RWE-Manager Vahrenholt zum Klima

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Letzte Woche meldete sich RWE-Manager Fritz Vahrenholt per Leserbrief im Spiegel zur Klimaentwicklung zu Wort. Er kritisiert die Aussage des PIK-Direktors Hans Joachim Schellnhuber, dass die globale Temperatur seit mehr als einem Jahr auf Rekordkurs ist, und schreibt dazu den bemerkenswerten Satz:

Er verschweigt dabei die Tatsache, dass die globale Durchschnittstemperatur seit 2000 leicht abgesunken ist und erst im ersten Halbjahr 2010 wieder auf 14,2 Grad angestiegen ist.

Diese Aussage ist in mehrfacher Hinsicht falsch. Schauen wir doch einfach auf die Messdaten.

Temperaturverlauf in den NASA-Daten seit 1880 (als Abweichung vom Mittelwert 1880-1920). Rote Punkte sind die Jahresmittelwerte, die grau Linie zeigt das gleitende Mittel über 12 Monate, und die rote Linie den geglätteten Langzeittrend.

Der erste und bei weitem wichtigste Punkt: die Daten zeigen seit mehr als drei Jahrzehnten einen deutlichen Erwärmungstrend (seit 1980 um 0,17 ºC pro Jahrzehnt in den gezeigten NASA-Daten und um 0,16 ºC pro Jahrzehnt in den HadCRUT Daten). Überlagert wird der Trend von kurzfristigen Schwankungen. Manche Jahre liegen etwas oberhalb der Trendlinie, manche darunter – zu den Ursachen dieser Schwankungen gehören die El Niño-Oszillation, Vulkanausbrüche und Sonnenvariabilität.

Der Mittelwert über zwölf Monate (graue Kurve) ist derzeit so hoch wie nie zuvor – das war konkret die Aussage von Herrn Schellnhuber, in der Fachliteratur belegt durch Hansen et al. 2010 (siehe dazu auch unseren Beitrag Heiß!). Der Mittelwert April 2009 – März 2010 hat bereits die gleichauf liegenden bisherigen Rekordwerte von 2005 und 2007 überboten. Die Tatsache, dass alle paar Jahre neue Rekordwerte erreicht werden, liegt natürlich am Erwärmungstrend. Die Frage, wann die Rekorde genau erreicht werden hängt von den überlagerten Schwankungen ab – logischerweise liegen die Rekorde auf den Buckeln der grauen Kurve, nicht in deren Tälern. Der tiefere Grund für die aktuelle Rekordwärme ist aber der anthropogene Erwärmungstrend und nicht der zyklisch wiederkehrende (und in diesem Jahr nur moderate) El Niño, wie ein zweiter Leserbriefschreiber im Spiegel meinte – nach dieser Logik könnte ich die Rekordhitzewelle in Russland auch mit dem Sommer erklären.


Ausschnitt ab 2000 aus dem oben gezeigten globalen Temperaturverlauf. Der letzte verfügbare Datenwert ist Juli 2010, der letzte Punkt der grauen Linie also der Mittelwert August 2009 – Juli 2010. Hinzugefügt (blaue Kurve) sind hier auch die Daten des National Climate Data Center der NOAA, auf deren Pressemitteilung Vahrenholt sich offenbar im zweiten Halbsatz bezog ("14,2 ºC"). (Der vertikale Offset zwischen den Kurven ist willkürlich.) Ist die Temperatur "seit 2000 leicht abgesunken"?

Es gibt keinerlei Hinweise auf eine Veränderung des Erwärmungstrends, der durch den Anstieg der Treibhausgase verursacht wird – weder auf eine Beschleunigung noch auf eine Verlangsamung. Natürlich kann ich in den letzten 30 Jahren kurze Zeiträume (z.B. 10 Jahre) mit mehr oder weniger Trend herauspicken (siehe Grafik hier) – das liegt aber einfach an den kurzfristigen Schwankungen, die sich über längere Zeiten wegmitteln. Diese Schwankungen sind zwar für Forscher interessant, aber in keinerlei Hinsicht politikrelevant, da man Sonnenaktivität oder Vulkanausbrüche weder beeinflussen kann, noch tragen sie signifikant zum Langzeittrend bei. (Was Vahrenholt mit der Aussage "Leider alles keine CO2-Phänomene" dazu eigentlich implizieren wollte, bleibt rätselhaft.)

Vahrenholts These einer Abkühlung seit 2000 ist aber nicht nur politisch irrelevant sondern außerdem schlichtweg falsch – in keinem der wissenschaftlichen Klimadatensätze findet man diese mystische Abkühlung, siehe nächste Grafik. Auch wenn wir das erste Halbjahr 2010 weglassen: der Trend von Anfang 2000 bis Ende 2009 ist in allen Datensätzen positiv. Selbst in den Daten des Hadley Center, die die starke Erwärmung der Arktis in den letzten zehn Jahren nicht berücksichtigen.

Monatswerte der Temperatur ab Januar 2000 in den vier gängigsten globalen Datensätzen: den Bodendaten von NASA (gistemp) und Hadley Center (hadcrut) sowie den Satellitendaten für die mittlere Troposphere der University of Alabama in Huntsville (uah) und von Remote Sensing Systems (rss). Die Daten zeigen immer Abweichungen relativ zu einer willkürlich wählbaren Basisperiode. Unterschiede zwischen den beiden Bodendatenreihen hängen vor allem mit der Behandlung der Arktis zusammen. Die Satellitenreihen zeigen die Temperatur in einigen Kilometern Höhe, die besonders kurzfristig von den bodennahen Temperaturen abweichen kann. Die Grafik enthält auch die linearen Trendlinien für den 10-Jahreszeitraum Januar 2000 – Dezember 2009.

Vahrenholt hätte sich leicht selbst davon überzeugen können, denn all diese Klimadatenreihen sind frei online verfügbar. Die Grafik oben habe ich innert zehn Minuten im online-Portal woodfortrees.org zusammengestellt, wo man ohne Vorkenntnisse interaktiv mit den Klimadaten spielen kann. Das gleiche kann man auch mit Smartphone-Apps wie Climate Mobile machen – vielleicht ein gutes Weihnachtsgeschenk für Vahrenholt? Eine kurze Präsentation zu Climate Mobile erklärt übrigens sehr schön, wie man damit anhand der Messdaten den "Klimaskeptiker"-Mythos einer Abkühlung nachprüfen kann, und warum er Unsinn ist.

Bleibt nur die Frage: was bringt einen RWE-Manager dazu, per Spiegel-Leserbrief leicht widerlegbare "Klimaskeptiker"-Märchen zu verbreiten – und dabei auch noch einem renommierten Klimaforscher zu unterstellen, er "verschweige" diese "Tatsachen"?

Stefan Rahmstorf ist Klimatologe und Abteilungsleiter am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Professor für Physik der Ozeane an der Universität Potsdam. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf Klimaänderungen in der Erdgeschichte und der Rolle der Ozeane im Klimageschehen.

