Schweres Erdbeben vor Japan, Tohoku Erdbeben (Update 14. 04. )

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Erdbeben in Japan, 11 März 2011

  Ort des Epizentrums vom aktuellen Erdbeben vor Japan mit Störungen und Plattengrenzen. USGS.

Heute, um 14:46:23 Uhr lokaler Zeit (06:46:23 Uhr MEZ) gab es an der Ostküste Japans ein sehr starkes Erdbeben der Magnitude 8,9 (USGS) bzw. 8,8 (GFZ). Wenn sich die Magnitude in den nächsten Stunden bestätigt, wäre dieses Erdbeben das fünftstärkste jemals gemessene Erdbeben. Mittlerweile (19:45) wurde die Magnitude des Erdbebens auf 9,1 hochgesetzt. Damit verdoppelt sich die freigesetzte Energie und das Erdbeben war demnach das viertstärkste seit Beginn der Aufzeichnungen.

Für ein derart starkes Erdbeben lag das Hypozentrum mit 24,4 Kilometern sehr flach. Die nächste größere Stadt, Sendai, liegt nur rund 130 Kilometer westlich, der durch das Erdbeben ausgelöste Tsunami hatte dort also nur eine sehr kurze Vorwarnzeit. Am Epizentrumm bewegt sich die pazifische Platte mit gut 83 mm pro Jahr in Richtung Westen unter einen Keil der nordamerikanischen Platte (Die Plattentektonische Situation am Ort ist recht kompliziert, grob gesagt spielen die eurasische, die nordamerikanische, die philippinische und die pazifische Platte mit. Manche Autoren sehen in der Region noch etliche Mikroplatten mit beteiligt.). Die Herdflächenlösung deutet ebenfalls auf ein subduktionsbezogenes Beben hin, das an einer flach nach Westen einfallenden bzw. einer steil nach Osten einfallenden Subduktionszone entstand. Chris Rowan hat dazu eine eindrucksvolle Grafik in seinem Blog. Japan liegt in einer komplizierten geologischen Situation, in der drei Subduktionszonen aufeinandertreffen.

Auslöser des Erdbebens und des Tsunamis (Update 12.03.11)

Bemerkenswerterweise ist es am Ort des Erdbenens tatsächlich die nordamerikanische Platte, oder besser gesagt, ein Keil davon, unter den sich sie pazifische Platte schiebt.Das Hypozentrum des Erdbebens lag rund 150 KilometerLandeinwärts vom Japangraben in 24,4 Kilometern Tiefe. Auch das passt zu einer Subduktionszone. Die abtauchende pazifische Platte hat bei ihrer Abwärtsbewegungdie nordamerikanische nach unten gebogen und dabei Spannung aufgebaut. Als sich diese Spannung schliesslich löste, schnellte die nordamerikanische Platte um einige Meter in die Höhe. Diese Bewegung hat auch das Wasser über ihr in Bewegung gesetzt und den Tsunami ausgelöst. Das untere Video veranschaulicht das noch einmal, auch wenn die Grafik sich auf das Beben von Weihnachten 2004 vor Sumatra bezieht. Der auslösende Mechanismus das aktuellen Bebens von Honshu war dem sehr ähnlich.

 

 

Auslösung eines Tsunamis an einer Subduktionszone. Das Video bezieht sich auf das Beben von Sumatra 2004, aber das aktuelle Erdbeben von Honshu, Japan 2011 hat einen sehr ähnlichen Mechanismus.
Wie sich der vom Honshu Erdbeben ausgelöste Tsunami nahc Modellberechnungen über den Pazifik ausgebreitet hat, zeigt das untere Video. Man kann gut erkennen, wie einzelne Inseln oder Inselgruppen sekundäre Wellen auslösen und die Hauptwellen beeinflusen. Ähnliches gilt für unterschiedliche Wassertiefen.  Bemerkenswert finde ich auch, wie unruhig das wasser selbst nochStunden nach dem Durchgang des Tsunamis bleibt. Das ebenso wie die vielen reflektierten Wellen zeigt die Gefahr, die auch nach dem Eintreffen eines Tsunamis an der Küste noch über einige Zeit lauern kann. Man sollte also auch nach einem Tsunami nicht unvorsichtig werden und voreilig an eine Küste zurückkehren. Zumindest sollte man immer auch das Meer im Auge behalten.
Modell der Tsunamiausbreitung vom Honshu Erdbeben, 11. März 2011. Video: NOAA.

