DCONex 2023 – das 10. Jubiläum

Achtung, Asbest!

Der Fachkongress DCONex konnte in diesem Jahr ein kleines Jubiläum feiern. Zum 10. Mal trafen sich Fachleute aus dem Bereich Gebäudeschadstoffe und Bauen im Bestand, um sich über die neuesten Entwicklungen zu informieren. Die DCONex gibt es seit 2009, damals in Augsburg gestartet und ist seit 2014 in der Messe Essen beheimatet. Das war dann auch die erste DCONex, an der ich teilgenommen habe. Damals (!) noch nur den Block über Asbest. Ich weiß nicht, ob man auch heute noch nur einen Themenblock gesondert buchen kann.

Naja, und überhaupt ist die Veranstaltung auch gut gewachsen. Zu Anfang noch alle 2 Jahre und nur in einem Saal, findet sie mittlerweile jedes Jahr mit 3 parallelen Sessions statt. Das ermöglicht einerseits mehr Vielfalt an Themenblöcken, aber es verlangt auch einige Entscheidungen bei den Zuhörern. Man kann sich ja leider nicht zerreißen.

Ich hatte diesmal etwas mehr Zeit, da wir in diesem Jahr keinen eigenen Stand zu betreuen hatten. Das bedeutet, ich konnte mich ganz den Vorträgen widmen und musste meine Zeit nicht mit anderen aufteilen.

Achtung, Asbest! Ein Mensch in voller Schutzausrüstung unter einem Warnschild vor Asbest

Neue Entwicklungen

Wie schon traditionell üblich wurden in der ersten Abteilung die neuen Entwicklungen vorgestellt, die sich seit der letzten DCONex zugetragen haben. Hier ging es, auch das hat eine gewisse Konstanz, um die schon länger angekündigten Richtlinien und Verordnungen. Auch diesmal natürlich keine direkten Erscheinungsdaten, aber die optimistische Aussage, es könnte in diesem Jahr so weit sein.

Die Gefahrstoffverordnung

Den Anfang machte Andrea Bonner von der BG Bau mit der schon länger köchelnden Gefahrstoffverordnung, die sich nun endlich doch auf der Zielgeraden befinden soll. Und das ja nicht erst seit gestern, das Thema hatten wir hier schon mehrfach. Auch Frau Bonner wollte sich hier nicht auf einen konkreten Termin festlegen, war aber verhalten optimistisch, dass es durchaus im 2. Quartal 2023 soweit sein würde. Wir dürfen also weiterhin gespannt sein.

Asbest beim Bauen im Bestand

Im Prinzip sind Arbeiten mit asbesthaltigem Material aus Gründen des Gesundheitsschutzes verboten. Aber das ist natürlich in der Realität nicht wirklich machbar. Da wäre zum einem die Frage, welche Tätigkeiten mit Asbest auch weiterhin zulässig sein würden. Hier bleibt es bei den gerne genannten ASI-Tätigkeiten, wobei das Akronym für Abbruch, Sanierung und Instandhaltung steht.

Erklären sich die ersten beiden Begriffe noch halbwegs als Rückbau und vollständiges Entfernen der asbesthaltigen Materialien sowie eventuelle räumliche Trennung schwach gebundener Asbestprodukte, bleibt die Frage, was hier mit Instandhaltung eigentlich gemeint sein soll.

Unter der Instandhaltung wird die Wartung und die Inspektion verstanden, aber eben gerade nicht die Instandsetzung.

Im Weiteren wurden einige Paragrafen vorgestellt, die im Referentenentwurf 2022 enthalten waren und die es mit großer Wahrscheinlichkeit auch in die endgültige Fassung schaffen werden.

Weiterhin werden auch das Konzept der Akzeptanz- und Toleranzkonzentration in die GefStoffV eingehen. Die Begriffe sind ja aus der TRGS 519 bereits bekannt.

§ 5a Mitwirkungs- und Informationspflicht

Der Normadressat dieser Informationspflicht ist der Veranlasser der Tätigkeiten. Er hat vor Aufnahme der Tätigkeit die bauliche Anlage zu erkunden und festzustellen, ob aufgrund der Nutzungs- oder Baugeschichte des Objekts mit Gefahrstoffen, insbesondere Asbest zu rechnen sei und ob diese durch die Tätigkeiten freigesetzt werden könnten. Die Ergebnisse der Erkundung sind vor Beginn der Bautätigkeiten an die beauftragten Unternehmen weiterzuleiten. Das gilt auch für private Haushalte, damit hier keine Missverständnisse aufkommen.

