Adventskalender: Das erste Türchen

BLOG: Hochbegabung

Intelligenz, Sonntagskinder und Schulversager
Hochbegabung

Es wird Weihnachten – die Lebkuchenberge in den Supermärkten lassen keinen Zweifel zu. Deshalb gibt es hier den Adventskalender der besonderen Art: ganz ohne Schokolade, aber dafür mit Nahrung für den Geist! Von heute bis Heiligabend gibt es jeden Tag ein Zitat zu Begabung – mal lustig, mal kontrovers, aber doch immer mit einem Körnchen Wahrheit. Ich möchte Sie damit zum Nachdenken anregen – und natürlich auch zur Diskussion einladen!

Das erste Türchen öffnet sich … (knarz …)

When I was four years old they tried to test my IQ, they showed me this picture of three oranges and a pear. They asked me which one is different and does not belong, they taught me different was wrong.” (Ani Difranco)

(Übersetzung: Als ich vier Jahre alt wahr, versuchte man, meinen IQ zu testen. Sie zeigten mir so ein Bild mit drei Orangen und einer Birne. Sie fragten mich, welches anders sei und nicht dazugehöre; sie brachten mir bei, dass anders sein falsch sei.)

Was mir an dem Zitat so gefällt, ist, dass es die Paradoxie des Begabtseins so schön auf den Punkt bringt. Das Gefühl, aufgrund seiner kognitiven Fähigkeiten anders zu sein, und die damit einher gehenden sozialen Folgen sind oft der Anlass dafür, sich überhaupt einer Intelligenzdiagnostik zu unterziehen; und selbst da muss man noch die Erfahrung machen, dass Anderssein nicht erwünscht ist …

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Dr. rer. nat. Tanja Gabriele Baudson ist Diplom-Psychologin und Literaturwissenschaftlerin. Seit Oktober 2017 vertritt sie die Professur für Entwicklungspsychologie an der Universität Luxemburg und ist als freie Wissenschaftlerin mit dem Institute for Globally Distributed Open Research and Education (IGDORE) assoziiert. Ihre Forschung befasst sich mit der Identifikation von Begabung und der Frage, warum das gar nicht so einfach ist. Vorurteile gegenüber Hochbegabten spielen hierbei eine besondere Rolle - nicht zuletzt deshalb, weil sie sich auf das Selbstbild Hochbegabter auswirken. Zu diesen Themen hat sie eine Reihe von Studien in internationalen Fachzeitschriften publiziert. Sie ist außerdem Entwicklerin zweier Intelligenztests. Als Initiatorin und Koordinatorin der deutschen „Marches for Science“ wurde sie vom Deutschen Hochschulverband als Hochschullehrerin des Jahres ausgezeichnet. Im April 2016 erhielt sie außerdem den SciLogs-Preis "Wissenschaftsblog des Jahres".

3 Kommentare

  1. Anderssein ist nie erwünscht (ausser …

    man gehört (trotzdem) dazu. Jedes Anderssein kann einem von einer Gruppe von Menschen trennen, denn Gruppen bilden sich meist über Abgrenzungen und diese können recht willkürlich sein. Wer sein Anderssein hintanstellt beweist gerade, dass er etwas für die Gruppenzusammengehörigkeit zu opfern bereits ist. Doch dieses Hintanstellen der Andersartigkeit kann auch recht einsam machen.

  2. Take it easy

    Ein Albino oder Ein Schwarzer können in einem feindlichen Umfeld nicht aus ihrer Haut.
    Es kann aber doch nicht so schwer sein sich bei Bedarf dumm zu stellen? Ich bin mir ganz sicher dass man das lernen kann. Lamentieren nützt jedenfalls nichts.

  3. Intelligenzdiagnostik

    Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein tatsächlich außerordentlich intelligenter Mensch es sich gefallen ließe, sich einer solchen “Diagnostik” (von vermutlich weniger intelligenten Menschen als der Proband selbst erdacht) “zu unterziehen”. Eher wahrscheinlich, daß Eltern, aus welchen Gründen auch immer, ihr Kind diesem zweifelhaften Verfahren unterziehen.

    Begabtsein ist keine Paradoxie. Das Paradoxon entsteht erst durch das eitle Bemühen der Mediocren, Intelligenz dort zu sehen, wo die ihre längst nicht mehr hinreicht.

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