Plädoyer für das Kaufhausteleskop

BLOG: Himmelslichter

ein Blog über alles, was am Himmel passiert
Himmelslichter

Jeder Amateurastronom erinnert sich wohl an sein allererstes Teleskop. Nicht selten handelte es sich dabei um ein einfaches, wackeliges Instrument das kaum für seine Aufgabe geeignet war. Dennoch: Was würden wir ohne diese "Kaufhausteleskope" anfangen? Wir brauchen sie!

Mein erstes Teleskop…

Mein erstes, eigenes Fernrohr habe ich mir vor vielen Jahren für 200 Mark bei einem Optiker gekauft. Es handelte sich um einen kleinen Refraktor mit einer Öffnung von fünf Zentimetern. Der komplett aus Plastik gefertigte Tubus "ruhte" auf einem Gebilde, das man nicht ruhigen Gewissens als Montierung bezeichnen konnte. Das Stativ war ein ausziehbares Aluminiumgestänge, dessen Standfestigkeit bei jedem Windstoß auf eine harte Probe gestellt wurde. Durch das Sucherfernrohr sah man gerade einmal die allerhellsten Objekte. Hatte man nach mühsamer Arbeit den gewünschten Himmelskörper gefunden und wollte das Teleskop feststellen, verdrehte sich die "Montierung" um mehrere Grad. Jeder Fokussiervorgang ließ die Planeten im Okular minutenlange Tänze aufführen. Kurzum: Die astronomische Beobachtung glich einem Eiertanz, das Gerät war für sinnvolles Sternegucken eigentlich unbrauchbar. Ein Glück, dass ich das damals noch nicht wusste!

Viele Nächte habe ich mit diesem Teleskop verbracht. Als Orientierungshilfe stand mir nur ein kleines, schwarz-weiß gedrucktes Buch mit vielen Skizzen und wenigen Fotos zur Verfügung. Spektakuläre Bilder von Weltraumteleskopen oder Profi-Amateuren in namibischen Hightech-Sternwarten gab es in den 1980ern noch nicht. Internet – was ist das? So musste ich mir "meinen" Himmel noch selbst entdecken, ohne von zu wissen, auf was ich mich einlasse.

Hilfe – Jupiter ist eine Scheibe!

Das sieht heute ganz anders aus. Jeder kennt heute die bunten Poster des Hubbleteleskops oder die perfekten Planetenbilder der Webcamartisten – alle astronomischen Zeitschriften sind voll davon, das Internet liefert sie frei Haus. Wer heute mit der Hobbyastronomie beginnt, hat vor allem eines im Kopf: "Das will ich auch sehen!" Also: Super-Profi-Teleskop auf eBay zum Schnäppchenpreis gekauft, zusammengeschraubt, gemäß der kryptischen Bedienungsanleitung ausgerichtet und schon springen die ganzen tollen Bilder nur so aus den Plastiklinsen des China-Okulars. Oder etwa doch nicht! Mache ich etwas falsch? Oder ist das tolle Teleskop kaputt?

Gut, dass es Astronomieforen gibt. Die einschlägigen virtuellen Tummelplätze sind voll von Hilferufen a la: "Hilfe! Jupiter ist ein meinem Teleskop nur ein helles, matschiges Scheibchen!" Erst kürzlich habe ich wieder einen solchen Fall erlebt. Nach tagelanger, geduldiger Onlineberatung und dem letztendlichen Tipp, statt der gewünschten Barlowlinse und dem 2,5-Millimeter-Okular (Jupiter ist ja so klein!) besser ein vernünftiges Buch zu kaufen, war auf der anderen Seite irgendwann Funkstille. Ein weiterer an der Realität gescheiterter Astronom? Ein weiteres 100-Euro-856fache-Vergrößerung-Billigteleskop auf dem Schrott? Wahrscheinlich – und sicher kein Einzelfall.

Wer ist schuld?

