Eine Schnecke im Orbit

Uma la Chiocciola in Orbita

Im RSS-Feed der Italian Space and Astronautics Association (ISAA) tut sich meist nicht viel. Um so größer war meine Überraschung, als dort vor wenigen Tagen nicht nur ein neues Raumfahrt-Buch vorgestellt* wurde, sondern es sich obendrein auch noch um ein Buch für Kinder handelte.

Nun kann man bei Kinderbüchern zum Thema Weltraum und Raumfahrt ja ziemlich ins Klo greifen. Hier jedoch hat sich die Autorin wissenschaftliche Unterstützung von der ESA sowie der ASI geholt. Zusätzlich hat sie mit der Astronautin Samantha Cristoforetti eine kompetente “Patin” für das Buch gewonnen, die die Entstehung der Geschichte Schritt für Schritt mitverfolgte. Außerdem basieren die Illustationen offensichtlich auf konkreten Fotos, sind also keine reinen Phantasieprodukte irgendeines Space-Romantikers:

“Uma, la Ciocciola in Orbita”, von Manuela Aguzzi, illustriert von Andrea Mariconti, erschienen im Juli 2015 bei Carthusia Edizioni.

'Uma, la Chiocciola in Orbita', Illustrationsausschnitt
‘Uma, la Chiocciola in Orbita’, Illustrationsausschnitt
Um es gleich vorweg zu sagen: Dies ist natürlich kein Sachbuch à la “Was ist was”, sondern eine Geschichte. Uma, eine kleine Schnecke, purzelt versehentlich kurz vor dem Start in eine Sojus-Kapsel** und findet sich unverhofft auf der ISS wieder. Der atemberaubende Blick aus der Kuppel der Raumstation lässt sie aber schnell ihre Furcht und Überraschung überwinden. Neugierig und zunächst unentdeckt beobachtet sie von nun an wochenlang die Astronauten der ISS bei allem, was diese tun. Bis sie eines Tages ins Gesichtsfeld einer Kamera gelangt und vom Kontrollzentrum gefunden wird…

Die Geschichte erzählt im Folgenden, wie Uma mit Hilfe von Samantha Cristoforetti, der zweiten Hauptperson des Buches, ein Teil der Besatzung wird. Sie rettet nicht nur eines von Samanthas Experimenten und schließt mit der Astronautin Freundschaft, sondern macht am Ende sogar eine eigene wissenschaftliche Entdeckung.

Die Altersempfehlung des Buches lautete für Fünf- bis Achjährige. Das scheint mir persönlich etwas zu hoch gegriffen; ich hätte eher vier bis sechs Jahre veranschlagt. Das Buch ist großflächig und wunderschön leicht wirkend illustriert, mit relativ wenig Text pro Seite. Es enthält aber dennoch eine ganze Reihe quasi nebenbei erwähnter Fakten über das Leben auf der ISS. Ein Teil der Texte ist um 45, 90 bzw. 180° zur üblichen Leserichtung gedreht. Vor dem Umblättern weiß man eigentlich nie direkt, wo man als Nächstes weiterlesen muss, was wiederum sehr schön eine Beobachtung der kleinen Schnecke illustriert: Im Orbit sind oben und unten nicht mehr vorgegeben.

'Uma, la Chiocciola in Orbita', Ausschnitt
‘Uma, la Chiocciola in Orbita’, Ausschnitt

Auf den letzten paar Seiten können die Kinder schließlich ihre eigenen Ideen zu Papier bringen. An dieser Stelle enthält das Buch Vorschläge und darunter Platz für die Einträge der Kinder: Das Logo für die eigene Weltraummission zeichnen, ein eigenes “Schwerelos-Kinderzimmer” malen oder beschreiben, ein wissenschaftliches Experiment ausdenken oder eine Liste erstellen, was sie selbst mit auf eine Reise ins All nehmen würden.

Mein eigener Nachwuchs ist für das Buch schon ein paar Jahre zu alt, nehme ich an, aber ich werde es dennoch aufbewahren und wahrscheinlich bei Gelegenheit verschenken. Wie Frau Cristoforetti im Vorwort so schön sagt:

Kinder sind ein besonderes Publikum. Wenn sie zu Besuch ins Raumfahrtzentrum kommen, haben sie unendlich viele Fragen und legen eine Begeisterung für den Weltraum an den Tag, die man unbedingt fördern sollte. (…) Uma verdient sich dank der ihr eigenen Neugier, Mut und Großzügigkeit in der Geschichte ihren Platz in der Besatzung. Ich ermutige hiermit die kleinen Leser, diese Eigenschaften ebenfalls zu entwickeln und wünsche mir, dass sie ihnen helfen werden, jede Angst zu überwinden und in ihrem Leben große Dinge zu tun.

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* Nein, das Buch handelt nicht direkt von Cristoforettis Mission, wie die ISAA ihren Artikel fälschlicherweise übertitelt.

* Kleiner Kritikpunkt: Im Buch ist nur von “Razzo” (“Rakete”) die Rede. Vielleicht will man die Kinder hier nicht mit zu vielen Details überfordern, aber ich bin beim Lesen dennoch leicht zusammengezuckt.

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Ute Gerhardt hat nach dem Abitur einen B.A. in Wirtschaft, Sprachen und Politik an der Kingston University sowie eine Maîtrise in Industriewirtschaft an der Universiät Rennes abgeschlossen. Seit 1994 arbeitet sie in der Privatwirtschaft, derzeit im IT-Bereich. Ute hat zwei Kinder (*2005 und 2006) und interessiert sich neben Raumfahrt und Astronomie auch für Themen aus den Bereichen Medizin und Biologie.

4 Kommentare

  1. Vielleicht will man die Kinder hier nicht mit zu vielen Details überfordern

    …oder die Eltern. Die müssten dann im Zweifel ja erklären, was eine Sojus-Kapsel ist. 😉

    • “Moment, Kind, das weiß ich auch nicht so genau.” *zückt Smartphone*
      (Als Elternteil ist man sowas doch gewohnt. Den ganzen lieben langen Tag. 😉 )

    • Ist wirklich hübsch gemacht. Nicht so zuckrig und auf niedlich getrimmt wie viele andere Bücher für diese Altersklasse.

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