Kometenbilder mit Fitswork (Teil 1)

Kometenfotografie steht zur Zeit recht häufig auf meiner persönlichen Astrofotografieagenda. Wenn C/2012 S1 ISON in den nächsten Wochen eine hübsche Show abliefert (und danach sieht es zur Zeit aus) werden hoffentlich noch mehr Kometenbilder entstehen. In dieser dreiteiligen Blogserie werde ich deshalb einmal meine Vorgehensweise bei der Bearbeitung meiner Kometenbilder vorstellen. Ich nutze für alle wesentlichen Schritte die frei verfügbare Software Fitswork. Für dieses Tutorial verwendete ich die Version 4.42 der Software.

Das Tutorial besteht aus drei Teilen: Im ersten (diesem) Teil geht es um die Vorbereitungen (dazu gehört auch die Aufnahme selbst, wobei ich auf die Eigenheiten langbelichtender Astrofotografie nicht eingehe – das ist ein Bildbearbeitungstutorial!). Teil 2 beschäftigt sich mit den besonderen Anforderungen der Bearbeitung von Kometenfotos. Der 3. Teil geht schließlich auf das „Königsproblem“ der Kometenfotografie ein: Wie kann man Kometen und Sterne gleichzeitig „punktförmig“ abbilden?

Der Komet C/2009 P1 Garradd zeigte am 2. Februar 2012 sogar zwei Schweife. Damit er gemeinsam mit den Sternen "scharf" abgebildet ist, war eine Menge Bildbearbeitung erforderlich.
Der Komet C/2009 P1 Garradd zeigte am 2. Februar 2012 sogar zwei Schweife. Damit er gemeinsam mit den Sternen “scharf” abgebildet ist, war eine Menge Bildbearbeitung erforderlich.

Kometenfotografie unterscheidet sich prinzipiell nicht wesentlich von „normaler“ Deep-Sky-Fotografie. Die wesentliche Herausforderung besteht darin, dass sich Kometen während der Aufnahme merklich vor dem Himmelshintergrund bewegen – zumindest wenn sie in relativer Erdnähe sind. Diese Tatsache limitiert zunächst einmal die maximale Belichtungszeit einer Einzelaufnahme. Meist verwende ich zur Kometenfotografie einen 200mm-Newton mit 1000mm Brennweite und belichte selten länger als zwei Minuten. Mit meiner Canon EOS 450D (astromodifiziert) sind damit bei 800-1600 ASA viele helle und mittelhelle Kometen in Reichweite.

Zur Kometenfotografie nutze ich einen 200mm-Newton mit 1000mm Brennweite und eine Canon DSLR (rechts). Stabilität ist dank der Unterstützung des 200mm Zeiss-Refraktors der Sternwarte Aachen und seiner Montierung kein Problem.
Zur Kometenfotografie nutze ich einen 200mm-Newton mit 1000mm Brennweite und eine Canon DSLR (rechts). Stabilität ist dank der Unterstützung des 200mm Zeiss-Refraktors der Sternwarte Aachen und seiner Montierung kein Problem.

Grundsätzlich entstehen in einer Beobachtungsnacht drei Bildserien:

Eine Light-Serie (Bildserie des Kometen) mit ca. 30s-120s Belichtungszeit bei 800 oder 1600 ASA und ggf. unter Verwendung eines Astronomik CLS-Filters, da ich aus dem stark lichtverschmutzten Aachen fotografieren muss. Je mehr Bilder, desto besser, aber mindestens 20-30.

Eine Dark-Serie (gleiche Belichtungszeit und ASA-Zahl wie die Light-Serie) bei verschlossenem Objektiv und möglichst in Dunkelheit, damit wirklich kein Licht auf den Chip trifft (Kuppel verschlossen, Licht aus). Die Dark-Serie kann vor oder nach der Light-Serie aufgenommen werden, auch können archivierte Darks verwendet werden. Wichtig ist nur, dass diese bei gleicher Umgebungstemperatur wie die Lights gewonnen wurden.