Jetzt sind auch wieder eine Menge Verschwörungsheorien unterwegs, die sich auf die Auslöser des Erdbebens beziehen. Das fängt bei den altbekannten Geschichten um HAARP an und endet bei einem “Supermond” genannten Ereignis. Dabei soll der Mond an seinem nächsten Vollmond an seinem Perigäum, also dem erdnächsten Punkt seiner Umlaufbahn stehen. Da gibt es nur ein winziges Problem, der nächste Vollmond ist am 19. März, also in einer Woche. Wie soll ein zukünftiges Ereignis ein erdbeben auslösen? Florian Freistetter und Phil Plait haben diesen Unsinn einmal gründlich auseinandergenommen.

 

Erschütterungskarte des Erdbebens vom 11.März 2011

  Karte der Eschütterungsintensität. USGS.

Laut der Erschütterungskarte des USGS dürfte das Erdbeben in weiten Teilen des nördlichen Honshu deutlich zu spüren gewesen sein. Gemessen an der Stärke des Erdbebens, der kurzen Vorwarnzeit für den resultierenden Tsunami und der hochtechnisierten Gesellschaft (im Gebiet der Stärke VIII der Erschütterungskarte leben schätzungsweise 2 Millionen Menschen) dürfe dieses Erdbeben einen sehr hohen Schaden verursacht haben. Zum Glück sind die Baustandards in Japan sehr hoch, so dass die Gefahr durch zusammenbrechende Gebäude wohl geringer ist als beispielsweise in Haiti. Die größte Gefahr bei derartig starken Erdbeben im Meer stellen die Tsunamis dar. Wir erinnern uns noch allzu gut an die Ereignisse Weihnachten 2004, als ein schweres Erdbeben vor Sumatra einen Tsunami auslöste. Und auch diesmal sind meterhohe Wellen auf die japanische Ostküste getroffen. Bleibt zu hoffen, dass die betroffenen Menschen rechtzeitig gewarnt wurden. In den aktuellen Nachrichten wird bislang die Zahl von 21 Toten genannt, aber diese Zahl wird erfahrungsgemäß in den nächsten Stunden noch stark ansteigen (was sie ja auch tat. Zur Zeit, 12. 03 2011, 16:45 werden mehr als 1400 Tote und wohl noch 10 000 Vermisste gemeldet). Der Tsunami soll bis zu 10 Meter Höhe gehabt haben. Für den Pazifikraum gilt eine Tsunamiwarnung. Bei boingboing sind einige Fotos des Erdbebens und seiner Auswirkungen zu sehen.

Auf Boston.com sind einige erschreckend eindrucksvolle Bilder des Erdbebens zu finden.Wie eine deutsche Japanologie-Studentin in Tokio das Erdbebenerlebte, schreibt sie in ihrem Blog “Zwischen Langeweile und Abenteuer“. Das Erdbeben hat auch einige der japanischen Kernkraftwerke in ernsthafte Schwierigkeiten gebracht. Ich persönlich halte es auch nicht für eine sehr gute Idee, Kernkraftwerke in einer Region zu bauen, die so erdbebengefährdet ist wie Japan. Alf Köhn gibt eine kurze Einführung in die Technik und die Abläufe,wie man sie sich im besonders betroffenen Kraftwerk Fukushima 1 vorzustellen hat. Hoffen wir, dass alles einigermaßen gut verläuft.

Epizentren des Hauptbebens und einiger Nachbeben. Die Karte enthält daten der Shuttle Radar Mission (Land) und des British Oceanographic Data Center (Meer). Image: NASA.

