Philae ist gelandet – hat aber Probleme

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Um 17:01 MEZ (wenn ich richtig hingeguckt habe) war es soweit: Philae ist auf dem Kometen 67P gelandet und offenbar intakt. Die Landung fand bereits eine knappe halbe Stunde vorher statt, aber das Signal musste erst einmal auf der Erde ankommen. Zum ersten Mal ist damit ein menschengemachtes Objekt sanft auf einem Kometen gelandet – jetzt kann die wissenschaftliche Mission der kleinen Plilae-Sonde beginnen! Gratulation!

Laufende Updates – bitte scrollen!

Der Moment: Philae telefoniert nach Hause - von der Öberfläche des Kometen 67P
Der Moment: Philae telefoniert nach Hause – von der Öberfläche des Kometen 67P

Update 17:30 MEZ: Der Lander lebt und sendet Signale, die Harpunen haben gefeuert. Noch unklar ist die genaue Orientation von Philae, aber die Antenne scheint frei zu sein – “Würde er auf dem Kopf stehen, könnte er uns nichts erzählen” (Hansjörg Dittus, DLR). Erste Bilder werden für 19 Uhr MEZ erwartet.

Update 17:45 MEZ: Es bleibt spannend. Die Kaltgasdüse, die den Lander an die Oberfläche drücken sollte, hat tatsächlich nicht gezündet-  wie auch die Harpunen nicht (die ursprüngliche Erfolgsmeldung beruhte auf einem Irrtum). Das heißt, dass Philae möglicherweise nicht fest am Kometen verankert ist. Die Landung war jedenfalls weich.

Keine beruhigenden Nachrichten aus Köln
Keine beruhigenden Nachrichten aus Köln

Update, 18:05 MEZ: Zum Feiern definitiv zu früh: Nun hört man, dass auch der Kontakt zu Philae immer wieder unterbrochen ist. Leider zeigt der ESA-Livestream nun wieder den Kontrollraum, es wäre schön, man würde hier weiter informiert, aber es gibt ja Twitter…

Update 18:20 MEZ: Immerhin, die Eisschrauben des Landers sollen funktioniert haben – und und aus Köln beim DLR hieß es in einer PK, dass die Systeme des Landers funktionieren. In 30 Minuten soll es zudem ein “interessantes Bild” geben…

18:40 MEZ: Und ein neues Bild, gerade veröffentlicht vom DLR. Aufgenommen vom Rolis-Instrument auf Philae während des Abstiegs, gegen 15:38 MEZ und 3 Kilometer über der Oberfläche. Da kommt noch mehr.

3 Kilometer über Komet 67P
3 Kilometer über Komet 67P

19:20 MEZ: Verwirrung, weil einige Bilder zunächst über nicht ganz durchsichtige Twitterkanäle ans Licht der Öffentlichkeit geraten. Aber es scheint offiziell, dieses hier stammt von Philae, Sekunden vor dem Touchdown. Nachtrag: Bild stammt von einer ESA-Veranstaltung in Frankreich.

Die Oberfläche von 67P, Sekunden vor dem Aufsetzen
Die Oberfläche von 67P, Sekunden vor dem Aufsetzen

Die Quelle für das folgende Bild ist mir noch unklar, es scheint sich um ein Bild nach dem Aufsetzen zu handeln. Scheint, als hätte da jemand in Frankreich etwas vorab geleaked. Die nun beginnende Pressekonferenz sorgt hoffentlich für Aufklärung (v.a., was Philaes Zustand betrifft).

Schnappschuss eines Bildschirms. Keine Ahnung von wo, und was er zeigt
Schnappschuss eines Bildschirms. Keine Ahnung von wo, und was er zeigt

19:40 MEZ: Pressekonferenz verschoben auf 20 Uhr.

