Leptolepides sprattiformis – Fossil des Jahres 2016

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Natürlich gibt es auch in diesem Jahr ein Fossil des Jahres. Als solches werden von der Paläontologische Gesellschaft seit 2008 Fossilien gekürt, die von großer wissenschaftlicher oder publikumswirksamer Bedeutung sind.

Leptolepides sprattiformis 322333
Ein fossiler Schwarm von Leptolepides sprattiformis. Foto: Ghedoghedo Ghedoghedo (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Leptolepides_sprattiformis_322333.JPG), „Leptolepides sprattiformis 322333“, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode via Wikimedia Commons
Zugegeben, das diesjährige Fossil ist vielleicht nicht das eindrucksvollste, handelt es sich bei Leptolepides  sprattiformis doch um einen kleinen Schwarmfisch aus den warmen Meeren des Oberjura. Damals, vor rund 150 Millionen Jahren waren weite Gebiete der heutigen Schwäbischen Alb und der südlichen Frankenalb von ausgedehnten Flachmeeren bedeckt. Besonders in der Gegend um Solnhofen und Langenaltheim wurden ganze versteinerte Schwärme dieses kleinen Fischs gefunden. Die betreffende Schichten werden auch als „Fischli-Flinze“ bezeichnet.
Der Name Leptolepides sprattiformis bedeutet soviel wie „sprottenförmiger Zartschupper“. Und irgendwie erinnert das 4 bis 7 cm lange Fischchen wirklich an die heutigen Sprotten. Und genau wie die heutigen Heringsverwandten schloss sich auch Leptolepides sprattiformis wohl zu größeren Schwärmen zusammen, um den zahlreichen Räubern seiner Zeit zu entgehen. Auch damals im Oberen Jura standen kleine Fische auf dem Speiseplan einer ziemlichen Anzahl von größeren Räubern, die Welt war also der unseren nicht so unähnlich. Zwei mit Appetit auf unsere „Jurasprotten“ waren z.B. Rhamphorhynchus und Raubfische der Gattung Aspidorhynchus, die in einem spektakulären Fund gemeinsam zu Tode kamen.

Mageninhalte fossiler Räuber und versteinerter Kot, so genannte Koprolithen, mit Schuppen und Gräten dieser kleinen Schwarmfische geben uns auch heute noch über deren Schicksal Auskunft.
Dabei ist unser kleiner Leptolepides sprattiformis auch so kein uninteressanter Fisch. Er gehört zu den frühen Vertretern der echten Knochenfische, den Teleostei. Seine Wirbelsäule war bereits vollständig verknöchert. Damals hatten die Knochenfische noch nicht die dominierende Bedeutung, die sie heute haben. Leptolepides sprattiformis zählt noch zu den frühen Vertretern.

Der Körper unserer kleinen Fischlein war von sich überlappenden Rundschuppen bedeckt, die keine Schmelzschicht mehr besaßen und dem Körper kaum als Stütze dienen.
Dieses Charakterfossil des Plattenkalks ist schon seit dem 17. Jahrhundert bekannt, die Erstbeschreibung erfolgte 1818 durch den französischen Anatom Ducrotay de Blainvill als Clupea sprattiformis.
Die Fossilplatten, in denen ganze Schwärme dieses Fischs überliefert wurden, sind dadurch entstanden, dass sich die Fische auf der Flucht vor Räubern anscheinend in schwebenden Mikrobenmatten verfangen hatten. Als diese tödliche falle durch ihre last auf den Boden der Lagune sank, konnte sie dort als Fossil bis in unsere Zeit überliefert werden.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

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