33 Kommentare

  1. Rekorde — wichtig oder nicht?

    Rekorde sind immer gefährlich… bspw. 1998 war ein “großer” Rekord, dank Super-EL-Nino. Es wird schwer den Rekord zu brechen (je nach Datenreihe ist das ja schon passiert bei anderen aber nicht, aber egal), genauso das 2007er Eis-Minimum. So kann man immer behaupten: 1998 war es wärmer oder das Eis erhohlt sich seit 2007. Hm… aber langfristig interessanter ist doch schon, dass die 2000er Jahre (in manchen Reihen ohne Rekord) wesentlich wärmer im Schnitt waren als die 1990er (vielleicht teilweise auch Dank fehlenden großen Vulkan wie in den 80ern und 90ern, dann wäre der Abstand etwas geringer…) oder jedes andere Jahrzehnt in den modernen Temperaturaufzeichnungen, oder dass in den letzten 4 Jahren (inkl. diesem) die 4 niedrigsten arktischen Minima in den modernen Eisaufzeichnungen erreicht wurden. Selbst das ist noch kurz, wenn auch interessant.

    Sollte man, also als Wissenschaftler in der Öffentlichkeit, vielleicht völlig auf Rekordmeldungen verzichten oder besser gesagt: weniger Gewicht darauf legen? Ist verkürzen nicht eine große Gefahr? Ich muss sagen, ich habe Prof Schellnhubers Interview nicht gelesen. Weiß also nicht, was genau gesagt wurde. Aber auch hier wurde mal sowas gesagt wie im Juni war das Eis auf Minimum oder so. Okay, das ist ein Fakt, sagt aber nicht soooo viel.

    PS: Herr Fritz Vahrenholt hätte sich vielleicht einen anderen Zeitraum suchen sollen… irgendeiner seit 1998 muss doch einen negativen Trend (signifikant oder nicht) haben ;)… kurz getestet… nee, nicht mal das. Herr Vahrenholt hat sicherlich Mist geschrieben

  2. Die Masse machts….

    Was Vahrenholt dazu bringt?

    a) Wie viele zehntausende lesen Vahrenholts Leserbrief? (und halten den enthaltenen Quatsch aufgrund mangelnder Kenntnuisse für einen fachlich fundiertes Argument)

    b)Wie viele lesen hier? (Die meisten, die hier lesen, wissen eh, dass die Aussage Moppelkotze ist)

    c) Rechnen Sie a minus b und man erhält:
    PR zulasten der Fakten, aber zugunsten der CO2-Verursacher.

  3. naja

    sieht man sich die HadCRUT Daten an so warten wir nun inkl. 2010

    12 JAHRE

    auf einen neuen Rekord.

    Wieso verschweigen sie das immer und wie erklären sie das? Die Sonne kann es ja nach ihrem Standpunkt nicht sein.

    [Antwort: “Verschweigen”? Wollen Sie Vahrenholt kopieren? Die HadCRUT Daten sind oben mehrfach erwähnt, in der Grafik gezeigt und extra für Leute wie Sie habe ich den Link zu unserer ausführlichen Diskussion zu den Gründen der Unterschiede angegeben. (p.s.: Ohne Klimawandel, also bei stationärer Zeitreihe, wäre die Wahrscheinlichkeit bei der 160 Jahre langen HadCRUT-Zeitreihe in einem bestimmten Jahr den absoluten Wärmerekord zu beobachten 1: 160. Was schließen Sie aus 12 Jahren ohne Rekord?) Stefan Rahmstorf]

  4. Gute Frage

    “Bleibt nur die Frage: was bringt einen RWE-Manager dazu, per Spiegel-Leserbrief leicht widerlegbare “Klimaskeptiker”-Märchen zu verbreiten – und dabei auch noch einem renommierten Klimaforscher zu unterstellen, er “verschweige” diese “Tatsachen”? “

    Hmmm? Ist das eine Fangfrage?
    Ansonsten handelt es sich glaube ich um einen klaren Fall von Upton Sinclair:

    “It is difficult to get a man to understand something, when his salary depends upon his not understanding it!”

  5. Arnd

    Die meisten Leute suchen sich aus den Fakten nur diejenigen raus, die zu ihrer eigenen Lebenssicht passen. Ich mache das auch oft :o).

    Und da die Kurve schwankt, gibt es natürlich Zeiträume in denen es kühler geworden ist. Sogar über ein Jahrzehnt kann man sowas konstruieren (1998 war wärmer als 2008, sieht zumindest auf der Grafik so aus). Im großen Zusammenhang ist das natürlich alles Quatsch.

  6. manchmal sind die antworten einfach

    zitat: “Bleibt nur die Frage: was bringt einen RWE-Manager dazu, per Spiegel-Leserbrief leicht widerlegbare “Klimaskeptiker”-Märchen zu verbreiten”

    [ ] er glaubt selber den blödsinn

    [ ] er lügt

    da ich ein menschenfreund bin, unterstelle ich mal lieber punkt 1.

    zitat: “und dabei auch noch einem renommierten Klimaforscher zu unterstellen, er “verschweige” diese “Tatsachen”?”

    [ ] er glaubt selber den blödsinn

    [ ] er bezichtigt schellnhuber der lüge durch verschweigen

    tja, mehrfachantworten sind möglich 😉

    und, ja, ich weiß, ihre fragen waren rein rethorisch. aber man sollte doch manchmal klartext reden, anstatt die dinge hinter fragezeichen zu verstecken. okay, dann gäbe es wieder haue, weil sie “unwissenschaftlich” seien…

    p.s.: habe ich das eigentlich richtig mitbekommen, der herr von storch ist jetzt aufgestiegen in der ipcc hierachie? wird dann jetzt ruhiger mit seiner (unwissenschaftlichen) kritik?

  7. Runter oder rauf

    Im Prinzip kann es doch egal sein, ob die Temperatur in den letzten 10 Jahren leicht runter auf rauf ging. Bei geschickter Wahl des Temperaturdatensatzes, der Art der Mittelwertbildung/Glättung und des Messzeitraumes kann man selbstverständlich beides belegen. Diese Diskussion hat für mich daher keinen großen Sinn. Viel wichtiger finde ich die klaren Trends: In den letzten 150 Jahren (nach der Kleinen Eiszeit) ist es deutlich und belegbar wärmer geworden. Der Temperaturanstieg war dabei nicht kontinuierlich, sondern geschah in Schüben, gefolgt von Plateaus oder sogar auch negativen Phasen. Dies macht Sinn, denn klimainterne Schwankungen wie NAO, ENSO & Co existieren und pausen sich durch.

    Viel wichtiger finde ich die Frage, warum die von den CO2-Treibhaus-Modellen vorhergesagten Temperatursteigerungen während der vergangenen Jahrzehnte deutlich geringer ausgefallen sind als modelliert (z.B. Schwartz et al. 2010). Warum haben solare Aktivitätsschwankungen in der Vergangenheit signifikante Klimaveränderungen bewirken können, während sie heute fast keine Rolle mehr spielen sollen? Wer kann mit Gewissheit sagen, dass die sehr geringe Steigerungsrate der Temperatur im vergangenen Jahrzehnt nicht auch mit der abflauenden solaren Aktivität zu tun hat, bei einer moderaten CO2-Klimasensitivität?