Die Anwesenheit von Asbest wird dabei bei allen Bauten vermutet, deren Baubeginn vor dem 31. Oktober 1993 liegt. Das Datum scheint mir etwas eng an das Asbestverbot gekoppelt. In dem Diskussionspapier über die verdeckten Asbestprodukte von 2015 wurde ja sogar bis 1995 von einem Asbestverdacht ausgegangen. Natürlich sind auch die Übergangsfristen der Chemikalien-Verbotsverordnung vom 14. Oktober 1993 zu beachten.

Der generelle Asbestverdacht kann durch eine historische oder technische Erkundung ausgeräumt werden.

§ 11 Verwendungs- und Tätigkeitsbeschränkungen

Die Gewinnung, Aufbereitung, Wiederverwertung und Weiterverarbeitung von natürlich vorkommenden mineralischen Rohstoffen und den daraus hergestellten Gemischen und Erzeugnissen mit einem Asbest-Massengehalt von mehr als 0,1 Massen% ist verboten.

Gleiches gilt für die weitere Verwendung asbesthaltiger Materialien, denen Asbest absichtlich zugesetzt wurde und die bei Tätigkeiten anfallen außer zur Abfallbehandlung und Abfallentsorgung.

Ebenfalls verboten sind Tätigkeiten an asbesthaltigen Materialien in oder an baulichen, technischen Anlagen, einschließlich Geräten, Maschinen, Fahrzeugen oder sonstigen Erzeugnissen, mit Ausnahme von Abbruch, Sanierungsarbeiten und Instandhaltung.

Ausnahmen der Ausnahmen

Die Ausnahmen vom Tätigkeitsverbot gelten hingegen nicht für eine feste Überbauung oder Überdeckung asbesthaltiger Bauteile, wenn diese ursprünglich einzeln befestigt wurden. Dergleichen ist das Reinigen und Beschichten an nicht vollflächig beschichteten Asbestzementdächern und Außenwandflächen aus Asbestzement nicht erlaubt.

Anforderungen und Qualifikation

An die im Asbestbereich tätigen Firmen werden einige Anforderungen gestellt. Die Firmen selber bedürfen einer Zulassung der zuständigen Behörde, wenn sie Tätigkeiten im Bereich des hohen Risikos durchführen wollen. Der Arbeitgeber hat die Tätigkeiten spätestens eine Woche vor Beginn bei der zuständigen Behörde anzuzeigen, wobei Art und Umfang der Anzeige vom Risikobereich der geplanten Tätigkeiten abhängt.

Außerdem hat der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung sowie die Festlegung der Schutzmaßnahmen und die Unterweisung durch eine sachkundige Person als verantwortliche Person erfolgt.

Zudem muss die Tätigkeit von einer sachkundigen und weisungsbefugten Person beaufsichtigt werden. Die Beschäftigten, welche die Tätigkeiten ausführen, müssen die für die jeweilige Tätigkeit erforderliche Fachkunde besitzen.

Die neue LAGA M 23

Nicht nur die Gefahrstoffverordnung harrt der Überarbeitung. Dasselbe gilt auch für die LAGA M 23. Diese Vollzugshilfe zur Entsorgung asbesthaltiger Abfälle soll, so ist laut Falk Fabian vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft in Baden-Württemberg der Plan, noch in diesem Jahr erscheinen.

m Jahr 2018 wurden in Deutschland insgesamt 59,8 Mio. t. Bauschutt erzeugt. Davon gingen rund 77,9 % zurück ins Recycling, 16 % dienten als Verfüllung und nur 6 % mussten als Abfälle beseitigt werden. Das macht aber immer noch 3,6 Mio. t aus.

In der letzten Zeit hat sich hinsichtlich des Schadstoffes Asbest einiges getan. Nicht zuletzt durch den zurückliegenden Asbestdialog, aber auch durch die immer deutlichere Forderung, verstärkt Recyclingbaustoffe zu nutzen, um damit Ressourcen zu schonen, dabei aber gleichzeitig eine wirksame Ausschleusung asbesthaltigen Materials aus dem Stoffkreislauf sicherzustellen.

Aus diesem Grund befindet sich das LAGA M 23 seit 2020 in Überarbeitung. Ziel ist hier die Ausschleusung von Asbest unter Sicherstellung von Baustoffrecycling. Das Konzept und die dahinterstehende Strategie hatte Herr Falk auch schon auf dem 31. Asbestforum im letzten Herbst vorgestellt.