Sind die Billigteleskope also Schuld, dass viele Enthusiasten zu Astronomie-Frustrierten werden? Zum Teil vielleicht, aber längst nicht nur. Denn warum habe ich mein altes Wackelteleskop damals nicht direkt wieder in den Keller gepackt? Ganz einfach: Weil ich ohne übersteigerte Erwartungen an die Sache gegangen bin! Ich habe überhaupt nicht geglaubt, Olympus Mons auf dem Mars zu sehen oder mit 800facher Vergrößerung Planetenfotos mit der Handykamera zu machen. Gut – ehrlich gesagt, so genau habe ich gar nicht darüber nachgedacht und fotografierende Telefone waren damals noch Science Fiction. Ich habe ein paar Bücher gelesen, einfach losgelegt und gelernt. Nächtelang. Mein erstes Deep-Sky-Objekt habe ich zwei oder drei Nächte lang gesucht. Dann aber hatte ich den Kugelsternhaufen M13 gefunden: nicht mehr als ein mattes, rundes Nebelchen. War das eine Freude! Und eine Lektion zugleich: Amateurastronomie erfordert Geduld und Ausdauer. Es ist nichts, dass man mal eben nebenbei konsumiert.

Es liegt also viel an der Einstellung und am persönlichen Einsatz, den man in das neue Hobby einbringen will. Was aber rät man nun als "erfahrener" Sterngucker dem Neuling, der um Hilfe beim Teleskopkauf bittet? "Kauf dir erst einmal ein gutes Fernglas," lautet der Standartsatz seit Jahrzehnten. Ich halte diesen Rat für völligen Quatsch. Dass ich damit gegen die etablierte Lehrmeinung verstoße, ist mir bewusst. Dennoch: Ich möchte hier eine Lanze für das oft belächelte und auch von mir bisher nicht gerade hochgelobte Kaufhausteleskop brechen. Wobei man es heute eher "Internetversandhausteleskop" nennen sollte.

Ein Hoch auf das "Internetversandhausteleskop"!

Womit sonst kann man die Faszination an der Astronomie an einen Einsteiger vermitteln, als durch den Blick auf die kraterzernarbte Oberfläche unseres Mondes? Was lässt einen unser Sonnensystem besser verstehen als die Lichtphasen der Venus oder der Tanz der Galileischen Monde? Wie lassen sich die gewaltigen Entfernungen im Weltall besser begreifen als durch die Tatsache, dass selbst die hellsten Sterne im Teleskop nichts weiter als winzige Punkte sind, dass auch die nächsten Galaxien nur als lichtschwache Fleckchen erscheinen? Ein Fernglas mit seiner geringen Vergrößerung kann das nicht vermitteln – nur ein Teleskop ist in der Lage dazu!

"Einfache Handhabung, seitenrichtiges Bild, großes Gesichtsfeld" höre ich die Freunde des Fernglases rufen. Und? Was sieht man denn mit einem Fernglas in den vom Kunstlicht durchfluteten Städten und Dörfern, wo nun mal 99% der Menschen leben? Ein paar Sterne mehr – toll. Das reißt keinen vom Hocker. Wer ernsthaft einem 16jährigen Schüler zum Fernglas rät, wenn dieser ihn nach Teleskopkaufratschlägen fragt, sollte sich einmal fragen, wann er sein Edel-Leica denn das letzte Mal wirklich benutzt hat. Im Astrourlaub auf La Palma vielleicht?
Außerdem: Ein "gutes" Fernglas kostet auch mal schnell so viel wie ein einfaches Teleskop.

Auch ich genieße es, unter einem perfekten Himmel in den Sternwolken der Milchstraße versinken, und das geht tatsächlich nur mit einem Fernglas. Aber das tue ich in Deutschland schon lange nicht mehr – mangels Milchstraße. Dazu muss man heute in ferne Länder reisen. Für einen Einsteiger geht der Rat, sich doch ein Fernglas anzuschaffen, einfach an der Realität vorbei.   