Letzte Pressekonferenz des Tages
Letzte Pressekonferenz des Tages

20:30 MEZ: Und dann kam sie doch noch, die Pressekonferenz. Die Landung ist geglückt, wenn auch anders als gedacht: Offenbar (noch sei vieles Spekulation, aber die Daten geben das her, sagte Ulamec, der Philae-Manager) ist Philae nach der ersten, fast punktgenauen Landung nochmals leicht abgehoben, hat sich aber danach wieder auf den Kometen gesenkt. “Wir sind nicht einmal gelandet, sondern zweimal!” Die Radioübertragung lief, trotz kleinerer Unterbrechungen, und auch erste Science-Daten sind da. “Wäre es einfach, wäre es keine Rocket-Science”, meinte die Moderatorin, um die kurze Pressekunferenz auch bald wieder zu beenden. Morgen um 14 Uhr MEZ soll es das nächste Briefing geben. Der Rosetta-Orbiter ist jetzt ohnehin (wie geplant) für Philae unter dem Horizont verschwunden, die Funkverbindung zwischen den beiden ist daher für die nächsten Stunden gekappt.

Kein Wort verloren haben die Beteiligten zu den offenbar geleakten Bildern (s.o.), Nachfragen wurden keine zugelassen. Man kann nun ebenfalls nur spekulieren, dass die Damen und Herren bei DLR und ESA verärgert waren ob dieses Fauxpas aus Frankreich – doch bei allem Verständnis: ein paar Infos hätte man schon loswerden können. Scheint so, als bräuchten alle erst mal ein bisschen Schlaf nach diesem langen und turbulenten Tag.

13.11. 02:00 MEZ: Doch noch ein Update – es gab sogar drei “Landungen”:

13.11. 13:00 MEZ: Vor Kurzem wurde das erste CIVA-Bild des Landers auf der Oberfläche veröffentlicht. Es zeigt einige Felsstrukturen und offenbar auch ein Landerbein – das sieht alles nicht eben ideal aus. Liegt Philae auf der Seite? Fest am Boden scheint er jedenfalls nicht zu sein, und der Vergleich mit der Landeregion aus größerer Höhe zeigt, dass Philae sich bei seinen “Hopsern” doch weit vom Ziel wegbewegt haben könnte (Update: Laut CNES tatsächlich rund 1 Kilometer von seinem ersten Touchdown-Punkt). In einer Stunde gibt es die nächste Pressekonferenz, darin dann hoffentlich auch mehr Info und das lang erwartete Panoramabild!

Bilder von der Oberfläche
Bilder von der Oberfläche

13:15 MEZ: Offenbar läuft gerade eine Pressekonferenz am CNES in Frankreich, die auch irgendwo live ins Internet gestreamt wird (was man in Deutschland “aus rechtlichen Gründen” mal wieder nicht sehen kann). Weder zu dieser noch von der gestrigen aus Köln vom DLR erfährt man etwas auf den ESA-Seiten. So wird es wohl heute auch wieder wie gestern sein, dass man die interessantesten Informationen von woanders erhält und nicht (oder Stunden später) bei der ESA. Die Kommunikation der europäischen Raumfahrtagentur lässt nach wie vor zu wünschen übrig, dem gut funktionierenden 24-Stunden-Livestream vom Landetag (der freilich zu gefühlten 90% aus Standbildern und Jazzmusik bestand) zu trotz. Gottseidank gibt es Twitter (noch).

