Asbest – Vom Rohstoff zum Problemstoff

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Asbest – Vom gesuchten Rohstoff zum gefürchteten Problemstoff

Manchmal können Minerale auch eine erstaunliche Karriere machen. Ihr Wert kann steigen, weil sie für neue technische Anwendungen interessant sind. Oder er kann fallen, weil es bessere Ersatzstoffe gibt oder sie schlicht nicht mehr verwendet werden. Es gibt aber auch Fälle, in denen ein einstmals gesuchtes und begehrtes Rohmaterial sich in einen Problemstoff wandelt, weil die Gefahren aus seiner Verwendung die Vorteile deutlich überwiegen. Ein gutes Beispiel für letzteres ist Asbest.

Bauer Elementary (ASBESTOS-2)

By Ktorbeck at en.wikipedia [Public domain], from Wikimedia Commons

Asbest, hergeleitet vom griechischen asbestos für “unvergänglich”, ist eigentlich nichtmal eine Mineralfamilie. Vielleicht noch am ehesten als Sammelbezeichnung für technisch verwendbare faserförmige ( asbestiforme) Minerale anzusehen. Da kommt dann ein ganz hübsches Stück vom Alphabet zusammen, vor allem wenn man die Handelsnamen und Synonyme noch mit dazu holt.  Die als Asbest zusammengefassten Minerale haben nicht nur interessante, technisch sehr gut anwendbare Eigenschaften, sie können auch sehr krank machen. Letztere Eigenschaft hat man sehr lange sträflich ignoriert, obwohl man es durchaus wusste. Dazu aber weiter unten mehr. Stellen wir erst einmal die wichtigsten Protagonisten vor:

Asbestminerale

Da wären einmal die am häufigsten verwendeten Asbeste:

Weißasbest oder Chrysotil: gerne auch als Faserserpentin bezeichnet. Angehöriger der Mineralfamilie der Serpentine und als solcher eigentlich ein Schichtsilikat mit der Zusammensetzung Mg3Si2O5(OH)4. Im engeren Sinn ist es der monokline Klinochrysotil, der als Asbest verwendet wird. Seine Faserform rührt daher, dass sich die einzelnen Schichten einrollen und dadurch lange dünne und hohle Fasern bilden. Von daher ist es das einzige wirklich faserförmige Mineral unter den Asbestmineralen. Das Mineral ist gut web fähig und lässt sich so zu vielen Produkten verarbeiten.

Clinochrysotile-482234

 

Chrysotil, mit seiner Namen gebenden goldbraunen Farbe. Fundort: Callenberg Tabegau Nord (Nr. 2), Callenberg, Glauchau, Sachsen, Deutschland. Leon Hupperichs (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Clinochrysotile-482234.jpg), „Clinochrysotile-482234“, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode

Die anderen häufig in technischen Produkten zu findenden Asbestminerale stammen aus der großen Familie der Amphibole und sind daher Kettensilikate.

Zuerst wären da zu nennen der Braunasbest, der nach deinem der Hauptförderer auch Amosit genannt wird (nach Asbestos Mine of South Africa). Wobei auch Amosit kein offizieller Mineralname ist. Mineralogisch handelt es sich hier um Gunerit, einem Amphibol mit der Zusammensetzung (Fe2+,Mg)7[OH|Si4O11]2. Und wie viele Amphibole ist dies nur ein Ende einer Mischkristallreihe, in diesem Fall mit Cummingtonit (den ich im mineralogischen Alphabet ja bereits verarbeitet habe).

Krokydolith - Mineralogisches Museum Bonn (7385)

Faserförmiger Riebeckit (Krokydolith), Fundort: Pomfret Mine, Vryburg, Kapprovinz. © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons) (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Krokydolith_-_Mineralogisches_Museum_Bonn_(7385).jpg), https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode

Unter dem ebenfalls oft anzutreffenden Blauasbest oder Krokydolith verbirgt sich der Amphibol Riebeckit, bzw. seine faserförmige Modifikation. Die Verwirrung, die sich in den Mineralnamen oftmals und nicht nur bei Asbest) verbirgt, rührt aus der Geschichte her. Damals, als man noch keine Möglichkeit hatte, die Minerale nach ihrer Kristallstruktur einzuordnen, war es schwer, deutlich unterschiedlich ausgebildete Varietäten eines Minerals als ein und das selbe zu erkennen. Das führte dann dazu, dass oft Minerale nach ihrer Form beschrieben wurden. Erst später erkannte man, dass hier zwei oder mehrere Bezeichnungen synonym verwendet wurden.