Ein Amateurastronom braucht sein Teleskop

Nein, ein junger Amateurastronom braucht schon sein Teleskop. Und weil alles andere überhaupt nicht bezahlbar wäre (kein normaler Mensch kauft sich mal eben auf Verdacht für tausende Euros eine Profiausrüstung) kommt eben nur ein Billigteleskop in Frage. Warum auch nicht? Erstens hält sich das finanzielle Risiko in Grenzen, und zweitens gibt  es auf dem Markt nicht nur haufenweise Chinamüll sondern auch das ein oder andere wirklich brauchbare Gerät. Es muss ja nicht immer gleich High-End sein. Eine einfache azimutale Montierung ist einfacher zu bedienen und lässt einen die Bewegung unserer Erde mit eigenen Händen erfahren. Und wenn es eben wackelt – so lernt man immerhin zu schätzen, warum "richtige" Fernrohre und Montierungen so viel kosten!  

Und dann heißt es: lesen, erfahren, lernen. Den Austausch mit anderen suchen. Sich durch Rückschläge nicht entmutigen lassen. Schwierigkeiten als Herausforderung sehen. Vor allem: Spaß haben. Wer dazu nicht die Geduld aufbringen kann, der lässt es besser.

Wer aber dabei bleibt, der hat nicht nur das schönste Hobby der Welt für sich entdeckt, er wird später auch feststellen, dass dieses Hobby ein Geld fressendes Schwarzes Loch ist. Denn irgendwann reicht auch das beste Kaufhausteleskop nicht mehr…

Mein erstes Fernrohr habe ich immer noch. Montierung und Stativ waren dem Zahn der Zeit nicht gewachsen und auch die Okulare sind irgendwann verloren gegangen. Den Tubus aber würde ich nie weggeben. Erst kürzlich hielt ich ihn wieder in der Hand, und erinnerte mich dabei an meine ersten Schritte in die Amateurastronomie. Zum Beispiel an jene Sommernacht vor vielen Jahren, als ich zum ersten Mal den Saturn live im Fernrohr sah. Obwohl ich den Ringplaneten später noch oft und mit viel besseren Instrumenten beobachtet habe, werde ich diese erste Nacht nie vergessen. Das Planetenscheibchen war winzig, der Ring nur als Linie zu erahnen und für jeweils 30 Sekunden Beobachtungsspaß musste ich mich zwecks Nachführung jedes Mal 3 Minuten mit der Wackelmontierung abquälen.

Ich habe bis zur Dämmerung am Okular geklebt.    

Clear Skies,

Jan Hattenbach

 

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Mit dem Astronomievirus infiziert wurde ich Mitte der achtziger Jahre, als ich als 8-Jähriger die Illustrationen der Planeten auf den ersten Seiten eines Weltatlas stundenlang betrachtete. Spätestens 1986, als ich den Kometen Halley im Teleskop der Sternwarte Aachen sah (nicht mehr als ein diffuses Fleckchen, aber immerhin) war es um mich geschehen. Es folgte der klassische Weg eines Amateurastronomen: immer größere Teleskope, Experimente in der Astrofotografie (zuerst analog, dann digital) und später Reisen in alle Welt zu Sonnenfinsternissen, Meteorschauern oder Kometen. Visuelle Beobachtung, Fotografie, Videoastronomie oder Teleskopselbstbau – das sind Themen die mich beschäftigten und weiter beschäftigen. Aber auch die Vermittlung von astronomischen Inhalten macht mir großen Spaß. Nach meinem Abitur nahm ich ein Physikstudium auf, das ich mit einer Diplomarbeit über ein Weltraumexperiment zur Messung der kosmischen Strahlung abschloss. Trotz aller Theorie und Technik ist es nach wie vor das Erlebnis einer perfekten Nacht unter dem Sternenhimmel, das für mich die Faszination an der Astronomie ausmacht. Die Abgeschiedenheit in der Natur, die Geräusche und Gerüche, die Kälte, die durch Nichts vergleichbare Schönheit des Kosmos, dessen Teil wir sind – eigentlich braucht man für das alles kein Teleskop und keine Kamera. Eines meiner ersten Bücher war „Die Sterne“ von Heinz Haber. Das erste Kapitel hieß „Lichter am Himmel“ – daher angelehnt ist der Name meines Blogs. Hier möchte ich erzählen, was mich astronomisch umtreibt, eigene Projekte und Reisen vorstellen, über Themen schreiben, die ich wichtig finde. Die „Himmelslichter“ sind aber nicht immer extraterrestrischen Ursprungs, auch in unserer Erdatmosphäre entstehen interessante Phänomene. Mein Blog beschäftigt sich auch mit ihnen – eben mit „allem, was am Himmel passiert“. jan [punkt] hattenbach [ät] gmx [Punkt] de Alle eigenen Texte und Bilder, die in diesem Blog veröffentlicht werden, unterliegen der CreativeCommons-Lizenz CC BY-NC-SA 4.0.

