Die Laufzeitverlängerung: mehr Wachstum, geringe Importrisiken, niedrige Strompreise – oder doch nicht?

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Liefert das Energiegutachten der Bundesregierung gute Argumente für eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke? Dazu bringen wir heute einen Gastbeitrag von Brigitte Knopf, Expertin für Energiesystemmodelle am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.

Drei Dinge erhofft sich die Bundesregierung von längeren Laufzeiten der Atommeiler: mehr Wirtschaftswachstum, weniger Importabhängigkeit beim Strom und billigere Strompreise. In ihrer nächtens unterzeichneten Vereinbarung mit den vier großen Stromkonzernen formuliert sie es so:

"Die Energieszenarien im Auftrag der Bundesregierung […] zeigen, dass eine Laufzeitverlängerung deutlich volkswirtschaftlich positive Effekte hat, Importrisiken begrenzt und strompreisentlastend wirkt. Somit erscheint eine Laufzeitverlängerung unter Wahrung des hohen Sicherheitsniveaus als das geeignete Instrument […] das Ziel einer wirtschaftlichen, sauberen und sicheren Energieversorgung zur erreichen"

Aber stützt das wissenschaftliche Gutachten für ein Energiekonzept der Bundesregierung wirklich diese Interpretation?

Schon ein erster Blick auf die Definition der Szenarien zeigt: aufgrund der ungeeigneten Vorgaben der Regierung lassen sich nur schwer Rückschlüsse auf den Nutzen von längeren Laufzeiten ziehen. Ein Referenzszenario mit einer eher geringen Minderung der Treibhausgasemissionen, mit niedriger Energieeffizienz und ohne Laufzeitverlängerung wird hier mit Zielszenarien mit hohen Minderungszielen, einer wesentlich rascheren Steigerung der Energieeffizienz und unterschiedlichen Laufzeitverlängerungen verglichen – also ein Apfel mit Birnen. Ein differenzierter Vergleich wird somit bewusst erschwert. Alle Szenarien mit Laufzeitverlängerung sind schon deshalb im Vorteil zum Referenzszenario, weil in ihnen die Energieeffizienz viel höher ist. Ein Vergleich mit einem alternativen Klimaschutzpfad durch einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren ist nicht möglich.

Untereinander vergleichen kann man lediglich die vier Szenarien mit unterschiedlichen Laufzeitverlängerungen von 4, 12, 20 und 28 Jahren (Sz. I, Sz. II, Sz. III, Sz, IV). Diese werden jeweils noch mit zwei unterschiedlichen Nachrüstkosten für die Atomkraftwerke gerechnet (Variante A, billig, und B, teuer). Was also kommt heraus?

Die volkswirtschaftlichen Effekte

Abb. 1: Entwicklung des BIPs. Sz. I-IV: Laufzeitverlängerungen von 4, 12, 20 und 28 Jahren. Variante A: geringe Nachrüstkosten (Vorgabe BMWi), Variante B: hohe Nachrüstkosten (Vorgabe BMU). [Quelle: Energiegutachten der Bundesregierung.]

Eine wichtige Größe zur Bewertung der Szenarien ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Hier sind die Effekte einer Laufzeitverlängerung auf den ersten Blick nur schwer zu erkennen (Abbildung 1), die Unterschiede zwischen den Szenarien sind äußerst gering und vermutlich nicht robust gegenüber Unsicherheiten in den Annahmen (siehe den KlimaLounge-Beitrag zur fehlenden Unsicherheitsanalyse). Erst wenn man eine Differenzgrafik macht (Abbildung 2) zeigen sich überhaupt Unterschiede.

 

Abb. 2: Abweichung des Bruttoinlandsprodukts in den Zielszenarien gegenüber der Referenz (in %). Sz. I-IV: Laufzeitverlängerungen von 4, 12, 20 und 28 Jahren. Variante A: geringe Nachrüstkosten (Vorgabe BMWi), Variante B: hohe Nachrüstkosten (Vorgabe BMU). [Quelle: Energiegutachten der Bundesregierung.]

Eindeutig lässt sich hier nur eins festhalten: das Bild gibt keine eindeutige Aussage. So entstehen die höchsten positiven volkswirtschaftlichen Effekte im Jahr 2020 bei einer Laufzeitverlängerung von 28 Jahren, allerdings nur bei den vom BMU vorgeschlagenen höheren Nachrüstkosten für die AKWs. Diese positiven Effekte sind zu einem großen Teil genau auf die Nachrüstkosten zurückzuführen, wie es im Gutachten selbst heißt (S. 161) – nach dem bekannten Effekt, dass auch jeder Autounfall das BIP erhöht, weil dann Reparaturkosten fällig werden. Einen solchen positiven Kurzfristeffekt auf das BIP könnte man natürlich auch dadurch erzeugen, indem man das Geld statt in Nachrüstung von AKW in den Ausbau der Erneuerbaren Energien steckt.

Im Jahr 2030 und 2040 hingegen schneidet eine Laufzeitverlängerung von 20 Jahren am besten ab und im Jahr 2050 eine Laufzeitverlängerung von 4 Jahren mit hohen Nachrüstkosten. In 2040 und 2050 zeigt sich sogar deutlich, dass eine kürzere Laufzeitverlängerung von nur 4 Jahren volkswirtschaftlich günstiger ist als eine mit 12 Jahren (Vergleich der grünen und gelben Balken). Wie die Kanzlerin Merkel bei Anblick dieses Bildes zu der Aussage kommt, dass "10-15 Jahre fachlich vernünftig sind", bleibt rätselhaft. Auf dem Gutachten kann diese Aussage auf jeden Fall nicht basieren. In diesem steht dazu: "Eine klare Rangfolge der 4 Zielszenarien ist bei hohen Nachrüstkosten nicht mehr sichtbar" (S. 161) und auch bei niedrigen Nachrüstkosten tut sich das Gutachten schwer mit einer aussagekräftigen Bewertung. Ein ähnlich uneinheitliches Bild ergibt im Übrigen die Entwicklung der Beschäftigten, die gerne als weiterer Indikator für die volkswirtschaftlichen Effekte herangezogen wird.

Das zentrale Ergebnis ist jedoch, dass die Unterschiede im BIP verschwindend gering sind. Das BIP unterscheidet sich zwischen den gezeigten Szenarien um maximal 0,5%. Selbst bei nur 1% jährlichem Wirtschaftswachstum ist eine solche Differenz innerhalb von höchstens einem halben Jahr aufgeholt. Sollen wir eine so folgenreiche Entscheidung wirklich davon abhängig machen, ob ein bestimmtes BIP in 2030 oder 2050 einige Monate früher oder später erreicht wird?