Update 14.03.2011 Satellitenbilder der NASA

Inzwischen sind von der NASA auch einige Satellitenbilder herausgegeben wotden, welche das Ausmaß der Katastrophe erahnen lassen. Das erste zeigt die  Stadt Sendai  Zeit nach dem Erdbeben. Die Aufnahme des  Multi-angle Imaging SpectroRadiometer (MISR) des Satelliten Terra erfolgte am 12. März 2011 um 10:30 lokaler Zeit. Eine große Rauchsäule liegt über der Stadt und dem Hafengebiet, die Folgen der brennenden petrochemischen Fabrik Shiogama bzw verschiedener Feuer im Hafengebiet. Die rechte Aufnahme ist stereoskopisch im roten Band mit einer um 46 rückwärts gerichteten in Rot und einer um 60° rückwärts gerichteten in Cyan gehaltenen Aufnahme.

Sendai und das Hafengebiet nach dem Erdbeben, aufgenommen am 12.03.2011 um 10:30 lokaler Zeit. NASA

 

Die beiden unteren Satellitenbilder zeigen die Küstenregion um Sendai einmal am 26. Februar 2011, alo vor dem schweren Erdbeben und dem Tsunami, und einmal am 13. März. Man kan sehr deutlich die zerstörten Küstenstreifen erkennen, und die Zerstörung durch den Tsunami erahnen. Die Welle ist teilweise sehr weit ins Landesinnere vorgestoßen. Die Aufnahmen stammen vom Moderate Resolution Imaging Spectroradiometer (MODIS) des Satelliten Aqua und sind eine Kombination ausInfrarot und sichtbarem Licht, um die Land und die Wasserflächen kontrastreich voneinander abzuheben. Man kann auch die thermalen Signaturen einiger Feuer um Sendai erkennen.

Die Küstenregion um Sendai, wie sie sich vor dem Tsunami am 26. Februar 2011 präsentierte. NASA

Die Küste von Sendai nach dem schweren Erdbeben und Tsunami. Weite Bereiche sind überflutet. NASA

 

Update 21.03.11

Das untere Satellitenbild macht die froßflächgeigen Stromausfälle im Gefolge des Erdbebens, des Tsunamis und der daraus resultierenden Reaktorprobleme deutlich. Es stammt vom F-18 satelliten des U.S. Air Force Defense Meteorological Satellite Programms (DMSP) und besteht aus  übereinandergelegten Bildern von vor und nach dem Erdbeben. Gelb bedeutet, dass die Lichter sowohl vor dem Erdbeben als auch in den Überflügen danach sichtbar waren. Rot hingegen bedeutet Lichter, die danach nicht mehr zu sehen waren. Bläulich erscheinen Wolken, die auch einige der gelben Lichter ins grünliche verfärben. Besonders betroffen ist natürlich die Region um Sendai, wo Erdbeben und Tsunami die größten Verwüstungen angerichtet haben. Aber die Region mit Stromausfällen zieht sich bis weit in Richtung Tokio hin.

Verteilung der Stromausfälle nach dem Erdbeben. Gelbe Lichter zeigen, dass auch nach dem 11. März Lichter zu sehen waren, rote Lichter fehlten. Image: NOAA.

Einige Videos vom Erdbeben und dem daraus resultierenden Tsunami.

 

 

Update 11.03-11, 18:00 Uhr: Auf diesem Video ist zu sehen, wie der Flughafen von Sendai vom Tsunami getroffen wird.

 

 

Und noch ein Video (man möge die nervende Werbung zwischendurch ignorieren), das den Tsunami zeigt, wie er gerade Landeinwärts läuft. bemerkenswert finde ich die brennenden Gebäude, die auf dem Wasser schwimmen. Man möchte hoffen, dass sich keine Mensachen mehr darinnen befinden. Der Schutt, den der Tsunami mit sich führt, verstärkt die verheerende Wirkung des Wassers noch.