Neben diesen “dreckigen drei” gibt es noch eine Anzahl seltener verwendeter Asbestminerale, die einem aber im dennoch ab und an mal begegnen können, sei es, dass sie als natürliche Bestandteile problematisch sind, sei es, dass sie in Zeiten mit knappem Angebot hochwertiger Asbeste als Ersatz dienten.

Da wären die einmal der Anthophyllit, ein Amphibol mit der Zusammensetzung (Mg,Fe2+)7[OH|Si4O11]2 und die Minerale der Tremolit-Aktinolith Mischkristallreihe Ca2Mg5[(OH,F)|Si4O11]2 – Ca2(Mg,Fe)5[OH|Si4O11]2, ebenfalls aus der Amphibolfamilie.
Was ich persönlich ganz interessant finde, ist die Verwendung ausgerechnet des Mischkristalls Tremolit-Aktinolith (unter der Bezeichnung Nephrit) in der traditionellen chinesischen Medizin, wo er besonders bei Nierenleiden helfen soll. Das mag an seinem Auftreten liegen. Die verfilzten und meist mikrokristallinen Fasern (!) sehen oft nierenförmig aus. In dieser Form ist er (zusammen mit dem Pyroxen Jadeit) als Jade im Handel. Hoffen wir mal, dass die Anwendung bei unseren esoterischen Freunden nicht über Inhalation läuft, so sehr wie hier auf der mechanischen Bearbeitung von Nephrit herumgeritten wird….

Gesundheitsgefahren

Asbestlast - Betreten nur mit Schutzkleidung nach TRGS521 DSCF0707

Hier wird saniert (und wer erkennt den Fehler?? Siehe unten). Johann H. Addicks [GFDL 1.2 (http://www.gnu.org/licenses/old-licenses/fdl-1.2.html)], via Wikimedia Commons

Diese “Verwendung” eines Asbestminerals finde ich umso irritierender, als ich beruflich durchaus mit den Sorgen vor Asbest in diversen Baustoffen und Natursteinen zu tun habe (wenn auch nur analytisch. Mit der Sanierung und Bewertung habe ich nichts zu tun). Wenn man bedenkt, welche Klimmzüge Specksteinimporteure anstellen müssen, um die Asbestfreiheit ihres Produktes nachzuweisen. Specksteine können nämlich durchaus natürliche Asbestgehalte aufweisen, die dann bei der Bearbeitung zu einer Gefährdung der bearbeitenden Personen führen (hat eigentlich jemals ein Verwender/Verfechter der TCM an die armen Leute gedacht, die den Nephrit zurechtfeilen?). Und manchmal fürchten sich auch die Besitzer von Specksteinskulpturen vor dem möglichen Inhalt. Was mich jetzt ein wenig zu den Gefahren der Asbeste bringt.

Bleiben wir zunächst bei den Specksteinen. Wer eine solche Skulptur besitzt, der braucht sich erstmal keine Sorgen zu machen. Selbst wenn darin natürliche Asbestminerale enthalten sind. Denn die können unter normalen Umständen nicht so einfach hinaus. Und im Stein sind sie nicht gefährlich. Asbest ist nämlich nicht giftig. Andrew Alden berichtet von einem Fall, in dem der Talk in Buntstiften messbare Mengen Asbestminerale wie Tremolit enthielt, was anscheinend zu einem kleinen Skandal führte, da Kinder sehr leicht an diesen Stiften lecken und damit Talk und die darin enthaltenen Asbestminerale aufnehmen können.

Bei aller Sorge vor Asbest, das wäre sicher kein Problem. Die Fasern würden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Verdauungstrakt unbeschadet passieren und auf natürlichem Wege ausgeschieden werden. Aus dieser Richtung hat den Kindern also keine Gefahr gedroht. Das erinnert mich immer ein wenig an einen sehr absurden Fernsehkrimi (ich glaube, es war ein Tatort), bei dem im Blut eines Mordopfers Asbest gefunden wurde.

Warum und vor allem wann ist Asbest also gefährlich? Es sind eigentlich ziemlich die selben Eigenschaften, welche die Minerale technisch so interessant machen. Ihre Faserförmigkeit und ihre chemische Beständigkeit. Die einzelnen Asbestfasern sind nämlich so klein, dass sie die WHO Kriterien für lungengängige Fasern mit Leichtigkeit erfüllen. Als da sind eine Länge von mindestens 5 µm, ein Durchmesser von weniger als 3 µm und ein Längen-Durchmesser-Verhältnis von 3:1 (Die selben Kriterien gelten übrigens auch für künstliche Mineralwollen, die ebenfalls als Lungenschädlich und möglicherweise krebsauslösend angesehen werden).