Strompreise

Da das teuerste und nicht das billigste Kraftwerk den Strompreis bestimmt, wirken sich die Laufzeitverlängerungen nicht so stark auf die Strompreise aus, die Kostendifferenzen sind äußerst gering (Abbildung 3). Bei den Haushalten ergibt sich ein maximaler Unterschied zwischen 4 und 28 Jahre Laufzeitverlängerung von etwa 2 ct/kWh. Vorsichtshalber wurden allerdings die Strompreise für die Variante B mit hohen Nachrüstkosten gar nicht erst angegeben. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Abb. 3 Strompreise in den vier Szenarien, im Vergleich zum heutigen Strompreis (links im Bild). [Quelle: Energiegutachten der Bundesregierung.]

Spürbar sind die Unterschiede nur bei dem (subventionierten) Strompreis für die stromintensive Industrie, wo Regierungsvertreter von einer Halbierung des Strompreises gesprochen haben. Doch: vergleichbar sind ja nur die Verlängerungsszenarien untereinander (siehe oben). Und hier zeigt sich: 2050 ist der Strom umso teurer, je länger die Laufzeiten sind (rechts unten im Bild).

Die Importabhängigkeit

Abgesehen davon, dass Importe auch kostensenkend wirken können und ein Verzicht auf Stromimporte für Deutschland ohnehin einen hohen Preis hätte, ist hier das Bild schon eindeutiger – aber anders als von der Regierung behauptet. So kann man zwar mit etwas gutem Willen aus dem Gutachten noch die Aussage herauslesen, dass in 2030 und 2040 die Stromimporte mit längerer Laufzeitverlängerung geringer sind. Aber in 2050 – und damit langfristig – erhöhen sich die Importe eindeutig bei längerer Laufzeitverlängerung (siehe Abbildung 4). Dieser Punkt wird in der politischen Interpretation gerne unterschlagen, ist aber für eine Bewertung äußerst wichtig: es deutet sich hier an, dass Deutschland bei längerer Laufzeitverlängerung mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien im eigenen Land langfristig nicht mehr konkurrenzfähig zum europäischen Ausland ist. Eine Laufzeitverlängerung schlägt also keine Brücke zu einem nachhaltigen Energiesystem sondern landet in einer Sackgasse.


Abb. 4: Nettostromimporte im Jahr 2008 und 2050. [Quelle: Energiegutachten der Bundesregierung.]

Fazit

Das Energiegutachten belegt keine signifikanten Vorteile einer Laufzeitverlängerung: weder ein "deutlich" höheres Wirtschaftswachstum, noch niedrigere Strompreise oder geringere Importabhängigkeit (im Gegenteil). Offensichtlich hat die Bundesregierung trotz ihrer Vorgaben nicht das bekommen, was sie sich von dem Gutachten erhofft hatte. Nun tut sie dennoch so, als stütze das Gutachten ihre offenbar schon vorher festgelegte Position pro längere Laufzeiten. Diese Tatsache erschüttert und demotiviert uns Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Die wissenschaftliche Politikberatung verkommt damit zu einer reinen Alibifunktion, wenn nicht zur Farce.

Brigitte Knopf ist leitende Wissenschaftlerin am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und erforscht Strategien zur Begrenzung des Klimawandels. Sie arbeitet mit Modellen zur ökonomischen und technischen Analyse des Energiesystems.

Stefan Rahmstorf ist Klimatologe und Abteilungsleiter am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Professor für Physik der Ozeane an der Universität Potsdam. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf Klimaänderungen in der Erdgeschichte und der Rolle der Ozeane im Klimageschehen.

22 Kommentare

  1. Strompreis soll steigen

    In Bayern wurden bereits Preiserhöhungen für Strom angekündigt. Als Grund wird angegeben, dass man hier zu massiv auf den Ausbau alternativer Energien gesetzt hat. Es gibt mehrere große Wasserkraftwerke, den Solarpark Bayern und viele Hausbesitzer haben eine Photovoltaikanlage auf dem Dach. Da mit einer so langen Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke niemand ernsthaft gerechnet hatte, wurde auch noch ein großes Pumpspeicherwerk an der Donau geplant. Die Energiekonzerne klagen nun, man könne die Einspeisung des alternativen Stroms gar nicht mehr bewältigen ohne die Stromnetze auszubauen und das kostet Geld. Außerdem wird befürchtet, dass die Stromkonzerne die Zahlungen, die sie für die Verlängerung der Laufzeiten an die Regierung zahlen müssen, auf die Verbraucherpreise umlegen.

  2. mmmh…?

    Ist Prof. Dr. Schellnhuber nicht wissenschaftlicher Chefberater der Bundesregierung in Fragen des Klimawandels?

    So wie die Absichten der Bundesregierung in der Atompolitik aussehen, scheint Herr Schellnhuber wohl überhört oder ignoriert worden zu sein. Schade!

    [Antwort: Herr Schellnhuber ist Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats Globale Umweltveränderungen (WBGU), einem der Beratungsgremien der Bundesregierung. Stefan Rahmstorf]

  3. Wissenschaft versus Politik

    Liebe Frau Knopf,
    insbesondere Ihre in den letzten Sätzen dieses interessanten Artikels geäußerte Frustration über wissenschaftliche Politikberatung kann ich sehr gut nachvollziehen. In der Politik werden die hohen wissenschaftlichen Maßstäbe zur Wahrheitsfindung eben oft ignoriert (sofern sie überhaupt bekannt sind).
    Oft ist Politik ja ein Abwägen von Entscheidungen für die es keine klare wissenschaftliche Richtung gibt (Pro/Contra Stuttgart 21?). In diesem Fall scheint die Bundesregierung aber eindeutig das von ihr in Auftrag gegebene Gutachten falsch zu interpretieren. Das ist in der Tat erschütternd für unsere “Wissensgesellschaft”!
    — Leonard Burtscher

  4. “Eine Laufzeitverlängerung schlägt also keine Brücke zu einem nachhaltigen Energiesystem sondern landet in einer Sackgasse. “

    Gilt das auch dann, wenn man die durch Laufzeitverlängerung erzielbaren Gewinne konsequent in nachhaltige Energiegewinnung steckt? (Offshore Windparks, Anpassung der Verteilungsnetze, Entwicklung von Energiespeichern….)

