich, was für mich wirklich nicht schön anzusehen war…..

    Außerdem sehe ich es nicht als unsere Aufgabe an, im Rahmen einer Blogkommentarfunktion eine Privatvorlesung zu halten. Irgendwann sind ständige “ja-abers” ziemlich anstrengend und führen in der Sache selbst kaum weiter…..deshalb hatte ich meine Kommentare auch abgebrochen……..

  94. @ Kamenin

    Lieber Kamenin,

    schade, wieder waren nur die anderen Schuld und viel zu hart. Nach einem Mehrfach-Verriß von Stephans Schleim Artikel beginnt Dein Montagsbeitrag so:

    “Was ist Wissenschaftsgläubigkeit überhaupt und wie verbreitet ist sie? Die Frage kam kürzlich erst auf in dieser Auseinandersetzung mit einem vorgeblich wissenschaftsphilosophischen Text von Stephan Schleim.”

    Man beachte: Vorgeblich wissenschaftsphilosophischen Text! Wie würdest Du es finden, wenn ein Nichtphysiker eine Arbeit von Dir als vorgeblich physikalisch titulieren würde?

    Und nach Deiner Beweisführung, die auf strenge Empirie abstellt, heißt es dann zum krönenden Abschluss:

    “Wer das nicht versteht, ist, so unfair es scheint, weder Wissenschaftsphilosoph noch Skeptiker. Er ist Obskurantist, Möchtegerntheoretiker oder gleich Leugner. Er mag auch öffentlich durchaus Eindruck machen, weil in der Berichterstattung über Wissenschaft fast nie Zahlen vorkommen oder erwähnt werden. Zur wissenschaftlichen Diskussion trägt er nichts bei.”

    Kannst Du mir (und anderen Lesern) wirklich verdenken, wenn sich das (inkl. der Geschlechts- und Berufsbezeichnung) sehr deutlich auf eine Person bezogen liest? Und Deinen Zorn habe ich schlicht damit erweckt, dass ich Deine eigenen Passagen auf Deine Argumentation hier angewandt habe. Meine Humormännlein, alle Angebote zur Auflockerung – verpufft. Denn irren tun sich ja immer nur die anderen…

    Also erklärst Du als Physiker eben dem Stephan, wie richtige Wissenschaftsphilosophie funktioniert und mir, dass Religionswissenschaft “keine Sonderrechte” verdient – als ob ich die je gefordert hätte.

    Den Respekt, den ich Dir persönlich und Deinem Fach gegenüber erbringe, sehe ich nicht erwidert. Und, sorry, so funktioniert interdisziplinärer Dialog nicht!

    Stephan Schleim, Monika Armand, ich usw. – wir mögen alle, welche Fächer wir auch vertreten, aus Deiner Perspektive “Schuld” sein. Ich kann dazu nur schreiben, dass ich gerade erst wieder am Wochenende eine tolle Tagung erleben durften, in der Evolutionsbiologen, Theologen (darunter ein Fundamentaltheologe aus dem Ratzinger-Schülerkreis), Philosophen (und zwar eine Theistin und ein Atheist) und ich als Religionswissenschaftler auf Augenhöhe intensiv, konträr und fair diskutieren und arbeiten konnten – weil der gegenseitige Respekt da war.

    Aber vielleicht liegt es auch an der Kommunikationsform des Blogs, dass Äußerungen schärfer rüberkommen. So hatte ich Deine Äuerßung gegenüber Kanitscheider (“…soll mir seine Kosmologie mal erklären.”) tatsächlich als abwertend gelesen, während Du sie, wie Du schreibst, ernsthaft interessiert gemeint hast.

    Daher, Versöhnungsvorschlag: Lass uns ne kleine Denkpause einlegen und es dann in ein paar Tagen oder Wochen mit einer guten Diskussion noch einmal probieren.

    Herzliche Grüße, weiterhin hochachtungsvoll

    Michael

  95. @ Thilo

    Bewusst verzichte ich in meinen Blogs auf die Regel, dass leute nur mit Klarnamen posten dürfen – ich achte die Privatsphäre der Mitblogger, obgleich ich offen mit meinem Namen poste.

    Umgekehrt würde ich es sehr begrüßen, auch umgekehrt meine Tätigkeit als bloggender Wissenschaftler als solche zu achten. Ich habe lange geforscht, bevor ich meinen derzeitige Stelle angetreten habe – und wurde aufgrund dessen eingestellt. Mein Arbeitgeber wünscht und schätzt wissenschaftliche Mitarbeiter, die weiterhin auch den Kontakt zur Wissenschaft halten und das unabhängige Denken nicht aufhören. Das Forschen und Bloggen erledige ich dafür in meiner Freizeit.

    Dass ich mich als Demokrat verstehe und dafür eintrete, dass Wissenschaft sich auch selbst stets ethisch reflektiert, insbesondere wenn es um Befunde geht, die das Ansehen und Leben anderer beeinträchtigen können, halte ich nicht für eine Schande. Auch andere Blogger hier in den SciLogs treten z.B. für den Umwelt- oder Tierschutz, eine bessere Pädagogik oder libertäre Positionen ein. Wäre es nicht viel beunruhigender, wenn Wissenschaftler sich (wieder) auf die Position zurück zögen, sie seien in keiner Weise dafür verantwortlich, was mit ihren Befunden passiert bzw. auf der Welt geschieht?