13:40 MEZ: Insgesamt gibt es wohl sieben CIVA-Bilder (von denen wohl zwei zu obigem Bild zusammengestitcht wurden, wie ich das verstehe), die den Boden zeigen und eines, auf dem Himmel zu sehen ist. Könnte wirklich bedeuten, dass Philae auf der Seite liegt:

13:50 MEZ: Ein Diagramm, dass Philaes Sprünge visualisiert (von gestern noch, aber irgendwann muss auch dieser Blogger ja mal pausieren). Nicht aus “offizieller” Quelle, daher mit Vorsicht zu genießen:

Philaes Aufprall
Philaes Aufprall

15:00 MEZ: Die Pressekonferenz läuft noch, und leider hatte (habe) ich diesmal üble Internetprobleme und konnte nur Informationshappen auffangen. Bilder gab es von CIVA und Rolis an Bord von Philae und auch von OSIRIS an Bord des Rosetta-Orbiters. Während die Rolis-Bilder schon seit gestern bekannt waren, enthielten die anderen tatsächlich neues. Philae steht offenbar etwa 30° schräg in einer Felsspalte oder am Rande eines Kraters, also nicht gerade ideal. Man wisse zwar inzwischen genau, wie der der Lander an diese Stelle gekommen sei (in zwei “Sprüngen”, s. o.), aber die genaue Position der Stelle kennt man nicht. Wie bereits zuvor aus Frankreich bekannt, erhält der Lander nur anderthalb statt sechs Stunden Sonne pro 12 Stunden – das ist wenig und dürfte die Möglichkeiten der Sonde einschränken. Die Antenne jedenfalls zeigt, wo sie hinzeigen soll: Richtung Rosetta.

Ein Panorama der CIVA-Bilder zeigt die Umgebung der endgültigen (dritten) Landestelle.

Panotrama der CIVA-Bilder rund um die Landestelle
Panotrama der CIVA-Bilder rund um die Landestelle

Das rote Quadrat zeigt den Ort der ersten Landung, später dann hüpfte Philae in die blaue Fläche.

Ort der ersten Landung (rot) und die Gegend (blau) in der Philae letztlich zur Ruhe kam
Ort der ersten Landung (rot) und die Gegend (blau) in der Philae letztlich zur Ruhe kam

Hier die erste Landestelle, aufgenommen von der OSIRIS-Kamera an Bord von Rosetta.

Erste Landestelle (OSIRIS)
Erste Landestelle (OSIRIS)

Das Osiris-Bild mit den Rolis-Aufnahmen der Landestelle (aufgenommen Sekunden vor dem Touchdown) als Inset. Der Platz wäre ideal gewesen – keine gröberen Felsen, relativ flaches Gelände. Leider blieb Philae nicht dort.

Erste Landestelle (OSIRIS und Rolis)
Erste Landestelle (OSIRIS und Rolis)

Schließlich noch ein Bild der ansteigenden Sonde Philae gesegen von OSIRIS auf Rosetta, mit verbesserter Belichtungszeit.

Farewell-Bild von OSIRIS
Farewell-Bild von OSIRIS

Ansonsten gab es Informationen, die schon zuvor auf der französischen PK verbreitet wurden: Die meisten Instrumente arbeiten, Philae bekommt nur anderthalb Stunden Sonnenlicht pro 12 Stunden – das ist wenig und dürfte die Lebensdauer des Landers verkürzen. Die Landung hätte besser laufen können – aber auch weit schlechter. Nun heißt es, soviel Daten aus dem Lander herauszubekommen – und zu hoffen, dass er möglichst lange durchhält. Außerdem wird versucht, Philae mit den Kameras an Bord von Rosetta zu orten.

18:25 MEZ: Das wohl letzte Update dieses Beitrages, während Philae, so gut es eben geht, seiner wissenschaftlichen Arbeit nachgeht und die Suche nach dem Lander von Rosetta aus ebenfalls weiterläuft. Eine hübsche Erweiterung der obigen Grafik, die den “Sprung” des Landers etwas ins Verhältnis setzt:

Beim ersten Rücksprung locker das Empire State Building und den Eiffelturm überwunden: Philae
Beim ersten Rücksprung locker das Empire State Building und den Eiffelturm überwunden: Philae

Nachlesen kann man die vergangenen, sehr spannenden Stunden auch noch Mal im Liveblog auf FAZ-Wissen (unter Mitwirkung dieses Bloggers) und bei Daniel Fischer. Empfehlenswert auch dieses Interview mit Stephan Ulamec, dem Philae-Projektleiter.

