Adventskalender: Das fünfzehnte Türchen

BLOG: Hochbegabung

Intelligenz, Sonntagskinder und Schulversager
Hochbegabung

Wir nähern uns Weihnachten mit großen Schritten! Und vielleicht haben Sie ja das Glück, bei unserer gestern gestarteten Verlosung ein schönes Nach-Weihnachts-Geschenk zu gewinnen … Nun aber zum heutigen Türchen!

Oh, hübsch … etwas zum Thema Geschlechterunterschiede!

Es gibt also, mein Freund, keine Beschäftigung eigens für die Frau, nur weil sie Frau ist, und auch keine eigens für den Mann, nur weil er Mann ist. Die Begabungen finden sich vielmehr gleichmäßig bei beiden Geschlechtern verteilt. (Platon)

Und passend dazu noch ein zweites:

There is no female mind. The brain is not an organ of sex. Might as well speak of a female liver. (Charlotte Perkins Gilman)

(Übersetzung: Es gibt keinen weiblichen Geist. Das Gehirn ist kein Geschlechtsorgan. Da könnte man genausogut von der weiblichen Leber reden.)

Wenn man sich heute die Spielwarenabteilungen so anschaut, wird eine klare Trennung der Welten deutlich: auf der einen Seite die gefährlichen Sachen für die richtigen wilden Kerle, auf der anderen rosaglitzeriger Mädchenkram. Mein absoluter Negativfavorit ist der Experimentierkasten “Sternenschweif – Magische Kräfte”, mit denen Mädchen die Naturwissenschaften näher gebracht werden sollen. Die Anleitung “verrät den Mädchen wie sie die magischen Kräfte der Einhörner zum Leben erwecken können, damit ein Experiment tatsächlich funktioniert und die Abenteuer ein glückliches Ende finden.”

Ich persönlich habe ja meine Zweifel, ob eine derartige Mystifizierung von Naturgesetzen (deren große Stärke doch eigentlich die Logik ist) der naturwissenschaftlichen Bildung so förderlich ist. Und wo läge das Problem, einfach schöne bunte Experimentierkästen zu gestalten, die beide Geschlechter gleichermaßen ansprechen? Warum diese künstliche Trennung? Mit dem aktuellen Trend zu vereinfachenden biologistischen Erklärungen komplexer Unterschiede hätte ich da schon eine Hypothese; aber ich will der Diskussion noch nicht vorweggreifen. Was meinen Sie?

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Dr. rer. nat. Tanja Gabriele Baudson ist Diplom-Psychologin und Literaturwissenschaftlerin. Seit Oktober 2017 vertritt sie die Professur für Entwicklungspsychologie an der Universität Luxemburg und ist als freie Wissenschaftlerin mit dem Institute for Globally Distributed Open Research and Education (IGDORE) assoziiert. Ihre Forschung befasst sich mit der Identifikation von Begabung und der Frage, warum das gar nicht so einfach ist. Vorurteile gegenüber Hochbegabten spielen hierbei eine besondere Rolle - nicht zuletzt deshalb, weil sie sich auf das Selbstbild Hochbegabter auswirken. Zu diesen Themen hat sie eine Reihe von Studien in internationalen Fachzeitschriften publiziert. Sie ist außerdem Entwicklerin zweier Intelligenztests. Als Initiatorin und Koordinatorin der deutschen „Marches for Science“ wurde sie vom Deutschen Hochschulverband als Hochschullehrerin des Jahres ausgezeichnet. Im April 2016 erhielt sie außerdem den SciLogs-Preis "Wissenschaftsblog des Jahres".

6 Kommentare

  1. Zwei Geschlechter gleichermaßen, xx = xy

    Zweigeschlechtlichkeit ist kein sinnloses Spiel, Zweigeschlechtlichkeit ist offenbar eine evolutionäre Notwendigkeit, sonst gäbe es sie längst nicht mehr.

    Und, man staune, Testosteron und Östrogen unterscheiden sich, sowohl in ihrer Struktur als auch in ihrer Wirkung auf das Individuum erheblich.

    Da kann frau noch so viel glattbügeln, wie sie meint zu müssen, warum auch immer.

    Der Unterschied der Geschlechter könnte ein Quell positiver Kraft sein, wenn nicht immer diese verqueren Ideen, daß ein Mann eigentlich auch eine Frau sein könne, propagiert würden.

