Herschel und Planck im Teleskop

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Mit einem Teleskop macht man Bilder vom Himmel, das ist allgemein bekannt. Dass in einem solchen Bild zwei weitere Teleskope auftauchen, nun gut, das mag noch angehen. Wenn aber die zwei abgebildeten Teleskope in bereits 100000 km Entfernung auf dem Weg zu ihrer Zielbahn um den L2-Punkt 1.5 Millionen Kilometer “hinter” der Erde aufgenommen wurden, ist das schon etwas Besonderes.

Sequenz von Aufnahmen des HP-Triplets und der Oberstufe, Quelle: ESAGenau solche Aufnahmen gelangen dem Team am ESA-Teleskop OGS (Optical Ground Station) auf dem Vulkan Teide auf Teneriffa, und die abgebildeten Teleskope sind natürlich die gestern gestarteten Raumsonden Herschel und Planck.

Man sieht auf der ersten Serie von Aufnahmen, die gestern abend (14.5.2009) über etwa 19 Minuten entstanden, eine Dreiergruppe von Objekten, bei dem es sich um das Infrarot-Teleskop Herschel, das Teleskop zur Messung der kosmischen Hintergrundstrahlung Planck sowie den Nutzlastadapter SYLDA handelt, der bei einem Doppelstart eingesetzt wird.

In einiger Entfernung (im gewählten Bildausschnitt allerdings nicht zu sehen) konnten die Beobachter auch die ausgebrannte Oberstufe ESC-A der Ariane-5-Rakete wahrnehmen. Die scheinbare Magnitude von Herschel und der Oberstufe lag bei etwa +13.5, die von Planck bei etwa +14. Heute Nacht werden die Objekte aufgrund der größeren Entfernung nochmals deutlich lichtschwächer erscheinen.

Viel Glück auf eurer weiten Reise, Herschel und Planck!

(Das erwähnte OGS-Teleskop-Team umfasst Mitarbeiter der Firmen Aboa Space Research O/Y, Ataman Science S.L.U. und des astronomischen Instituts der Universität Bern. Ich danke Tim Flohrer von Aboa Space Research für seine Erläuterungen) 

Hier der Link zum ESA-Web-Artikel.

Hier ein lesenswerter Artikel von Daniel Fischer, der sich mit einigen beobachteten Phänomenen auseinandersetzt, die auch in den Kommentaren zu diesem Artikel diskutiert werden

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

9 Kommentare

  1. Objekte 5 (und 6?)

    Objekt 6 ist noch strittig, Objekt 5 dagegen eindeutig, wenn auch die Herkunft unklar ist. Die Flugbahn (das Objekt ist nahe an der ESC-A-Oberstufe) legt nahe, dass es wahrscheinlicher damit zu tun hat als mit den beiden Nutzlasten. Dies wird noch untersucht. Arianespace wird dies sicher auch stark interessieren.

  2. Seltsam …

    Die beobachtete Proliferation der Objekte ist schon verwunderlich. Entweder man hat es mit einem Prozess zu tun, der neue Objekte erzeugt (beispielsweise ein Schaden an Isolationsmatten entweder an einer der Nutzlasten oder an der ausgebrannten Oberstufe) oder es ist einfach so, dass die jetzt beobachteten Objekte in aelteren Bildern nicht sichtbar waren oder nicht wahrgenommen wurden.

  3. Kann es sein, dass die Oberstufe explodiert ist, entweder weil sich Restbestaende der Treibstoffe vermischt haben, wie dies manchmal bei ausgedienten Satelliten passiert, oder weil Arianespace Sprengladungen aktiviert hat, damit bei einem Wiedereintritt die Bruchstuecke in der Erdatmosphaere vergluehen und keinen Schaden anrichten?

  4. Die Oberstufe ist nicht explodiert

    Die Beobachtungen sind nicht konsistent mit einer Explosion der Oberstufe. Die Oberstufe war und ist deutlich als großes, helles (im Vergleich zu den anderen) Objekt zu sehen. Die Anzahl der beobachteten zusätzlichen Objekte ist auch keinesfalls so, wie man es im Fall einer Explosion erwarten sollte.

    Das hier sieht nach einer intakten Oberstufe aus und gleichzeitig nach einer Anzahl weiterer Objekte, die (bis auf Herschel, Planck und SYLDA) im Größenbereich unter 1 Meter, oder sogar im Dezimeterbereich liegen. Diese können beispielsweise dann entstehen, wenn sich ein Stück Isolationsmatte loest.

    Woher diese Objekte stammen, ist rätselhaft. Weder Oberstufen noch Nutzlasten sollen eigentlich Müll generieren, manchmal tun sie allerdings doch.

    Die ESC-A-Oberstufe ist übrigens nicht mit hypergolen Treibstoffen betankt (im Gegensatz zu manch anderer Stufe, z.B. der Fregat der Sojus-Rakete), sie verwendet Wasserstoff und Sauerstoff. Das Lageregelungssystem verwendet Hydrazin. Üblicherweise werden Tanks von Oberstufen nach Ende der Mission geleert, damit nicht Unerfreuliches geschehen kann.

  5. Aktueller Status

    Es wurde zwar von einem Beobachter eine große Zahl von (sehr lichtschwachen) Objekten angekündigt, dies konnte jedoch von anderen Beobachtern nicht bestätigt werden.

    Bis diese Bestätigung erfolgt, sollte man von der Existenz der bestätigten Objekte 5 und 6 ausgehen. Die Beobachtungen sind konsistent mit der Annahme von Objekten mit hohem Quotienten Fläche/Masse, also beispielsweise Stücke von Matten aus Isolationsfolie.

    Die Herkunft ist nach wie vor unbestätigt; die beobachtete astrometrische Position der objekte koennte darauf hinweisen, dass sie von der ausgebrannten Oberstufe stammen.

    Objekt 6 wurde in der Nacht nach dem Start vom OGS in Teneriffa nicht registriert – Fremdbeobachter hatten Herschel, Planck & Co damals noch nicht im Visier. Entweder war das Objekt zur Zeit der Beobachtungskampagne nicht sichtbar (verdeckt oder zu lichtschwach), oder es hat sich erst danach geloest.

    Der Betrieb der beiden Nutzlasten Herschel und Planck verläuft nominal.

  6. Die Eis-Theorie

    Herr Fischer:

    Die Theorie, dass es sich um Eis handeln könnte, das sich an der ESC-A gebildet hat und nun langsam sublimiert, ist durchaus einleuchtend. Es würde auch erklären, wieso in der ersten Beobachtung der Nacht des 14.5. das sechste Objekt nicht gesehen wurde. Es könnte zu dem Zeitpunkt noch mit dem fünften Objekt verbunden sein.

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