 

 

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Mit dem Astronomievirus infiziert wurde ich Mitte der achtziger Jahre, als ich als 8-Jähriger die Illustrationen der Planeten auf den ersten Seiten eines Weltatlas stundenlang betrachtete. Spätestens 1986, als ich den Kometen Halley im Teleskop der Sternwarte Aachen sah (nicht mehr als ein diffuses Fleckchen, aber immerhin) war es um mich geschehen. Es folgte der klassische Weg eines Amateurastronomen: immer größere Teleskope, Experimente in der Astrofotografie (zuerst analog, dann digital) und später Reisen in alle Welt zu Sonnenfinsternissen, Meteorschauern oder Kometen. Visuelle Beobachtung, Fotografie, Videoastronomie oder Teleskopselbstbau – das sind Themen die mich beschäftigten und weiter beschäftigen. Aber auch die Vermittlung von astronomischen Inhalten macht mir großen Spaß. Nach meinem Abitur nahm ich ein Physikstudium auf, das ich mit einer Diplomarbeit über ein Weltraumexperiment zur Messung der kosmischen Strahlung abschloss. Trotz aller Theorie und Technik ist es nach wie vor das Erlebnis einer perfekten Nacht unter dem Sternenhimmel, das für mich die Faszination an der Astronomie ausmacht. Die Abgeschiedenheit in der Natur, die Geräusche und Gerüche, die Kälte, die durch Nichts vergleichbare Schönheit des Kosmos, dessen Teil wir sind – eigentlich braucht man für das alles kein Teleskop und keine Kamera. Eines meiner ersten Bücher war „Die Sterne“ von Heinz Haber. Das erste Kapitel hieß „Lichter am Himmel“ – daher angelehnt ist der Name meines Blogs. Hier möchte ich erzählen, was mich astronomisch umtreibt, eigene Projekte und Reisen vorstellen, über Themen schreiben, die ich wichtig finde. Die „Himmelslichter“ sind aber nicht immer extraterrestrischen Ursprungs, auch in unserer Erdatmosphäre entstehen interessante Phänomene. Mein Blog beschäftigt sich auch mit ihnen – eben mit „allem, was am Himmel passiert“. jan [punkt] hattenbach [ät] gmx [Punkt] de Alle eigenen Texte und Bilder, die in diesem Blog veröffentlicht werden, unterliegen der CreativeCommons-Lizenz CC BY-NC-SA 4.0.

15 Kommentare

  1. Danke Jan,
    für Aussenstehende ist es (dank der fortgeführt semi-professionellen Informationspolitik) etwas schwerer diese Informationen live zu verfolgen… Twitter schön und gut, aber die ESA sollte sich wirklich mal überlegen, ob ein professionelleres Engagement in dieser Hinsicht nicht wrklich wünschenswert wäre, nicht jeder hat Zugriff auf “Leute die tatsächlich vor Ort sind” und möchte
    vielleicht auch mal “zeitnah” wissen, was gerade Sache ist. Auf den offiziellen Kanälen (auch dem livestream) ist ja wenig zu erfahren außer: schalten sie auch morgen ein, wenn es wieder heißt: wie geht es dem Lander denn heute.. Gnarf

    • Die Pressekonferenz gestern abend nach 20:00, bei der der Philae-Projektleiter Stephan Ulamec vom DLR (nicht von der ESA) sich äußerte, zeigte meines Erachtens eines ganz deutlich: nämlich dass er (und dann wahrscheinlich auch niemand anders) noch nicht wirklich wusste, was mit Philae war und was man aus der zu dem Zeitpunkt noch unzureichenden, nicht ausreichend ausgewerteten oder widersprüchlichen (oder alles zusammen) Datenlage für Rückschlüpsse ziehen kann. Zumindest war das, was er da (mit allen Konjunktiven und Hinweisen auf die unsichere Datenlage) ja nicht konsistent mit Darstellungen, die man heute liest und die auf der Analyse weiterer Daten beruhen. Die Zeit des ersten Aufsetzens und die Dauer vos zum endgültigen Aufsetzen scheinen noch im Fluss zu sein.

