Obernkirchener Sandstein – Lagerstätte und Saurierspuren

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Wenn man durch sich die historischen Bauten in der Bremer Innenstadt, aber auch in Hannover oder Hamburg anschaut, so findet man häufig einen feinkörnigen Sandstein von gelblich-grauer Farbe. Beispiele dafür sind das Bremer Rathaus, aber auch die Neue Börse in Hamburg. Dieser Sandstein, der etwas irreführend auch als “Bremer Sandstein” bekannt ist (weil er in der Hansestadt nicht nur gerne verbaut, sondern auch über Bremen in fast alle Welt verschifft wurde) hat seine Herkunft aus den Bückebergen bei Obernkirchen (in der Nähe von Hannover) und er wird folgerichtig auch Obernkirchener Sandstein genannt.

 

Entstanden ist dieser Sandstein zur Zeit der Unterkreide, dem Berriasium (früher auch als Wealden bekannt), zusammen mit anderen Wealdensandsteinen in dieser Gegend. Zu dieser Zeit befand sich im Niedersächsischen Becken ein Binnenmeer, dass sich von den heutigen Niederlanden bis nach Braunschweig hinzog. Es war rund 250 Kilometer lang und hatte eine Breite von vermutlich 50 Kilometern. Sein südlicher Rand lag im Gebiet, welches heute die Bückeberge einnehmen. Hier lag ragte die Hildesheimer Halbinsel in das Binnenmeer hinein und südlich lag eine Bucht mit einem Barrieresystem. Die Barriereinseln setzten sich aus einem gleichkörnigen, homogenen Quarzsand zusammen.

Das Meer enthielt vermutlich Brackwasser mit mehr oder weniger großen Süßwasseranteilen. Im heutigen Sandstein kann man gelegentlich doppelschalig oder als Steinkerne erhaltene Brack- oder Süßwassermuscheln wie Neomiodontiden oder Unioniden finden. Gelegentlich finden sich auch Wurzel- oder Pflanzenreste oder Kohlepartikel. Landseitig standen Wälder aus Schachtelhalmen , Baumfarnen und frühen Gymnospermen wie Ginkgo und Koniferen. In diesen Wäldern lebten etliche Dinosaurier und hinterließen ihre Trittsiegel in manchen Horizonten.

Obernkirchen - Dinospur

Dreizehige Dinosaurierspur im Steinbruch Obernkichen. Eigenes Foto, CC-Lizenz.

Im Steinbruch bei Obernkirchen finden sich zwei größere Horizonte mit Trittsiegeln von Dinosauriern. Der obere Horizont wurde geotouristisch erschlossen und zeigt zahlreiche Abdrücke dreizehiger Dinosaurier von pflanzenfressenden Ornithopoden wie Iguanodon und von fleichfressenden Theropoden wie beispielsweise den Allosauriern. Letztere sind ebenso dreizehig, ihre Trittsiegel sind aber deutlich schlanker und länger.

Obernkirchen - Dinospur

Auch Regen kann Geologen nicht aufhalten. Eine Exkursionsgruppe anlässlich der GeoHannover2012 auf dem “Hühnerhof” im Steinbruch Obernkirchen. Eigenes Foto, CC-Lizenz.

Das tiefere Profil ist direkt im Steinbruch und während des Betriebs nicht öffentlich zugänglich. Dieser Horizont, der aufgrund seines Gewirrs von Theropodenspuren auch gerne als “Hühnerhof” bezeichnet wird, zeigt auch die ersten für die Unterkreide Europas nachgewiesenen zweizehigen Siegel von Troodontiden, die landläufig auch als “Raptoren” bekannt sind.

Obernkirchen - Dinospur

Zweizehige Spur, möglicherweise von raptorenartigen Dinosauriern im Steinbruch in Obernkirchen. Eigenes Foto, CC-Lizenz.