Aufgrund dieser Geometrie können die Fasern bei einer Freisetzung nicht nur sehr lange in der Luft bleiben und dabei eben auch eingeatmet werden. Sie sind auch klein genug, um in die Lungenbläschen einzudringen, aber zu groß, als dass die Makrophagen sie umschließen können. Damit werden sie nicht abtransportiert, sonder verbleiben in den Lungenbläschen, wo dann das Unheil seinen lauf nimmt. Die körperliche Reaktion auf den unerwünschten Eindringling und seine Resistenz führen zu einer Reihe von Krankheitsbildern, angefangen bei Asbestose bis hin zu Lungenkrebs, Lungenfellkrebs und Rippenfellkrebs. Das erhöhte Lungenkrebsrisiko ist für Raucher noch steigerungsfähig, um rund 10 % vergrößert sich das Risiko bei Asbestbelastung als Raucher gegenüber Nichtrauchern.
Das ist der Grund, warum bei allen Arbeiten mit Asbest eine Staubentwicklung dringend zu vermeiden, und andererseits dringend das tragen entsprechender Atemschutzmasken angesagt ist. Und weil die Mineralfasern im Allgemeinen (und die der Amphibole im besonderen) sehr leicht Faserstäube erzeugen, gilt Asbest und alle Produkte mit ihm heute als Problematisch. Zu recht, wie wir uns wohl alle einig sind.
Der Weg war aber recht langwierig und schwer. Obwohl man schon recht frühzeitig von den Gefahren der Asbestminerale wusste beziehungsweise ahnte, wurde in Deutschland (West) erst 1979 der schwach gebundene Spritzasbest verboten. Bis zu einem endgültigen Verbot von asbesthaltigen Produkten sollte es bis 1990 (Österreich und Schweiz) respektive 1993 (Deutschland) dauern. Ein EU-weites verbot gilt seit 2005. Weltweit sieht das noch anders aus, wobei sich besonders Kanada nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat. Noch 2008 stimmte das Land, einer der weltweit führenden Exporteure, gegen strengere Exportregeln von Asbest.

Die späten Verwendungsverbote sind erstaunlich, wenn man bedenkt, dass die Asbestose bereits 1900 als Krankheit bekannt war, und dass der Zusammenhang von Asbeststäuben und Lungenkrebs 1943 als Berufskrankheit anerkannt wurde. Spätestens seit 1970 wurden Asbestfasern als krebsauslösend bewertet. Für den langen Zeitraum zwischen der Erkenntnis der Gesundheitsgefahren und dem Einschränkungen mag Lobbyarbeit ein Grund sein. Immerhin wurde mit Asbest zeitweise glänzend verdient. (OK, heute kann man durchaus auch davon leben. Muss ich ja zugeben). Zumindest in der Schweiz soll sich aus diesem Grund die Klassifizierung als Gefahrstoff um 7 Jahre verzögert haben.

Chrysotile SEM photo

Chrysotilfasern unter dem Rasterelektronenmikroskop bei 1200 facher Vergrößerung. By Janice Haney Carr (CDC PHIL image library, PHIL #11065) [Public domain], via Wikimedia Commons.

Nun sind nicht alle asbesthaltigen Produkte gleich gefährlich. Zum einen wird in schwach und fest gebundene Asbestprodukte unterschieden. Erstere sind extrem unangenehm, wie zum Beispiel der bereits 1979 verbotene Spritzasbest. Hier sind die fasern so lose gebunden, dass die sehr leicht an die Umgebungsluft abgegeben werden können. das kann tatsächlich zu messbaren Belastungen beispielsweise der Raumluft führen. Die Verwendung von Spritzasbest war einer der gründe, die auch dem alten Palast der Republik in Berlin das Genick gebrochen haben.

Die Asbestminerale können in vielen magmatischen Gesteinen wie zum Beispiel Gabbros oder Basalten vorkommen. Das kann durchaus zu Problemen führen, wenn diese Gesteine als Zuschlagstoff beispielsweise in Straßenbelägen verwendet werden (das Thema hatte ich hier ja auch schon mal). Bevor derartige Beläge gefräst werden, sollte man also sicher sein, dass dabei keine Asbestfasern nachgewiesen werden können.

