Hart im Nehmen: Zirkone

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Heute möchte ich gerne einmal eines meiner Lieblingsminerale vorstellen; Zirkon. Der Name Zirkon leitet sich aus dem persischen zar für Gold und gun für gefärbt her und bezieht sich damit auf eine der vielen Farben, die der Zirkon aufweisen kann. Es ist den Menschen schon seit der Antike bekannt.


Seine chemische Formel lautet ZrSiO4, das Mineral kristallisiert in der Kristallklasse 4/m 2/m 2/m (ditetragonal-dipyramidal, die Zahlen stehen für Drehachsen, m steht für Spiegelebenen) im tetragonalen Kristallsystem. Die Elementarzelle wird aus vier Formeleinheiten aufgebaut. Typisch hierfür sind zwei auf ihrer Basis verbundene vierseitigen Pyramiden. Der Mineraloge spricht hier vom dipyramidalen bzw. prismatischen Habitus.

Der Begriff “Habitus” beschreibt das Größenverhältnis der Kristallflächen eines Kristalls zueinander. Die Anordnung der Kristallflächen zueinander wird dagegen als Tracht bezeichnet. Kristalle können bei gleicher Tracht einen unterschiedlichen Habitus aufweisen. So können beispielsweise bei einem Hexaeder sprich: Quader) können alle Flächen gleich groß sein (würfeliger Habitus), die Flächen parallel zur c-Achse können größer ausgebildet sein (prismatischer Habitus), sie können aber auch kleiner ausgebildet sein (tafeliger Habitus). Natürlich vorkommende Zirkone können eine große Zahl an Farben aufweisen. Die Namensgebende goldene ist nur eine davon. Rot bis Braun, kann aber auch Grün, Blau oder Schwarz können vorkommen. gelbrote bis braune Zirkonvarietäten werden Hyazinth, undurchsichtige isotrope Malakon genannt.

Zirkon, Rasterelektronenbild

 Zirkon im Rasterelektronenmikroskop, gut zu erkennen sind die 101 und die 301 – Flächen der Pyramiden sowie die 100 – Flächen des Prismas, vergleiche auch Abb. 3. Eigenes Bild, CC-Lizenz.

Zirkon zählt zu den Inselsilikaten. Das bedeutet, dass die einzelnen SiO4-Tetraeder nicht miteinander verbunden sind, sich die Si-Atome also ihre Sauerstoffe nicht miteinander teilen. In diesem Fall sind es parallele Ketten aus sich abwechselnden SiO4 Tetraedern und ZrO8 Dodekaedern. Diese Ketten sind es auch, welche für die hohe Lichtbrechung und die hohe Doppelbrechung verantwortlich sind Die Lichtbrechung beträgt für nE = 1.968 – 2.015 , nO = 1.924 – 1.906 , die Doppelbrechung ist D = 0.044 – 0.055. Im Dünnschliff unter gekruzten Polarisatoren zeigt der Zirkon lebhafte rote, blaue und grüne Farben der II. und III. Ordnung.

Zirkon mit typischen Flächen

Zirkon mit einigen typischerweise ausgebildeten Flächen und deren kristallographischen Indizes. Nach RÖSLER 1988 nachgezeichnet.

Zirkon hat zudem eine vergleichsweise große Mohshärte von 6,5 bis 7,5. Es ist gegenüber der Verwitterung außerordentlich widerstandsfähig (und das ist ziemlich bemerkenswert für ein Inselsilikat. Ein anderes ebenfalls interessantes Inselsilikat, Olivin ist dagegen schon extrem anfällig gegenüber der Verwitterung). Zirkone können unter Umständen sogar mehrere Verwitterungszyklen überstehen und werden sogar in Kaolinlagerstätten gefunden. Diese enorme Widerstandsfähigkeit, sein hohes spezifisches Gewicht( 3,9 – 4,7 g/cm3 ) zusammen mit einer weiten Verbreitung in den sauren magmatischen Gesteinen der kontinentalen Kruste führen auch dazu, dass Zirkone in sedimentären Gesteinen recht häufig vorkommen. Und was Zirkone wirklich zu den interessanten Mineralen werden lässt, sind einige seiner weiteren Eigenschaften. Zirkon auch noch bemerkenswerte Mengen von Uran und Thorium in sein Gitter einbauen (bis zu 5 %).

Dadurch wird Zirkon zu einem der Hauptträger der Radioaktivität in granitischen Gesteinen und damit in der Erdkruste (man sollte das bedenken, wenn man sich auf granitene Stufen oder Sitzbänke setzt). Diese Radioaktivität kann zu einer Zerstörung des Gitters und damit zur Metamiktisierung des Minerals führen, wobei die Lichtbrechung auf Werte von n = 1,826,die Doppelbrechung sogar auf D = 0,000 abnimmt. Auch die Dichte wird verringert. Die Metamiktisierung resultiert aus dem a-Zerfall von 238U, 235U und 232Th sowie deren Tochterisotopen, wobei sich in einem Zirkon durch seinen oftmals hohen Gehalt an U und Th 1015 bis 1016 alpha-Zerfälle pro Milligramm während der Zeitspanne seiner Existenz ereignen können (WOPENKA et al. 1996).