    Fast wöchentlich gibt es neue, spannende Resultate aus dem Bereich der Klimawissenschaften. Gerade erst musste die Abschmelzrate von Grönland und der West-Antarktis auf Basis von GRACE Satelliten-Gravimetriedaten um die Hälfte gekürzt werden (Wu et al. 2010). Es ist noch viel Bewegung und Spielraum in den Klimawissenschaften, und dies sollte in den Diskussionen berücksichtigt werden.

    [Antwort: Lieber Herr Lüning, es stimmt schlicht nicht, dass die Erwärmung der letzten Jahrzehnte deutlich geringer ist, als von den Modellen vorhergesagt – schauen Sie doch einfach mal die Daten an in dieser Grafik.

    Die Sonne hat einfach deshalb im 20. Jahrhundert nur einen geringeren Beitrag zum Klimawandel geliefert als in manchen früheren Zeiten, weil die Sonnenaktivität weniger geschwankt hat – nehmen Sie etwa das Maunder Minimum von 1645 bis 1715, als es fast keine Sonnenflecken gab – diese Phase war einige Zehntel Grad kühler als die Zeiten davor und danach, und wenn künftig wieder ein solches “Grand Minimum” der Sonnenaktivität käme, würde das Klima dadurch sicher wieder um einige Zehntel gekühlt – was aber wenig ist im Vergleich zur erwarteten Erwärmung durch Treibhausgase um mehrere Grad (siehe unsere Fachpublikation dazu).

    Und wenn Sie die neue (übrigens nicht unbedingt bessere – einfache eine neue Methode, die auch eine Reihe von Ungereimtheiten aufweist) Abschätzung der Schmelzraten von Grönland und Antarktis in die IPCC-Grafiken mit den früheren Abschätzungen (Abb. 4.18) eintragen passt die ziemlich gut in das bisherige Bild – eine Halbierung können Sie nur dann behaupten, wenn Sie das selektiv mit der bislang höchsten aller Abschätzungen vergleichen. Sie sollten immer einen nüchternen Blick auf die gesamte Datenlage werfen! Das ist wieder ein klassisches Beispiel dafür, dass “Klimaskeptiker”-Websites etwas zum Aufreger erklären, was bei näherer Betrachtung keiner ist. Stefan Rahmstorf]

  8. Was treibt ihn an?

    Zum Verbreiten von Lügen lässt ein Vorstandsvorsitzender in der Regel Untergebene, z.B. die PR-Abteilung ran.

    Ich fürchte also, Vahrenholt glaubt tatsächlich, was er da so schreibt.

    Bedeutet dies, dass die PR-Strategie der Öl- und Energiekonzerne so erfolgreich ist, dass sogar schon ihre Urheber daran glauben?

    Deprimierend…

  9. Ice-sheet uncertainty

    The differences between the work by Wu and colleagues and earlier studies may reflect errors in present deglaciation models with respect to the ice-load history and response of the Earth’s mantle. However, the revised estimates of glacial isostatic adjustment carry their own uncertainties: they depend strongly on a small number of GPS records that are all located on the ice-sheet margins.

    http://polarmet.osu.edu/…h_nicolas_ngeo_2010.pdf

    Das sollte auch Sebastian Lüning zu denken geben.

  10. Runter & rauf (2)

    Lieber Herr Rahmstorf,
    Vielen Dank für Ihre ausführliche Rückantwort. Ein paar Gedanken hierzu:

    1) Modell vs. reale Temperaturentwicklung: Ich entnehme Ihrer Antwort, dass Sie die Ergebnisse von Schwartz et al. (2010) nicht unterstützen.
    http://journals.ametsoc.org/…1175/2009JCLI3461.1
    Der Vergleich mit dem AR4-Chart von 2007 umfasst mir persönlich doch zuwenige neue Datenjahre, um Aussagen über die Gültigkeit oder Nicht-Gültigkeit von Modellen zu treffen. Da scheint mit der Vergleich mit Hansen et al. (1988) doch ergiebiger zu sein. Zwei von drei Szenarien liegen hier interessanterweise mit ihren Temperaturprognosen zu hoch.

    2) Solaraktivität:
    Danke für den Link zu Feulner & Rahmstorf (2010). Sie schreiben ja selbst, dass Ihr Modell keine zusätzlichen solaren Feedback-Mechanismen beinhaltet, die sich derzeit noch in der Erforschung befinden. Daher könnte die Temperaturbeeinflussung quantitativ noch viel deutlicher ausfallen. Hier existiert sicher noch eine der großen Lücken in der Klimaforschung, die Ihr Kollege Schellnhuber im kürzlichen Spiegel-Interview ansprach. Modellierungen werden für mich in diesem Bereich erst wieder interessant, wenn die Grundlagenforschung etwas weiter ist.

    Weiterhin hat sich die solare Aktivität im 20. Jahrhundert natürlich sehr wohl signifikant verändert. Während dieser Zeit hat sich z.B. das Sonnenmagnetfeld mehr als verdoppelt (parallel zum Temperatur- und CO2-Anstieg). Die Divergenz setzte ja erst um 1980 (bis 1998) ein: http://www.skepticalscience.com/…bal-warming.htm
    …wobei auffält, dass zu genau dieser Zeit die Nordatlantische Oszillation (NAO) einen starken Anstieg verzeichnet. Nach 1998 sehe ich ein Temperaturplateau, das parallel zu einem Sonnenaktivitätsplateau verläuft, natürlich etwas nach oben versetzt.

    Ich möchte damit nicht sagen, dass die Sonne für die gesamte Klimadynamik verantwortlich ist, das wäre sicher Quatsch, und das sieht nicht einmal Svensmark so. Eine stärkere Einbindung der Sonne würde jedoch zweifellos verringerte CO2-Klimasensitivitäten am unteren Rand des AR4-IPCC-Spektrum bedeuten. Dies sollte meiner Meinung nicht kategorisch ausgeschlossen werden und ein Schwerpunkt einer ergebnisoffenen Klimaforschung sein.

