Kalifornien: eine astronomische Rundreise (Teil 1)

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Es gibt viele Gründe, nach Kalifornien zu reisen, seien sie beruflich oder privat. Wer aber schon mal da ist, hat Gelegenheit, mit relativ geringem Aufwand einige sehr interessante astronomische Sehenswürdigkeiten zu besuchen. Im Anschluss an die 221. AAS-Konferenz in Long Beach habe ich diese Gelegenheit natürlich wahrgenommen. Die Bilder und die hoffentlich hilfreichen Beschreibungen hier werden dem ein- oder anderem eine Inspiration sein!

Generell ist zu sagen, dass die USA ein sehr einfach und angenehm zu bereisendes Land sind. Die Mietwagenpreise sind in Ordnung, Benzin billiger als in Deutschland und die amerikanische Fahrweise geradezu zivilisiert gegenüber dem üblichen PS-Geprotze auf deutschen Autobahnen. Dank GPS kommt man selbst im chaotischen Highwaygewirr von Los Angeles zurecht. Am Abend ist dank des digitalen Helferleins das nächste Motel schnell gefunden, wo man dann für eine vernünftige Summe ein anständiges Zimmel und ein sauberes Bett bekommt.

Hätte ich mehr Zeit gehabt, wäre ich auch zu den Sternwarten Arizonas und New Mexicos gefahren, so blieb es bei Kalifornien. Der Südwesten der USA bleibt daher für das nächste Mal aufgespart.

Vom Flughafen in Los Angeles steuerte ich als erstes das California Science Center an, das sich südlich des (an den versammelten Hochhäusern von weitem erkennbaren) Stadtzentrums befindet. Dort wollte ich vor allem (nein, eigentlich ausschließlich) dieses Schmuckstück hier bewundern:

Die leider inzwischen ausgemusterte Raumfähre Endeavour wurde 2012 in einer aufsehenerregenden Aktion hierhergeschafft. Das Science-Center, in dem es noch viel mehr zu besichtigen gibt als die Raumfahrt-Ausstellung, wurde extra um eine Halle erweitert. Der Eintritt beträgt gerade mal $2, geradezu geschenkt gegenüber den $10 fürs Auto abstellen.

Beim Anblick der Raumfähre war ich schlicht überwältigt – irgendwie hatte ich ie mir kleiner vorgestellt. Auf den ersten Blick sieht man auch, dass sie einige Jahre auf dem Buckel hat, die Außenhaut der Fähre sind keineswegs schneeweiss, sonder angelaufen und eingefärbt. Kein Wunder, hat die Endeavour doch seit 1992 25 Starts und Landungen schadlos überstanden. Berühren oder gar einsteigen kann man in die Fähre allerdings nicht: sie ist so aufgebockt, dass man darunter hindurchgehen kann, aber mit den Fingerspitzen gerade nicht an die Hitzeschutzkacheln auf der Unterseite kommt.

In einem Vorraum gibt es einige weitere Ausstellungsstücke zu sehen, unter anderem den Satz Reifen, mit dem die Endeavour das letzte Mal aufgesetzt ist, sowie eine Toilettenkonstruktion für die Schwerelosigkeit, inklusive Erklärung, wie das Ding funktioniert. Außerdem gibt es feine Sachen wie je eine geflogene Mercury-, Gemini- und Apollokapsel zu sehen. Leider so in Plastik eingepackt, dass man keine vernünftigen Fotos davon machen kann.

Vom Science-Center sind es gerade einmal 10 bis 15 Minuten zum Griffith-Park in Hollywood. Dort befindet sich seit Mitte der 1930er Jahren das öffentliche Griffith-Observatorium, das man auch ohne astronomisches Interesse besuchen sollte, denn von dort hat man wohl den besten Blick auf die Riesenmetropole Los Angeles. Anfang Januar war die Sicht exzellent, ein frischer Wind blies den Smog fort. Die Südkalifornier empfanden den Wind übrigens eher “arktisch-kalt”, da die Temperaturen nachts in der Stadt schon mal einstellig wurden. In Celsius gemessen, wohlgemerkt. Diese Tatsache wurde über mehrere Tage hinweg im Fernsehen durchdiskutiert.

Im Jahr 2006 wurde das Griffith-Observatorium nach umfangreichen Restaurierungs- und Erweiterungsarbeiten wiedereröffnet. Es bestitzt neben einem modernen Planetarium auch eine mehrstöckige Ausstellung zu allen Facetten der Astronomie, die ich ohne übertreibung zu einer der besten der Welt zählen würde. Der Eintritt (außer zu den Planetariumsführungen) ist frei. Tagsüber werden im Observatorium Livebilder der Sonne im Weißlicht und H-alpha-Licht gezeigt, leider ist das zugehörige Sonnenteleskop in der Westkuppel des Observatoriums nicht zugänglich. Mein Outing als “Science-Wrtiter from Germany” hat die Observatoriumsleute wohl eher erschreckt, jedenfalls hatten Sie kein Verfahren auf Lager für meinen Wunsch, die Teleskope bei Tageslicht zu fotografieren, das müsste das Management entscheiden. Naja. Nachts War es dann kein Problem, s. u.