Neue Rechtsanforderungen in der Praxis

Aktuelles aus der TRGS 519

Auch die TRGS 519 wird zurzeit überarbeitet, allerdings soll hier keine grundlegende Novellierung erfolgen. Vielmehr soll hier die neue Gefahrstoffverordnung integriert und die Expositions-Risiko-Matrix eingeführt werden. Andrea Bonner von der BG Bau brachte uns diesbezüglich auf den aktuellsten Stand.

Weiter sollen auch erste Module des modularen Qualifikationssystems zum Erwerb der Fach- respektive Sachkunde bei Tätigkeiten mit Asbest eingeführt werden.

Neu wäre auch die Zulassung von Entstaubern der Klasse M bei Tätigkeiten, die mit abgestimmten staubarmen Bearbeitungssystemen ausgeführt werden und die gleichzeitig als emissionsarmes Verfahren anerkannt sind.

Branchenlösung Asbest – Umsetzung in die Praxis

Frau Bonner blieb uns auch beim nächsten Thema erhalten. Hier ging es um die Branchenlösung „Asbest beim Bauen im Bestand“. Rund 70 % der Baumaßnahmen im Hochbau finden als Bauen im Bestand statt. Ganz besonders gilt dies im Bereich des Wohnungsbaus. Hier sind 84 % aller Wohngebäude vor 1995 erbaut, und damit zu einem Zeitraum, in dem Asbest (bis 1993) verwendet wurde und zumindest bis 1995 noch der Verdacht besteht, dass hier Restbestände asbesthaltiger Materialien verwendet wurden.

Das hat einige Bedeutung besonders für die Betriebe, die hier meist tätig sind, und dabei handelt es sich um rund 572 000 gewerbliche Unternehmen mit rund 2 700 000 Beschäftigten Personen. Man kann also unschwer erkennen, dass dies kein kleines Problem darstellt.

Das zeigt, dass Asbest kein Problem der Vergangenheit ist, sondern vielmehr auch in der Gegenwart immer noch relevant ist. Als Hilfestellung hat die Berufsgenossenschaft hier zum einen die Broschüre „Asbest beim Bauen im Bestand“ herausgegeben. Diese Broschüre ist unter der Adresse www.bgbau.de/asbest abrufbar und beruht auf den Eckpunkten der Gefahrstoffverordnung. Hier wird das Vorgehen bei Tätigkeiten bei asbesthaltigen Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern in der Übergangszeit beschrieben.

Im weiteren Verlauf sollen tätigkeitsspezifische Arbeitsblätter erarbeitet werden. Bereits erschienen sind Blätter zu den Themen:

  • setzen von Bohrlöchern
  • Bohren von Dosenlöchern / Dosensenken
  • Aus- und Einbau von Fenstern
  • Entfernen von Tapeten und Vorbereiten für das Aufbringen neuer Bekleidungen bzw. Beschichtungen
  • Demontage geschraubter Beplankungen (Gipskarton) von Trockenbauwänden mit asbesthaltigen Spachtelungen

Neben der Information über Asbest, seine Gefahren und seine Vorkommen beim Bauen im Bestand gibt es noch die Unterstützung bei der Prävention. Dazu gehört die Qualifikation der Unternehmen über ein breites Angebot an Schulungen sowie die Förderung von Schutzmaßnahmen. Und da beides zusammen am besten wirkt, erfolgt die Beitrags-unabhängige Förderung mit 50 % bei maximal 5000 € Kosten für Schutzausrüstung, wenn mindestens 50 % der Mitarbeitenden an den E-Schulungen zu dem Thema teilgenommen haben.

Schutzmaßnahmen im Umgang mit Asbest in der Schweiz

Einen Einblick in die Schutzmaßnahmen im Umgang mit Asbest in der Schweiz gab uns Clemens Jehle von Jehle Umweltdienste GmbH. Manche Dinge laufen auch in Sachen Asbest eben etwas anders in der Schweiz, was sicher nicht nur der Mehrsprachigkeit geschuldet ist. Immerhin muss hier alles in die verschiedenen Amtssprachen übersetzt werden. Interessant war auch der Überblick über die involvierten Behörden und Institutionen.

In Sachen Asbestverbot war die Schweiz ein wenig schneller als Deutschland. Hier wurde der ehemalige Wunderstoff bereits ab 01. 03. 1990 verboten, es galten aber gewisse Ausnahmen und Übergangsregelungen für ausgewählte Anwendungen wie z.B. Druckrohre, einige Faserzementplatten oder Filter bis zum 31.12.1994.