11 Kommentare

  1. Schmuntzel

    Es freut mich zu hören, dass ein erfahrener Astronom mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hatte, wie manch ein junger Spund heute. Der Beitrag spricht mir irgendwie von der Seele. Schon bei mittlerem Wind kann so eine wacklige Montierung echt zum Problem werden. Vor allem, wenn es sich um ein mit Schrauben fixiertes Holzstativ handelt. 🙂
    Es ist für einen Neuling schon unheimlich motivierend nach langer Suche, langem hin und her gewackel und Scharfstellen dann eine Ringlinie des Saturn erahnen zu können. Oder bei Jupiter vier wirklich winzige Punkte zu erkennen.

    Viele Grüße
    Tobias Röser

  2. In Deinen Zeilen…

    … entdecke ich mich durchaus wieder. 🙂

    Allerdings würde ich den Ratschlag an einen angehenden Amateurastronomen nicht sooooo völlig von der Hand weisen, zunächst ein Fernglas zu benutzen: Erst mit dem großen Gesichtsfeld eines Fernglases – und sei es eine noch so billige Gurke – kann der Sternhimmel kennengelernt werden. Wer direkt mit einem Teleskop “einsteigt”, wird Orientierung am Sternhimmel nur schwer lernen und viele Objekte auch später schlicht nicht finden. Klar, das leidige Thema der Lichtverschmutzung bleibt, aber auch hier stimme ich nicht ein in das stete Lamento vom grauen Himmelshintergrund. Wer sich ein 5-mm-AP-Glas vor die Augen hält, der kann auch von Mitteleuropa seinen Spaß bei nächtlichen Streifzügen über das Firmament haben – und den Tanz der Jupitermonde durchaus bewundern lernen. Was ebenfalls für ein Fernglas spricht: Es ist ohne jede Fummelei einfach einsetzbar und direkt zur Hand.

    Letztlich Abwägungssache… 😉

  3. Unwiederholbar

    Ich habe mit genauso einer kleinen miesen Kiste angefangen, mit einem 50mm Röhrchen aus jap. Produktion. Damit habe ich zum erstenmale den Adromedanebel gesehen. In seiner emotionalen Wirkung kam, denke ich, keine spätere Sichtung durch viel größere Instrumente diesem ‘First light’ gleich. Es gibt immer nur ein erstes Mal. Das muß um 1971 rum gewesen sein, als 12-14″ Amateurteleskope unvorstellbar waren.
    Alle meine Gedanken kreisten damals um ein 10cm ( ja 10cm ) Newton Spiegelteleskop von ‘Kosmos’.
    Gekriegt hab ichs allerdings nicht.
    (Stattdessen einen 60mm Refraktor mit
    (rückblickend) ausgezeichneter Optik.)
    Vor kurzem habe ich in unserer Sternwarte ein solches Gerät gesehen, und wie winzig kam es mir vor gegenüber meinen beiden 12-Zöllern.
    (LX90 und Lightbridge)

  4. Fernglas

    Guten Tag,

    also ich meine das ein Fernglas einfach am besten zum anfangen ist. Ich habe jetzt ein gutes, größeres (30×80) und das ist 1000x besser als so ein Wackelding. Man kann mit beiden Augen gucken, auch um Vögel o.ä. zu beobachten ist es geeignet. Also besser gleich ein Binokular.