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Amosit (Grunerit) unter dem Rasterelektronenmikroskop. Die Amphibolasbeste sind deutlich weniger flexibel als die Chrysotilfasern. Foto: Ravaka (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Crb-gmbh_amositasbestfasern.jpg), „Crb-gmbh amositasbestfasern“, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode

Asbestprodukte

Früher, als Asbest noch kein Gefahrstoff war, war er ein durchaus gesuchter und begehrter Rohstoff. Das zeigt sich besonders in einer Episode der Nachkriegszeit, als Deutschland vom Nachschub an hochwertigem Asbest abgeschnitten war. Denn die Lieferanten hatten während des Krieges nicht nach Deutschland liefern können und langfristige Verträge mit den alliierten Nationen. Daher zogen zum Beispiel Produzenten von Asbestzementen in die Türkei, um neue Asbestvorkommen auszukundschaften und zu erschließen.

Warum aber waren die Asbestminerale so begehrt? Es sind vor allem die Beständigkeit gegenüber Hitze (teilweise bis über 1000°C), schwachen Säuren und vielen Chemikalien und die hohe Zugfestigkeit.
Zum anderen sind viele Asbeste web fähig, hier sein besonders der Chrysotil hervorgehoben. Man kann also aus ihnen Textilien mit den oben genannten Eigenschaften herstellen. Das fing in der Antike und im Mittelalter mit kleinen Spielereien an, wie etwa Tischtüchern, die man im Feuer reinigte. Sehr früh wurden auch feuerfeste Bekleidungen für Feuerwehrleute gefertigt.

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Wellplatten aus asbesthaltigem Faserzement. By Harald Weber (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Wellasbestdach-233-3354_IMG.JPG), „Wellasbestdach-233-3354 IMG“, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode

Richtig los ging es aber, als die Herstellung von Asbestzementen (1900 ließ sich der Österreicher Ludwig Hatschek Eternit patentieren). Die dünnen und doch festen Zementplatten ließen sich zu vielfältigen Produkten von Dachplatten bis hin zu Rohren verarbeiten, die auch heute noch weit verbreitet sind. Moderne Faserzemente werden allerdings mit Ersatzstoffen hergestellt, wie künstlichen Mineralfasern oder Zellulosefasern. Weiterhin wurden Dichtungen und hitzefeste Dämmungen sowie diverse weitere Produkte aus Asbest produziert.

Was die Hitzefestigkeit angeht, so sollte man es aber auch nicht übertreiben. Und nicht jeder Asbest trotzt Hitze. So beginnt Krokydolith bereits bei Temperaturen über 400°C Umwandlungserscheinungen zeigt, geht Chrysotil erst bei mehrstündigen Temperaturen von 1000 °C in die Knie. Wikipedia spricht hier sogar von 1200 °C. In Asbestzementen wandelt sich der Chrysotil dann in Monticellit um, ein Mineral der Olivin-Gruppe mit der Zusammensetzung CaMgSiO4. Unter dem Rasterelektronenmikroskop verändert sich das Aussehen des Minerals. Die ehemals feinen Fasern des Chrysotils werden starrer und scheinen verbacken. Die Fasern sind spröder und deutlich weniger biegsam als Chrysotil. Ich bin daher immer recht froh, wenn Kunden auf einen eventuellen Brandschaden oder extreme Hitzewirkung hinweisen. Denn durch die chemisch/mineralogischen und morphologischen Veränderungen der Asbestfasern ist eine eindeutige Zuordnung sonst nur schwer möglich.
Anderseits wurde zeitweise sogar angedacht, Asbest durch thermische Behandlung zu inaktivieren.

Abschließend möchte ich noch einige der häufigsten Asbestprodukte als Beispiel aufführen, die einem immer mal begegnen können. Neben diversen asbesthaltigen Dichtungsschnüren an Ofentüren etc., Dichtungen und Isolationen an diversen elektrischen Geräten findet sich auch in vielen Produkten Asbest wieder. Auf etliche kann man bei der Renovierung von älteren Häusern stoßen.