Dabei können die hochenergetischen alpha-Teilchen hunderte von Gitterplätzen im Umkreis von rund 10 µm beschädigen und der Rückstoß des Nukleus kann weitere ungefähr 1000 Gitterstörungen im Umkreis von ca. 20 nm verursachen (WEBER et al. 1994) . Man kann sich unschwer vorstellen, dass diese verhalten auch benachbarte Minerale schädigen kann. Zirkon kristallisiert in den Magmen sehr früh, und wird daher sehr häufig von später wachsenden Mineralen eingeschlossen. Wenn der Zirkon in anderen Mineralen wie Biotit oder Amphibol eingeschlossen ist, kann die radioaktive Strahlung das Gitter des Wirtsminerals schädigen und so genannte pleochroitische Höfe verursachen, wodurch sich Zirkone oftmals trotz ihrer geringen Kristallgröße leicht auffinden lassen.

 

Die Radioaktivität hat aber eben auch ihr gutes. Sie ermöglichtes, das jeweilige Kristallisationsalter der Zirkone und oftmals auch das der Gesteine, in denen sie enthalten sind, zu ermitteln. Das Mineral ist auch bei der Metamorphose ziemlich hartnäckig. Anstatt sich aufzulösen, neigen Zirkone unter diesen Bedingungen zum Wachstum, so dass manche Zirkone, Jahresringen von Bäumen nicht unähnlich, verschieden alte Zonen in ihrem Inneren Aufweisen, deren Alter sich dann bestimmen lässt. Unter diesen Bedingungen ist es auch kaum verwunderlich, dass Zirkone die ältesten bisher bekannten Minerale stellen. im Narryer Gneiss-Terran, aus dem Yilgarn-Kraton in Westaustralien sind Zirkone bekannt, welche 4,404 Milliarden Jahre alt sind (WILDE et al. 2001). Zirkone vom Mond sind mit 4,417 Milliarden Jahren sogar noch ein wenig älter (NEMCHIN et al. 2009).

 

Zusätzlich ist die Ausbildung der verschiedenen Flächen des Zirkons von physikalischen und chemischen Bedingungen zum Zeitpunkt der Kristallisation abhängig. Damit kann man auch aus den Kristallformen noch einige interessante Aussagen ziehen. Das ist die Geschichte, die mich persönlich mit dem Mineral verbindet. Im Rahmen meiner Diplomarbeit hatte ich Zirkone aus verschiedenen ägyptischen Graniten untersucht.

Zudem sind Zirkone nicht nur wissenschaftlich interessant, sie sind aufgrund ihrer hohen Lichtbrechung und Doppelbrechung sind große Zirkone durchaus auch als Schmucksteine gefragt. Für Laien sind klare Zirkone oft nicht von Diamanten zu unterscheiden.

geschliffener Zirkon

 Geschliffener Zirkon als Schmuckstein. Durch die hohe Licht- und Doppelbrechung kommt das Feuer dem eines Diamanten durchaus nahe. Eigenes Foto, CC-Lizenz.

NEMCHIN, A., TIMMS, N., PIDGEON, R., GEISLER, T., REDDY, S., MEYER, C. (2009): Timing of crystallization of the lunar magma ocean constrained by the oldest zircon. Nature Geoscience 2, 133 – 136 (2009) Published online: 25 January 2009 | doi:10.1038/ngeo417

RIES, G., RASHWAN, A.A. & H. SCHLEICHER (2004): Zircon typology studies om selected granites of the Eastern Desert / Egypt. – Zbl. Geol. Paläont. Teil I, p. 47 – 60, Stuttgart, März 2006.

RÖSLER, H.-J. (1988): Lehrbuch der Mineralogie. VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie,Leipzig, 844 S.

WEBER, W.J., EWING, R.C., WANG, L.M. (1994): The radiation induced crystallineto- amorphous transition in zircon. Journals of Materials Research, 9, 688-698.

WILDE, S., VALLEY, J.W., PECK, W.H. & GRAHAM, W.H. (2001): Evidence from detrital zircons for the existence of continental crust and oceans on the Earth 4.4 Gyr ago. Nature 409, 175-178 (11 January 2001) | doi:10.1038/35051550;

WOPENKA, B., JOLLIFF, B.L., ZINNER, E., KREMSER, D.T. (1996): Trace element zoning and incipient metamictization in a lunar zircon: Application of three microprobe techniques. Am. Min. 81 (1996): 902-912.

 

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

3 Kommentare

  1. @ Ries

    *seufzerchen*

    Hach, ist das schön. Ehrlich. Wenn ich’s nochmal zu tun hätte – ich würd’ im Nebenfach Geologie studieren. Nicht nur wegen der Steine, sondern wegen der vielen wunderbaren Worte (“Habitus”, “Tracht”, “granitisch”, “basaltisch” und all die herrlichen Gräzismen…).

    Tolles Fach. Toller Beitrag, der eine Lanze dafür bricht!

    Helmut Wicht

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