    [Antwort: Diese Frage wird in dem Gutachten leider nicht untersucht. Eine Antwort deutet sich aber an: bei hohen Nachrüstkosten für die Kernkraftwerke (Variante B), bleiben die Kernkraftwerke gar nicht über die ganze Laufzeit am Netz, sondern werden von den Betreibern früher abgeschaltet, da es sich offensichtlich nicht lohnt. Ähnliches könnte passieren, wenn wirklich die Gewinne konsequent abgechöpft würden: wahrscheinlich würden die Kernkraftwerke dann nicht die volle Laufzeit über laufen und insofern wäre der Effekt für die Erneuerbaren eher gering. B. Knopf]

  5. sehr geehrte Fr Knopf

    “es deutet sich hier an, dass Deutschland bei längerer Laufzeitverlängerung mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien im eigenen Land langfristig nicht mehr konkurrenzfähig zum europäischen Ausland ist.”

    schmunzel! welches ausland meinen sie denn? in dem boomland schlechthin, china, setzt man massiv auf kernergie. in indien auch. selbst in europa und usa. denen fehlen wohl so brillante köpfe wie sie

    “Diese Tatsache erschüttert und. demotiviert uns Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Die wissenschaftliche Politikberatung verkommt damit zu einer reinen Alibifunktion, wenn nicht zur Farce.”

    solche worte vom PIK.
    was ist denn eigentlich aus der klimakatastrophe geworden? vergleichen sie doch mal die pro-kopf-co2-emmission von frankreich und deutschland. länder mit ähnlicher wirtschaftsleidtung. was fällt da auf? warum emmittiert F so viel weniger? warum ist das so??

    mir bleibt da nur ein schluss: sie glauben selbst nicht mehr daran dass der bürger ihr co2-märchen abkauft. sie “argumentieren” jetzt “volkswirtschaftlich” für ihre lobby.
    auch das wird der bürger durschschauen.

    ps: Hr Rahmstorf wird sicher wieder zensieren. das ist in seinem blog sein gutes recht.
    aber es schon traurig das die selbsternannte “wissenschaftselite” so was nötig hat.

    [Antwort: Es sind hier nicht “wir” die volkswirtschaftlich argumentieren, sondern es sind die Argumente der Regierung selber, die uns die Kernkraft als volkswirtschaftlich günstig verkaufen will. Diese Aussage lässt sich mit dem eigens von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Gutachten vollständig widerlegen. B. Knopf]

  6. wetterabhängiger Strompreis?

    auf der einen Seite steht das PIK dazu, den Klimaeinfluss gering zu halten, es sollte wenn möglich alles halbwegs so bleiben wie es ist. Nicht mehr Regen, nicht weniger, nicht wärmer nicht kälter, ein kontrolliertes, vorhersehbares Wunschklima sozusagen.

    [Antwort: Das ist Polemik. Wir warnen lediglich davor, das Klima über die Grenze hinaus zu verändern, wo massives menschliches Leid verursacht und die Anpassungsfähigkeit von Ökosystemen überfordert wird. Gegen Klimaschwankungen in gewissen Grenzen habe ich nichts. Aber einen Meeresspiegelanstieg von mehreren Metern zu verursachen, fände ich nicht klug. Da muss natürlich die Gesellschaft entscheiden, ob sie das will. Unsere Pflicht als Forscher ist allerdings, solche Folgen zu untersuchen und darauf hinzuweisen, damit die Gesellschaft eine informierte Entscheidung fällen kann. Stefan Rahmstorf]

    Nun wird am Energiemarkt fleißig gehandelt. Auch Strom wird von Energiekonzernen verkauft, wenn man zu viel davon hat od. gute Preise bekommt vice versa. Haben die Bayern viel Wind und Sonne, haben sie zu viel Strom. Dieser wird zB. von den Vorarlberger Energiewerken zugekauft und zwar rechtzeitig und zu “Schrottpreisen” man hat ja Wetterdienste. Haben die Vorarlberger zu viel Wasser, haben sie auch zu viel Strom (meistens). Auch diese Energie erzielt nur ganz üble Preise, außer ein Partner braucht es ganz dringend.
    Lassen wir mal so 50% Strom theoretisch aus Wind und Solar für Mitteleuropa erzeugt sein. Dann nehme man ein schönes, stabiles Hochdruckgebiet direkt über Deutschland im Monat Jänner. Praktisch Null Wind, viel Nebel und Hochnebel bei sowieso sehr geringer und kurzer Sonneneinstrahlung.
    Woher soll der Strom zu halbwegs vernünftigen Preisen dann kommen, wenn der Markt schon Tage vorher weiß, wer einen “Notstand” haben wird.
    Die teils extreme Wetterabhängigkeit vieler EE`s ist jedenfalls nachteilig und es müssten die schlimmsten Szenarien (wie zB. 500 jähriges Hochwasser)in die Berechnungen einfließen.

    Bei weiterer massiver Förderung von Solar und Windenergie muss zu mindest der Strompreis deutlich ansteigen und Gott sie Dank haben wir ja die Klimaschützer, die dann auch meinen Anteil bezahlen werden…

  7. Da der technische Fortschritt ständig weitergeht ist damit zu rechnen, dass es in vieleicht 10-30 Jahren neue Energien gibt die auch ohne Subventionen mit den fossilen mithalten können. Es geht also darum, diese Zeit zu überbrücken.

    Wenn wir mit den EE so weitermachen zahlen wir uns dumm und dämlich, fahren die Wirtschaft an die Wand. Neue Atomkraftwerke sind wegen der hohen Kosten und ungeklärter Müllfrage auch keine wirkliche Alternative.

    Warum nicht in dieser Übergangszeit auf billigen Kohlestrom setzen und einen Teil der gesparten EEG-Subventionen für Aufforstungen und andere Maßnahmen zur CO2-Speicherung einsetzen?