    In diesem Sinne würde ich mich freuen, wenn Sie mir das gleiche Recht zugestehen wie ich Ihnen: frei zu Bloggen und zu Diskutieren, ohne persönlich zu werden.

    Mit freundlichen Grüßen

    Michael Blume

  96. @ Richard: Zustimmung

    Lieber Richard,

    ich kann Ihrem Text nur inhaltlich völlig zustimmen.

    Und selbstverständlich habe ich nie behauptet, dass Religiosität der einzige Faktor reproduktiven Verhaltens wäre – im Gegenteil. Jeder einzelne Beitrag befasst sich mit der Wechselwirkung von Religionszugehörigkeit beispielsweise zu Bildung, Geschlecht etc.

    Die Kernthese ist also nicht, dass Religiosität die einzige, sondern dass sie eine wechselwirkende Variable im reproduktiven Geschehen des Menschen darstellt. Dies halte ich inzwischen für empirisch auch erwiesen.

    Ausdrücklich danken möchte ich auch noch einmal für die Klarstellungen zur “Intelligenzforschung”. Aus den von Ihnen und Monika Armand genannten Gründen halte auch ich die Korrelation IQ – Religiosität schon an sich für sehr fraglich und habe mich daher in der Erörterung vor allem mit Bildungsfragen befasst. Immerhin hat die Diskussion m.E. vielleicht manche Erfahrung und Klärung wie auch manchen spannenden Gedanken (wie @Bastys These, dass Intelligenz mit kognitivem Minderheitenstatus korreliere) hervor gebracht. Dafür möchte ich allen Beteiligten hiermit danken.

  97. @ Thilo, Propaganda

    Ich habe nicht den Eindruck, das hier eine platte Propaganda betrieben wird.

    Es wurde hier ein Thema zur Diskussion vorgestellt – und es ist logisch, dass es dann dazu unterschiedliche Meinungen gibt. Aber ich finde es sehr interessant, eine gut fundierte Meinungsäußerung zu lesen (auch wenn ich eventuell damit nicht einverstanden bin) als irgendwelche nichtssagenden Statements.
    Ich finde, solche Beiträge erweitern den eigenen Horizont – und das ist ja ein Sinn von Blogs.

  98. Keine Angst,

    ich will hier kein weiteres Öl ins Feuer gießen.

    Ich weiß nicht, ob es diesen Unterschied zwischen Geistes- und Naturwissenschaftlern wirklich gibt.

    Es ist schon richtig, daß es unserereins nervös macht, wenn auf unterschiedliche Fragen immer dieselben Antworten kommen.
    Ich hatte doch sehr simple Fragen gestellt, die man ohne langes Nachdenken in wenigen Zeilen beantworten kann. (Etwa meine Frage von gestern nacht, wer denn nun im letzten Absatz gemeint war. Das hat vielleicht mit dem Thema wenig zu tun, ist aber für die Einordnung doch nicht unwesentlich.) Wenn Sie solche Fragen nicht beantworten wollen, müssen Sie das natürlich nicht tun. Aber wenn dann stattdessen zum x-ten Mal die geringe Aussagekraft von Korrelationen kommt, die ich nicht bestritten und nach der ich nicht gefragt hatte, wird man irgendwann ungeduldig. Ich weiß nicht, ob das nun ein Spezifikum von Naturwissenschaftlern ist.

    Beste Grüße

  99. @ Thilo

    Oh, ach so – dann hätte ich es wirklich deutlicher ausdrücken sollen.

    Bei den “bestimmten Zirkeln auch der deutschen “Bildungseliten”” hatte ich ganz konkret die erwähnte (und rein männliche) Studentenverbindung im Blick, die auf akademischem Niveau und mit Bezug auf Lynn den Arabern niedrige Intelligenz attestierte.

    Und der Flaschenhals ist ein evolutionsbiologischer Ausdruck, der einen Selektionsdruck beschreibt, durch den nur ein Teil der Population reproduktiv hindurch kommt. Hier beziehe ich mich ganz schlicht auf o.g. Grafik und Studie aus Australien, die darauf hinweist, dass der allgemeine Geburtenrückgang unter Gebildeten durch Religiosität teilweise ausgeglichen wird. Wir haben also nicht etwa (was eine frühe These Lynns wäre) ein generelles Abschmelzen intelligenter Populationen, sondern in den Bildungsschichten auch reproduktiv erfolgreichere Gruppen vor allem religiöser Art (siehe z.B. Schweizer Volkszählung).

    Übrigens hatte ich den Eindruck, dass die erwähnten, akademischen Lynn-Fans keinesfalls auf das Deutsche beschränkten, das Buch wurde mir in Englisch überreicht.

    Ihnen herzlichen Dank für das gute Mitdiskutieren und die originelle, wirklich gute Frage, die wie versprochen Thema des nächsten Blogbeitrags wird!