Eine Flat-Serie. Dazu richte ich das Teleskop samt Kamera nach Anbruch der Dämmerung an den bereits hellen Himmel (Sky-Flat) und nehme eine Serie kurz belichteter (~0,5-1s, je nach Fortschritt der Dämmerung, so dass das Bild nicht ausbrennt) Bilder auf. Dabei wird die Position des Teleskops von Bild zu Bild leicht verändert, damit evtl. noch sichtbare Sterne nicht immer auf den gleichen Pixeln landen. Die Fokussierung wird nicht verändert, denn wir wollen Bildfehler wie z. B. die Vignettierung genauso auf dem Flat haben, wie auf dem Light! Bei gleichem Instrumentsetup (Teleskop, Kamera, Filter etc.) können natürlich auch archivierte Flats verwendet werden.

Am Ende einer Beobachtungssession haben wir also drei Bildserien, die in entsprechenden Ordner sortiert werden: Eine Light-, eine Dark- und eine Flat-Serie. Auf Flatdarks verzichte ich, da die Flats höchstens eine Sekunde belichtet werden.

Die ersten beiden Schritte in Fitswork sind nun die Erstellung eines Masterdarks und eines Masterflats – also von Summenbildern aus den Dark- und Flatbildern. Dazu rufe ich im Menü „Datei“ die Option „Masterdark/-flat erstellen“ auf (Taste F6):

Blog_Kometenfotografie_01

Die Erstellung des Masterdarks und des Masterflats können in einem Schritt erfolgen: Dazu werden die Bilder im Darks-Ordner in das Feld „Darks“ kopiert und der Inhalt des Flats-Ordners in das Feld „Flats“ (umschalten mit dem Reiter oben rechts). Für die Darks wird als Methode „Mitteln“ gewählt. Im Falle von Skyflats wähle ich bei den Flats die Methode „Sigma“ aus. Das sorgt dafür, dass eventuell sichtbare Sterne auf den einzelnen Skyflats im Summenbild unterdrückt werden.

Die Resultate „Masterdark.fit“ und „Masterflat.fit“ befinden sich nach Drücken der Taste „Erstellen“ und kurzem Warten in den jeweiligen Ordnern.

Wenn die Lights im RAW-Format vorliegen, müssen vor dem Summieren die S/W-Bilder des CCD-Chips in farbige RGB-Bilder umgerechnet werden. Dazu öffnet man ein einzelnes Light der Serie, und wählt über das Menü „Bearbeiten“ „CCD->Farb-CCD zu RGB-Bild“ aus. Als Einstellungen verwende ich stets „Bayer astro“ sowie die Standardeinstellungen. Durch klicken auf „Generier Bild“ (sic!) wird dem Programm mitgeteilt, wie es aus dem S/W-Bild mittels der Bayer-Matrix ein farbiges Bild zu erstellen hat. Das jeweilige Farbprofil wird mit Klick auf das Diskettensymbol (Diskette – das war mal ein Speichermedium aus der Computerbronzezeit) abgespeichert. Sie kann später wieder verwendet werden, so dass die gerade beschriebene Prozedur nur einmal nötig ist.
Blog_Kometenfotografie_02

Nun haben wir also unsere Lights-Serie, ein Masterdark, ein Masterflat und eine Farbprofildatei. Es kann endlich an das Aufsummieren (Stacken) unseres Kometenbilds gehen!

Dazu rufe ich im Menü „Datei“ die Option „Stapelbearbeitung“ (F5) auf. Die Bearbeitung gliedert sich in fünf einfache Schritte.

1.Schritt: Anfangs- und Zieldateien festlegen. Eigentlich selbsterklärend. Als Anfangsdatei wählen wir die erste Datei im Lights-Ordner. Ich setze stets das Häkchen bei „Alle Dateien im Ordner“. Den logischen Unterschied zu „Fehlende Dateien der Serie überspringen“ kann ich mir nicht erklären. Wenn aufgrund von Wolken, Nachführungsproblemen etc. einige Dateien der Lights-Serie gelöscht werden mussten, sollte Fitswork in beiden Fällen alle restlichen Dateien für das Summenbild verwenden. Zieldatei ist die Summendatei, sie bekommt einen vernünftigen Namen und einen Zielpfad zugewiesen.