Seit Dezember 2016 besteht Abklärungs- oder Ermittlungspflicht von Bauschadstoffen und Bauabfällen, wobei es aber keine normativen Vorgaben zu Art oder Methoden hinsichtlich der Analytik gibt.

Anforderungen an Recyclingmaterial

Status quo zu Asbestgehalten in Recyclingmaterial

Michael Mund vom Ingenieurbüro Mund brachte das Thema Recyclingbaustoffe und Schadstoffe auf die Tagesordnung. Dabei ging es hauptsächlich um Bauschutt beziehungsweise mineralisches Abbruchmaterial wie Gipskartonplatten, PVC Bodenbeläge, Metalle und so weiter.

Dabei müssen vor einem möglichen Recycling der Abfälle mögliche Stör- und Schadstoffe wie beispielsweise Asbest erkundet, gefunden und möglichst auch entfernt werden. Sollte das aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich sein, bleiben die Abfälle genau das: Abfälle.

Wobei Asbestfreiheit bei Bauschutt nicht unbedingt bedeuten muss, dass kein Asbest vorhanden ist. Nach der neuen LAGA M 23 (5.1.3, Stand 02-2022) kann Bauschutt auch dann als asbestfrei gelten, wenn nach geeigneter Probenahme und Analyse nach VDI 3876 ein Beurteilungswert von 0,01 Mass% unterschritten wird.

Man sollte dabei aber bedenken, dass eine Asbestfreiheit nach rechnerischer Ermittlung des Asbestgehaltes verboten ist. Werden bereits visuell asbesthaltige Verwendungen erkannt, so gilt das Haufwerk oder das betreffende Bauteil als asbesthaltig.

Gerade der letzte Punkt ist durchaus nicht trivial. Herr Mund führte einen kleinen Feldversuch vor, bei dem eine rund 2 m² große gefärbte Faserzementplatte von 35,5 kg in einem gut 360 m³ großen und 365 t schweren Haufwerk gebrochen und vermischt wurde. Die Platte war also weniger als 0,01 Mass% des Haufwerks und hätte im besten Fall rund 10 Mass% Asbest enthalten. Die Bruchstücke waren in dem Haufwerk gut zu erkennen. Hier zeigt sich, dass bereits geringe Mengen eines gut erkennbaren Asbestprodukts ausreichen, um ein Haufwerk als asbestbelastet zu markieren. Faserzement ist hier aufgrund seines charakteristischen Aussehens und seiner auch als Bruchstück guten Erkennbarkeit besonders kritisch. Aus diesem Grund wollen viele Produzenten von Recyclingbaustoffen auch nachgewiesenermaßen asbestfreie Faserzemente nicht in ihren Anlagen sehen.

Ersatzbaustoffverordnung – Anforderungen an Rückbaumaßnahmen

Die Mantelverordnung wurde am 16.07.2021 verkündet und soll in diesem Jahr, am 01.08. 2023 im Kraft treten. Die sich daraus ergebenden Anforderungen an Rückbaumaßnahmen stellte Christoph Wortmann von Wessling GmbH vor.

Die Ersatzbaustoffverordnung (Mantelverordnung) gilt für die Herstellung mineralischer Ersatzbaustoffe sowohl im mobilen als auch stationären Aufbereitungsanlagen sowie deren Inverkehrbringung.

Dabei wird eine Güteüberwachung für die betreffenden Aufbereitungsanlagen verpflichtend.

Asbest wird in der Mantelverordnung nicht durch Material- oder Überwachungswerte begrenzt, im Gegensatz zu etlichen anderen Schadstoffen und Parametern.

Um eine hohe Verwertungsquote bei gleichzeitig hohem Qualitätsstandard aufrechtzuerhalten, ist es zwingend notwendig, auch Bau- und Abbruchabfälle mit geringen Massengehalten an Asbest (< 0,1 Mass%) auszuschleusen und nicht dem Recycling zuzuführen.

Die Mantelverordnung respektive Ersatzbaustoffverordnung als bundeseinheitliche Verordnung ist begrüßenswert. Dazu muss es aber auch noch zu einer einheitlichen Umsetzung kommen, inklusive Arbeitshilfen und so weiter. Die zwingende Überwachung der Aufbereitungsanlagen könnte eventuell dazu führen, dass dies nur noch bei größeren Baumaßnahmen wirtschaftlich machbar ist.

Die Verschärfung einiger Parameter (z.B. PAK) und vor allem der Kostenfaktor könnte auch zu einer Verschiebung vom Recycling hin zu einer Deponierung führen.

