Dürre in Ostafrika

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Die Dürrekatastrophe in Ostafrika hat es mal wieder in die Schlagzeilen der Medien geschafft, und auch aus der Politik kann man wieder viel mehr oder weniger hilfreiche Aktivitäten vernehmen. Leider immer erst dann, wenn es eigentlich zu spät ist. Denn was uns mit unserem medialen Horizont zwischen Eurokrise und Energiewende zu überraschen scheint, ist eigentlich eine Tragödie mit langer Ankündigung.

Auch wenn es sich um die wohl schlimmste Hungersnot in der Region seit 20 Jahren handelt und mehr als 11,5 Millionen Menschen in Dschibuti, Kenia, Somalia und Äthiopien auf Nahrungshilfen angewiesen sind, es hätte rechtzeitig Vorsorge getroffen werden können.

Und die Zahl der Hungernden wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch zunehmen. Den Grund kann man ziemlich unschwer an der folgenden Illustration erkennen. Gezeigt wird das Wachstum der Pflanzen, die normalerweise um diese Zeit, also Juni bis August geerntet werden sollten. 

Dürre in Ostafrika 2011

 

NASA Earth Observatory image created by Jesse Allen, using data provided by the United State Department of Agriculture Foreign Agriculture Service and processed by Jennifer Small and Assaf Anyamba, NASA GIMMS Group at Goddard Space Flight Center. Caption by Holli Riebeek.

Erstellt wurde die Grafik aus Daten des Advanced Very High Resolution Radiometer (AVHRR) vom NOAA-18 POES Satellit und basiert auf dem Licht, welches photosynthetisierende Pflanzen normalerweise absorbieren. Dort, wo zum Zeitpunkt der Datenaufnahme mehr Pflanzen als sonst in der betreffenden zeit Photosynthese betreiben, ist die betreffende Gegend grün gehalten und Gebiete, in denen unterdurchschnittlich wenige Pflanzen vorhanden sind, zeigen sich in braunen Tönen. Man kann unschwer erkennen, dass insbesondere die Krisenregion in deutlichen Brauntönen gehalten ist. Der Zeitpunkt, an denen die Daten für diese Grafik aufgenommen wurden, war März und April 2011 (das Grafikdatum ist der 1. April 2011). das ist in Ostafrika typischerweise die Zeit, in der das Getreide gesät wird, welches jetzt, also im Juli, geerntet werden soll. Mit anderen Worten, die Krise hatte sich bereits zur Saatzeit spätestens angekündigt. Und das betrifft natürlich auch die in den Krisenregionen ansässigen Hirten, denn wo Getreide aus Trockenheit nicht gedeiht, findet auch das Vieh kaum etwas zu fressen. März, April und Mai sind in Ostafrika die Monate, in denen eigentlich die Große Regenzeit beginnt. Und die hatte sich in diesem Jahr ausgesprochen zurückhaltend gezeigt, spät begonnen und war sehr trocken. Dadurch hatte sich die Aussaat des Getreides erheblich verzögert. Die Ernteeinbußen in Somalia werden auf rund 50 % geschätzt. Damit ist es natürlich noch lange nicht genug, denn auch die vorhergehenden Ernten, wie die im Frühjahr lagen rund 20 % unter dem Durchschnitt. Aus diesem Grund begannen auch bereits im April, die Nahrungsmittel knapp zu werden und die Preise stiegen entsprechend stark an, und sie werden auch weiter stark steigen.

Alleine im südlichen Somalia benötigen mehr als 2,8 Millionen Menschen direkte Nahrungsmittelhilfen. Und in den umliegenden Regionen von Somalia, Dschibuti, Kenia und Äthiopien sieht es nicht viel besser aus. Am 20. Juli erklärten die Vereinten Nationen für die Region eine Hungersnot. Für die Erklärung einer Hungersnot müssen mindestens 20 % der Haushalte unter extremem Nahrungsmangel leiden, und 30 % der Menschen unter extremer Unterernährung. Die Todesrate liegt bei mehr als 2 Personen unter 10 000.