  8. sehr geehrte Fr Knopf

    zunächst einmal vielen dank, dass sie meinen kommentar freigeschaltet haben und für ihre antwort.

    mein kommentar bezog sich natürlich auf diese “volkswirtschaftliche” aussage von ihnen:

    es deutet sich hier an, dass Deutschland bei längerer Laufzeitverlängerung mit dem Ausbau der
    erneuerbaren Energien im eigenen Land langfristig nicht mehr konkurrenzfähig zum europäischen Ausland ist

    wie sie zu so einer aussage kommen ist mir schleierhaft. selbst in dem(zurecht) kritisierten gutachten wird für alle
    szenarien ein massiver ausbau der EE, vorrangige einspeisung und garantierte vergütung (auf kosten der bürger)
    angenommen (zb auf seite 106). was behindert also die EE?
    auch die seit vielen jahren von den bürgern bezahlte zwangsabgabe zu gunsten der EE hat nicht zu einer
    nennenswerten technischen oder wirtschaftlichen entwicklung der EE, sondern lediglich zu einer gigantischen
    installierten EE leistung mit verschwindender verfügbarkeit geführt. inzwischen kommen die photovoltaikpaneele aus
    china. aber wem erzähle ich das: sie sind “Expertin für Energiesystemmodelle” und wissen das natürlich auch (aber
    verschweigen es halt lieber)

    dass in den szenarien nicht viel unterschiedliches rauskommt ist leicht einsichtlich wenn man sich die stingenten annahmen insbesondere zu EE ansieht. eine gute zusammenfassung dieser sehr willkürlichen randbedingungen finden sie zb hier
    http://www.science-skeptical.de/…undesregierung/

    sehr viel interessanter wäre es doch mal den okonomischen und ökologischen nutzen bei einem ausbau der kernenergie und/oder bei einer abschaffung des erneuerbaren energien gesetz zu berechenen.
    interessant wäre es auch mal die tatsächlichen kosten der EE zu berechnen wenn man die nötige back-up leistung einbezieht.

    das wäre doch mal eine studie (frei von politischer korrektheit) die das PIK erstellenen könnte.

    auch haben sie mir zu den unterschiedlichen co2-emmissionen und D und F nicht geantworten. (ich nehme mal an sie glauben an den alarmissmus den iihr haus verbreitet.) die franzosen sind schon heute da, wo das szenario gegen 2030 sein will ….

    mfg

  9. Was sind ökonomische Aussagen?

    Ökonomische Aussagen setzen mehr oder weniger unbewußt auf unveränderte Rahmenbedingungen.

    Frau Knopf in Ihrem Artikel ist das direkt angesprochen: Die Vorgaben der Bundesregierung für die Erstellung des Gutachtens.

    Aber weitere Einflußfaktoren sind z.B. die Steuerung der Wirtschaft durch die Abgabenvorschriften. Unter den Bedingungen der vergangenen 50 Jahre hat sich die durchschnittliche Arbeitszeit der Erwerbspersonen (die Beschäftigten sind weniger) von ca. 2000h/Jahr um 1960 auf ca. 1150h/Jahr (heute) verringert. Ohne Rentenkürzungen, hohe Arbeitslosigkeit würde wegen der höheren Kaufkraft die Arbeitszeit bei ca. 1250h/Jahr liegen, was ca. 4% mehr BIP ergeben würde.

    Eine Optimierung der Abgabenvorschriften würde also z.B. 4% mehr BIP ergeben (die Realisierung dauert nach Einführung optimierter Abgabenvorschriften ca. 3 Jahre). Wenn Klimaschutzmaßnahmen z.B. mit 50h/Jahr angesetzt würden, dann wären das 1300h/Jahr – mit wesentlich höheren individuellen Lebensstandards.

    Damit ein Durchschnitt 1300h/Jahr eintritt, dürfte die Vollarbeitszeit bei 1400h/Jahr liegen, heute liegt sie bei ca. 1700h/Jahr. Leider denken die Meisten (unzutreffend), wenn die Vollarbeitszeit nur bei 1400h/Jahr statt 1700h/Jahr liegt, dann habe ich ja erheblich weniger Reallohn. Das Gegenteil ist der Fall, denn eine wesentlich höhere Gütermenge wird von einer gleichen Bevölkerung verbraucht. Dieser Irrtum hat ähnliche Grundlagen wie die besser bekannten optischen Täuschungen.

    MfG

  10. @ MichaelE

    Ich möchte Ihrem Beitrag in wesentlichen Punkten widersprechen:

    1) Weltweit waren 2009 etwa 50% der neu installierten Leistung regenerativ. Dagegen ging kein einziges AKW ans Netz. China investiert ebenso mindestens um den Faktor 100 stärker in EE als in Atomkraft. Nur wenige Staaten setzen auf Atomkraft, zu beachten ist auch, dass häufig eine militärisch genutzte Infrastruktur quersubventioniert werden will…

    Letztlich ist der AKW-Bauboom bereits in den 70ern (noch vor Harrisburg) in den USA wieder abgeebbt: Grund war die katasstrophale Wirtschaftlichkeit. Die New York Times nannte dieses “Experiment” der US-Energiewirtschaft damals das größte Fiasko seit Vietnam.

    Neben allen anderen Problemen und Risiken hat sich die Wirtschaftlichkeit sogar weiter negativ entwickelt. Eine Studie der Citibank („New Nuclear – The Economics say no“) unterstreicht dies: ohne massive Subvention ist ein AKW nicht wirtschaftlich zu betreiben.

    Neubauprojekte wie der EPR sind massiv in der Kritik – die Baukosten sind doppelt so hoch wie prognostiziert – und ob die Erwartungen sich erfüllen, müssen diese Projekte überhaupt erst beweisen. In der Vergangenheit sind etwa 20% aller begonnenen Projekte nie fertiggestellt worden oder in Betrieb gegangen: mehr als 100 Bauruinen – im Wert von 360 Milliarden EUR. Ein erhebliches Risiko.

    Links:
    http://www.wdr.de/…iewirtschaft/akw_ruinen.jhtml

    Im übrigen – wird von vielen Ausbauplänen wieder Abstand genommen. Die beiden deutschen Energieriesen RWE und Eon zB extra ein Gemeinschaftsunternehmen, das in England sechs Kernkraftwerke errichten und betreiben sollte. Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung sind die Controller jetzt zu einem Ergebnis gekommen, das sich in dürren Worten so zusammenfassen lässt: ökonomisch nicht darstellbar.

    Die Atomrenaissance findet nicht statt. Ein Indiz dafür ist auch die Verlängerung der Laufzeiten – anstatt einer Erneuerung des Kraftwerkparkes…!

    2) CO2 und Kernkraft
    Letztlich sollte man nicht eine CO2 Reduktion durch andere Umweltprobleme erkaufen, zumindest nicht so lange es eine Alternative gibt. Und diese haben wir, die EE sind marktreif.

    In der gesamten Prozesskette vom Uranbergbau – über Anreicherung – Nutzung im AKW – Wiederaufarbeitung – bis hin zur Endlagerung wird die Umwelt geschädigt, massiv radioaktiv kontaminiert (zB Uranminen im Niger, WAA Le Hague/Sellafield, etc.) und verunreinigt. Auch wenn über viele Risiken in der Fachwelt (zB Tritiumfreisetzung der AKWs im Zusammenhang mit Krebs/Leukämie) gestritten werden mag – ein Besuch der Seite des IPPNW lohnt hier – so lassen sich die gesundheitlichen Risiken nicht wegdiskutieren.