      Natürlich will ein Zuschauer wissen “was Sache ist”. Aber ein Zuschauer muss auch mal einsehen, dass auch die direkt Beteiligten selbst gar nicht gleich wissen, woran sie sind und noch mehr Zeit brauchen, um sich eine Meinung zu bilden. Außerdem sollte klar sein, dass es alles andere als professionell wäre, Aussagen zu Dingen zu machen, über die man sich ganz und gar nicht im Klaren ist. Gerade weil das öffentliche Interesse an diesem Ereignis so hocj ist und diese Aussagen dann in Windeseile die Runde machen wprden.

      Im Zeitalter des Internets kann jeder in Echtzeit an Ereignissen teilhaben. Aber das Internet trägt nicht unbedingt dazu bei, dass Informationen vorliegen, die man verbreiten kann. In diesem Fall trug es nicht dazu bei. Die Auswertung der Daten, um eine sehr unklare Situation besser zu verstehen, braucht nun einmal manchmal Zeit. Jedenfalls dann, wenn man professionell arbeitet, das heißt, wenn man qualifizierte Leute ihre Arbeit machen lässt, solange, bis diese sich eine Meinung gebildet haben.

      Das muss die Öffentlichkeit nun einmal einsehen.

      Aber nein. Lieber wird herumgemäkelt, weil doch tatsächlich die Verantwortlichen nicht zu irgendwelchen Bildern geäußert haben, die irgendwie ihren Weg ins Internet gefunden haben.

      Nebenbei bemerkt: Der eine oder andere könnte sich vielleicht auch mal die Mühe machen, zu eruieren, wo den die Verantwortlichkeiten liegen. Wer hat Philae gebaut? Wo ist das Kontrollzentrum für Philae? Meines Wissens nicht bei der ESA. Oder?

      Schon gut, das wird jetzt wahrscheinlich wieder ignoriert werden.

      • Lieber Michael, was soll ich noch schreiben – wenn der Wille nicht da ist, die andere Seite zu verstehen, ist es ziemlich sinnlos, sich die Finger wund zu schreiben.

        Also schmunzle ich einfach darüber, dass die ESA ihre Leutchen nicht unter Kontrolle hat. Da werden in Frankreich Bilder veröffentlicht, und weder in Darmstadt und in Köln weiß man davon. Lustig. Da werden in Köln oder Frankreich (Toulouse, weiß nicht genau) Bilder und Informationen ganz offiziell veröffentlicht, die in Darmstadt teils erst Stunden später, dann aber als branntneu präsentiert werden. Auch gut. Man hätte diese diversen PKs in EINEN gemeinsamen Livestream packen können, aber in Darmstadt präsentiert man uns lieber Standbilder. Meinentwegen. Ein ganz schönes Durcheinander, Europa eben.

        • Jan, du stellst die Situation hier nicht ganz richtig dar, und im Artikel leider auch nicht. Du hast ja deien Vorwürfe ganz klar formuliert – da kann man eigentlich auch nichts missverstehen.

          Also erstens: Die für Philae zuständige Raumfahrtagentur ist nicht die ESA. Das Philae-Kontrollzentrum ist in Köln und gehört der DLR. Wer da arbeitet, ist keiner von den “Leutchen der ESA”. Ebensowenig hat beim CNES in Frankreich die ESA das Sagen.