Allen Maßnahmen, die zurzeit in der Planung sind, sollten bereits jetzt die Anforderungen der Mantelverordnung berücksichtigen, um Mehrkosten zu vermeiden. Insgesamt dürften die Kosten für Untersuchung, Planung und Gutachten steigen. Auch der Zeitaufwand dürfte sich erhöhen.

VDI 6202 Blatt 10

Bernd Sedat vom Sachverständigenbüro Dr. Sedat brachte uns auf den Stand bezüglich der geplanten VDI 6202 Blatt 10 – Asbest im Bauschutt, im Recyclingmaterial und in Altablagerungen.

Die Frage, wie asbesthaltige Bauteile sich im Bauschutt finden und auch daraus entfernen lassen, ist eine der Schlüsselfragen in Sachen Baustoffrecycling. Nur wenn es uns gelingt, diesen und auch andere Bauschadstoffe sicher aus dem Kreislauf zu entfernen, wird hier eine Akzeptanz zu erreichen sein.

Und das ist alles andere als trivial. Schon makroskopisch (ich erinnere hier auch an den Vortrag von Herrn Mund oben) lassen sich viele Asbestprodukte im Bauschutt finden. Das setzt sich in der Analytik fort. Für die geplante VDI 6202 Blatt 10 wurden verschiedene Probenahmen durchgeführt. Dabei wurde in 8 von insgesamt 20 Laborproben Asbest nachgewiesen, 2 davon lagen sogar über 0,005 Mass%. Allerdings keine über 0,1 Mass%.

In der geplanten VDI sollen unter anderem eine Definition und Hilfe zur Diagnostik von geogenem Asbest in Abgrenzung zu den technischen Asbestprodukten nach REACH-V behandelt werden.

Weiter geht es um die Definition von Anforderungen an ein Abbruchkonzept als Grundlage für eine Asbestentfrachtung von baulichen und technischen Anlagen.

Dazu soll eine Untersuchungsstrategie für abbruchnahe Haufwerke festgelegt werden. Kernpunkte sind hier eine methodische Anlehnung an die VDI 6202 Blatt 3 sowie statistisch basierte Verfahren.

Hinzu kommen Vorgaben bezüglich Anzahl und Auswahl von Proben und Umgang mit asbesthaltigem Bodenaushub.

Verantwortlichkeit und Haftung von Bauherrn, Planern und Gutachtern

Dieses eigentlich doch recht trocken erscheinende Thema wurde auf eine kurzweilige und doch informative Art von Goetz Michaelis vorgetragen. Geklärt wurde dabei die Frage, was denn überhaupt ein Baumangel ist, nämlich die Abweichung des Bau-Ist vom vertraglich geschuldeten Bausoll. Eine Frage, die auch nicht immer so einfach zu beantworten ist, wie etliche Beispiele aus der Praxis gezeigt haben.

Spannend war auch die Frage, was denn genau unter dem Begriff „anerkannte Regeln der Technik“ genau zu verstehen ist.

Anerkannte Regeln der Technik

Damit sind diejenigen technischen Regeln gemeint, die in der technischen Wissenschaft als theoretisch richtig anerkannt werden und feststehen. Sie müssen auch in den Kreisen der für die Anwendung zuständigen Techniker bekannt und anerkannt sein. Diese Techniker sollten selbstverständlich auf dem neuesten Stand sein.

Ein Verstoß gegen diese anerkannten Regeln der Technik liegt dann vor, wenn der Auftragnehmer technische Regeln nicht beachtet, die sich in der Baupraxis bewährt und die sich in der Wissenschaft bewährt haben.

Das ist nicht unbedingt mit dem Stand der Technik zu verwechseln. Dieser kann sich unter Umständen noch nicht jahrelang bewährt haben. Hier kann es notwendig sein, den Auftraggeber darauf hinzuweisen und ihn gegebenenfalls entscheiden zu lassen, damit später kein Baumangel entsteht.

Unter die anerkannten Regeln der Technik fallen zum Beispiel die DIN-Normen, VDI Richtlinien oder Unfallverhütungsvorschriften. Sie sind nicht feststehend, sondern passen sich an den jeweiligen Entwicklungsstand an. Als Konsequenz stellen sie den Mindeststandard dar, den ein Auftragnehmer zu erbringen hat.

Als Stichwort der DIN-Normen bleibt festzustellen, dass sie keine Rechtsnormen sind, sondern als „private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter“ gelten. Das kann auch bedeuten, dass DIN-Normen nicht mehr dem anerkannten Stand der Technik entsprechen, auch wenn sie die Vermutung für sich haben, diesen wiederzugeben.