    Demgegenüber gibt es viele Studien, die nicht nur klar belegen, dass Uran endlich ist – sondern vor allem auch aufzeigen, dass die Gewinnung immer niedrigerer Erzgrade mit steigenden CO2-Emissionen verbunden ist. Bis zu 230 g / kWh werden hier ausgewiesen.

    Zumal zweifelsfrei feststeht, dass die Atomkraft insgesamt nicht ausbaubar ist – und somit keinen Beitrag zur Co2-Reduktion leisten kann.

    3)Atomkraft steht dem Ausbau der EE strukturell entgegen. Durch Festigung der Monopolstrukturen, durch die Netzstrukturen – durch einen Investitionsstop – und vor allem durch eine mangelnde Regelfähigkeit.

    AKWs können zwar theorethisch Last abwerfen, allerdings schädigt ein solcher Betrieb eher die Zirkoniummatrix der Brennelemente, der Abbrand ist zudem derselbe wie bei Volllast. Da AKWs zur Abführung der Restwärme dann aber sogar noch erhebliche zusätzliche Mengen Strom benötigen – ist ein solcher Betrieb nicht wirtschaftlich.

    Technisch führt ein solches Abfahren der Lastkurven zudem zu einer Häufung von Störfällen und längeren Stillstandszeiten, zumal die AKWs nicht wirklich “regeln” können. Durch die Xenonvergiftung reagieren sie eher träge und können eine einmal reduzierte Leistung von mehr als etwa 20% nur sehr langsam wieder erhöhen.

    4) Ausbau der EE
    Dazu gibt es eine Vielzahl von Konzepten und Studien, die belegen, dass selbst 100% EE nicht nur mit heutiger Technik umsetzbar – sondern auch guenstiger als eine fossil-atomare Versorgung wären.

    Dieses hier auszuführen, würde sicherlich zu weit führen. Natürlich ist aber der Netzausbau diesbezüglich der Schlüssel, da dadurch der Bedarf an Regelenergie massiv verringert wird – und der Bedarf für “Schattenkraftwerke” weitgehend entfällt.

    Vergessen werden darf jedoch nicht: in der Lastfolge bedarf ein AKW – regelbare fossile Kraftwerke, insbesondere Erdgas GuD-Anlagen. Gerade AKWs bedürfen erheblich Reserveleistungen: Frankreich hat eine Reserveleistung von fast 100% über Jahresspitzenlast und importiert trotzdem Regelenergie… Zudem belegt es fast alle Pumpspeicher der Alpen mit Atomstrom.

    Die Integration von Atomstrom ist somit deutlich schwieriger, bedingt eine europäische Vernetzung – die man den EE dagegen abspricht. In Deutschland funktioniert es nur durch eine Begrenzung auf knapp 20% des Stromanteils, eine auf AKWs ausgerichtete Netzstruktur und erhebliche Reserven.

    Die Integration der EE ist diesbezüglich ebenso eine Herausforderung, aber realistisch betrachtet alternativlos.

    5) Subvention der EE
    Man darf nicht verkennen, dass der Energiemarkt immer schon durch starke Subvention verzerrt wurde und noch ist. Dadurch wurden die Monopolstrukturen gebildet, die heute erhebliche Beharrungskräfte entwickeln.

    Man muss das EEG nun nicht mögen, oder in jedem Punkt mittragen, letztlich aber bietet es durch garantierte Vergütungen Investitionssicherheit in einem Monopolmarkt. Die Erträge sind dabei nicht besonders reizvoll – verglichen mit den Gewinnen der EVU. Dort wird eine Verzinsung des EK von mindestens 15% erwartet, das schaffen die EE nicht, weswegen RWE, Eon&Co dort auch nicht gerne investieren.

    Letztlich ist erwiesen, dass der Merrit order Effekt an der EEX dem Verbraucher sogar Geld spart – und die EEG-Umlage sogar deutlich überkompensiert.

    Zudem sprechen wir hier über erhebliche volkswirtschaftliche Effekte: sind bislang viele Milliarden jährlich für fossile Energieträger ins Ausland abgeflossen, so werden diese nun bereits zT durch EE kompensiert – die Wertschöpfung erfolgt im Inland.

    Selbst PV und die kritisierte vergleichsweise hohe Vergütung hat sich schnell relativiert: während die Kosten für fossil und atomar erzeugte Energie steigt, bleibt die EEG Vergütung konstant.

    (Bsp: Bei einer jährlichen Preissteigerungsrate von 6 % würde sich ein Strompreis von 20 ct somit über 12 Jahre verdoppeln.)

    Somit wird selbst die PV – geschweige denn die Windenergie einen Beitrag zu stabilen und günstigen Strompreisen leisten.

    Demgegenüber darf nicht vergessen werden, dass nicht nur die Atomkraft massiv subventioniert wurde, sondern dass selbst aktuell zB über den EU-Strukturfonds deutlich mehr Subventionen in die fossilen Strukturen fliessen, als in die EE.

    [Antwort: Für einen Leserkommentar ist dies viel zu lang. Letztlich werden Sie auch deutlich mehr Leser erreichen, wenn Sie sich kurz fassen. Wir behalten uns vor, derart lange Beiträge entweder zu kürzen oder gar nicht zu publizieren. Stefan Rahmstorf]

  11. IPCC und PIK erklären seit Jahrzehnten der Öffentlichkeit, dass der globale Temperaturanstieg gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis ist.

    Da muß man sich über diese Studie zum Langzeittrend von weltweit 95 Meßstationen doch sehr wundern:

    In the vast majority of stations we did not see indications
    for a global warming of the atmosphere

    ———–

    The fact that we found it difficult to discern
    warming trends at many stations that are not located in rapidly
    developing urban areas may indicate that the actual increase
    in global temperature caused by anthropogenic perturbation
    is less pronounced than estimated in the last IPCC
    ~Intergovernmental Panel for Climate Change! report

    ———-

    Demnach gab es meßbare Erwärmungstrends fast nur in Großstadtnähe, also urban heat Effekt. Auch ist die Rede von unzulänglichen Auswertungsmethoden die einen Langzeitvergleich erschweren.