  100. Danke

    Ok, das ist eine klare Antwort. Da hatte ich dann wohl wirklich etwas mißverstanden.

    Bleibt zu hoffen, daß die erwähnte Studentenverbindung tatsächlich im Flaschenhals steckenbleibt.

    PS: freue ich schon auf den heavy traffic nach dem angekündigten Beitrag (den für meine Webseite meine ich).

  101. @ Thilo: 🙂

    Das Urheberrecht der genialen Frage steht Ihnen zu, also verlinke ich dann auch gerne zum Mathblog!

    Und habe diesen auch gerade in die Blogroll meiner PrivatePage übernommen.

    Danke auch fürs Nachbohren, ich tendiere manchmal dazu, die eigenen Formulierungen für klarer zu halten, als sie sind… 😉

  102. Weingarten

    Michael,

    in Weingarten diskutiertest Du (wie Du schreibst,) darüber

    “wie man eigentlich die klar falsifizierte, aber biologisch eben erfolgreiche Weltsicht der Amischen bezeichnen könnte”.

    Schöööön, davon zu hören!!! Und auch in diesen Deinen wunderbar klaren Worten.

    Ist die Antwort nicht sehr einfach? —>

    Eine von der kulturellen (wissenschaftlichen) Entwicklung der Menschheit überholte, aber früher reproduktiv sehr erfolgreiche Weltsicht.

    Eine Weltsicht zudem, die besonders bei Menschen, die sie so wörtlich nehmen wie nur immer möglich, die also SEHR konservativ sind, auch heute noch mit reproduktivem Erfolg einhergehen, also evolutiv angepaßt sind.

    Da das Wörtlichnehmen der Bibel noch deutlicher mit niedrigem IQ korreliert als Religiosität allgemein (siehe Blog von Razib Khan), handelt es sich zudem um eine Weltsicht, die heute in westlichen Gesellschaften insgesamt klar GEGEN höheren IQ selektiert, zumal sie auch heutigen Atheisten keine gute Alternative zu ihrem Atheismus anbietet, ja, sie besonders stark in ihre Anti-Haltung, in ihren Atheismus hineintreibt.

    Übrigens hat mich die jüngste Diskussion über die Anthroposophen auf Scienceblogs.de darüber belehrt, daß offenbar auch bei IHNEN noch stark unwissenschaftliche Elemente ihrer Religiosität zu ihrem überdurchschnittlichen reproduktiven Erfolg beitragen.

    Wir befinden uns auf dem Weg. Das 20. Jahrhundert war ein Jahrhundert des Übergangs.

    Wir Menschen sind “Freigelassene der Evolution”, müssen also selbst und in eigener Verantwortung nach jener Religiosität suchen, die mit den evolutiven Erfordernissen UNSERER Zeit übereinstimmt.

    Das ist exakt, was wir hier auf den Blogs nach meinem Verständnis tun und was alle, die gesellschaftlich über den Tellerrand der Tagespolitik hinausdenken, tun. Oder tun sollten.

  103. @ Ingo: Danke!

    Lieber Ingo,

    danke für Deine Ermutigung und den Formulierungsvorschlag!

    “Eine von der kulturellen (wissenschaftlichen) Entwicklung der Menschheit überholte, aber früher reproduktiv sehr erfolgreiche Weltsicht.”

    Woran ich aber auch hier noch grübeln würde:

    1. Der Clou ist ja, dass die Weltsicht nicht nur früher reproduktiv erfolgreich war, sondern immer noch ist.

    2. Es ist ja nicht nur eine Weltsicht, sondern eine aus Glaubenswahrheiten abgeleitete soziale Ordnung, die z.B. in einer Großstadt wohl nicht funktionieren würde.

    3. Erfolgreiche Gemeinschaften integrieren immer wieder neue Elemente in ihre Traditionen. Denken wir z.B. an die Gentests im orthodoxen Judentum (Dor Yeshorim) oder die Holzreifen-Traktoren der Amischen. Die Kunst scheint nicht in einer Ablehnung moderner Elemente zu bestehen, sondern in der erfolgreichen Auswahl und Integration.

    Prof. Kather, Prof. Kanitscheider und ich fanden übrigens auch noch keine gemeinsame Lösung, vereinbarten aber, darüber je nachzugrübeln und in Kontakt zu bleiben. Es könnte z.B. auch sein, dass unterschiedliche Begriffe Verwendung finden müßten: @Kamenin verwies ja zu Recht z.B. auf den Weihnachtsmann, der eben eine andere, empirisch sich unterschiedlich auswirkende Form der “Glaubenswahrheit” bezeichnet als z.B. Gott. Da ist m.E. noch viel Begriffsarbeit nötig, für die wir sicher auch die Philosophie brauchen.

    Herzliche Grüße

    Michael

  104. @ Michael

    schöööööön!

    Ich erweitere meine These:

    (in Anschluß an Jan Assmann)

    In der Antike kam etwas ganz Neues in die Weltgeschichte, die wissenschaftliche Unterscheidung zwischen Wahr und Falsch. Sie löste das vorherige, weltweit verbreitete mythologische Denken ab.

