Ein paar Gedanken zur Gehaltssituation in den Geobüros

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Der BDG hat am 10. Juni 2015 die Ergebnisse seiner Gehaltsumfrage veröffentlicht. Mit, wie ich finde, erschütternden Ergebnissen.
Insgesamt haben sich 443 Mitglieder des BDG an der anonymen Umfrage beteiligt, darunter waren 155 Berufsanfänger. Ich persönlich hätte mir durchaus gewünscht, dass sich mehr Leute an dieser wichtigen Aktion beteiligen. Denn gerade die Anfänger stehen im Vorstellungsgespräch schnell vor der Frage, welche Gehaltsvorstellungen sie denn haben. Hier könnte die Umfrage sicher eine gute Hilfestellung geben.
So bekommen Berufsanfänger bei Vollzeit in den Geobüros durchschnittlich 32 700€ im Jahr. Dieses Einkommen steigert sich auf durchschnittliche 51 300 € pro Jahr (mit rund 11 Jahren Berufserfahrung). Wobei mich hier nicht nur der reine Durchschnittswest interessieren würde, sondern auch die Spannbreite der Einzelwerte.
Doch einige Dinge fallen auf: Da ist zum einen die schlichte Tatsache, dass Frauen nach wie vor weniger Gehalt bekommen als Männer. Und dieser Unterschied lässt sich auch später nicht mehr wett machen. Im Gegenteil, er steigert sich sogar noch. Bei 6 und mehr Jahren Berufserfahrung beträgt dieser „Gender Gap“ bereits rund 20 %. Ich kann mir kaum vorstellen, dass hier Fakten wirklich ausschlaggebend sind. Die Geo-Branche scheint mir in diesem Fall immer noch sehr männerlastig zu sein. Es ist noch nicht so lange her, dass Frauen in den Geobüros (nichtrepresentative Gespräche mit mehreren Kommilitoninnen) extreme Probleme hatten, in der Branche überhaupt Fuß zu fassen. Und wenn, dann nur unter erheblichen Abstrichen im Gehalt. Eine der Konsequenzen daraus ist unter anderem, dass nur sehr wenige meiner ehemaligen Kommilitoninnen überhaupt noch in der Branche arbeiten..

Und vermutlich spielen sich auch hier viele der Mechanismen ab, die in diesem Interview dargestellt werden. Hier sollte sich ganz dringend etwas ändern. In seinem Kommentar geht der BDG da in meinen Augen etwas nonchalant hinweg („Der Einkommensnachteil der Geowissenschaftlerinnen gegenüber ihren männlichen Kollegen liegt zwar ebenfalls „im Trend“, darf uns aber keinesfalls zufrieden stellen. „). Den „Gender Gap“ findet man zwar auch in anderen Branchen ohne Tarifbindung (eigentlich fast überall) aber das macht die Sache nicht unbedingt besser. Es ist mir absolut unverständlich, warum dies nicht schlicht und ergreifend als das bezeichnet wird, was es ist: Eine Frechheit!
Das Zweite ist der immer noch auffällige Lohnunterschied zwischen West und Ost. In den Neuen Bundesländern liegt das Durchschnittsgehalt in den Geobüros gut 10 % unter dem im Westen. Hier kann man durchaus das oben gesagte ebenfalls nehmen. Warum klappt das auch 25 Jahre nach der Wiedervereinigung immer noch nicht? Es ist ja wohl kaum so, dass die Geologen in den neuen Bundesländern schlechtere Arbeit machen? Mich würde in den Zusammenhang auch interessieren, ob es weitere regionale Unterschiede gibt, z.B. zwischen Nord und Süd.
Vor allem weil die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen sowie zwischen Ost- und West auch bei den Berufsanfängern bestehen, ist hier sicher auch für die nähere Zukunft keine Abhilfe zu erwarten.
Die Betriebsgröße macht bei der Lohngestaltung keinen Unterschied. Es gibt allerdings anscheinend bei großen Betrieben mit über 50 Mitarbeitern einen höheren Anteil an Spitzenverdienern mit über 60 000 € im Jahr.
Es gibt aber noch etwas, das ich irgendwie erschreckend finde. Die ermittelten Gehälter der Geobüros liegen rund 20 bis 30 % unter denen, die im öffentlichen Dienst gezahlt werden (bei vergleichbarer Qualifikation). Die ist eine vergleichsweise neue Entwicklung. Noch in den 1980´er Jahren lagen die Lohnniveaus in der freien Wirtschaft und im öffentlichen Dienst gleichauf. Seit dem folgen die Gehälter der Geobüros einen bundesweiten Trend der nicht tarifgebundenen Branchen mit sinkenden Realeinkommen. Hinzu kommt ein teilweise enormer Preisdruck, der es den Büros nahezu unmöglich macht, höhere Preise für ihre Dienstleistungen am Markt durchzusetzen. Im Gegenteil. Dies führt unter anderem dann auch dazu, dass die Gehälter in der Branche nicht steigen. Dies kriegen auch Freiberufler zu spüren, die mit ihren teilweise sehr niedrigen Stundensätzen keine Altersvorsorge aufbauen können und sich daher von zukünftiger Altersarmut bedroht sehen.
Gleichzeitig droht den Geobüros aufgrund der geringeren Löhne gegenüber dem öffentlichen Dienst eine Abwanderung, sobald dort entsprechende Stellen frei sind. Wie sollen also qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefunden oder auch gehalten werden, wenn die Gehaltsunterschiede so eklatant sind?

Das Problem sind hier die teilweise sehr niedrigen Stundensätze, die sich oft recht deutlich von denen unterscheiden, die vom BDG empfohlen werden. Leider werden sich die durch den sehr harten preislichen Wettbewerb nicht so ohne weiteres anheben lassen. Und ohne eine entsprechende Wertschöpfung können die Büros die Gehälter auch nicht nennenswert anheben.

Leider zeigt sich in der Geo-Branche immer wieder, dass sich Leistung eben nicht immer lohnt, wenn gleichzeitig Geiz geil ist.

Eines zeigt die Unfrage aber gut. Der alte Rat an Berufseinsteiger, sich doch am TVöD zu orientieren, ist absolut nicht im Einklang mit der Realität.

 

BDG unzufrieden mit Gehaltssituation: Ergebnisse der Umfrage unter Angestellten in Geobüros

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

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