    Was soll der verblüffte Normalbürger davon halten? Die Studie stammt nämlich u.a. von Prof. Schellnhuber höchstpersönlich und ist peer reviewed.

    http://www.uni-giessen.de/…ations/PRE-2003-1.pdf

    [Antwort: Diese Studie stellte die Frage, ob man mit einer bestimmten statistischen Methode an einzelnen Stationen eine Erwärmung nachweisen kann, die sich statistisch signifikant von persistenten natürlichen Schwankungen unterscheiden lässt. Das ist naturgemäß sehr schwierig, da an einzelnen Orten die natürlichen Schwankungen sehr groß sind – viel größer als etwa in der globalen Mitteltemperatur, für die dieser Nachweis kein Problem ist. Aufgrund dieser Studie in Zweifel ziehen zu wollen, dass es eine globale Erwärmung gibt, wäre völlig abwegig – eine Fehlinterpretation von Fragestellung, Methodik und Ergebnis. Es ist ein eigenartiges Phänomen, dass heute klimatologische Laien aus den über 10.000 jährlich in der Klimaforschung erscheinenden Fachpublikationen einzelne herauspicken, und daraus dann noch einzelen Sätze aus dem Kontext nehmen und für ihre Zwecke fehlinterpretieren. Erkenntnisgewinn bringt solches quote-mining nicht. Stefan Rahmstorf]

  12. @Carsten Schmidt

    ich halt micht so kurz es geht

    Weltweit waren 2009 etwa 50% der neu installierten Leistung regenerativ. Dagegen ging kein einziges
    AKW ans Netz. China investiert ebenso mindestens um den Faktor 100 stärker in EE als in Atomkraft. ..

    2009 ans netz: Tomari 3, Rajasthan 5
    baubegin 2009: u.a.: Hongyanhe, Sanmen 1, Yangjiang 2, Fuqing 2, Fangjiashan 2, Hongyanhe 4, Haiyang 1, Taishan 1, Sanmen 2, 1000 MW(e), Haiyang 2 , Fangchenggang 1

    alle in china, über 10 000 MW(e). wo haben sie bloss ihre informationen her?

    … die EE sind marktreif…

    super, d.h. wir können das EEG, dass zwangsankauf zu fantasiepreisen garantiert sofort abschaffen. ich kann dann also sofort, wie in einem markt üblich, mich persönlich gegen EE entscheiden. oder etwa doch nicht?

    Bis zu 230 g / kWh werden hier ausgewiesen.

    von wem??? von uranexploration scheint diese quelle aber nicht viel zu verstehen

    AKWs können zwar theorethisch Last abwerfen, allerdings schädigt ein solcher Betrieb eher die
    Zirkoniummatrix der Brennelemente, ….usw

    sagenhafter blödsinn! von wem haben sie das nur ?

    … in der Lastfolge bedarf ein AKW – regelbare fossile Kraftwerke, …In Deutschland funktioniert es nur
    durch eine Begrenzung auf knapp 20% des Stromanteils…

    na das erklären sie doch mit ihren worten mal ganz genau. oder ist das copy&paste von eine EE-lobby-seite?

    über ihre “wirtschaftliche” betrachtung der EE schweige ich lieber, das würde sonst wirklich zu lang werden.

    nun hab ich ja grundsätzlich nichts gegen EE. wasserkraft ist (bei günstiger topographie) billig, grundlastfähig, extrem ergiebig. der 3-sschluchten-damm in china war das jüngste grosse projekt (haben sie das bzg china gemeint?). eine
    technische und ökonomische meisterleistung

  13. Sehr geehrter Herr Prof. Rahmstorf,

    danke für die Erläuterungen. Wahrscheinlich ist mein Englisch nicht ausreichend um

    “In the vast majority of stations we did not see indications for a global warming of the atmosphere”

    richtig zu übersetzen. Ich bin davon ausgegangen das Prof. Schellnhuber damit:

    “Bei den allermeisten Meßstationen haben wir keine Anzeichen für eine globale Erwärmung der Atmosphäre feststellen können.”

    gemeint hat. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bezweifle ja nicht die globale Erwärmung sondern wundere mich nur über einige Aussagen in der zitierten Studie. Da Sie ja Fachmann sind hatte ich durch mein Posting eine Aufklärung erhofft.

    Das mit dem Cherry-Picking verstehe ich auch nicht. Muß man um eine Frage zu stellen 10.000 Studien verlinken? Und was genau meinen Sie mit “für ihre Zwecke fehlinterpretieren”? Der einzige Zweck meines Postings war eigentlich aus kompetenter Quelle zu erfahren wie es zu dem für Laien ins Auge springenden Widerspruch zwischen der Studie und den Aussagen in der Öffentlichkeit durch Prof. Schellnhuber kommt. Bitte bedenken Sie das ca. 99,99% aller Menschen keine ausgebildeten Klimaforscher sind und deshalb bei Unklarheiten gerne mal nachfragen.

    [Antwort: Lieber Herr Becker, Ihre Übersetzung ist in Ordnung. Es ging um die Unterscheidung “einzelne Stationen” vs. großräumige Mittelwerte – einzelne Stationen weisen immer eine vielfach größere natürliche Variabilität auf, daher ist der Nachweis einer systematischen Veränderung schwerer. Dabei ist mit “einzelne” nicht “einige wenige” gemeint, sondern dass gilt natürlich für alle Wetterstationen. Sie haben hier einen eher technischen statistischen Befund aus dem Kontext fehlinterpretiert – und ich vermute mal, zu einem solchen Zitat aus der technischen Literatur sind sie gekommen, weil das auf Klimaskeptikerwebsites verbreitet wird. Es belegt lediglich dass Herr Schellnhuber – wie jeder gute Forscher – ergebnisoffen und unvoreingenommen an solche Studien herangeht und die Ergebnisse entsprechend publiziert.

    Sollten Sie irgendwelche Zweifel haben, ob es die globale Erwärmung wirklich gibt, schauen Sie z.B. auf die Satellitendaten, die Erwärmung der Meere, das Schmelzen der Gletscher oder der Eisschilde auf Grönland und der Antarktis und den steigenden Meeresspiegel. Stefan Rahmstorf]

  14. Gefährlichkeit von Kohle- und Kernkraft

    Hallo,

    ich stelle – im Gegensatz zu einigen meiner Vorposter den Klimawandel keineswegs in Frage.

    Nun bin ich der Meinung, dass wir diesen nur nachhaltig bremsen können, wenn wir die Nutzung fossiler Energien möglichst stark einschränken.

    Aus diesem Grund halte – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt – das deutsche Atomausstiegsprogramm für falsch. Das oft hervorgehobene “Potential der erneuerbaren Energien” würde ich im Gegensatz zu den AKW-Gegnern zunächst dazu benutzen, die Kohlkraftwerke weitmöglichst abzuschalten – erst danach kann man durchaus auch an die Kernkraftwerke denken!