          Ist das nicht bekannt? Es erstaunt mich etwas, dass wir das hier jetzt noch diskutieren. Aber wahrscheinlich habe ich das auch wieder ganz missverstanden, dass du spezifisch von “Leutchen der ESA” sprichst,

          Besonders amüsiert wirkst du nicht. Im gegenteil, du wirkst sehr angefasst. Vielleicht atmest du mal tief durch, nimmst einen Schluck guten chilenischen Weins und versetzt dich in die Situation derjenigen, die hier die richtige Arbeit machen.

          Heutzutage ist es wohl so: Je leichter man an Information kommt, desto weniger weiß man zu schätzen, wie viel Schwierigkeiten es macht, diese Informationen – also Wissen – zu schaffen. Weil Leute schnell und leicht mal was twittern oder ins Web stellen, muss es auch schnell und leicht gewesen sein, das zu machen, worüber da berichtet wurde. So ist wohl die Denke.

          Wer sich das einbildet, irrt, und ich würde mir wirklich mal wünschen, dass ein paar der Leute, die das große Wort führen, ein paar Jahre in richtig komplexen technischen Projekten stecken.

          Dann würden sie nämlich verstanden haben, was das bedeutet, mit einer ganz unerwarteten Situation präsentiert zu werden, und dann aus unzureichendem Datenmaterial versuchen zu müssen, zusammenzupusseln, was sich da 500 Millionen km entfernt abgespielt hat. Und dass das nicht mal eben hopplahopp geht.

          Am ESOC hat es jetzt zusätzlich zum Livestream, in dem in der Tat über weite Strecken hinweg nicht viel neues kam – weil eben beim ESOC auch keine weiteren belastbaren Informationen vorhanden waren, inzwischen, noch keine 24 Stunden nach der Landung, zwei Pressekonferenzen gegeben, in denen erfreulich wenig blumiges Gelaber und erfreulich konzentrierte Zusammenfassungen des Wissenstands stattfanden. Das ist mir allemal lieber als irgendwelceh Spekulation auf die Schnelle.

          Ja, geschenkt, manches hätte man anders organisieren können. Manches war auch Durcheinander. Die haben streckenweise eben schlicht keine Leute gehabt, die was zu sagen wussten. Beim ESOC sowieso nicht, denn als nicht-zuständige Agentur, ohne die wirklichen Experten, über den Zustand von Philae zu spekulieren, fände ich schlicht unzumutbar.

          Bei der DLR und beim CNES war es nicht so viel besser, obwohl da Experten waren. Aber die waren schlicht BESCHÄFTIGT. Die versuchten, das Problem zu lösen oder zumindest zu verstehen. Ist das wirklich nicht nachvollziehbar?

          Ja geschenkt, da waren zwei weitere ROLIS-Bilder, die eher hätten präsentiert werden können. Oder auch nur eines. Hinterher ist man immer schlauer. Aber sich daran jetzt hochzuziehen – na gut, wer das braucht, soll das gerne machen. Solche Leute gibt es.

          Ich sehe das so. Gestern war ein historischer Tag. Da wurde etwas ganz neues versucht, etwas schweres, etwas kühnes, etwas riskantes. Aber auch etwas, was nicht nur eine technische Großtat ist, sondern auch eine reiche wissenschaftliche Ausbeute versprach. Während das Experiment lief, ging etwas schief. Es verlief ganz anders als geplant. Trotzdem haben wir am Ende einen Erfolg zu verbuchen. Die Kiste läuft, allen Widrigkeiten zum Trotz. Es wurden bereits vielerlei Daten zurückgesandt, Wissenschaftliche und auch technische. Ganz wichtige Dinge, von denen wir sehr viel lernen werden.

          Das ist einfach nur klasse. Es ist phantastisch. Ich war gestern fast schon high von den Emotionen und jetzt, wo sich langsam ausbreitet, wie das Ganze ablief und was Philae bereits geschickt hat, bin ich restlos begeistert.