    PARALELL dazu entwickelte sich in Israel (und Nachbarregionen, Ägypten etc.) die “mosaische Unterscheidung zwischen Wahr und Falsch”.

    GEMEINSAM ist beiden Unterscheidungen eine “Unhintergehbarkeit”, es gibt – z.T. sehr scharfe – Grenzen der Interpretation dessen, was ausgesagt wird.

    Beim Mythos – etwa auch beim Weihnachstsmann – ist noch alles “deutbar”, alles metaphorisch etc. pp.. Also “schwammig”, “weich”.

    Die Stärke der mosaischen Unterscheidung wie auch unserer heutigen wissenschaftlichen (!) liegt darin, daß gesagt wird: So ist es. So und nicht anders.

  105. @ Michael

    “Erfolgreiche Gemeinschaften integrieren immer wieder neue Elemente “

    Das ist sehr richtig. Und deshalb stehen sich heute Atheismus und das Christentum der Großkirchen reproduktiv so nahe. Seit Jahrzehnten haben sie nichts wirklich NEUES in ihr Weltbild integriert.

    Bei den aschkenasichen Juden wird ein Sonderfall vorliegen, den es hier sicherlich höchst interessant sein könnte, genauer zu untersuchen. Dazu hat ja Kevin MacDonald eine ganze Menge geschrieben, wie SEHR auch atheistische aschkenasische Juden auf ihre “Stammesbezogenheit”, ihr “Stammesdenken”, ihren nationalen Zusammenhalt Wert legten. Dieser wird hier eine größere Rolle spielen, als man von vornherein annimmt.

    Ich glaube, sie haben schon seit Jahrhunderten so eine Art “Doppeldenk” etabliert wie es schon George Orwell formulierte, um die eigene ethnische Gruppierung, die beruflich sehr stark spezialisiert war (NICHT AGRARIRSCH, also an das Stadtleben seit Jahrhunderten angepaßt), innerhalb einer nichtjüdischen Mehrheitsgesellschaft erfolgreich aufrecht zu erhalten. Und sie sind wohl, was die Integration von Neuem betrifft, die Erfolgreichen schlechthin deshalb.

    Yoav Sapir zum Beispiel macht ja schon im Titel seines Blogs auf dieses jahrhunderte lang ausgesprägte Doppeldenken aufmerksam. Das scheint zugleich auf hohe Intelligenz zu selektieren – kulturelle wie sogar vielleicht genetisch.

  106. @ Michael

    “Erfolgreiche Gemeinschaften integrieren immer wieder neue Elemente “

    Die Amischen haben nichts wirklich Neues in ihr Weltbild integriert, sie haben nur – ebenso wie die Aschkenasim – sehr kluge Strategien der sozialen Abgrenzung von Mehrheitsgesellschaften entwickelt, (allerdings nicht, um in dieser Mehrheitsgesellschaft selbst Karriere zu machen).

  107. Tradition und Moderne

    “Die Kunst scheint nicht in einer Ablehnung moderner Elemente zu bestehen, sondern in der erfolgreichen Auswahl und Integration.”

    Auch seeeehr schön, der Satz.

    Er wird genauso auf die Auswahl von Traditionselementen zutreffen, die EBENSO wichtig sein dürfte. Und das könnte andererseits auch heißen, daß die Atheisten und die Namenschristen auch zum Teil viel zu VIEL an Traditionselementen über Bord geworfen haben.

    Fragt sich nur: welche.

    Die Amischen und die Hutterer lehnen im übrigen die ganze moderne Welt, ja die Welt schlechthin als abgrundhaft verworfen und sündig ab. Mit DIESER Welt haben sie sich auf geistig-moralischem Gebiet niemals arrangiert.

    Die zumeist trivialen, touristischen, wirtschaftlich-ökonomisch-technischen Anpassungen der Amischen spielen für ihr Glaubensleben so gut wie keine Rolle.

  108. Ach, Michael…

    …ich muss das gar nicht bewerten. Jeder kann selbst lesen, was ich zu Stephan Schleim geschrieben habe und sich damit auch ein Bild machen, ob er Deine Charakterisierung da wiederfindet:
    http://kamenin.wordpress.com/?s=schleim

    Die platte Psychologisierung (oder ist es Projektion?) muss ich auch nicht kommentieren. Du willst doch immer empirische Auseinandersetzung mit Deinen Daten, weil man ansonsten angeblich fundamentalistisch argumentiert. Jetzt kriegst Du sie, eine empirische Belegung gegen eine Deiner Deutungen, und beschwerst Dich, dass man Deine Reputation als Religionswissenschaftler damit in Frage stellt. Ob für einen interdisziplinären Dialog, in dem man immer nur nicken darf, Bedarf besteht, sehe ich nicht.
    Aber auch da sind meine Argumente hier für jedermann frei einsehbar und beurteilbar.

    Grüße aus Dieburg,
    k.