    Ich halte nämlich Kohlkraftwerke “unterm Strich” für deutlich gefährlicher als Kernkraftwerke. Dass diese – wie es scheint – in der Öffentlichkeit als “vergleichsweise harmlos” erscheinen, liegt mE daran, dass der durch sie verursachte Schaden (nämlich der Klimawandel) eher schleichend angerollt kommt und nicht mit einem spektakulären Knall wie ein Super-GAU.

    Tatsächlich aber könnte der Klimawandel langfristig (zB in 100-150 Jahren) weit mehr Menschenleben fordern als einige Reaktorkatastrophen, wie schlimm auch immer die Folgen eines SuperGAUs sind – man sehe ich nur mal folgendes Szenario an:
    http://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/ … erden.html

    Zur Treibhausgasbilanz von AKW im Vergleich zu Stein- und Braunkohle vgl. den folgenden Artikel des Öko-Instituts (bei dem es sich ja nicht gerade um einen Think Tank der Atomindustrie handelt;)):

    http://www.oeko.de/…essemitteilungen/dok/526.php

    bzw.:

    http://www.oeko.de/…pjpeg/treibhausgasbilanz.jpg

    Desweiteren sei noch darauf hingewiesen dass unser Nachbarland Frankreich , schon pro Einwohner ca. 1/3 weniger CO2-Ausstoß hat als Deutschland – und die Franzosen beziehen ihren Strom zu einem nicht geringen Teil aus Kernkraft.

    Mit freundlichen Grüßen,

    Normann Hillesheim

  15. @Michael E

    1) AKWs
    Nunja, das sind Erweiterungen bestehender Anlagen, insofern ist das Definitionssache.
    In Bezug auf China habe ist nicht widersprochen, nur darauf hingewiesen, dass dort deutlich mehr in EE investiert wird. Jedenfalls hat China allein in 2009 – 13.000 MW Windkraft errichtet. Dazu kommen noch Biomassekraftwerke, PV, etc. pp.

    2)Marktreife der EE
    In einem Monopolmarkt bedeutet das EEG Investitionssicherheit. Windenergieanlagen haben Gestehungskosten von etw 5-6 ct/kWh – je nach Standort. Neue AKWs dürften deutlich darüber liegen, lt EDF (EPR) so etwa zwischen 8-9 ct7kWh.

    Ihr etwas polemischer Kommentar negiert vollständig, dass es sowas wie einen Markt defacto nicht gibt.

    3)CO2 und Atomkraft

    Quellen:

    Jan Willem Storm van Leeuwen und Philip Smith: Nuclear power – the energy balance, 2005,

    Marcela Bilek, Clarence Hardy und Manfred Lenzen: Life-Cycle Energy Balance and Greenhouse Gas Emissions of Nuclear Energy in Australia, 2006

    Peter Diehl: Reichweite der Uran-Vorräte der Welt, 2006

    Eine Studie von WISE weist dabei bis zu 230g/kWh CO2 aus.

    4) Regelbarkeit Atomkraftwerke

    Ich mag auf ihre unsachliche Entgleisung nicht eingehen, vllt können Sie da etwas sachlicher werden – und es mal argumentativ versuchen: Danke.

    Im übrigen findet man diese Dinge in den entsprechenden Fachbüchern.

    5) Wirtschaftlichkeit AKW

    VDEW- Präsident Werner Brinker: “Die Investitionskosten für Atomkraftwerke sind so hoch, dass an einen Neubau gar nicht zu denken ist.”

    Zur “Lastfolge” kann ich Ihre Frage nicht nachvollziehen. Die Restriktionen technisch+wirtschaftlich lassen nur einen Grundlastbetrieb zu, daher der Bedarf an fossiler Regelenergie. Wenn Sie Ihre Frage etwas spezifizieren – erläutere ich das für Sie gern tiefgehender.

  16. @Normann Hillesheim

    Die Frage – entweder Kohle oder Atomkraft – stellt sich doch gar nicht. Ist etwa in den Diskussionen und Gesetzeswerken bzgl. der Laufzeitverlängerung auch nur an irgendeiner stelle ein Ausstieg aus der Kohle erwähnt oder gar vereinbart worden?

    Die EVU werden also die Kohlekraftwerke weiterbetreiben. UNd dank umfangreicher Emissionszertifikate können neu errichtete Braunkohlkraftwerke konkurrenzlos guenstig Strom produzieren: Klima und Umwelt spielen in der Energiepolitik unter schwarz-gelb offensichtlich keine große Rolle.

    Perspektivisch machen wir also gerade einen Rückschritt: schlecht regelbare Grund- und Mittellastkraftwerke werden die Integration der EE quasi unmöglich machen und das Anbieter Oligopol weiter festigen.

    Der Ausbau der EE wird somit strukturell unterbunden: eine breite Phalanx zwischen EE-Verbänden, Ökologischen Verbänden, Industrie und Stadtwerken sieht im Falle einer Laufzeitverlängerung der AKWs – klar und deutlich den weiteren Ausbau der EE in Gefahr.

    Und die EE sind die einzige Option in Bezug auf die Reduktion klimaschädlicher Gase. Bei allen Diskussionen und verschiedenen Studien zur CO2-Emission der Atomkraft ist völlig unstrittig, das schlechtere ERzgrade in Zukunft zu Emissionen bis zu 230g/kWh führen werden. Die Studien unterscheiden sich dabei in Bezug auf den Umfang der Prozesskette – und führen daher auch zu unterschiedlichen Ergebnissen. Nur die neuesten Studien berücksichtigen aber auch insbesondere niedrigere Erzgrade die inzwischen erschlossen werden und zu höheren Emissionen führen.

    Darüberhinaus ist Atomkraft selbst nach Ma0gabe der IEA weltweit nicht ausbaubar da Uran nicht im erforderlichen Umfang verfügbar ist – mal ganz abgesehen vom gesellschaftlichen Konsens und technischer Machbarkeit angesichts Bauzeiten von idR etwa 8 Jahren.