          Ich hoffe, ich bin nicht der einzige, dem das so geht. Nein, ich weiß, ich bin nicht der einzige. Gestern war ich als Vortragender in einem Saal in Darmstadt mit vielen Hundert Zuschauern von sechs bis 80 Jahren. Ich habe viel Feedback bekommen, die Begeisterung, die Aufregung war spürbar. Dort hat keiner gemotzt.

          Warum müssen dann jetzt die Haare in der Suppe gesucht werden? OK; sucht nur weiter, ihr findet bestimmt noch welche. Viel Spaß.

          [EOD]

          • “Die für Philae zuständige Raumfahrtagentur ist nicht die ESA. Das Philae-Kontrollzentrum ist in Köln und gehört der DLR. Wer da arbeitet, ist keiner von den “Leutchen der ESA”. ”

            Ja, das wissen wir doch alles. Trotzdem ist es in der Außenwahrnehmung und der ESA-PR eine ESA-Mission: https://twitter.com/ESA_de/status/532980800825085952

          • Wurde die Mission im Überschwang der Gefühle zu optimistisch beurteilt oder warum kann man auf dem Nachbarblog von Stefan Oldenburg (unter Bild 12) lesen: “Michael Khan schätzt den Erfolg der Landung Philaes auf 70:30. Thomas Reiter nennt am Morgen in einem Rundfunkinterview nur eine Wahrscheinlichkeit von 50:50.”?

  2. …die Darmstädter sind gar nicht auf dem Kometen, alles ist im Studio nachgestellt, die Schatten zeigen in unterschiedliche Richtungen…

  3. Zum Schnappschuss: Die Frage “Keine Ahnung von wo, und was er zeigt” lässt sich leicht klären – die Strukturen sind im Bild darüber zu sehen: http://imgur.com/YDEZzca

    Offenbar wurde das zweite Bild aus kürzerer Distanz aufgenommen, kurz vor der Landung.

  4. Kein Wort verloren haben die Beteiligten zu den offenbar geleakten Bildern (s.o.),

    Nein, die hatten nämlich wahrscheinlich etwas anderes zu tun und ganz andere Sorgen als so eine Nebensache.

  5. @Mona: Diese Beurteilung der Erfolgschancen ist ohnehin nur überschlägig. Ich hatte am Abend einen deutlichen Wissensvorsprung gegenüber Thomas Reiter am Morgen, wobei er seine Abschätzung auch nicht selbst berechnet hat, sondern sich auf das Urteil von Fachleuten verließ.

    Ich wusste, dass Philae nach der Abtrennung alle drei Landebeine ausgefahren hatte und dass die UHF-Verbindung mit Rosetta stand. Wenn nur eines der Beine dicht ausgefaähren wären, wären die Erfolgschancen gering und wenn das Funkgerät ausgefallen wäre, dann wäre die Mission ein Fehlschlag. Wenn man weiß, dass diese zwei Einzelfaktoren bereits aus dem Weg geräumt wurden, die jeder für sich ein wahrscheinliches Scheitern mit sich führen, dann muss zwangsläufig die Waage zwischen Erfolg und Misserfolg, wenn aus der Waagschale “Misserfolg” einige Gewichte herausgenommen worden sind, sich in Richtung “Erfolg” geneigt haben.

    Zudem habe ich einkalkuliert, wie exakt das Manöver zum Einschuss von Rosetta in die Absetzbahn erfolgt war, nämlich extrem zielgenau. Auch das war am Abend bereits bekannt. Ein weiterer Faktor, der die Waagschale “Misserfolg” ein bisschen leerer macht.

    Das alles zusammen und dann mit über den dicken Daumen gepeilt —> Ich dachte, wir schaffen’s. Dass es trotz des Dreisprungs immer noch klappte, den in dieser Form keiner auf dem Radar hatte, war natürlich überraschend. Erst hatten wir Glück, und dann war uns auch noch Fortuna hold, um mal Jürgen Wegmanns Zitat umzuformulieren.

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