    [Antwort: Lieber Herr Lüning, das Paper von Schwartz et al beschäftigt sich mit der Frage, warum der beobachtete Temperaturanstieg geringer ist als der allein durch langlebige Treibhausgase im Gleichgewicht zu erwartende. Dass er das ist, ist selbstverständlich, u.a. wegen des kühlenden Effekts der Aerosole und der thermischen Trägheit der Ozeane. Letztere Effekte sind natürlich in allen Klimaprognosen enthalten, weshalb das Paper nicht sagt, dass die beobachtete Erwärmung geringer ausgefallen ist als vorhergesagt, wie Sie fälschlich in ihrem vorigen Beitrag suggerieren. Absichtlich? Oder verstehen Sie es wirklich nicht besser? Sie betreiben doch eine Webseite mit “Klimaargumenten”? Sollte man da nicht eine Mindestkompetenz und ehrliche Argumentation von Ihnen erwarten dürfen? Stefan Rahmstorf]

  11. Glauben oder Wissen? Wer bietet mehr?

    Wahrscheinlich meint Herr Vahrenholt diese Graphik:

    http://www.ncdc.noaa.gov/…-jan-dec-error-bar.gif

    oder diese Statistik :

    http://rankexploits.com/…ads/2010/03/UAH-Feb.jpg

    Auf die Frage, wie lange die Globaltemperatur auf gleichem Niveau verharren dürfte bis die IPCC-modelle überdacht werden müssten, bekam ich von Klimatologen die Antwort dass man so etwa nach 20 Jahren anfangen müsste sich darüber Gedanken zu machen.

    Sollte ich die bisherigen Ausführungen alle richtig verstanden haben könnte eine ausgeprägte La Nina Phase die Globaltemperatur wieder nach unten ziehen.

    Diese monatlichen und jährlichen statistischen Spielereien sind ja für einen Langzeitrend unerheblich.

    Sollten die dramatischen Klimaprognosen eintreffen werden wir das in spätestens fünf bis zehn Jahren mit Sicherheit sagen können.

    Wir können selbstverständlich jeweils nach einem, sechs oder zwölf Monaten wieder dieselbe Diskussion anfangen. Vielleicht wäre es aber konstruktiver wenn wir alle zusammen arbeiten und uns der Vergänglichkeit solcher Hochrechnungen bewusst würden.

    Ich weiß dass auch nach 20 oder 20 Jahren “Klimastagnation” die globale Erwärmung nicht zu Ende sein muss. Ich denke dass man so manchen Skeptiker überzeugen könnte, würde man davon absehen jeden Menschen als ignorant oder dumm zu bezeichnen der solche Fragen stellt oder sich darüber Gedanken macht.

    Mit freundlichen Grüssen
    Eddy

    [Antwort: Sie haben völlig Recht, dass es auf den Langzeittrend ankommt und alle Debatten über herausgepickte kurze Intervalle wenig aussagekräftig sind – das ist ja gerade der zentrale erste Punkt meines Artikels. Seit über 30 Jahren entwickelt sich die Klimaerwärmung wie vorhergesagt – siehe z.B. unseren Beitrag kürzlich dazu. Stefan Rahmstorf]

  12. @Sebastian Lüning

    “Weiterhin hat sich die solare Aktivität im 20. Jahrhundert natürlich sehr wohl signifikant verändert.”

    Die Veränderung der solaren Aktivität und ihr Einfluss auf das Klima können Sie hier nachlesen: http://www.skepticalscience.com/…ntermediate.htm

    “Dies sollte meiner Meinung nicht kategorisch ausgeschlossen werden und ein Schwerpunkt einer ergebnisoffenen Klimaforschung sein.”

    Die Resultate einer ergebnisoffenen Klimaforschung können Sie auf http://www.skepticalscience.com/ nachlesen, während Sie auf http://www.klimaargumente.de/ Pro und Kontra ohne jegliche Kompetenz gegenüber stellen.

  13. @ Eddy / Rahmstorf

    reine “Geschmackssache”?

    http://i54.tinypic.com/14xzdqv.png

    Freilich sind beide Darstellungen korrekt, welche sagt mehr aus, welche beschreibt die Realität besser?

    Übrigens sind zwischen dem Mittel um 1940 und heute bei diesen Datensätzen mittlerweile knapp 0,2°C um, hmmm?

    [Antwort: Die Grafik vergleicht Äpfel mit Birnen, weil die Glättung in der NOAA-Grafik (blaue Kurve) über einen wesentlich kürzeren Zeitraum läuft und daher noch einen erheblichen Anteil natürlicher Variabilität beinhaltet, wie man an ihrem Auf und Ab auch sofort sieht. Es ist nicht “Geschmackssache”, sondern einfach eine pragmatische Frage, für was Sie sich interessieren – den Klimatrend oder natürliche Schwankungen. Stefan Rahmstorf]

  14. @Herr Rahmstorf und Herr Innerhofer

    Ich wollte im Prinzip bloss eine Lanze für Herr Vahrenholt brechen. Ich denke ich konnte aufzeigen, dass seine Aussagen nicht vollkommen aus der Luft gegriffen sind.

    Da ich die Diskussion schon seit längerem verfolge und ich mit grosser Freude feststelle, dass die Diskussion weitaus freundlicher geführt wird als noch vor einigen Jahren, wollte ich darauf hinweisen dass diese kleinen Scharmützel auf beiden Seiten vollkommen unproduktiv sind.

    Wir müssen einfach die Tatsachen anerkennen. Ende 2008 sah es fast so aus als würde es kälter werden. Ende 2010 wissen wir, dass dem nicht so ist. Punkt.

    Mit freundlichen Grüssen an alle
    Eddy

  15. Nicht nur Herr Vahrenholt…

    Es gibt auch andere Menschen in Deutschland, die meinen, dass die Klimaerwärmung nicht vom Mensch gemacht ist.
    Zum Beispiel die umweltpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Marie-Luise Dött, welche sich von Fred Singer (ausgerechnet!) über den Stand in Sachen Klimaforschung unterrichten lässt.

    http://www.ftd.de/…a-revisionisten/50170720.html

  16. Schwartz et al (2010)

    Lieber Herr Rahmstorf,

    Ich habe mir daraufhin nochmal das paper von Schwartz et al. (2010: “Why hasn’t earth warmed as much as expected?”) genauer angeschaut und habe den Text auf meiner Webseite auch Dank Ihrer Hinweise etwas ergänzt.

    Sie haben recht, dass es im Artikel um Aerosole und auch die thermische Trägheit der Ozeane geht, die einen Teil der Treibhauserwärmung ausgleichen könnten. Allerdings sagen die Autoren auch ganz deutlich, dass sie die Effekte der thermischer Ozeanträgheit und natürlicher Abkühlungsprozesse als eher gering einstufen. Schwartz et al. sagen weiterhin, dass sie den Haupteffekt bei Aerosolen und/oder (!) einer zu hoch angesetzten CO2-Klimasensititivät sehen. Eine quantitative Abschätzung der beiden Effekte wäre beim derzeitigen Kenntnisstand allerdings nicht möglich, da der Aerosol-Kühlungseffekt noch zu schlecht verstanden ist. Nach Schwartz et al. (2010) kann nicht ausgeschlossen werden, dass die derzeit angenommene “best estimate” CO2-Klimasensensitivität von 2,1 K/CO2-Verdopplung deutlich zu hoch angesetzt ist. Und genau um das Thema ging es ja bei meinem letzten Beitrag.