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2. Schritt: Masterdark subtrahieren. Dazu unter „Funktion auswählen“ die Funktion „Bild subtrahieren“ wählen. Die Datei Masterdark.fit auswählen, „Temparaturausgleich“ (sic!) nein, „Hotpixelkorrektur“ ja.

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Dritter Schritt: Masterflat dividieren. Ganz ähnlich wie beim Masterdark, nur dass diesmal die Datei Masterflat.fit mit den Lights dividiert wird (Funktion „Bild dividieren“). „Automatische Skalierung“ aus.

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Vierter Schritt: Farbbild erstellen. Erst jetzt wird aus dem CCD-Bild ein Farb-Bild. Dazu einfach die Funktion „Farb-CCD zu RGB“ und die erstellte Farbprofildatei (.fcm) auswählen. Nachtrag: Dieser Schritt kann auch per Hand ganz zum Schluss mit dem fertigen Summenbild durchgeführt werden, was evtl ein besseres Ergbnis liefert. Ausprobieren!

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Fünfter Schritt: Zum Summenbild addieren. Hier geschieht das eigentliche Stacken. Funktion „Zur Zieldatei addieren“ auswählen und Option „Normal/Komet“ aktivieren. Die „Anzahl der Markierungen“ wird auf „M“ gesetzt, da wir mehr als zwei Markierungen für die Bildanpassung auswählen wollen. Die Funktion bleibt bei „add“, die Bilder werden ganz normal addiert. Wir benötigen (noch) keine zusätzlichen Einstellungen bei „Komet/Asteroid“.

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Wenn alles eingestellt ist, Taste „Start“ drücken!

Nach kurzem Warten erscheint das erste Bild der Serie mit der Aufforderung, mindestens drei Sterne zu markieren. Das tun wir, in dem wir Kästchen um drei oder mehr (besser mehr) weit auseinander liegende, weder besonders helle noch besonders schwache Sterne ziehen. Es ist nicht nötig, dass die Sterne in der Mitte der Käschen liegen, aber es sollte nur ein einzelner Stern pro Kasten sein. „Keine Kontrolle mehr“ auswählen und „Ok, weiter“ klicken. Das Programm fragt, ob es sich bei Problemen mit der Positionsbestimmung melden soll. „Ja“ klicken. Darauf folgt die Frage, ob streng kontrolliert werden soll. Bei Brennweiten unter einem Meter klicke ich hier auf „nein“.

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Die Erstellung des Summenbilds kann je nach Bildgröße, Zahl der Bilder und Rechenleistung einige Minuten dauern. Dabei kann man zusehen, wie sich das Summenbild „entwickelt“. Bei eventuellen Fehlermeldungen „Weiter“ klicken. Falls die Erkennung der Sterne nicht funktioniert, sieht das Summenbild entsprechend seltsam aus. Dann andere Sterne auswählen, bzw. Kästchengröße und -zahl verändern. Vorsicht bei Sternen am Bildrand: hat die Bildserie einen Drift (durch nicht perfekte Nachführung), dann können einzelne Sterne auswandern und die Sternerkennung versagt logischerweise.

Wenn alles funktioniert, sieht das Ergebnis etwa so aus:

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Die Sterne sind wunderbar punktförmig, aber der Komet ist extrem verzerrt. Er hat sich eben, wie oben angesprochen, während der Ausnahmeserie vor dem Sternhintergrund bewegt. Bislang haben wir auch noch keine kometenspezifische Bildbearbeitung durchgeführt. Das passiert im 2. Teil der Blogserie!