Aus dieser Vermutung ergibt sich eine Beweislastumkehr. Wer eine DIN-Norm zu Fall bringen will, der muss dies daher auch belegen. Hat sich also ein Auftragnehmer an ein technisches Regelwerk gehalten, so muss der Auftraggeber als „Geschädigter“ beweisen, dass trotz des Einhaltens der DIN-Normen anerkannte Regeln der Technik verletzt wurden.

Forschung und Praxis bei Bau- und Abbruchabfällen.

Das Projekt Recbest, oder wie man aus schadstoffbelasteten Gebäuden mehr Recyclingbaustoffe gewinnen kann

Das Projekt Recbest hatte ich ja schon im Herbst auf dem 31. Asbestforum kennengelernt. Hier wurde uns von Martin Hönig von der Wessling GmbH noch einmal dargelegt, wie man auch aus schadstoffbelasteten Gebäuden im Falle des Rückbaus mehr recycelbares Material gewinnen kann.

Das Problem ist in unserem Fall Asbest. Nahezu jedes Gebäude, dass im Zeitraum von 1960 bis 1990 erbaut oder umgebaut wurde, dürfte diesen ehemaligen Wunderstoff enthalten. Schätzungsweise die Hälfte der Gebäude auch enthält auch asbesthaltige Fliesenkleber, Spachtel oder Putze, die ohnehin schon schwer zu finden sind. Ein weiteres Problem dürfte sein, dass der weitaus größte Teil der Abbruchabfälle in Klein- und Kleinstmengen angeliefert wird. All das führt dazu, dass schätzungsweise rund 20 bis 75 % alle Abbruchabfälle aus nicht ausreichend erkundeten Gebäuden stammt.

Wie sieht da das Faserfreisetzungsverhalten aus? Fallversuche haben zum Beispiel gezeigt, dass auch bei Asbestgehalten von 0,1 bis 1 Mass% mit erheblichen Freisetzungen zu rechnen ist (40 000 bis 1 200 000 Fasern / m³).

Das zeugt die Bedeutung der Erkundung, z.B. nach VDI 6202 Blatt 3. Hier sollten asbesthaltige Bauteile zuverlässig ermittelt und abgegrenzt werden. Dabei muss die Untersuchung abbruchbegleitend fortgeführt werden.

Auch hier zeigt sich erneut, dass bereits geringe Mengen sichtbarer asbesthaltiger Materialien in Haufwerken diese sehr nachhaltig kontaminieren können. Findet man zum Beispiel nur eine asbesthaltige Scherbe an der Oberfläche, befinden sich mit 95 %er Wahrscheinlichkeit noch 25 weitere Scherben in jedem m³ des Haufwerks. Diese Berechnung konnte in auch hier in Experimenten durchaus bestätigt werden.

Was uns wieder zu den asbesthaltigen Abstandshaltern und Mauerstärken führt. Diese stecken meist unsichtbar im Beton. Experimente mit transportablen Röntgengeräten und anderen technischen Detektionsverfahren waren bislang nicht sonderlich erfolgreich. Ob eine KI unterstützte Erkennung asbesthaltiger Scherben hilft, halte ich zumindest in der Zukunft für durchaus denkbar. Dieser Ansatz wird auf jeden Fall weiter verfolgt.

Exemplarische Untersuchung von historischen Auffüllungen auf Asbest

Seit 2020 gibt es den ITVA/BVB Arbeitskreis „Asbest in Böden und Bauschutt“. Auch hier wird die Fragestellung bearbeitet, wie sich Asbest in Böden, aber eben auch in Bauschutt am schnellsten und am sichersten nachweisen lässt. Wobei hier das Hauptaugenmerk auf Böden und Altlasten liegt.

Immerhin wird Asbest in Europa seit rund 100 Jahren in vielfältiger Weise verwendet und findet sich demnach auch in Altlasten und Böden wieder. Die Frage ist, wie lässt sich dieser Asbest mit möglichst einheitlichen Methoden nachweisen. Bislang scheint die Reaktion auf diese Bodenbelastung irgendwo zwischen übersehen und überreagieren zu schwanken.

Daher hat dieser Arbeitskreis nichts weniger als Ziel, einen wissenschaftlich begründeten Umgang mit Asbest im Böden und Bauschutt zu entwickeln. Zumal Asbest als natürliches Mineral ja auch ohne menschliches Handeln bereits in der Umwelt und damit in Böden vorhanden sein kann.