    Zum letzten Teil Ihrer kürzlichen Antwort nur ganz kurz: Ich denke, die angemahnte Mindestkompetenz sollte ich wohl besitzen. Ich bin habilitierter Geowissenschaftler und besitze u.a. Erfahrungen als Gutachter für DFG, Europäisches Rahmenprogramm sowie internationale Fachzeitschriften. Insofern traue ich mir schon zu, mich an dieser Diskussion einigermaßen kompetent beteiligen zu können und berechtigte offene Fragen identifizieren zu können. Ich denke, in Diskussionen wie diesen sollte es generell vielmehr um die Argumente als um die Personen gehen.

    [Antwort: Die Autoren folgern – und darauf ist schon oft hingewiesen worden, neu ist das nicht – dass die Unsicherheit über das Aerosolforcing so groß ist, das man aus der Erwärmung der letzten hundert Jahre nicht auf die Klimasensitivität schließen kann. Und in der Tat ist das ja auch nicht die Methode, mit der die Klimasensitivität ermittelt wird. Deshalb war auch ihre Aussage im vorigen Kommentar falsch, dass ein höherer Beitrag der Sonne zur Erwärmung im 20. Jahrhundert zur Korrektur der Klimasensitivität nach unten führen würde. Übrigens hatte ich bewusst Kompetenz und Ehrlichkeit in der Argumentation gefordert. Ich erlaube mir kein Urteil darüber, an was es mangelt. Stefan Rahmstorf]

  17. Schüsse aus der Wagenburg

    Die Einlassungen von Herrn Rahmstorf bedürfen einer Erwiderung.

    Wer meinen Leserbrief gelesen hat (http://www.spiegel.de/…gel/print/d-73479886.html), wird unschwer feststellen, dass ich an keiner Stelle den prinzipiellen Zusammenhang zwischen der Zunahme der Klimagase und der dadurch induzierten Klimaveränderung in Frage gestellt habe. Ich habe mir lediglich erlaubt, die unausgegorenen Aussagen des Interviews von Herrn Schellnhuber zu kritisieren.( http://www.spiegel.de/…gel/print/d-73290108.html). Schellenhuber versucht einen Zusammenhang herzustellen zwischen den Waldbränden in Russland und der Klimaveränderung :

    “SPIEGEL: Herr Schellnhuber, Russland brennt, und Pakistan versinkt in den Fluten. Nehmen solche extremen Wetterphänomene als Folge des allmählichen Klimawandels zu?
    Schellnhuber: Zumindest entsprechen solche Ereignisse dem, was wir von einer wärmeren Welt erwarten. Die globale Durchschnittstemperatur ist seit mehr als einem Jahr auf Rekordkurs, damit steigt die Wahrscheinlichkeit für regionale Hitzeglocken wie gegenwärtig über Westrussland.”

    Ich habe darauf hingewiesen, dass die globale Durchschnittstemperatur seit 2000 leicht abgesunken ist und erst im ersten Halbjahr 2010 wieder auf 14,2 Grad angestiegen ist. Eher als dieser Anstieg können doch die schwächere nordatlantische Oszillation das Absinken der Wintertemperaturen in Europa und regionale Hitzeglocken im sommerlichen Russland erklären (siehe Lockwood, Latif und andere). Da es hier keinen CO2 –Zusammenhang gibt, wird dieses Phänomen offensichtlich auch nicht erwähnt.

    Eine solche Bemerkung darf man natürlich nicht machen, ohne von Herrn Rahmstorf zurechtgewiesen zu werden. Er schreibt, dass es seit drei Jahrzehnten einen deutlichen Erwärmungstrend gibt. Ich bestreite das doch gar nicht. Ich wehre mich nur dagegen, dass jede Wetteränderung und das Versagen der russischen Forstpolitik der Klimaveränderung zugeschoben werden soll. Ist es denn schon Häresie, wenn man auf diese unzulässige Verknüpfung hinweist und ausführt, dass es von 1999 bis 2009 Jahren nicht wärmer geworden ist ? Allein darum ging es mir.

    Dafür bekommt man dann die volle Breitseite an Kartätschen aus der Potsdamer Wagenburg :
    „Bleibt nur die Frage: was bringt einen RWE-Manager dazu … einem renommierten Klimaforscher zu unterstellen, er “verschweige” diese “Tatsachen”? Natürlich : der Mann ist von RWE, da wissen wir doch Bescheid. Ich glaube, da fehlt es dann doch an intellektueller Redlichkeit im Umgang mit einander.
    Kritik an dem Unfug, den Herrn Schellnhuber verzapft hat, wäre eher angebracht.

    Ich will an dieser Stelle nicht alle Unsäglichkeiten des Interviews erneut wiederholen, aber schon etwa die Forderung : „Im Übrigen bin ich davon überzeugt, dass wir langfristig die Atmosphäre sogar wieder in jenen kühleren Zustand zurückführen sollten, der in der Jungsteinzeit herrschte, als der Mensch sesshaft wurde“, oder seine Vision, dass wir alle mit Biosprit aus Brasilien fahren können (Super CO2 Bilanz !) oder die verfassungsverändende, gar nicht so lustige Forderung: „ Aber vielleicht müsste man die demokratischen Institutionen dafür innovativ weiterentwickeln. Ich persönlich könnte mir gut vorstellen, zehn Prozent aller Parlamentssitze an Ombudsleute zu vergeben, die ausschließlich die Interessen zukünftiger Generationen vertreten.“ Da stellt sich nur die Frage, wer vergibt die Parlamentssitze?

    All das scheint Herrn Rahmstorf nicht weiter zu stören. Stattdessen spricht er in seinen vielsagenden grünen Kommentaren in diesem Blog Kritikern wie Herrn Lüning Kompetenz und Ehrlichkeit ab.

    Wie gesagt : Umgang mit intellektueller Redlichkeit stelle ich mir anders vor.

    [Antwort: Lieber Herr Vahrenholt, schön, dass Sie sich zu Wort melden. Intellektuelle Redlichkeit beginnt bei mir als Naturwissenschaftler damit, dass die Fakten stimmen. Und es stimmt eben nicht, dass die globale Temperatur seit 2000 leicht gesunken ist, wie Sie im Spiegel behauptet haben. Oben modifizieren Sie die Aussage dahingehend, dass es “von 1999 bis 2009 nicht wärmer geworden ist”. Sorry, aber das stimmt auch nicht. Der lineare Trend in den oben gezeigten NASA-Daten für 1999-2009 beträgt +0.18 Grad pro Dekade, und liegt damit sogar über dem 30-Jahre-Trend. (Kein Wunder, waren 1999 und 2000 doch besonders kalte Jahre, wie Sie an der Grafik unschwer erkennen können.)

    Was die Extremereignisse in Russland und Pakistan angeht: selbstverständlich ist es wissenschaftlich völlig legitim, diese in Verbindung mit der globalen Erwärmung zu bringen, wie ich zum Beispiel in diesem Artikel ausgeführt habe. Mit dieser Ansicht stehen Herr Schellnhuber und ich auch keineswegs alleine da. Die World Meteorological Organisation (WMO) spricht am 11. August von einer “nie dagewesenen Serie von Extremereignissen” und schreibt: “Die Serie der aktuellen Ereignisse entspricht den IPCC-Projektionen von häufigeren und intensiveren Extremwetterereignissen aufgrund der globalen Erwärmung”.