Da ist einmal der immer noch häufig anzutreffende asbesthaltige Faserzement. Häufig als wellenförmige Dachabdeckung, aber auch in Blumenkästen, Fensterbänken, Lüftungsrohren oder Wasserleitungen anzutreffen. Heute wird in diesen Produkten durch Fasern aus Cellulose, Glasfasern oder andere Fasern ersetzt. Solange die Platten intakt und unverwittert sind, sind die Asbestfasern relativ sicher gebunden. Daher ist von einer abrasiven Behandlung, beispielsweise zur Reinigung, dringend abzuraten (es ist, wenn ich mich richtig erinnere, schlicht verboten). Bei Dächern aus Faserzement muss vor der Montage von z.B. Photovoltaikanlagen geprüft werden. ob es sich um Asbestzement handelt.

Besonders seltsam finde ich den “Cushion-Vinyl” genannten Bodenbelag. Dieser sieht oberflächlich betrachtet wie normale PVC Bahnenware aus. Meist mit einem unglaublich hässlichen aufgedruckten Muster. Und er hat es wirklich in sich. Oder besser noch; unter sich. denn der relativ dünne PVC hat auf seiner Unterseite eine Pappschicht, die aus fast reinem Chrysotil besteht. Da hier die Asbestfasern quasi ungebunden vorliegen, sollte man von einer Beschädigung der PVC-Oberschicht absehen (wenn bekannt ist, dass es sich um Cushion-Vinyl handelt). Cushion-Vinyle wurden auch gerne als Wandbeläge verwendet.

Dunloplan Pastell-Polyflex
 Vinyl-Asbest Platten in einem der typischen Muster. So sind sie auch heute noch vielfach zu finden. By Tim Ebert (tebert) (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Dunloplan_Pastell-Polyflex.jpg), „Dunloplan Pastell-Polyflex“, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode

Ebenfalls asbesthaltig sind die so genannten Floor-Flex Platten. Dabei handelt es sich um PVC-Platten, meist im Format 25*25 oder 30*30 cm. Entgegen ihrem Namen zeigen sich die Platten meist wenig flexibel und brechen mit einem deutlich hörbaren knacken. In diesem Produkt befinden sich die Asbestfasern in einer Matrix aus PVC, wodurch sie im “Normalbetrieb” fest gebunden sind. Allerdings altert der PVC und wird dabei zunehmend brüchiger, und beim Brechen können die Fasern freigesetzt werden. Das gilt natürlich besonders, wenn sie unsachgemäß entfernt werden. Und besonders tückisch bei diesen Produkten ist die häufige Verwendung eines bitumenartigen schwarzen Klebers, der selber ebenfalls sehr häufig Asbest enthält.

Ähnliche Produkte wie die Floor-Flex Platten, die ebenfalls Asbest enthalten können, wurden auf der Basis von Bitumen hergestellt.

Extrem unangenehm sind auch die Asbest-Leichtbauplatten, die unter verschiedenen Handelsnamen zum Beispiel als Brandschutzplatten oder für Trennwände verwendet wurden. Hier sind oft sowohl Amphibol- als auch Chrysotilasbest enthalten und vor allem schwach gebunden.

Asbest erkennen – Ratgeber aus der Schweiz

TRGS 519 – Asbest Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten

Umgang mit Asbest im privaten Bereich  – Broschüre des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg von Berlin – Fachbereich Umwelt

Nochmal Asbest im privaten Bereich, diesmal vom Landesamt für Arbeitsschutz Brandenburg.

Die Asbestbroschüre der BG Bau richtet sich weniger an Privatpersonen.Welche Pflichten und Vorschriften sind zu beachten?

Auflösung des obigen “Bilderrätsels”: Obwohl hier explizit Asbestarbeiten durchgeführt werden, wird auf die TRGS 521 verwiesen. Die aber bezieht sich auf Arbeiten mit Mineralwolle. Die Schutzmaßnahmen sind zwar sehr ähnlich, aber bei bestimmten Asbestvorkommen nicht ausreichend. Richtig wäre hier der Hinweis auf die TRGS 519 gewesen.

 

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

8 Kommentare

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  3. Hallo Herr Ries,

    Ihr Artikel ist sehr gut gelungen! Können Sie mir als Mineraloge sagen, ob Asbest aus schwach bzw. leicht kontaminierter Kleidung auswaschbar ist?

    • Hallo Julia, da bin ich ein klein wenig überfragt. Die Erfahrung zeigt aber, dass sich Asbest zumindest aus Feuerwehrkleidung herauswaschen lässt. Ich vermute daher, dass dies auch für normale Kleidung gilt.

  4. I can still remember when asbestos was very much widely used as construction material. This is quite and informative article on asbestos and why it was perceived as dangerous.

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