Über die letzten Monate sind in Somalia mehrere 10 000 Menschen an Hunger gestorben, und wie die obige Grafik zeigt, wird die aktuelle Ernte die Situation nicht im Geringsten entschärfen können. Im Gegenteil.
Es sind Satellitendaten wie die in der obigen Grafik, die es dem Famine Early Warning Systems Network (FEWS NET) ermöglichen (hoffentlich) rechtzeitig Gebiete zu identifizieren, in denen eine akute Hungersnot drohen kann, und (ebenfalls hoffentlich) rechtzeitig Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Zumindest hier in Ostafrika hat es nicht ganz so geklappt, wie man es sich vielleicht wünschen könnte. Die Gründe hierfür sind sicher vielfältig, und die verfahrene politische Situation mit jeder Menge verbohrter Ideologen ist sicher auch nicht hilfreich. Und da eigentlich laut Murphys Gesetz schief gehen wird, was immer auch schief gehen kann, handelt es sich bei  der aktuellen Dürre nicht nur um die stärkste Dürre seit rund 60 Jahren, in einigen Regionen war es die stärkste Dürre seit Beginn der Aufzeichnungen.

Hintergrund war ein besonders starker la Nina Ende 2010 und Anfang 2011. La Nina sorgt für starke Regenfälle in Südostasien, aber in Ostafrika regelmäßig für starke Trockenheit. Und auch wenn der aktuelle La Nina abgeklungen ist und sich die normalen Niederschlagsverhältnisse in Ostafrika gegen Ende 2011 wieder einstellen dürften, ist es für die aktuelle Ernte viel zu spät, und die Region dort wird Jahre brauchen, um sich von der aktuellen Dürre zu erholen.

Mit anderen Worten: Es ist nicht nur notwendig, die akute Hungersnot mit Nahrungshilfen zu überbrücken. Das Deutsche Rote Kreuz bittet um Spenden für Ostafrika. Im Übrigen hat das Rote Kreuz bereits beim Ausbleiben der Frühjahresregenfälle vor einer drohenden Hungersnot gewarnt. Wie man unschwer sehen kann, nicht zu Unrecht. Lassen wir also die betroffenen Menschen nicht im Stich.

 

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

2 Kommentare

  1. Frühwarnsystem

    Danke für diesen lehrreichen Artikel. Ein großes Problem für die Helfer ist das schlechte Straßennetz. Es bewirkt, dass die Hilfe gar nicht oder zu spät ankommt.

  2. Bemerkenswert ist, dass die Niederschlagsmengen in der Sahelzone seit 1970 mit wenigen Ausnahmen unterdurchschnittlich ausfielen, wobei sich der errechnete Durchschnitt auf das 20 Jahrhundert bezieht.

    http://de.wikipedia.org/…imestamp=20080701163357

    Schwer zu deuten ist der Umstand, dass die braun gefärbten Gebiete eher etwas südlich der Sahelzone zu liegen scheinen, während in der eigentlichen Sahelzone geringfügig überdurchschnittlicher Pflanzenwuchs angezeigt wird.

    Ich frage mich, warum keine dauerhaft bestehende “Schnelle Eingreiftruppe” geschaffen wird, welche die logistischen Probleme handhaben könnte. Dazu könnte in solchen Notfällen auf militärische Infrastrukturen, insbesondere die Transportkapazitäten zugegriffen werden. Damit mein ich nicht, dass dem Militär die Leitung der Operationen übertragen werden sollte, sondern nur, dass auf militärische Infrastruktur im Notfall rasch zugegriffen werden könnte.

    Mir kommen die Hilfsaktionen immer ziemlich improvisiert vor, so als ob es sich um Ereignisse handle, die so noch nie eingetreten wären.

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