  109. Hallo Micha,

    was mir auch noch fehlt bzw. nicht deutlich herausgearbeitet ist, ist der Zusammenhang zwischen weltlicher Bildung und Intelligenztests. So bedingt erstere ein besseres Abschneiden im Letzteren was eben nicht unbedingt mit Intelligenz zu tun hat, sondern einfach damit, dass diese Test spezifisch auf Wissen aus dieser Bildung aufbauen.

    So hat dieses Wissen bzw. weltliche Bildung meistens keinen hohen Stellenwert unter Religiösen bzw. es existiert hier gar ein eigenes Bildungswesen welche gerade in der Hauptsache nicht dieses Wissen vermittelt. Dadurch sind dann Religiöse weniger gut auf solche Test vorbereitet und scheiden zwangsläufig schlechter ab.

    Soweit zumindest meine Theorie in Kenntnis von religiösem Bildungswesen und Intelligenztest. Eine wissenschaftliche Untersuchung dazu bleibe ich jetzt einmal schuldig.

    Gruss,
    jehuda

  110. @ Jehuda : ???

    Mit Verlaub, aber es ist nur eine (statistisch nicht ins Gewicht fallende) extreme Minderheit der Religiösen, die sich dem (wie Sie es nennen) weltlichen Bildungssystem verweigert. Die Prozentzahlen von Tests dürften durch diese Minderheit wohl kaum beeinflußt werden.

  111. @ Jehuda: Mehr als Zustimmung

    Lieber Jehuda,

    hast Du etwa gespürt, dass ich gestern an Dich gedacht habe? 😉 Freut mich immer wieder, mal wieder von Dir zu hören!

    Zum Punkt: Es ist sogar noch massiver – Menschen, die bereits an IQ-Tests teilgenommen haben, schneiden bei Folgetests tendenziell besser ab (Übungseffekt). Schon dies weist in der Tat auf starke Effekte von Bildung und Kultur hin.

    So attestiert Lynn – was Dich freuen wird 😉 – aschkenasischen Juden einen besonders hohen IQ, über dem europäischen Durchschnitt. Es gibt einen ganzen Zweig von Leuten, die daraus schließen, die Juden in Europa seien über Jahrhunderte einem starken Selektionsdruck unterlegen, den nur und vor allem die Klügsten reproduktiv erfolgreich (d.h. mit vielen Kindern) bestanden hätten.

    Klar, kann sein. Aber ich frage mich dann halt doch, ob es vor solchen Thesen nicht hilfreich wäre, einen Blick auf Tradition und Gemeindestrukturen zu werfen. Und das Judentum legt eben seit Jahrtausenden sehr hohen Wert auf Bildung, betrieb und betreibt Schulen, die lange vor und später anstatt bzw. ergänzend zu staatlichen Schulsystemen u.a. komplexe Inhalte, mehrere Sprachen u.v.m. vermittelten. Auch in der Schweizer Volkszählung standen die Juden ja weit an der Spitze beim Anteil akademischer Bildungsabschlüsse (und hatten dennoch übrigens fast doppelt soviel Kinder wie die Konfessionslosen).

    Ich schließe ja gar nicht aus, dass es in der Vergangenheit auch einen genetischen IQ-Effekt gehabt haben könnte – nur scheint mir die Annahme, dass das religiöse Bildungssystem und die Wertschätzung von Bildung generell eine enorme Rolle spielen dürfte, sehr viel naheliegender.

    Mich bestürzt, wie leichtfertig vermeintlich wissenschaftlich orientierte Leute hoch spekulative Daten als gegebene Wahrheiten anerkennen. M.E. ist noch eine Menge sehr sorgfältiger Forschung nötig – inkl. der Klärung, wie sinnhaft der Parameter “IQ” eigentlich in interkulturellen und interreligiösen Vergleichen ist. Die Kinderzahl ist dagegen wirklich einfacher zu bestimmen. 😉

    Herzlichen Dank für den Beitrag und liebe Grüße!

    Michael

    PS: Anfang September eröffnet hier in Stuttgart eine jüdische Grundschule, mehrsprachig und mit Ganztagsangebot. Wetten, dass auch die nichtjüdischen Schüler dort “IQ-mäßig” gewinnen?

  112. Falsche Vereinnahmung

    Nur um hier keinen falschen Zungenschlag hineinzubekommen: die Jüdische Grundschule Stuttgart hat erklärt:
    “Neben den Lehrern für die jüdischen Fächer werden wir pro Klasse jeweils eine/n hochqualifizierte/n Grundschullehrer/in für die wissenschaftlichen Fächer haben, die mit dem hiesigen Schulwesen vertraut sind und über entsprechende Unterrichtserfahrung verfügen.”
    Und Landesrabbiner Netanel Wurmser schreibt dazu: “Unsere Schüler werden in einer Hand mit dem Notebook und in der anderen Hand mit der Thora aufwachsen.”
    http://www.irgw.de/pdf/IRGW_Grundschule2.pdf
    Nach einem niedrigen Stellenwert weltlicher Bildung hört sich das für mich nicht an.