Zu diesem Zweck wurden an 5 verschiedenen ausgewählten Standorten in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen stichprobenhafte Untersuchungen durchgeführt.

Nach dem Anlegen der Baggerschürfen, Bodenansprache und dem Erstellen von Schichtenverzeichnissen erfolgte eine erste visuelle Prüfung im Anschnitt und im Haufwerk hinsichtlich verdächtiger Materialien.

Versuchsergebnisse

Wo asbesthaltige Scherben auch im Wegebau eingesetzt wurden oder wo aufgrund eines ehemaligen asbestverarbeitenden Betriebs ein konkreter Asbestverdacht bestand, traten auch die höchsten Werte auf. Die drei anderen Standorte wären nach der novellierten LAGA M 23 möglicherweise als asbestfreies Material in engeren Sinne zu deklarieren, aber mit Einzelfunden in den Haufwerken und einzelnen Faserfunden im Labor. Bodenmaterial mit begründetem Verdacht auf eine Asbestkontamination, insbesondere bei sichtbaren Asbestfunden, ist in der Regel als gefährlicher Abfall zu entsorgen.

Die Ergebnisse der Fallrohrversuche können vermutlich nur als eine Art Worst-Case-Szenario gelten, sie zeigen aber auch, dass unter Umständen aus Böden Asbestfasern freigesetzt werden können. Hier sind sicher noch weitergehende Untersuchungen notwendig.

Die Stichproben zeigen, dass in historischen mineralischen Auffüllungen Asbest häufig nachweisbar sein dürfte. Sollte die novellierte LAGA M 23 so kommen, ist bei „asbestkontaminiertem Bodenmaterial mit Gehalten unter 0,048 Mass%“ mit einem Zuwachs an zu deponierendem Bodenmaterial zu rechnen. Hier müssen im Sinne des Flächenrecyclings auch bodenschutzrechtliche Instrumente angewendet werden dürfen. So ist z.B. alleine aus der Anwesenheit von Asbest im Boden vermutlich keine Gefahr im Sinne des Bodenschutzrechts ableitbar, solange es nicht zu einer Freisetzung des Schadstoffes kommt. Hier dürften aber noch weitere Untersuchungen zum Freisetzungsverhalten von Böden unter natürlichen Bedingungen notwendig sein.

Beispielprojekt mit besonderen Herausforderungen in der Umsetzung

Robert Texter von der Buhk Umweltberatung GmbH hatte uns wieder auf das RecBest Projekt zurückgebracht. Auch hier ging es wieder um die Erkennung von asbesthaltigen Bauteilen, wie Abstandshalter oder Mauerstärken. Solange diese vor Abbrucharbeiten nicht sicher erkannt und vom Rest getrennt werden können, ist es schwierig, das enorme Recyclingpotential aus dem Abbruch auch vernünftig nutzen zu können. Hier scheint auch derzeit das große Defizit zu herrschen. Zumindest ist die zuverlässige Detektion asbesthaltiger Baumaterialien im Abbruch mit der derzeitigen Technik noch nicht sicherzustellen.

Schadstoffarme Bauprodukte

Im letzten Block ging es um nachhaltiges Bauen und schadstoffarme Bauprodukte. Schließlich sollte es doch im Sinne eines ungefährlichen Nutzung und anschließend einfachem Recycling sein, möglichst keine Schadstoffe zu verbauen. OK, als Analytiker sollte ich vielleicht Nachhaltigkeit anders definieren, dass wir heute die Schadstoffe einbauen, die wir morgen analysieren können. Aber im Ernst, das schadstofffreie Bauen ist deutlich weniger Trivial als man vielleicht auf den ersten Blick vermuten möchte. Von daher wird es auch in Zukunft noch genug für Leute wie mich zu tun geben. Dafür sollte eigentlich Asbest schon alleine reichen.

Gesunde Innenraumluft durch vorausschauende Auswahl von Bauprodukten

Den ersten Part übernahm Andrea Franck-Mokroß vom Sachverständigenbüro Mokroß. Die Innenraumluft in Gebäuden ist vielen Belastungen ausgesetzt, und nicht alle stammel auch aus Bauprodukten. Beispiel die VOC, die volatilen organischen Substanzen. Sie stellen tatsächlich einen guten Anteil an der Innenraumluft in Gebäuden, und daran tragen wir in vielfältiger Weise bei.