    Die nordatlantische Oszillation ist ein zyklisch wiederkehrendes Phänomen – sie kann ebenso wenig wie El Niño erklären, dass es jetzt zu nie dagewesenen Extremen kommt (siehe Artikel oben). Ihre diesbezügliche Hypothese können Sie natürlich gerne vorbringen, aber überzeugend finde ich sie nicht. Stefan Rahmstorf]

    [p.s.: Falls Sie eigentlich mit dem (dank Extrem-El Niño) besonders warmen Jahr 1998 anfangen wollten (was man auf englisch cherry-picking nennt): der lineare Trend 1998-2009 beträgt + 0.12 Grad pro Dekade.]

  18. Auch ich frage mich inzwischen was Herrn Schellnhuber zu den zitierten seltsamen Aussagen treibt und was Herr Rahmstorf mit seiner permanenten Journalisten- und Kritikerschelte bezwecken will.

    Die durch den Klimawandel bedingte Zunahme von Extremwetterereignissen lässt sich offenbar nicht wissenschaftlich beweisen:

    http://derstandard.at/…-Extremereignissen-noetig

    Bei derart vielen bislang nicht 100% verstandenen Einflußfaktoren halte ich es für sinnvoller die Forschung zu intensivieren als öffentliche Stellungskriege um den wahren Glauben zu führen. Der Kardinalfehler bei allen Prognosen liegt darin das heute niemand den technischen Fortschritt voraussagen kann.

    Daher ist es m.M. nach sinnvoller, in der Zwischenzeit die menschengemachten Fehler zu korrigieren, z.B. die Gelder aus dem Emissionshandel nicht den Wall Street Milliadären in den Rachen zu werfen sondern für großflächige Aufforstungen etc. zu verwenden. Damit kann man garantiert nichts falsch machen.

  19. Mit ziemlicher Sicherheit

    “Der Zusammenhang ist jedoch nicht eindeutig geklärt und es wäre wichtig, diese Unsicherheit stärker hervorzuheben, fordert eine internationale Forschergruppe in der Zeitschrift “Public Service Review: Science and Technology”. “Sehr sicher weiß man, dass die Erde wärmer wird. Wie das mit dem Wasser zusammenhängt, ist jedoch noch sehr ungewiss”, betont Günter Blöschl vom Institut für Wasserbau und Ingenieurhydrologie der TU Wien.”

    heisst es in dem von Alex Becker zitierten Artikel.

    Man kann aber auch wie Hansen fragen:

    However, if the question were posed as “would these events have occurred if atmospheric carbon dioxide had remained at its pre-industrial level of 280 ppm?”, an appropriate answer in that case is “almost certainly not.” That answer, to the public, translates as “yes”, i.e., humans probably bear a responsibility for the extreme event.

    http://climateprogress.org/…-global-temperature/

  20. Sehr geehrter Prof. Rahmstorf,

    um die Aussage von Herrn Vahrenholt zum Temperaturtrend seit 2000 zu widerlegen hätte doch ihre 3. Grafik völlig ausgereicht – vielleicht noch erweitert mit dem Hinweis, dass man bei Aussagen zum Klima stets einen Zeitraum von mind. 30 Jahren betrachten muss.

    „Irren ist menschlich“ – auch für Professoren wie Sie oder Herr Vahrenholt.

    In dem Leserbrief von Herrn Vahrenholt im Spiegel ging es aber doch nicht um Temperaturveränderungen. Herr Vahrenholt kritisierte hier heftig die Aussagen von Prof. Schellnhuber und ergänzte dies in seiner Erwiderung auf Ihren Artikel.
    Was halten Sie denn von den Aussagen von Prof. Schellnhuber im besagten Interview wie z.B., dass
    – bei einer Überschreitung der 2-Grad-Grenze um ein Grad keineswegs die Klimakatastrophe über uns hereinbricht (wie bisher behauptet)
    – bei Einhaltung der 2-Grad-Grenze eine langfristige Meeresspiegelerhöhung um 50m erfolgt (was bedeuten würde, dass die gesamte Antarktis abschmelzen muss)
    – bei uns kurzfristig stärkere Stürme auftreten werden
    – es möglich ist, dass Brasilien mit Biosprit einen globalen Ersatz für Benzin schaffen kann
    – es möglich ist, den CO2-Anstieg in der Atmosphäre durch Herausfiltern des CO2 zu bremsen
    – dass es unser Ziel sein soll, die Temperaturen der Jungsteinzeit wieder zu erreichen (Meint er damit, wir brauchen noch ein wenig Erwärmung um den Stand des Klimaoptimums des Holozäns zu erreichen?).

    Und Prof. Schellnhubers Idee, den Bundestag mit nicht gewählten Ombudsleuten auf nachhaltigen Trab zu bringen, rüttelt m.E. an den Grundprinzipien des demokratischen Rechtsstaates. Was halten Sie davon?

    Wie wäre es, wenn Sie dazu mal einen Artikel hier in der klimalounge verfassen?

    MfG

    [Antwort: Lieber Herr Langer, über politische Fragen kann man natürlich immer trefflich streiten und unterschiedliche Meinungen vertreten – so soll es auch sein. In dem Beitrag ging es mir lediglich darum, dass die wissenschaftlichen Fakten stimmen sollten, auf deren Grundlage man die politischen Konsequenzen diskutiert. Was den Meeresspiegel angeht, besteht in der Tat die Gefahr, auch bei 2 ºC Erwärmung langfristig (was viele Jahrtausende bedeutet) einen Anstieg um viele Meter zu bekommen – ob das nun 50 m sind oder nur 30 (wie im Pliozän, als es das letzte Mal global rund 2 ºC wärmer war) sei dahingestellt und ist letztlich sekundär: die Gefahr eines solchen Anstiegs sollte auch aus meiner Sicht vermieden werden, was bedeutet, dass eine Stabilisierung nach einer Erwärmung um 2 ºC nicht ausreicht, sondern die Temperaturen danach wieder sinken müssen. CO2 kann man z.B. durch Kombination von Bioenergie mit CCS aus der Atmosphäre entfernen. Was die Nachhaltigkeit von Bioenergie aus Brasilien angeht, WBGU (dessen Vorsitzender Schellnhuber ist) hat 2008 ein Hauptgutachten zur Bioenergie vorgelegt, wo diese Fragen im Detail diskutiert werden. Und übrigens: Herr Schellnhuber hat nicht vorgeschlagen, dass diese Ombudsleute im Parlament nicht vom Volk gewählt werden sollten – wie kommen Sie zu dieser Behauptung? Stefan Rahmstorf]

  21. Herr Mistelberger,

    das sollten Sie lieber den betroffenen Klimaforschern wie Schellnhuber, Jones, Latif usw. erzählen. Wer sich öffentlich mißverständlich ausdrückt muß sich nicht wundern wenn dieses Aussagen von Journalisten mißverständlich interpretiert werden.