  113. Mönche

    …. die möglicherweise mit einem sehr niedrigen IQ (weil doch der Religion verschrieben) augestatteten Mönche des Mittelalters haben die Denkkultur des nördlichen Europa entscheidend beeinflusst – so auch den mathematischen Hintergrund für statistische / stochastische Betachtungen. Eine Intelligenz – wenn überhaupt quantifizierbar / qualifizierbar sollte nicht an einem einzigen Parameter festgemacht werden.

  114. @ M. Hellwig: In der Tat…

    …und auch die Entwicklung beispielsweise der ägyptischen, hebräischen und arabischen Schriftkulturen war aufs Engste mit religiösen Funktionen verschränkt. Kann Ihnen da also nur zustimmen, dass auch hier weitere, diesmal historische Widersprüche schlummern.

  115. @Micha
    “So attestiert Lynn – was Dich freuen wird 😉 – aschkenasischen Juden einen besonders hohen IQ, über dem europäischen Durchschnitt.”

    Mh, nun sind Juden ja nicht perse religiös und hier ergab sich mir die Frage, ob er dieses nun auf alle Juden in dieser Gruppe bezog oder wirklich speziell nur auf die Religiösen.

    “Es gibt einen ganzen Zweig von Leuten, die daraus schließen, die Juden in Europa seien über Jahrhunderte einem starken Selektionsdruck unterlegen, den nur und vor allem die Klügsten reproduktiv erfolgreich (d.h. mit vielen Kindern) bestanden hätten.”

    Das sehe ich ähnlich wie du, vor allem weil die Rahmenbedingungen dazu überhaupt nicht passen. So waren die Klügsten ja gerade die, welche fern der Frau irgendwo lernten bzw. lehrten und ansonsten alle anderen sich der Mitzwa viele Kinder zu bekommen, verpflichtet sahen.

    “Die Kinderzahl ist dagegen wirklich einfacher zu bestimmen. ;-)”

    Schon die Bestimmung des Parameters IQ ist ja einigen Schwierigkeiten unterworfen und in der Psyschologie streiten sich immer noch die verschiedenen Richtungen, wie er zu ermitteln sein und was er aussagt. Von Querbezügen also ganz abgesehen.

  116. @Thilo
    “Nach einem niedrigen Stellenwert weltlicher Bildung hört sich das für mich nicht an.”

    Damit hast du dann auch schon die Ausnahme erwicht, was aufgrund der Stellung der jüdischen Gemeinden in Deutschland auch kaum wundern sollte. Ganz anders sieht es da im Ausland aus, wo es eben noch lebendige und religiöse jüdische Gemeinden gibt.

  117. Glauben

    hallo
    ich finde es äußerst interessant, wie man das verhältnis von gläubigkeit und kindersegen in zusammenhang bringt.
    aber ich finde auch, dass mehrere entscheidende aspekte nicht berücksichtigt werden.
    1.
    gläubigkeit und atheismus im verhältnis zu disfunktionalen familien.( welches kind kann schon glauben, dessen eltern nicht fürsorglich sind, obwohl sie vielleicht “gläubig” sind)
    2.
    in diesem zusammenhang: scheitern von ehen, lebenszielen.
    3.
    das verhältnis von opfern dieser entwicklung und deren intelligenz zu reproduktion.(überleben macht vielleicht intelligenter als rundum sorglospaket, aber weniger lust auf eigene kinder)
    4.
    in diesem zusammenhang: nicht verwirklichter kinderwunsch durch daraus entstandener ökonomisch prekärer situation. –
    oder noch schlimmer(?) nicht vorhandener kinderwunsch vor solchen hintergründen.

    wo sind die untersuchungen hierzu?
    wenn sie vorhanden sind, warum werden sie nicht zusammengeführt und gemeinsam ausgewertet?

    demokratie stellt die richtigen fragen in komplexen zusammenhängen.

    und was heißt schon: religion macht kinder
    macht sie auch menschen oder nur funktionierende mitglieder einer zunehmend (selbsterzeugter)lebensfeindlichen umwelt, die sich möglichst angepaßt durch das überleben schlägt (starke gruppe bietet schutz und hilfe, wobei die jeweilige gruppe nur den eigenen vorteil sieht und “störenfriede”, nämlich diejenigen, die diesen schutz und die hilfe in der gruppe nicht erhalten haben, aussondert, weil es viel zu bedrohlich ist, anzunehmen, dass dies möglich ist), ohne rücksicht auf verluste – frei nach dem motto: jedem das seine mir das meiste….
    dadurch neue opfer produzierend.

    (als beispiel auf die bühne gebracht: sartre: geschlossene gesellschaft)

    für mich besteht ein direkter zusammenhang zwischen intelligenz und sensibilität,
    teilweise bereits bestätigt durch neurobiologen(musikalität, spiegelneuronen)
    zur zeit scheinen sich mehr die durchzusetzen, die weniger davon haben….
    was man nicht kennt, kann man nicht vermissen.
    von vorneherein aus sozialen netzwerken ausgeschlossen werden (kein schutz, keine hilfe: bestes beispiel mißbrauchte, vergewaltigte frauen und kinder, denen nicht geglaut wird,) kann sich ein behüteter mensch eben nicht vorstellen.
    es kann nicht wahr sein, was nicht sein darf….

    diese zu berücksichtigenden daten zu diesem thema würde ich gerne ausführlich nachlesen können

    mit besten grüßen

    monika kneiseler

  118. @ Monika Kneiseler

    Liebe Frau Kneiseler,

    vielen Dank für Ihren Beitrag und Ihre Fragen!