    Gruß roldor

  5. Doch ein Feldstecher

    Ich stoße ins selbe Horn (vielleicht weil auch ich mit einem Feldstecher angefangen habe – mit Opas tollem Swarovski-Jagdgucker). Es gibt auch in der Stadt Objekte die man damit sieht. Die Beobachtung mit Fernglas ist grundsätzlich eine ganz andere als mit Teleskop. Ein Buch für Fernglasbeobachtung wär also auch keine Fehlinvestition…

    Wobei: eigentlich geht dem idealerweise die Beobachtung mit bloßem Auge voraus, ganz simpel das Kennenlernen der Sternbilder. Erst wenn man den Himmel kennt wie seine Westentasche, hat man eine Chance, Sternbilder auch bei wolkigem Himmel zu erkennen – oder eben in der Stadt.

    Und schließlich: mindestens genauso wichtig wie ein handliches Gerät finde ich Konversation mit Gleichgesinnten. IRL (in real life). Die findet man zB hier: http://astronomie.de/gad/

    Ohne meine Freundin Dani hätte ich mich nie so reingesteigert in die Sache, ohne unsere Beobachtungswettkämpfe, zB. wer abends Saturn noch in der Dämmerung erspäht.

  6. Einsteigen, womit?

    Hm, scheint so, als sei das Fernglas für so Manchen eben doch DAS Einsteigergerät gewesen.

    Für mich ist das Fernglas eher ein Nischengerät. Für bestimmte Zwecke unschlagbar, aber als Erstgerät für den Einsteiger? Gut – der allererste Schritt ist die Orientierung mit dem bloßen Auge, da hat Maria vollkommen recht. Aber danach? Für den Einsteiger, der in Stadtnähe beobachtet, halte ich ein Fernglas einfach nicht für sinnvoll. Ich hab mich erst für Ferngläser interessiert, als ich mir (mit Führerschein dann) dunklere Ecken weiter weg von der städtischen Lichterflut erschlossen habe. Das Argument, das nur ein Teleskop (auch ein kleines) die wirklich interessanten Sachen (Planeten, Mondkrater, Sonnenflecken, Deep-Sky) zeigt, nicht aber ein Fernglas, sehe ich nicht entkräftigt 🙂

    Es würde mich mal interessieren, wie viele der heute aktiven Amateurastronomen ihre ersten Schritte mit einem Fernglas unternommen haben. Vielleicht äußert sich ja noch der ein- oder andere hier dazu!

  7. Anfang ohne Alles

    Bei Sternführungen bekomme ich immer zu hören, daß das gekaufte Kaufhausteleskop in der Ecke ( dekorativ ) oder auf dem Speicher ( verstaubt ) sein tristes Dasein fristet, weil ohne Kenntnis des Sternhimmels einfach mal draufgehalten wird in der Hoffnung etwas Spektakuläres vor die Linse/ Spiegel zu bekommen. Wenn dann nur Lichtpunkte durch das Bildfeld wandern – ohne zu ahnen, daß eines dieser Lichtpunkte ein kurzperiodisch Bedeckungsveränderlicher ist oder der Nebelfleck der wie eine Trübung durch Taubeschlag aussieht, ein Kugelsternhaufen in 30.000 Lichtjahren sei, wird genervt zusammengepackt und das Projekt Astronomie erstmal ad acta gelegt. Das Wissen, was ich da sehe, sich anzulesen und die Sternbilder zunächst ohne optische Hilfsmittel kennen zu lernen, die jahreszeitlichen Veränderungen des Nachthimmels und die Bahn der Planeten, der Sonne und des Mondes mir zu erschliessen ist die Grundlage der Faszination, die dann am Teleskop gelebt werden kann.