    – Wer zur Liebe (Gesellschaft) imstande ist, kann auch Unterschiede akzeptieren – und diese begrüßen. Mein Freund ist anders als ich – na und?

  2. Schöne bunte Experimentierästen

    “Und wo läge das Problem, einfach schöne bunte Experimentierkästen zu gestalten, die beide Geschlechter gleichermaßen ansprechen? Warum diese künstliche Trennung?“

    Wenn Sie so fragen, dann haben Sie im „Genderdiskurs“ schon längst deutlich Stellung bezogen. Bis in die letzte Generation waren Experimentierkästen eindeutig Jungens-Kram. Und zwar nicht aus genderideologischer Verblendung, sondern schlicht aus Erfahrung. Die Vorstellung, dass ein Mädchen sich dafür interessieren könnte, wäre wohl eher als kurios – aber auch nicht mehr – erschienen. Diese Erfahrungen wurden gemacht in Familien mit den wie üblich vielen Kindern, d.h. Jungen und Mädchen hatten in der Regel Zugang zu den Spielzeugen ihrer gegengeschlechtlichen Geschwister. Genau aufgrund dieser Erfahrungen bekam der Sohn dann die Spielzeugwaffen, die Eisenbahn, den Experimentierkasten und die Tochter die Puppen, etc. Wer will Erfahrungen auf solcher Basis, die in der ganzen Gesellschaft tief verankert ist, anzweifeln? Abgesehen davon, dass sie sich auch vor den Augen aller jetzt elternden Eltern immer wieder aufs Neue abspielen?

    Für Produktdesigner gilt seit Jahr und Tag, dass die Erstellung der spezifischen Frauenversion eines technischen Produkts (Handys, Rasierer, Werkzeuge etc.) nach dem Prinzip „shrink it and pink it“ funktioniert.

    Und so ist es auch bei den Experimentierkästen. Die Jungenversion ist gar nicht auf männlich getrimmt, sondern geradezu lieblos neutral: Da sind diverse Döschen und Sachen in ausgestanzten Fächern einer Styro- oder Moosgummi-Einlage, und irgendwo ist noch ein Anleitungsbuch. Das ist nicht Jungen-Ästhetik, sondern einfach gar keine Ästhetik. Da dies die Jungen offensichtlich nicht daran hindert, dennoch zu experimentieren, läuft Ihre ganze Anregung darauf hinaus, die Kästen mädchenspezifischer (Stichwort „bunt“) zu gestalten. Merken Sie was?

    Nicht die Trennung ist künstlich, sondern Idee, es müsste einen gemeinsamen Nenner geben (ich betone: wir reden hier von Kindern).

  3. Sternenschweif – Magische Kräfte

    Wenn ein Experimentierkasten für Mädchen mit magischen Kräfte aufwartet, so steckt dahinter die versteckte Annahme, Mädchen seien weniger an Tatsachen, Ergebnissen und dem Erforschen interessiert als vielmehr an Beschwörung und Beeinflussung durch geheime Kräfte. Das passt natürlich ins klassische Bild der Frau. Sie bezirzt den Mann (Magie), will nicht den Dingen auf den Grund gehen, sondern träumt davon, dass ihr die Welt (sprich der Mann) zu Füssen liegt.
    Solche Frauen werden natürlich keine Ingenieurinnen, Architektinnen oder Physikerinnen, sondern höchstens Priesterinnen und Wahrsagerinnen in Delphi (zur Zeit Platons).

  4. Unvollständig Zitiert!

    Das vollständige Zitat aus Platons Politeia (455b-e) lautet:„Es gibt also, mein Freund, in der Verwaltung der Stadt keine Beschäftigung eigens für die Frau, nur weil sie Frau ist, auch keine für den Mann, nur weil er Mann ist. Die Begabungen finden sich vielmehr gleichmässig bei beiden Ge-schlechtern verteilt, und an allen Beschäftigungen hat die Frau und hat auch der Mann von Natur aus Anteil, nur ist das Weib überall schwächer als der Mann.“
    Quelle: Jubiläumsausgabe sämtlicher Werke. Zürich und München: Artemis Verlag 1974. Ungekürzter Lizenzausgabe für den Buchclub Ex Libris, Zürich, Band 4, S. 264

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