    Und, ja, wie es in der (Evolutions-)Forschung immer ist: Hinter jeder Antwort tauchen mindestens zwei neue Fragen auf. Und einige der von Ihnen aufgeworfenen Fragen sind inzwischen tatsächlich in den Fokus gerückt, mit oft verblüffenden Befunden.

    Das große Problem ist aber schlichtweg: Wir sind zu wenige. Viel zu wenige Wissenschaftler forschen in diesem Bereich und wir kommen kaum nach, die Befunde und Studien zu verknüpfen und neue zu erstellen. Das öffentliche Interesse nimmt zwar zu, ist aber immer noch zu schwach, um das Forschungsfeld voran zu treiben – von Forschungsmitteln ganz zu schweigen.

    In diesem Sinne danke ich Ihnen für Ihr Interesse und Ihre Fragen und würde mich freuen, wenn wir in Zukunft weiter voran kommen.

    Herzliche Grüße!

  119. glauben

    vielen dank für die reaktion auf meine eingeworfenen fragen.

    gibt es tatsächlich zu diesen fragen schon empirische daten?

    bitte, bitte veröffentlichen sie diese doch, so dass sie hier im forum diskutiert werden können…

    im übrigen: es gibt auch semi-disfunktionale familien.

    zb. familien in, denen zwar das rundrumsorglospaket in bezug auf existenzielle grundsicherung, ich nenn es immer “satt und sauber”, durchaus funktioniert, aber die seelische vernachlässigung extrem ist, während bei anderen der umgkehrte fall gegeben ist. auch hier wäre noch zu erforschen, welche art der vernachlässigung sich negativ wie auf intelligenz und/oder glauben auswirkt.

    zur vernachlässigung wäre weiter noch zu erforschen, wie sich diese auf selbstwertgefühl und selbstvertrauen, lebensmut und lebenswillen auswirkt.

    zb. sind unter selbstmördern und psychisch kranken, gescheiterten und ungewollt alleinlebenden diese oder jene mehr vertreten.

    und wie ist die einstellung zu eigenen kindern.

    wenn diese zusammenhänge tatsächlich, wie ich vermute, bestehen, wie kann man dem entgegen steuern, und wen kann man dann gegebenenfalls zur rechenschaft ziehen.

    liegt es vielleicht gerade am glauben(delegierte verantwortung), dass solche opfer produziert werden?

    was den kinderwunsch angeht, ist vielleicht die vaterlose gesellschaft daran schuld?

    welche unterschiede gibt es in bezug auf
    disfunktionale familien bei männern und frauen.

    liegt es vielleicht auch an dem immer noch von der gesellschaft nicht wahrgenommenen männlich domimierten kommunikationsverhalten.

    wie wirkt sich falsch gelerntes kommunikationsverhalten auf verwertbare information aus.(fragen, die nicht gestellt werden, weil “männliche macht das eigene versagen in diesem punkt nicht hören will”)

    ich will hier nicht alle männer verdammen, oder polemisieren, aber ich denke, dass dies ebenfalls entscheidende punkte sind, diese diskussion zu vertiefen.

    gibt es außer biologischen unterschieden
    überhaupt welche zwischen männern und frauen.

    wenn ja, sind diese vielleicht erst durch soziokulturelle unterschiede entstanden.

    in bezug auf macht des glaubens sollte man auch ängste jeglicher form erforschen.

    hat mut und zweifel zb. auch etwas mit intelligenz zu tun.

    lektüre:
    grundformen der angst,
    angst im kapitalismus,
    theorie der sozialisation,

    herzliche grüße
    monika kneiseler

  120. glauben

    mir ist noch eingefallen,
    dass es auch recht interessant sein könnte, mut und glauben, als delegierte verantwortung, in beziehung zur intelligenz zu setzen.

    kindliche neugier und das verhältnis der gesellschaft in bezug auf die vorgenannten aspekte und die intelligenzentwicklung wäre auch spannend.

    herzliche grüße
    monika kneiseler

  121. @ Kneiseler: Ja!

    Liebe Frau Kneiseler,

    ja, natürlich hoffe ich in den kommenden Monaten und Jahren noch viele Veröffentlichungen in dem Bereich vorlegen zu können. Wie gesagt: einige Befunde dürften Sie sehr freuen bzw. interessieren.

    Den bisherigen Forschungsstand haben der Biologe Rüdiger Vaas und ich in “Gott, Gene und Gehirn” vorgestellt:
    http://www.chronologs.de/…shop.de/artikel/969531

    Natürlich würde ich mich freuen, wenn Sie mit Ihrem Interesse den Forschungsbereich weiter unterstützen. Und sobald entsprechende Publikationen vorliegen, werden sie auch hier auf dem Blog vorgestellt, versprochen!

