Chile – das nächste Erdbeben kommt bestimmt

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Das schwere Erdbeben vom 27. Februar 2010 hat eine auffällige seismische Lücke geschlossen. Das Epizentrum lag rund 115 Kilometer nordnordöstlich der Stadt Conceptión, bei den nachbeben zeigt sich ein Trend der Epizentren in Richtung Süden. Südlich von Conceptión, bei der Stadt Valdivia fand bereits 1960 mit einer Magnitude von 9,5 das stärkste jemals gemessene Erdbeben statt. Fast die gesamte Erdkruste an der Westlüste Chiles hat sich damit innerhalb der letzten 150 Jahre bewegt. Aber eben nur fast die gesamte Erdkruste. Eine Zone mit einer auffälligen seismischen Ruhe verbleibt noch, nördlich des aktuellen Epizentrums.
Entlang der südamerikanischen Küste taucht die pazifische Nazca Platte mit einer Geschwindigkeit von rund 70 mm pro Jahr unter die südamerikanische Platte und taucht dabei ab. Als Konsequenz dieser Kollision der Platten türmt sich parallel zur Küste die Gebirgskette der Anden auf, mit dem darin zu findenden explosiven Vulkanismus. Auch der erst in jüngster Zeit aktiv gewordene Vulkan Chaitén gehört dazu. Die hohe Geschwindigkeit, mit der sich die Nazca-Platte unter die südamerikanische schiebt, ist auch einer der Gründe dafür, dass es in dieser Region immer wieder zu extrem heftigen Erdbeben kommt. Ungefähr einmal innerhalb eines Jahrhunderts wird dabei im Durchschnitt die dortige Kruste von Patagonien im Süden bis hinauf nach Mittelamerika von Starkbeben erschüttert, welche die Spannung abbauen. Bei Conceptión fand das letzte starke Erdbeben im Jahr 1835 statt, wovon schon Charles Darwin berichtete. Die seismischen Aktivitäten im Nachhall des starken Erdbebens vom 27. Februar werden zurzeit von Seismologen vom GFZ in Potsdam in Zusammenarbeit mit Kollegen vom chilenischen seismologischen Dienst analysiert. Sie sollen neue Einblicke in die Dynamik der Plattengrenzen in der Region offenbaren.
 

Plattentektonische Situation an derWestküste Südamerikas. Die Nazca-Platte kollidiert mit der südamerikanischen Platte. USGS; cropped by Wikimedia User Beyond My Ken

Besondere Aufmerksamkeit gebührt dabei auch einer letzten verbliebenen Region mit einer auffallenden seismischen Ruhe, die sich nördlich der jetzt erschütterten Region befindet. Im Norden Chiles, bei Iquique, könnte in den nächsten Jahren erneut ein extrem schweres Erdbeben die Kruste erschüttern. Ein schweres Erdbeben dort könnte auch überregionale Auswirkungen haben. In der Region liegen die weltgrößten Vorkommen an Kupfer und Lithium. Die Entstehung der Lagerstätten ist eng mit der Kollision der beiden Platten verbunden und zeigt, dass plattentektonische Vorgänge nicht nur Tod und Zerstörung bringen.
 
Helmholtz Centre Potsdam – GFZ German Research Centre for Geosciences (2010, March 9). Earthquake in Chile: A complicated fracture.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

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