Es empfielt sich, den Besuch nach möglichkeit nicht auf ein Wochenende zu legen, denn dann kann es ziemlich voll werden.

Das Angebot, den dreitägigen Prüfungsprozess für mein Anliegen zu durchschreiten, lehnte ich dann ab und sah mich stattdessen in der Ausstellung im Gebäude um, zu dem etwa ein Foucault-Pendel in der Eingangshalle gehört. Es ist natürlich Pflicht, zu warten, bis wenigstens eines der Klötzchen umgefallen ist – sonst bedeutete das ja, dass sich die Erde doch nicht dreht. Was enorme Konsequenzen für das globale Klima und somit auch auf meine weiteren Reisepläne hätte. Doch das Klötzchen fiel, zum Glück.

Das Observatorium behauptet, jährlich eine Million Besucher zu haben. Viele davon kommen freilich hauptsächlich für den Ausblick – doch durch das Hauptinstrument in der Ostkuppel, ein 12″-Refraktor aus einer Teleskopschmiede Namens Carl Zeiss in Jena, hätten (wieder laut Selbstauskunft Griffith)  schon über acht Millionen Menschen in den Himmel geschaut. Man muss diese Zahl gauben, gezählt werden die Besucher meines Wissen nämlich nicht. Übrigens ist der 12″-Griffith-Refraktor so etwas wie der große Bruder des 8″-Zeiss-Teleskops der Sternwarte Aachen, die im selben Jahr (1935) eröffnet wurde. Ein kleiner Tipp, falls die Reisekasse nicht bis Los Angeles reicht!

Während das Observatorium täglich an 12:00 Mittags (am Wochenende schon ab 10:00) bis 22:00 Uhr geöffnet ist, beginnen die Sternführungen am Refraktor erst ab 19:00 Uhr. Ich entschloss mich kurzerhand, zwischendurch eben auf den Mount Wilson zufahren, wo sich das berühmte Wilson-Observatorium befindet. Mein GPS gab nur 35 Minuten Fahrzeit an, was trotz Staus zu beginn auch stimmte. Ich wusste bereits, dass Wilson im Winter geschlossen ist (das Angebot, eine Privattour für mich alleine zu buchen, lehnte ich ab, denn ich hätte diese auch alleine bezahlen müssen) – insofern ist der Sommer eindeutig zu empfehlen, dann dann sind alle Observatorien geöffnet – ohne Eintritt.

Leider ist der Blick auf die Kuppeln von außerhalb des Observatoriumgeländes sehr beschränkt, es gelangen mit daher nur zwei Schnappschüsse der Sonnenteleskoptürme und der großen Kuppel, die das 2,5m-Hookerteleskop beherbergt, mit dem Edwin Hubble die Ausdehnung des Universums entdeckt hat.

Auf dem Mount Wilson lagen sogar einige Schneereste, und ganz oben wurde es auch ein bisschen glatt. Es kann im Winter auch mal vorkommen, dass einige Paßstraßen komplett gesperrt sind – noch ein Grund, den Sommer als Besuchszeit zu wählen. Der Blick vom Mt. Wilson auf Los Angeles ist allerdings auch ohne eines Besuchs des Observatoriums eine Fahrt wert.

Abends bin ich dann nach erfolgreicher Motel-Suche zum Griffith-Observatorium zurückgekehrt. Zugegeben, es war schon ziemlich frisch, was aber auch den großen Vorteil brachte, dass die Schlange vor dem Teleskop recht kurz war. So konnte ich in Ruhe ein Paar Fotos (im Dunklen, ohne Blitz, freihand) schießen, wobei ich aufpassen musste, beim Luftanhalten nicht umzukippen. Ein paar Bilder sind ganz brauchbar geworden.

Es ist schwer zu sagen, was das beste an diesem Observatorium ist: Der Blick durch das Teleskop, die exzellente Ausstellung, die freundlichen Betreuer oder einfach der Blick auf das nächtliche Los Angeles. Ich habe mich jedenfalls mehrere Stunden dort aufgehalten und dabei keine Sekunde gelangweilt.

Was am Himmel über Downtown Los Angeles an hellen Punkten zu sehen ist, sind Flugzeuge, die verschiedene Flughäfen ansteuern. Ich habe mal gezählt: Die Zahl der sichtbaren Sterne war noch knapp größer als die der Flugzeuge.

Zu sehen gab es übrigens Jupiter. Allzuviel Deep-Sky ist aneinem Standort wie diesem verständlicherweise nicht möglich. Es ist schon verdammt hell dort. Draußen vor dem Haupteingang standen noch zwei mobile Teleskope, um die sich Amateurtastronomen (und -innen) vorbildlich bemühten. Im Gegensatz zu diesen konnte ich, wenn es dann doch zu kalt wurde, wieder durch die gut beheizten Ausstellungsräume schlendern.