Abgebaut werden die Obernkirchener Sandsteine wie auch die verwandten Sandsteinvorkommen auf dem Deister, Süntel und Nesselberg und Osterwald seit dem 11. Jahrhundert abgebaut. Nur noch der etwas weiter im Becken abgelagerte und knapp ältere Münchehagener Sandstein wird ebenfalls noch als Naturstein gewonnen. Und wie unser Obernkirchener Sandstein ist auch dieser für seine Dinosaurierspuren bekannt.

Der Obernkirchener Sandstein im Kammbereich der Bückeberge ist ein Beispiel für einen hervorragenden Naturwerkstein. Er steht dort in zwei Qualitäten an, von denen einer überregionale volkswirtschaftlicher Bedeutung beigemessen wird, weil sich hieraus hochwertige Natursteinprodukte fertigen lassen. Die zweite Qualitätsstufe hat immerhin noch regionale volkswirtschaftliche Qualität und liefert Natursteinprodukte für den Garten- und Landschaftsbau. Für den Abbau der Lagerstätte kommt erschwerend hinzu, dass der Sandstein inhomogen ausgebildet sein kann. schluffige Zwischenlagen, unregelmäßige Kluftscharungen, Farbvariationen und Einschaltungen von nicht verwertbarem Sandstein sorgen ebenso wie Verbruch über ehemaligen Steinkohlentiefbauen dafür, dass nur Teilbereiche der Lagerstätte hochwertige Werksteine liefern können.

Obernkirchen - Steinbruch

Bankung und Klüftung des Obernkirchener Sandsteins. Eigenes Foto, CC-Lizenz.

Was auf den ersten Blick vielleicht verwundert, ist der Steinkohlenbergbau, der hier mit aufgeführt ist. Aber im Kammbereich und an der Nordwestflanke der Bückeberge stehen mehrere Steinkohlenflöze der Unterkreide an, die seit dem 14. Jahrhundert bis in die 60´er Jahre des letzten Jahrhunderts bergmännisch gewonnen wurden. Damit dürfte sich hier mit einer der ältesten Steinkohlenbergbaureviere Deutschlands befinden. Teile der Zeche Liethstollen reichten bis unter den heutigen Steinbruchbetrieb. Außerhalb der Schutzpfeiler, die man zur Schonung der überlagernden Sandsteinlagerstätte hatte stehen lassen treten daher Bruchfelder und Störungen auf.

Obernkirchen - Steinbruch

Radlader beim ablösen der unregelmäßig-polygonalen Bruchschollen aus dem Gesteinsverband. Eigenes Foto, CC-Lizenz.

Sehenswert ist auch der Abbau des Obernkirchener Sandsteins. Die rund 4 m mächtigen förderwürdigen Sandsteinschichten lagern auf dem Kamm der Bückeberge unter rund 5 m Abraum. In den abbauwürdigen Schichten liegt die Bankstärke zwischen 0,2 und 1 Meter Mächtigkeit. Durch weitständige Klüfte werden unregelmäßige Blöcke begrenzt, welche durch einen Radlader mit Gabelvorsatz gelöst werden können. Diese polygonalen Bruchschollen werden dann anschließend mit Hilfe einer Gesteinssäge in regelmäßige Quader geformt, welche dann weiter verarbeitet werden können.

Obernkirchen - Steinbruch

Bereits formatierte Blöcke des hochwertigen Sandsteins, bereit zum Abtransport und zur Weiterverarbeitung. Eigenes Foto, CC-Lizenz.

Damit man einen ungefähren Eindruck vom Abbau des Sandsteins hat, habe ich den Vorgang gefilmt.  


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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

4 Kommentare

  1. Interessant. Der Stein sieht ganz anders aus, als der Buntsandstein in der Heidelberger Region. Dinosaurierer Trittsiegel habe ich hier bislang noch keine gesehen.

  2. @ Martin

    Der Buntsandstein ist auch älter als der Unterkreidesandstein in Obernkirchen. Aber auch im Buntsandstein können Fährten gefunden werden, wie beispielsweise die des Chirotheriums. Leider hatte man damals wohl weniger Sinn für solche Funde und verwendete die Grube, in der sie sich befinden, als Müllkippe. http://www.saurierspuren-eiterfeld.de/

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