    Herzliche Grüße!

  122. religion

    hallo,
    ich melde mich hier auch mal wieder zu wort….
    habe lange nicht mehr mitgelesen, und auch lange nicht mehr geschrieben….
    habe ab und zu mal und jetzt gerade ein bißchen quergelesen, bitte deshalb zu verzeihen, wenn die folgenden fragen bereits ausführlich diskutiert wurden. (was ich dann noch nicht gelesen habe.)

    für mich ist die diskussion über intelligenz und religion zu wenig auf die individuelle einstellung bezogen. ich gehöre schon lange keiner kirche mehr an, empfinde mich aber trotzdem als religiös.

    wenn religion die wahrheit verkünden will, dann ist für mich religiös zu sein eher die erkenntnis, dass jeder seine eigene wahrheit hat, und es deshalb garnicht möglich ist eine wahrheit zu verkünden. religiös zu sein hat für mich etwas mit (eigen+fremd)verantwortung zu tun. somit ist religion eher eine hilflose geschichte. vorgaben für die wahrheit zu machen, (statt zu versuchen widersprüche aufzudecken,) entspringt dem “zwang” jemandem die verantwortung abzunehmen, und/oder abnehmen zu wollen.
    wenn es also tatsächlich einen solchen unterschied zwischen religion und religiös zu sein gibt, dann
    ist dies eben auch ein problem bei der erfassung der daten über religion in korrelation zur intelligenz, um diese statistisch auszuwerten.
    religiös zu sein ist also eher etwas, dass eben nicht von außen vorgegeben ist, während religion ja genau dies wünscht zu tun, nämlich die wahrheit verkünden.

    und hier kommt die intelligenz ins spiel. womit ich wiederum auf einen von mir früher eingeworfenen aspekt zurückkomme:
    die angst.

    fragen: wieso will man überhaupt verantwortung abgeben oder demzufolge überhaupt übernehmen?
    warum,
    angst, die kontrolle zu verlieren,
    angst vor komplexen zusammenhängen?
    angst davor, der verantwortung nicht gerecht zu werden?
    wieso entsteht angst überhaupt, die zu solchen “auswirkungen” führt? und wie korrelieren diese zusammenhänge mit intelligenz?
    hat weniger angst zu haben etwas mit geborgenheit zu tun, und wie wirkt sich demzufolge mut auf intelligenz und dementsprechend darauf aus religiös oder eben nicht zu sein?

    ist religion dann der versuch, die angst im griff zu haben, beziehungsweise die auswirkungen dieser zu minimieren, zu kanalisieren?
    ….und dies aus welchem grund?

    gewalt erzeugt doch angst, aber angst erzeugt eben auch gewalt, oder nicht? hat dies auch etwas machtverhältnissen zu tun?….und woher kommen diese?
    ….und warum werden sie nicht hinterfragt?

    ich hoffe, ich konnte mich verständlich ausdrücken.
    ….und hoffentlich wird das hier geschriebene nicht als wirres zeug verstanden.

    mit lieben grüßen nochmal
    monika kneiseler

  123. @monika kneisler: Angst

    Ein starker Kommentar, vielen Dank! Ich denke über das Thema mal nach und hoffe, noch in diesem Jahr mal einen eigenen Post zu dem Thema “Religion & Angst”!

  124. Aber Achtung – Überraschung?

    Wo steckt denn da die Überraschung? Ihnen sollte schon klar sein, dass der IQ nicht notwendigerweise unmittelbar mit der erfahrenen Bildung korreliert, oder?

  125. @W. Decker

    Ja, schon vor drei Jahren – als dieser Blogpost entstand – war mir das in Ansätzen klar. Dass “Intelligenz” aber auch schon an sich überaus miserabel definiert ist und eigentlich mit so gut wie gar nichts ordentlich korreliert habe ich aus einem neuen Buch von Thomas Grüter gelernt:
    https://scilogs.spektrum.de/…als-wir-von-thomas-gr-ter

    Im Rückblick ärgere ich mich, den oft grotesken Übertreibungen von “Intelligenzforschern” viel zu viel Beachtung geschenkt zu haben. Nun ja, man lernt (und liest) nie aus…

  126. religio

    bedeutet rückbindung an das ursprüngliche und da ist die frage, wie füttern wir was Freude, Frieden, Liebe, Hoffnung, Gelassenheit, Bescheidenheit, Güte, Nächstenliebe, Mitgefühl, Grosszügigkeit, Wahrheit, Einfühlungsvermögen und Glaube.
    oder
    Zorn, Neid, Eifersucht, Gier, Arroganz, Selbstmitleid, Missgunst, Minderwertigkeit, Lügen, falscher Stolz, Überheblichkeit und Egoismus.
    alles andere ergibt sich von selbst, denn die natur des unendlichen, nenne es gott oder was auch immer ewig war und sein wird mit und ohne menschen oder?

  127. Pingback:Genetisch bedingter Gegensatz zwischen Rationalität und Religiosität – Sind religiöse Menschen wirklich d ümmer? | Jochens Sozialpolitische Nachrichten

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