Während jeder Besucher kurz durch den großen 12″-Refraktor blicken konnte, wurde das Livebild des Jupiter mit Hilfe einer Videokamera auf einem Monitor gezeigt.

Das alles passierte an einem einzelnen Tag (dem ersten von insgesamt zehn, die ich zur Verfügung hatte). Da ich nun feststelle, dass dieser Blogeintrag doch länge geworden ist als gedach, werde ich den Rest in einen zweiten packen. Es geht noch zum Palomar Mountain (nicht: Mount Palomar!) und zum Lick-Observatorium auf dem Mount Hamilton. Mehr also dann, wenn ich wieder zum bloggen komme (kann ein paar Tage dauern!)

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Mit dem Astronomievirus infiziert wurde ich Mitte der achtziger Jahre, als ich als 8-Jähriger die Illustrationen der Planeten auf den ersten Seiten eines Weltatlas stundenlang betrachtete. Spätestens 1986, als ich den Kometen Halley im Teleskop der Sternwarte Aachen sah (nicht mehr als ein diffuses Fleckchen, aber immerhin) war es um mich geschehen. Es folgte der klassische Weg eines Amateurastronomen: immer größere Teleskope, Experimente in der Astrofotografie (zuerst analog, dann digital) und später Reisen in alle Welt zu Sonnenfinsternissen, Meteorschauern oder Kometen. Visuelle Beobachtung, Fotografie, Videoastronomie oder Teleskopselbstbau – das sind Themen die mich beschäftigten und weiter beschäftigen. Aber auch die Vermittlung von astronomischen Inhalten macht mir großen Spaß. Nach meinem Abitur nahm ich ein Physikstudium auf, das ich mit einer Diplomarbeit über ein Weltraumexperiment zur Messung der kosmischen Strahlung abschloss. Trotz aller Theorie und Technik ist es nach wie vor das Erlebnis einer perfekten Nacht unter dem Sternenhimmel, das für mich die Faszination an der Astronomie ausmacht. Die Abgeschiedenheit in der Natur, die Geräusche und Gerüche, die Kälte, die durch Nichts vergleichbare Schönheit des Kosmos, dessen Teil wir sind – eigentlich braucht man für das alles kein Teleskop und keine Kamera. Eines meiner ersten Bücher war „Die Sterne“ von Heinz Haber. Das erste Kapitel hieß „Lichter am Himmel“ – daher angelehnt ist der Name meines Blogs. Hier möchte ich erzählen, was mich astronomisch umtreibt, eigene Projekte und Reisen vorstellen, über Themen schreiben, die ich wichtig finde. Die „Himmelslichter“ sind aber nicht immer extraterrestrischen Ursprungs, auch in unserer Erdatmosphäre entstehen interessante Phänomene. Mein Blog beschäftigt sich auch mit ihnen – eben mit „allem, was am Himmel passiert“. jan [punkt] hattenbach [ät] gmx [Punkt] de Alle eigenen Texte und Bilder, die in diesem Blog veröffentlicht werden, unterliegen der CreativeCommons-Lizenz CC BY-NC-SA 4.0.

3 Kommentare

  1. California

    Hallo Jan,
    klasse! Im Griffith-Observatorium war ich auch stundenlang. Wie dort die Astronomie präsentiert wird – da ging mir richtig das Herz auf 😉
    Das Sciencecenter habe ich (aufgrund Unkenntnis) leider verpasst.
    Dann bin ich auf Deine weiteren Berichte gespannt.
    PS: In Aachen ist der Himmel immer noch trüb…
    Schöne Grüße,
    Kurt

  2. Sehr interessant. Was die Endeavour angeht, gibt es denn da wenigsten Bilder von der Innenausstattung zu sehen, oder verkleinerte Modelle? – Das die da niemanden rein oder die Hitzeschutzkacheln “begrabschen” lassen wollen, kann ich ja nachvollziehen. (Die Kacheln könnten sonst im Laufe der Zeit weniger werden und innen drin dürfte sie mit der Zeit auch weiter verschleissen.) Und dann ist da natürlich noch eher kleine Einstiegsluke, durch die man hindurch müsste. Ich kann mir aber auch gut vorstellen, dass es einen Massstabgetreuen begehbaren Nachbau des Inneren der Fähre(n) gibt, dann bliebe allerdings die Frage, wo?

  3. @Hans

    Bilder ja, aber die findet man ja auch im Netz und muss dafür nicht in ein Museum gehen. Ein verkleinertes Modell nicht. Ich finds auch ein bisschen schade, dass man vom Innenleben der Fähre so überhaupt nichts mitbekommt, aber vielleicht ändert sich das ja noch. Wie es bei den drei anderen (Atlantis, Discovery und Enterprise) aussieht, weiss ich gerade nicht.

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