  17. “Schneller, als die Politik glaubt“

    In Europa könnte es bald ein böses Erwachen geben. Den europäischen Stromnetzen droht laut Experten der Kollaps. Sollte bei der Infrastruktur nicht nachgezogen werden, würde sich der Ausbau alternativer Energien wie Windkraft und Photovoltaik fatal auf das bestehende Netz auswirken, so Stephan Kohler, Geschäftsführer der Deutschen Energie-Agentur. „Bei der Netzsicherheit könnte es uns aufstellen – schneller, als es die Politik glaubt“, sagte der Vizepräsident von Oesterreichs Energie, Windtner, über das heimische Leitungsnetz. Geschätzter Investitionsbedarf für Europa: eine Trillion Euro bis 2020.

    http://www.orf.at/stories/2017096/

  18. @Gunnar Innenhöfer

    Ihren Beitrag kann man in Bezug auf die genannten Zahlen ja nur noch als satirisch begreifen.

    Im Gegensatz zu Ihnen weist der zuständige Europäische Verband der Netzbetreiber ENTSO-E gerade mal 20 Milliarden für die kommenden 5 Jahre aus.

    Andere Studien gehen von 200-300 Milliarden EUR aus, sie auch z.B.:

    http://www.neueenergie.net/index.php?id=1892

    http://www.trade-wind.eu/

    Was viel klingt ist für Gesamteuropa und über einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren ein Klacks. Das könnten selbst die dt EVU aus ihren Gewinnen locker bezahlen, nur um mal die Dimensionen aufzuzeigen.

    Daher wundert es nicht, das insgesamt durch einen solchen Systemwechsel die Systemkosten eher sinken, dh Studien der Energy Watch Group (u.a.) ergaben, dass ein Netzausbau und eine regenerative Vollversorgung zu günstigeren Strompreisen führen als die heutige fossil-atomare Energiewirtschaft.

    Der Netzausbau leistet dabei einen wichtigen Beitrag und senkt den Bedarf an teurer Regelenergie, hier liegen die Effizienzgewinne alleine für Deutschland lt DENA bei bis zu 500 Mio EUR pro Jahr.

    Ein solcher Netzausbau sorgt also für günstigere Strompreise.

  19. Wissenschafter machen Politik

    Was sich stark in letzter Zeit geändert hat, sind die ständigen Versuche der Wissenschaft, in die Poltik reinzureden.

    Eigentlich sind Wissenschafter Staatsangestellte. Und früher war es so, dass ein Staatsangestellter hochkant rausgeflogen ist, wenn er seine Position dazu missbraucht hat, um sein eigenes politsches Süppchen zu kochen. Aber die Zeiten ändern sich. Heute ist das normal.

    [Antwort: Verstehe ich Sie richtig: Sie wünschen, dass die Klimaforscher sich nicht am gesellschaftlichen Diskurs zur Klimapolitik beteiligen, die Energieforscher nicht am Diskurs zur Energiepolitik usw.? Das ist zum Glück nicht die Haltung der Bundesregierung, die explizit wissenschaftliche Beratungsgremien wie SRU und WBGU eingerichtet hat, wo sich Wissenschaftler mit solchen Fragen befassen und explizit dazu auch öffentlich äußern sollen – und selbstverständlich kann das auch jeder andere Experte tun. Übrigens machen diese Wissenschaftler keine Politik, sie beraten nur die Politik – die Entscheidungen müssen schon gewählte Abgeordnete treffen. Stefan Rahmstorf]

  20. Laufzeitverlängerung von AKW

    Zumindest das Märchen von den niedrigen Strompreisen hat sich schon mal erledigt. Es ist den Konzernen einfach nur um den puren Profit aus den schon längts abgeschriebenen AKW-Anlagen gegangen.

  21. Ich bin leider erst jetzt auf diesen Artikel aufmerksam geworden, durch die Wissenschaftsblogs-Auslese.

    Die theoretisch besten Effekte auf das BIP hätte wohl eine Laufzeitverlängerung um eine juristische Sekunde mit immens hohen Auflagen zur Aufrüstung bei gleichzeitig ungezügeltem Ausbau der Erneuerbaren. Das hatte ich mir schon gedacht, als ich zum ersten Mal von der Studie gehört habe. Aber an sich hat die Studie ja auch schon zum BIP beigetragen.

  22. Energiepolitik und Volkswirtschaft

    Leider stieß ich erst heute auf diesen Blog und frage Fr. Knopf:

    Ist nicht der Kernpunkt der ganzen Diskussion letztlich der Nutzen der Menschen? Gebräuchliche Maßeinheit dafür ist das BIP. Dies enthält Produkte,
    – die Menschen benötigen (z.B.Brot, Wohnung),
    – die Menschen hoch schätzen und (z.B. Handy’s, Fernseher),
    – die zum Erzeugen anderer Produkte dienen (z.B. Fräsmaschinen),
    – deren Herstellung und Erwerb trotz ihres geringen Kosten/Nutzen-Verhältnisses “willkürlich” durch Gesetze erzwungen bzw. gefördert werden. (Ein sehr anschauliches Beispiel für solche Willkür erwog die Japanische Regierung 2003 ernsthaft. Sie erwog, eine Währungsreform anzuordnen, damit durch Umrüstung von Geldautomaten das BIP um 1,5% ansteige!)

    Ist denn dieses BIP, in dem Blindleistung und Wirkleistung wahllos zusammengeworfen werden, als Maß wirklich so aussagekräftig, wie es immer dargestellt wird?
    Beispiele weitgehend “nutzloser”, im BIP aber enthaltenen Produkte reichen von Abwrackprämien, über Kriegswaffen, Subventionen bis hin zu dem Schornsteinfeger, der den Kamin einer Gasheizung entrußen muß.
    All diesen Produkten gemeinsam ist, daß entweder deren Hersteller oder deren Erwerber oder der Steuerzahler viel Arbeitszeit aufwenden müssen (auch Steuergeld muß schließlich erarbeitet werden), ohne daß diesem Aufwand ein nennenswerter volkswirtschaftlicher oder emotionaler Wert gegenübersteht. Diese Zeit fehlt den Menschen für ihnen angenehmer erscheinende Tätigkeiten; sie ist mehr oder weniger Frust, nutzlose Blindleistung. Mit anderen Worten: Im BIP wird Blindleistung und Wirkleistung unreflektiert vermischt.

    Zurück zur Energiedebatte: Mein Haus hält noch 20-30 Jahre ohne Renovierung. Soll ich heute 70T€ investieren, die sich erst in 40 Jahren amortisieren, nur damit Sie weiterhin die Energiebilanzen für aufwendig umgebaute versus unveränderte Bausubstanz – also Äpfel mit Birnen, wie Sie selbst eingangs sagen – vergleichen können? Stecken in diesen 70T€ denn nicht auch erhebliche Mengen Energiemengen, die mit CO2 erzeugt werden mußten?
    (vgl. den Schlußsatz von “vonFernSeher” in diesem Blog.)