  8. als die Astronomie noch schwarzweiss war

    Die Zeiten haben sich geändert. Früher waren die Menschen noch bereit, Zeit und Mühe in ein Hobby zu investieren, um nach jahrelangem Sammeln von Erfahrung stolz den Vereinskollegen ein paar chemische Aufnahmen zu präsentieren, denen man die Amateurherkunft eindeutig ansehen konnte.
    Heute scheint eher der schnelle Konsum im Vorübergehen angesagt zu sein. Bei Ebay gibt es die Ausrüstung zum Taschengeldtarif und überzogene Erwartungen in Form bunter Hubblebilder werden gleich mitgeliefert.
    So gibt es in den Foren vor allem zwei Typen von Anfängeranfragen:

    – hallo ich hab bei ebay ein profi hochleistungsteleskop 675-fach 52 teile zubehör für 129 euro gekauft un wollte mal wissen ob das gut ist un was man da mit sehen kann ob damit auch fotos gehen (dann folgt häufig eine 3 Bildschirmseiten lange Kopie des Ebay-Textes)

    – Hallo, ich interessiere mich für Astronomie und will ein Teleskop kaufen. Es soll gut geeignet sein für Mond, Planeten, Galaxien und Nebel. Ich interessiere mich für Computer und darum soll das Teleskop die Sterne selber einstellen können. Fotos will ich auch unbedingt machen. Das Zubehör dafür soll mit dabei sein und ich kann höchstens 150 Euro ausgeben. Was soll ich kaufen.

    – Der seltenere 3. Typ berichtet davon, dass er mit seinem neuen Teleskop die Sterne mit der 4 mm Linse nur unscharf sieht, obwohl er doch das Teleskop direkt nach dem Auspacken justiert habe. Ausserdem möchte er wissen, wann man denn Saturn von seinem Wohnzimmerfenster aus beobachten kann, die Himmelrichtung wüsste er gerade nicht.

    Da muss dann erst einmal in allen drei Fällen trotz oder gerade wegen des Kaufhausteleskops viel Aufklärungsarbeit geleistet werden. So schön das Internet als Informationsquelle auch ist, trägt es bei unsachgemässen Gebrauch doch eher zur Desinformation bei. Es ist immer wieder zu merken, dass marktschreierische Angebote, die Informationsüberflutung und der hohe Level in der Astrofotografie zu völlig überzogenen Vorstellungen führen.
    Darum mein Tipp an alle Einsteiger: Fangt langsam an. Versucht nicht das Pferd von hinten aufzuzäumen. Astrofotografie erfordert jahrelange Erfahrung und viel Geld. Schaut euch lieber ein paar altmodisch erscheinende Astrozeichnungen an. Das ist das, was ihr im Teleskop seht. Holt euch ein gutes Buch zum Thema und versucht es zu verstehen. Trefft euch mit anderen Sternfreunden. Das geht auch ohne eigenes Teleskop und da könnt ihr schneller als anderswo etwas lernen.
    Und was für ein Teleskop soll sich ein Einsteiger nun holen? Ich denke, ein einfacher Dobson kostet gar nicht so viel mehr als ein Kaufhausteleskop und damit sieht dann wirklich mehr als nur Planeten und offene Sternhaufen. Ausserdem belastet so ein Dobson nicht mit viel Technik und zusammen mit einer drehbaren Sternkarte lernt der Anfänger damit, wie früher üblich, den Himmel erst einmal kennen.

  9. Internetversandhausteleskop ?

    Einem “Internetversandhausteleskop” würde ich nicht trauen. Die Montierung und Stabilität muss ich schon haptisch erfahren haben, bevor ich mich entscheide.

  10. Es lebe das Plastik!

    Nun ja.. ich hatte mir vor 2-3 Jahren ein Plastktelekop für 7 Euro inkl. Wackelstativ in einem asiatischen Supermarkt gekauft und war absolut begeistert. Habe sogar eine Webcam dran montiert und hatte eine Menge Spaß damit.

    Wenn die Dinger hier mit 10000% Gewinnmarge verkauft werden dann ist das nicht wirklich ein Problem des Teleskops.

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