 

Explosion in dem Kernkraftwerk Fukushima 1
Wie entstehen Tsunamis? Das zeigt das untere Video
Dieses am 21.03 2011 hinzugefügte Video zeigt eine Animation der Nachbeben des Erdbebens von Honshu.
Video des Honshu-Tsunamis vom 11. März 2011. Man kann sehr gut die durchaus beeindruckenden Sperranlagen in dem Hafen erkennen. Während die ersten Tsunamis daran noch abprallen, scheinen sie gegen den letzten nur noch wie Spielzeug. Das lässt einen die ungeheure Kraft und Wucht dieser Welle erahnen.

 

 

Dieses am 28.03 hinzugefügte Video zeigt die ungeheure Größe und Wucht des vom Tohoku Erdbeben erzeugten Tsunamis.


( Update 05.04.2011)Im Fischerdorf Ryoishi wurde eine 9,3 m hohe Tsunami-Schutzmauer vom Tsunami überspült und zerstört. Die Bewohner des Dorfes fühlten sich bis zum 11. März 2011 hinter ihrer Schutzmauer eigentlich sicher….

Mit welcher Höhe der tsunami auf die Küste traf, hängt sehr von den lokalen Gegebenheiten ab. Auf der unteren Abbildung sind die verschiedenen an Pegeln gemessenen oder sonst ermitteltenWellenhöhen zusammengestellt.

(Update 11.April 2011) Auf diesem Handy-Video kann man sehen, wie der Tsunami vom 11. März das AKW Fukushima trifft.

(Update 14. 04. 2011) Dieses Video zeigt, wie der Tsunami die Stadt NAkatsugawa trifft. Ein wirklich erschreckendes Dokument der Kraft, die ein Tsunami entfesseln kann.

 

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

9 Kommentare

  1. Heftige Bilder.

    Der LKW im vierten Video wird wie ein Spielzeugauto weggeschoben.

    Gunnar das vierte Video hast Du später noch hinzu getan, oder? Finde ich gut, daß Du hier aktualisierst.

    [wenn ich neue so kurz nach dem posten finde, wird hier aktualisiert. Dafür lohnt sich kein neues Posting. Das würde erst kommen, wenn wirklich neue Fakten zu bringen sind GR]

  2. Erdbeben
    [wenn du das schaffst, das ganze ohne pauschalisierende Beschimpfungen über die Bühne zu bekommen, kannst du gerne wieder hier posten. Wenn nicht, wird ab sofort jedes wietere Posting von dir kommentarlos gelöscht. GR]

  3. Das Schlimmste kommt noch?

    Es ist schwierig, wieviel von der Berichterstattung über den Störfall bei einem der Reaktorblocks im Kraftwerk Fukushima Sensationalismus und wieviel davon faktenbasiert ist. Sollte es jedoch stimmen, dass es nicht gelingt, den Kern des Siedewasserreaktors zu kühlen, dann könnte das Schlimmste dieser Katastrophe den Japanern erst noch bevorstehen.

  4. Kernschmelze im Kraftwerk Fukushima ?

    @Michael Khan
    Der Totalausfall der Kühlung eines AKW’s führt selbst nach Abschalten noch zu einer Kernschmelze.
    Doch eine Kernschmelze sollte sich bei einem modernen Reaktor nicht schlimmer auswirken als das bei Three Mile Island (Harrisburg) der Fall war. Dort schmolz der Kern, aber nur wenig Radioaktivität wurde freigesetzt.

  5. Erdbeben in Japan

    So was schlimmes habe ich noch nie gesehen. Aber ich denke nicht das es sofort das Ende der Welt bedeutet.. In anderen Ländern gab schon auch so etwas ähnliches wie zum beispiel in Theiland… Aber die menschen tuhrn mir dort richtig leid… Viele haben den Dach über den KOpf verlohren und ihre Familien. Hoffentlich wird bald alles besser und wir müssen natürlich nicht vergessen, dass wir auch die Menschen in Japan unterstützen können.

  6. Meerestiefe im Epizentrum ?

    Weiß bitte jemand die Wassertiefe in der Hauptbebenzone ?
    Gemäß den Daten von GFZ dürften aufgrund der Hebung des Meeresbodens über 100 km3 Wasser verdrängt worden sein.

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