  22. Sehr geehrter Prof. Rahmstorf,

    bei den von Prof. Vahrenholt kritisierten Aussagen von Prof. Schellnhuber handelt es sich bis auf die Forderung auf Ombudsleute im Bundestag um naturwissenschaftliche Aussagen und nicht um Politik.

    Und wenn Sie und Prof. Schellnhuber sagen, dass bei Einhaltung der 2-Grad-Grenze der Meeresspiegel langfristig um 30 bzw. 50 Meter steigt, wäre dazu notwendig, dass die Antarktis zu großen Teilen abschmilzt. Für eine solche Entwicklung gibt es meines Wissens keinerlei wissenschaftliche Belege! Außerdem bleibt die Frage, ob dies wirklich eine große Gefahr für die Menschheit ist. Wie Sie richtig feststellen, würde ein solches hypothetisches Abschmelzen viele Jahrtausende dauern. Der dadurch verursachte Meeresspiegelanstieg pro Jahrhundert würde bei wenigen Dezimetern liegen, was angesichts der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung kein Problem darstellt. Und wie sich die Temperaturen über tausende von Jahren nach einem Erreichen der 2-Grad-Grenze in diesem Jahrhundert entwickeln werden, weiß kein Mensch. Sicher ist nur, dass sie nicht über so einen langen Zeitraum konstant bleiben. (Ihr Analogieschluss zum Pilozän ist problematisch, da die geographischen Umstände anders waren.)
    Die Ideen von Ihnen (Bioenergie mit CCS zu koppeln) und von Prof. Schellnhuber (Aufforstungen / direktes Herausfiltern) sind m.E. völlig ungeeignet, einen spürbaren Einfluss auf den CO2-Gehalt der Atmosphäre auszuüben, da es unmöglich ist, sie in erforderlichem Umfang durchzuführen.
    Und die Idee von Prof. Schellnhuber, mit Biosprit aus Brasilien die Autos in Europa fahren zu lassen, scheitert auch an simplem Rechnen. Dort werden z.Z. etwa 20 Mrd. Liter hergestellt. Benötigt würden über 300 Mill. Liter! Und im von Ihnen angesprochenen WBGU-Gutachten steht doch eindeutig drin, dass eine diesbezügliche Abholzung nicht in Frage kommt. Wie soll Brasilien ohne Vergrößerung der Anbaufläche die Produktion mehr als verzehnfachen – mal ganz abgesehen davon, dass es m.E. angesichts von fast 1 Mrd. hungernder Menschen eine Sünde ist, in diesem Umfang Zucker zu Treibstoffen zu verarbeiten.

    Nun doch noch kurz zur Politik. Prof. Schellnhuber sagte: „Ich persönlich könnte mir gut vorstellen, zehn Prozent aller Parlamentssitze an Ombudsleute zu vergeben, die ausschließlich die Interessen zukünftiger Generationen vertreten.“ Wie stellen Sie sich eine Wahl solcher Ombudsleute vor – durch die „zukünfigen Generationen“? Mit einer auch gut gemeinten Einführung solcher Ombudsleute wird die palamentarische Demokratie aus den Angeln gehoben!

    MfG

    [Antwort: Solche Ombudsleute könnten natürlich genauso vom Volk gewählt werden wie jeder andere Abgeordnete auch; nur ihr Auftrag wäre, besonders die Belange unserer Kinder und Enkel im Sinn zu haben. Wie sie sich dafür einsetzen wollen, würden sie dann im Wahlkampf darstellen. Man mag diese Idee gut finden oder nicht – deshalb gleich reflexhaft das Ende der Demokratie zu beschreien trägt allerdings kaum zu einer sachlichen Diskussion über Vor- und Nachteile bei. Tatsache ist, dass wir mit unseren gegenwärtigen Institutionen (Parlamente mit kurzen Wahlzyklen, Manager die auf Quartalsbilanzen schauen) schlecht aufgestellt sind, wenn es um die Bewältigung von langfristigen Problemen geht, wo heutige Entscheidungen sich über Jahrhunderte auswirken werden. Stefan Rahmstorf]

  23. Vahrenholt

    Wir schreiben das Jahr 2010. Ein Manager der keine Diagramme lesen kann? Und ein hochkarätiger Wissenschaftler muß das auch noch langschweifig erklären. Genug! Bitte!

  24. Redlichkeit

    Sehr geehrter Herr Rahmstorf,

    ihre Antwort 21..09.2010: Intellektuelle „Redlichkeit“ beginnt bei mir als Naturwissenschaftler damit, dass „die Fakten stimmen“ müssen.“

    Ihre Antwort 04.10.2010: „Was den Meeresspiegel angeht, besteht in der Tat die Gefahr, auch bei 2° C Erwärmung langfristig (was viele Jahrtausende bedeutet) einen Anstieg um viele Meter zu bekommen – ob das nun 50 m sind oder nur 30 „wie im Pliozän, als es das letzte Mal global rund 2° C wärmer war“ sei dahingestellt und ist letztlich sekundär: die Gefahr eines solchen Anstiegs sollte auch aus meiner Sicht vermieden werden, was bedeutet, dass eine Stabilisierung nach einer Erwärmung um 2° C nicht ausreicht, sondern die Temperaturen danach wieder sinken müssen.“

    Autsch!
    Fakt ist, die globale Temperatur lag wie mehrmals im vergangenen Jahrzehnt bestätigt das letzte Mal im Eem höher als heute und zwar 3° bis 5°C. http://www.neem.ku.dk

    MfG
    Aniger

    [Antwort: Verwechseln Sie vielleicht lokal mit global? Die lokale Temperatur über Grönland lag im Eem mehrere Grad höher als heute, wie aufgrund der höheren Einstrahlung aufgrund des anderen Orbits auch zu erwarten und von Klimamodellen auch so simuliert. (Daher war der Meeresspiegel im Eem auch mehrere Meter höher.) Die globale Temperatur lag dagegen nur unwesentlich höher als heute, wenn überhaupt (siehe Diskussion im IPCC-Bericht auf S. 453). Stefan Rahmstorf]

  25. @Aniger: Nilpferde am Rhein

    Sie können hier nachlesen:

    http://de.wikipedia.org/…nisse_aus_Eisbohrkernen

    Es wurde festgestellt, dass die Eem-Warmzeit durchwegs sehr stabil war, mit Temperaturen 5 °C wärmer als heute.

    oder hier:

    http://en.wikipedia.org/…age#Global_temperatures

    Da finden Sie konkrete Angaben, aber keine 5 Grad C. Es bleibt Ihnen als Übungsaufgabe überlassen, herauszufinden, was denn zutrifft.

  26. IPCC-Berichte

    Diese Berichte sind keine Dogmen!

