Gammastrahlenausbruch in Messier 31? NEIN!

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Gestern Abend, genau um 23:24:27 MESZ, registrierte das Burst Alert Telescope (BAT) an Bord des Swift-Satelliten einen Ausbruch harter Röntgen- und Gammastrahlung in der Andromedagalaxie M31. 160 Sekunden später begann das Röntgenteleskop XRT an Bord des Satelliten mit ersten Messungen. Die Quelle liegt demnach bei den Koordinaten RA = 00h 41m 43.02s und Dec = +41° 32′ 24.3″ (2000) mit einer Unsicherheit von 2,9″.

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Nachtrag: Alles falscher Alarm, sagt Swift jetzt! Kein GRB, und auch kein ULX, statt dessen eine konstante Quelle, die den BAT-Trigger irrtümlich ausgelöst hat.

We therefore do not believe this source to be in outburst. Instead, it was a serendipitous constant source in the field of view of a BAT subthreshold trigger.

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Das Objekt hat eine Röntgenleuchtkraft von 7e40 erg/s (mit hoher Unsicherheit). Was aber war es? Ein Gammastrahlenausbruch? Das wäre immerhin der nächstgelegene, der je gesichtet wurde: die Andromedagalaxie ist nur 2,5 Millionen Lichtjahre entfernt und damit eine Nachbargalaxie der Milchstraße. Normalerweise werden solche GRBs in viel weiter entfernten Galaxien entdeckt. Eine andere Erklärung wäre eine ultraleuchtkräftige Röntgenquelle (ULX). Von denen hat man schon mehrere in M31 gesehen. Und wie sich später am morgen herauskristallisierte, ist das auch die wahrscheinlichere Variante.

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Credit: NASA/Swift

Die Natur des Objekts wird derzeit erforscht. Im Laufe der Nacht liefen die Drähte im Netz heiß (die Nasa-Seite mit der initialen Alarmmeldung war innerhalb kurzer Zeit überlastet) – hoffentlich haben bodengebundene Telekope Spektren des Objekts aufnehmen können. Wenn ich das richtig sehe, wird erst ein gutes Spektrum und damit eine Bestimmung der Rotverschiebung des Objekts sicherstellen, dass es tatsächlich in M31 liegt und nicht weiter entfernt ist. Hochinteressant ist auch ob Neutrinoteleskope, allen voran IceCube, das Ereignis gesehen haben. Der Gravitationswellendetektor LIGO war offenbar offline.

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Das Objekt dürfte der Punkt am linken oberen Bildrand sein. Credit: NASA/Swift

Da sich das Ereignis offenbar in einem Kugelsternhaufen von M31 angespielt hat, ist die Explosion einer Typ-II-Supernova als Erklärung eher unwahrscheinlich. Auch diese Tatsache spricht eher für einen ULX.

Gammastrahlenausbrüche (GRB) gehören zu den energiereichsten Explosionen im Kosmos. Noch nie wurde ein GRB so nahe beobachtet. Ein GRB kann durch die Verschmelzung zweier Neutronensterne ausgelöst werden, ein ULX dagegen durch ein Schwarzes Loch, das Materie verschlingt. In jedem Falle handelt es sich also um ein interessantes Ereignis!

Wer aktuelle Entwicklungen zu diesem Ereignis schnellstmöglich bekommen will, folgt am besten dem Hashtag #GRBm31 auf Twitter (muss sich aber auch durch jede Menge Unsinnstweets wühlen).

Ob es auch visuelle Sichtungen des Objekts gibt, werden wir hoffentlich bald wissen. Ich glaube es nicht, aber man kann ja mal gucken: Die Andromedagalaxie steht derzeit am frühen Morgenhimmel über dem östlichen Horizont.

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Blickrochtung Ost am frühen Morgen. Erstellt mit Stellarium.

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Mit dem Astronomievirus infiziert wurde ich Mitte der achtziger Jahre, als ich als 8-Jähriger die Illustrationen der Planeten auf den ersten Seiten eines Weltatlas stundenlang betrachtete. Spätestens 1986, als ich den Kometen Halley im Teleskop der Sternwarte Aachen sah (nicht mehr als ein diffuses Fleckchen, aber immerhin) war es um mich geschehen. Es folgte der klassische Weg eines Amateurastronomen: immer größere Teleskope, Experimente in der Astrofotografie (zuerst analog, dann digital) und später Reisen in alle Welt zu Sonnenfinsternissen, Meteorschauern oder Kometen. Visuelle Beobachtung, Fotografie, Videoastronomie oder Teleskopselbstbau – das sind Themen die mich beschäftigten und weiter beschäftigen. Aber auch die Vermittlung von astronomischen Inhalten macht mir großen Spaß. Nach meinem Abitur nahm ich ein Physikstudium auf, das ich mit einer Diplomarbeit über ein Weltraumexperiment zur Messung der kosmischen Strahlung abschloss. Trotz aller Theorie und Technik ist es nach wie vor das Erlebnis einer perfekten Nacht unter dem Sternenhimmel, das für mich die Faszination an der Astronomie ausmacht. Die Abgeschiedenheit in der Natur, die Geräusche und Gerüche, die Kälte, die durch Nichts vergleichbare Schönheit des Kosmos, dessen Teil wir sind – eigentlich braucht man für das alles kein Teleskop und keine Kamera. Eines meiner ersten Bücher war „Die Sterne“ von Heinz Haber. Das erste Kapitel hieß „Lichter am Himmel“ – daher angelehnt ist der Name meines Blogs. Hier möchte ich erzählen, was mich astronomisch umtreibt, eigene Projekte und Reisen vorstellen, über Themen schreiben, die ich wichtig finde. Die „Himmelslichter“ sind aber nicht immer extraterrestrischen Ursprungs, auch in unserer Erdatmosphäre entstehen interessante Phänomene. Mein Blog beschäftigt sich auch mit ihnen – eben mit „allem, was am Himmel passiert“. jan [punkt] hattenbach [ät] gmx [Punkt] de Alle eigenen Texte und Bilder, die in diesem Blog veröffentlicht werden, unterliegen der CreativeCommons-Lizenz CC BY-NC-SA 4.0.

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