Dabei sollte eine gesunde Innenraumluft eigentlich möglichst wenige VOCs enthalten, denn diese sind nicht nur reizend und oft ätzend, sie stehen auch im Verdacht, Allergien oder sogar Krebs auslösen zu können. Meist stammen diese Substanzen aus Baumaterialien oder Möbeln, aber gerne auch aus Kosmetika, Reinigungsmitteln oder gerne auch aus den Raumerfrischern.

Bewertungsgrundlagen nach dem AIR, dem Ausschuss für Innenraumrichtwerte bzw. AgBB, dem Ausschuss zur gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten. Beide haben leicht unterschiedliche Bewertungskriterien. Der AIR orientiert sich am Vorsorgeprinzip, der AgBB am Prinzip der Gefahrenabwehr.

Ich will mich hier nicht so sehr an einzelnen Substanzen festhalten, denn in der Innenraumluft befindet sich ja meist ein ganzer Cocktail verschiedener Einzelsubstanzen, bei dem eventuell Vorsorgerichtwerte der einzelnen Stoffe nicht überschritten werden, die aber in der Gesamtheit durchaus bedenklich sein können (TVOC Konzept – total volatile organic compounds). Daher ist die Bewertung der Summe der VOC ein wichtiger Bestandteil der Bewertung der Raumluft.

Die einzelnen Stufen des TVOC reichen hier von weniger als 0,3 mg/m³ als hygienisch unbedenklich über erhöhten Lüftungsbedarf ( – mg/m³), hygienisch auffällig ( – mg{m³), hygienisch bedenklich (> 3 bis 10 mg{m³) und schließlich > 10 mg/m§ als hygienisch inakzeptabel.

Wie kann das Ziel einer möglichst unbelasteten Raumluft erreicht werden? Zum einen durch die Auswahl von emissionsgeprüften und emissionsarmen Bauprodukten. Diese sollten den Vorgaben des AIR für die Innenraumluft entsprechen. Auch nach AgBB geprüfte Produkte entsprechen dem baulich geforderten Mindeststandard der Gefahrenabwehr und entsprechen damit durchaus auch dem Vorsorgeprinzip. Besonders emissionsarme Bauprodukte sollten aber nicht nur die Anforderungen des AgBB erfüllen, sondern auch die Vorgaben des AIR. Daneben gibt es auch einige Labels, die alle Emissionsarmut bestätigen. Was es mit denen auf sich hat, zeigte der letzte Vortrag.

Zertifizierung von Bauprodukten – welches Label soll es denn sein?

Um schadstoffarme Bauprodukte zu kennzeichnen, gibt es auf dem Markt inzwischen eine Menge Label. Welche dabei eine Rolle spielen und was sie aussagen, das konnten wir von Daniel Tigges vom eco-Institut Germany GmbH erfahren.

Fazit

In diesem Jahr konnte ich mich ganz auf die Vorträge und nette Gespräche in den Pausen konzentrieren, da wir selber keinen Stand zu betreuen hatten. Das wird sich im nächsten Jahr sicher auch wieder ändern, aber dieses mal wäre es durch verschiedene Dinge etwas viel geworden. Auch so hat es wieder viel Spaß gemacht. Insgesamt stelt sich die DCONex wieder etwas breiter auf, die Themen decken verschiedene Gebäudeschadstoffe ab und hier sind sicher nur ein Teil im Blog abgedeckt. Bei drei Sessions parallel muss man sich irgendwo entscheiden.

Im nächsten Jahr wird sich aber einiges auch verändern. So wird die DCONex Essen verlassen und nach Münster umziehen. Das ist auf der einen Seite natürlich schade. Man hat über die Jahre nicht nur die Messe Essen kennengelernt und weiß, wo hier was in der Umgebung zu finden ist. Auch die ganze Infrastruktur rund um die Messe hat man zu schätzen gelernt. Münster wird da zuerst einmal Neuland sein. Auf der anderen Seite ist die Veranstaltung auch sehr gewachsen und die Platzverhältnisse hier waren auch nicht immer ideal. Und das alte Team des Veranstalters bleibt ja erhalten, sodass ich mich auch wieder in guten Händen weiß. Hoffentlich sehen wir uns alle vom 23. 01 bis 24.01. 2024 im MCC Münster gesund und munter wieder.

Eine Fotostrecke von den Vortragenden und der Veranstaltung ist unter https://flic.kr/s/aHBqjAp7HB zu finden.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

2 Kommentare

  1. Gerade über die Label für schadstoffarme Produkte hätte ich gerne noch etwas erfahren. Schade, dass da der Elan des Schreibers nachgelassen hat.
    Gruß
    HU

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