    The IPCC reports aren’t dogma, people. They are primarily literature reviews! And the literature has moved on (see “Scientists withdraw low-ball estimate of sea level rise — media are confused and anti-science crowd pounces“). To say, “It turns out that the original projections may have been too benign” is a vast understatement. Indeed, two years ago the Bush administration itself was forced to concede that the IPCC numbers are simply too out of date to be quoted anymore — see US Geological Survey stunner: Sea-level rise in 2100 will likely “substantially exceed” IPCC projections.

    http://climateprogress.org/2010/02/22/sea-level-rise-global-warming/

  27. Redlichkeit & Nilpferde

    Herr Rahmstorf, Herr Mistelberger,
    ist ja hoch interessant. In Grönland war es im Eem ohne das anthropogene Treibhausgas CO2 3-5° C wärmer als heute. Und wenn es im Eem z.B. in Mitteleuropa nicht wärmer war als heute, müssen die Neandertaler Themse und Rhein beheizt haben – vielleicht doch mit fossilen Brennstoffen – damit das Flusspferd – man kann es auch in Themse- oder Rheinpferd umtaufen – dort überwintern konnte. Vielleicht war der Waldelefant im Eem gar schon ein Mammut, damit er die heute ähnlichen Wintertemperaturen überleben konnte. Möglich wäre natürlich auch, Paläontologen haben die in Mitteleuropa gefundenen Fossilien von exotischen Tieren wie Gazelle, Löwe, Nashorn etc. aus den vergangenen 500.000 Jahren falsch datiert. Die Knöchelchen stammen in Wahrheit noch aus dem Pliozän, wenn es da das letzte Mal wärmer war als heute, oder?
    Zu Ihrer Information, Herr Mistelberger, Wikipedia gehört gerade nicht zu meinen Informationsquellen. Ich habe trotzdem mal reingeschaut. Da steht schwarz auf weiß „Die Eem-Warmzeit war gekennzeichnet durch relativ stabile klimatische Verhältnisse. Die Temperatur im Optimum der Warmzeit lag in Europa mehrere Grad über der heutigen Mitteltemperatur.“
    3 bis 5 Grad C heißt, es können 3° oder 4° oder auch 5° C sein. Wenn Sie daraus konkrete 5° C machen, kann ich Ihnen leider nicht helfen. Üben nützt da auch nichts.
    MfG
    Aniger

    [Antwort: Polemik schätzen wir in den Wissenslogs nicht. Es war im Eem nicht nur in Grönland, sondern generell in nördlichen Breiten incl. Europa wärmer als heute (siehe Abb. 6.6 IPCC), weil dort aufgrund der Orbitalzyklen die Sonneneinstrahlung im Sommer viel intensiver war als heute (wir reden hier von rund 30 Watt/m2 – siehe Box 6.1 des IPCC-Berichts). Stefan Rahmstorf]

  28. politisches Amt

    Sehr geehrter Herr Prof. Rahmsdorf,

    (1)ich will nicht in einer neutralen Position in der unseligen “Klimadiskussion” verharren, sondern Position beziehen können. Daher lese ich aufmerksam viele Artikel (möglichst mit harten Fakten, statt “Glaubensbekenntnisse”) und versuche ernsthaft auch die “versteckten” Beweggründe der Urheber zu erkennen. Nach dem Lesen einiger Ihrer Antworten und Artikel: wenn Sie Politik machen wollen und die Gesellschaft ändern wollen, dann bewerben Sie sich bitte um ein politisches Mandat und werben Sie für Ihre Ideen im politischen Wettbewerb. Aber bitte mißbrauchen Sie nicht die Wissenschaft für Ihre politischen Ideen.

    (2) Ebenfalls ist es unredlich Autoren, die nicht Ihrer Meinung oder Einschätzung sind, Polemik vorzuwerfen, wenn Sie auf Ihren Seiten selbst davon hin und wieder Gebrauch machen. Wie man in den Wald hinruft…

    (3)Gute Wissenschaft ist sich kritisch mit der eigenen These/Methode auseinanderzusetzen und auch nach Gegenbeweisen zu suchen. Das ausschließliche Suchen nach Bestätigung für die Richtigkeit der eigenen These(n) ist wenig zielführend und bietet daher immer Raum für Gegenangriffe. Wie sehr sich auch renommierte Wissenschaftler irren können zeigt die Geschichte des Waldsterbens. Prof. Ullrich, Göttingen, (“Erfinder” des Waldsterbens Ende der 1970er) mußte vor einigen Jahren seinen Irrtum zugeben und entschuldigte sich dafür. Kein Hinweis darüber in der Presse die mit der Form der “Waldsterbens-Verkündigung” vergleichbar wäre. Meine Hochachtung an diesen Professor. Ich verneige mich davor. Dazu gehört Mut. Meine Annahme und Beobachtung: Die wenigsten Wissenschaftler (und nicht nur die! “Werfe der den ersten Stein der frei von Sünde ist.”) können das heute: eigene Fehler zugeben. Das ist menschlich, wie auch das Irren.
    Ich werde also weiter beide Seiten aufmerksam und kritisch begleiten.

    Mit freundlichen Grüßen

  29. Rahmstorf und kein Ende

    Damit allen Beteiligten klar ist, was Herr Rahmstorf meint, wenn er selbst auf den Vergleich 1998 bis 2010 hinweist.http://www.woodfortrees.org/…/from:1998/to:2010.
    Ich sehe da nur eine schnurgerade Linie.Der Trick Rahmstorfs ist, dass er cherry picking like den niedrigen Wert 2000 heraussucht und dann mit Juli 2010, der nachweislich vom letzten El Nino beeinflußt ist, vergleicht. Aber seit 4 Monaten geht die Temperatur ,Ninja beeinflußt, zurück. Nichts ist es mit dem Wärmerekordjahr 2010 trotz El Nino. Und nächstes Jahr wird es auch wieder kälter. Denn die Natur, stupid, regelt sich nicht nach Stefan Rahmstorfs Wunschvorstellungen. Denn das ist der Kardinalfehler des IPCC. Man mittelt die Temperatur von 1961 bis 1990 und erklärt alle Abweichungen hiervon als Klimagasinduziert. Was aber, wenn die Natur sich daran nicht hält und vom Mittelwert abweicht, z. B. nach unten ? Heisst es dann, frei nach Mujab Latif : Die Klimaerwärmung versteckt sich hinter der Abkühlung ? Um unseren Politikwissenschaftler aus Potsdam zu besänftigen : es war Phil Jones der kürzlich auf die Frage ” Do you agree that from 1995 to the present there has been no statistically- significant global warming “im BBC erkärte : Yes, but only just. I also calculateed the trend for the period 1995 to 2009: this trend ( 0,12 C per decade) is positive, but not significant at the 95 % significance level “.

    [Antwort: Ich empfehle dazu unser Interview mit Phil Jones. Ob man das 95%-Signifikanzniveau erreicht, hängt angesichts des “Rauschens” der natürlichen Variabilität vor allem von der Länge des betrachteten Zeitraums ab, und die Aussage von Phil Jones bedeutet, das 15 Jahre zu kurz sind. Je mehr Daten man hat (je länger der betrachtete Zeitraum) desto eher kann man den Erwärmungstrend statistisch signifikant belegen. Stefan Rahmstorf]