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Mit dem Astronomievirus infiziert wurde ich Mitte der achtziger Jahre, als ich als 8-Jähriger die Illustrationen der Planeten auf den ersten Seiten eines Weltatlas stundenlang betrachtete. Spätestens 1986, als ich den Kometen Halley im Teleskop der Sternwarte Aachen sah (nicht mehr als ein diffuses Fleckchen, aber immerhin) war es um mich geschehen. Es folgte der klassische Weg eines Amateurastronomen: immer größere Teleskope, Experimente in der Astrofotografie (zuerst analog, dann digital) und später Reisen in alle Welt zu Sonnenfinsternissen, Meteorschauern oder Kometen. Visuelle Beobachtung, Fotografie, Videoastronomie oder Teleskopselbstbau – das sind Themen die mich beschäftigten und weiter beschäftigen. Aber auch die Vermittlung von astronomischen Inhalten macht mir großen Spaß. Nach meinem Abitur nahm ich ein Physikstudium auf, das ich mit einer Diplomarbeit über ein Weltraumexperiment zur Messung der kosmischen Strahlung abschloss. Trotz aller Theorie und Technik ist es nach wie vor das Erlebnis einer perfekten Nacht unter dem Sternenhimmel, das für mich die Faszination an der Astronomie ausmacht. Die Abgeschiedenheit in der Natur, die Geräusche und Gerüche, die Kälte, die durch Nichts vergleichbare Schönheit des Kosmos, dessen Teil wir sind – eigentlich braucht man für das alles kein Teleskop und keine Kamera. Eines meiner ersten Bücher war „Die Sterne“ von Heinz Haber. Das erste Kapitel hieß „Lichter am Himmel“ – daher angelehnt ist der Name meines Blogs. Hier möchte ich erzählen, was mich astronomisch umtreibt, eigene Projekte und Reisen vorstellen, über Themen schreiben, die ich wichtig finde. Die „Himmelslichter“ sind aber nicht immer extraterrestrischen Ursprungs, auch in unserer Erdatmosphäre entstehen interessante Phänomene. Mein Blog beschäftigt sich auch mit ihnen – eben mit „allem, was am Himmel passiert“. jan [punkt] hattenbach [ät] gmx [Punkt] de Alle eigenen Texte und Bilder, die in diesem Blog veröffentlicht werden, unterliegen der CreativeCommons-Lizenz CC BY-NC-SA 4.0.

10 Kommentare

  1. Auch wenn die Montierung seit nunmehr 78 Jahren wie ein Fels in der Brandung steht, wünschte ich mir manchmal eine etwas bessere (und kontrollierbarere) Nachführung. Die läuft von Hause aus rein mechanisch mittels Fliehkraftregler, was nicht sehr genau funktioniert. Wir haben sie vor Jahren mal optional mit einem E-Motor versehen, aber das läuft auch nur so eben und Autoguiding ist nicht möglich. Dafür haben Beobachtungsnächte in der Aachener Sternwarte unbestritten ihren besonderen Charme…

  2. Pingback:Kometenbilder mit Fitswork (Teil 2) › Himmelslichter › SciLogs - Wissenschaftsblogs

  3. Eine kleine Korrektur: eigentlich sollten die Darks auch unter den gleichen Umgebungslichtbedingungen wie die Lights aufgenommen werden. Einfach nur den Objektivdeckel drauf. Falls es nämlich in den Lights irgendwie zu Falschlichtkontamination kommt (z.b. durch den Sucher, wenn man den nicht abdeckt), zieht man das dann mit den Darks gleich ab.

  4. Hallo Jan,

    danke auch hier für das schöne Tutorial. Eine Frage habe ich hier zur RAW Verarbeitung mit Fitswork. Fitswork bietet die Möglichkeit bei einer RAW Aufnahme mit Bayerpatter erst zu stacken und dann erst zu entwickeln. Im oben genannten Beispiel verwendest du diese Funktion nicht. Hast du Erfahrungen mit dieser Funktion und hat es Gründe dass du diese nicht verwendest?

    André

  5. Pingback:Quick-Tutorial: Komet ISON finden mit Cartes du Ciel › Himmelslichter › SciLogs - Wissenschaftsblogs

  6. You are using the observatory’s mount? That’s cheating! Actually, I’m very jealous and thanks for the tutorial, even if I can’t speak German. 🙂

  7. Hi Jan, was meinst Du, wann kommt wohl der dritte Teil?? Grade den teil könnte (nicht nur) ich jetzt dringenst gebrauchen, Lovejoy will schraf MIT scharfen Sternen abgelichtet werden, und ich weiß einfach nicht wie!? CCD Stack und DeepSkyStacker sind einfach zu unverständlich. CCDStack bremst außerdem den Rechner total aus; ich habe einen Rechner von 2014, also relativ neu, mit Win7!!
    Schönen Gruß:
    Willi

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