Dunkle Materie gibt es nicht! Oder doch?

BLOG: Himmelslichter

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Himmelslichter

Eines muss man Pavel Kroupa lassen: Von Öffentlichkeitsarbeit versteht er was. Wohl kaum ein Physiker tritt so häufig in Erscheinung, wenn es um Alternativen zur Dunklen Materie geht. Seit kurzem bloggt er auch in den Scilogs – Grund genug, den neuen Mitblogger willkommen zu heißen und den geneigten Kosmologs-Leser auf seinen Blog hinzuweisen!

Gemeinsam mit seinen Kollegen Marcel Pawlowski und Anton Ippendorf stellt Kroupa unter dem Titel "The Dark Matter Crisis" (leider nur auf Englisch) seine Arbeiten vor. Und wie der Titel andeutet, geht es ums Ganze: Ist die ganze Idee der Dunklen Materie falsch? Lassen sich die astronomischen Beobachtungen, die scheinbar nach einer unsichtbaren Materieform verlangen, viel einfacher erklären? Etwa durch die Modifizierung der Gravitationsgesetze? Um diese Fragen dreht sich auch der in der aktuellen Ausgabe von Spektrum der Wissenschaft erschienene Artikel der Autoren, den man hier kostenlos herunterladen kann.

Dunkle Materie oder nicht?

Kroupa und seine Kollegen haben sich mit den Satellitengalaxien in der Lokalen Gruppe beschäftigt. Die Lokale Gruppe ist eine Ansammlung von Galaxien in unserer kosmischen "Nachbarschaft", und damit besonders gut zu untersuchen. Unsere Milchstraße und die Andromedagalaxie sind ihre größten Vertreter. Dazu kommen noch einige Dutzend Zwerggalaxien, die die großen Sternsysteme wie Satelliten umkreisen. Und da liegt schon das Problem!

Denn gäbe es die Dunkle Materie, dann sollte es viel mehr dieser Zwerggalaxien geben – etliche Hundert statt einige Dutzend. Das folgt aus Simulationen, die davon ausgehen, dass die Dunkle Materie die treibende Kraft bei der Galaxienentwicklung ist. Diese offenkundige Diskrepanz nennt man das "missing satellite problem" – das Problem der fehlenden Satellitengalaxien.

Über die Dunkle Materie ist schon viel geschrieben worden – auch in diesem Blog. Dem heute geläufigen kosmologischen Modell zufolge ist sie dafür verantwortlich, dass sich nach dem Urknall Galaxien und Galaxienhaufen bildeten. Soll heißen: Ohne Dunkle Materie gäbe es nichts – die Materie hätte sich nicht verdichtet (jedenfalls nicht so, wie sie es getan hat). Das soll so funktioniert haben: Zuerst verklumpte die Dunkle Materie, und bildete damit "Gravitationsfallen", in die die normale Materie "hineingeflossen" ist. Aus diesen Materieklumpen entstanden dann Sterne und Galaxien, Planeten und Monde, wir selbst.

Dabei entwickelten sich die Strukturen offenbar von klein nach groß: Zuerst bildeten sich kleine Galaxien, diese verbanden sich zu immer größeren Sternsystemen. Noch heute sollten die großen Galaxien daher von Schwärmen aus Zwerggalaxien umgeben sein. Die Zwerggalaxien wären damit die sichtbare Spitze des Eisbergs aus Dunkler Materie. Sie befänden sich dort, wo sich auch die Dunkle Materie konzentriert. Durch die Beobachtung der Zwerggalaxien könnte man somit Aufschluss über die Verteilung der Dunklen Materie erhalten, die ja selbst nicht direkt sichtbar ist und sich nur über ihre Schwerkraft verrät.

Soweit die Idee – doch die Realität sieht offenbar ganz anders aus. Weder ihre Anzahl noch ihre Verteilung in der Lokalen Gruppe stimmt mit diesen Vorhersagen überein, wie Kroupa und seine Kollegen herausgefunden haben. Deshalb müsse die gesamte Idee der Dunklen Materie auf den Prüfstand. Was aber ist mit den vermeintlichen Hinweisen auf die Existenz der Dunklen Materie? Gewichtige Hinweise – wie die Beobachtung, dass sich die Sterne in den Galaxien viel schneller bewegen als erwartet, das Rotationskurvenproblem? Eine Modifikation des newtonschen Gravitationsgesetzes, wie sie Theorien wie MOND oder TeVeS vorschlagen, soll das viel besser erklären als die Dunkle Materie, so die Autoren.

Ist die Dunkle Materie damit ein Auslaufmodell? Diese Schlussfolgerung geht sehr weit – vielleicht zu weit.

Neue Teilchen oder neue Gesetze?

Die Idee, einfach eine neue Art von Materie zu postulieren, wenn unsere Beobachtungen nicht den Erwartungen entsprechen, ist nicht so verrückt, wie sie klingen mag. Schon früher hat man neue Elementarteilchen postuliert, weil in bestimmten Prozessen "etwas fehlte" – und später auch gefunden. Dennoch mag es verwunderlich erscheinen, warum sich offenbar die Mehrzahl der Wissenschaftler die Dunkle-Materie-Teilchen als Lösung des Problems favorisiert.

Natürlich hat man Alternativen untersucht. Was die zusätzliche Materie angeht, konnte man jedoch nach und nach alles ausschließen, was nicht direkt sichtbar, aber im Prinzip "bekannt" ist: Schwarze Löcher, Neutronensterne, Gas und Staub, etc. So blieb als Lösung nur eine weitere, bislang unentdeckte Form der Materie, repräsentiert durch ein zusätzliches Elementarteilchen. Dieses Teilchen wäre schwer, für Licht und andere elektromagnetische Wellen jedoch "durchsichtig". Man nennt es vorläufig "Schwach wechselwirkendes, massives Teilchen" (WIMP), und um was es sich genau handelt, weiß man noch nicht. Interessant ist aber (und auch deshalb favorisieren viele Physiker diese Theorie), dass auch bestimmte Erweiterungen der Teilchenphysik die Existenz solcher WIMPs vorhersagen.

Dennoch: Wäre es nicht ebenso elegant, die Gravitationsgesetze anzupassen?

Gute Gründe für Dunkle Materie!

Im Prinzip ja. Und wären es nur die Rotationskurven der Galaxien, wären wohl viel weniger Forscher bereit, sich auf die Dunkle Materie einzulassen. Aber die Rotationskurven sind weder der erste, noch der beste Hinweis auf die Existenz einer unentdeckten Materieform. Als Beispiele für eine "smoking gun" der Dunklen Materie seien die Anisotripien der kosmischen Hintergrundstrahlung und der "Bullet Cluster" genannt (wer dazu mehr wissen will, sollte den zeitgleich in Sterne und Weltraum erschienenen Artikel von Matthias Bartelmann und Matthias Steinmetz lesen). Letzterer bietet Hinweise auf die Dunkle Materie, die unabhängig von der verwendeten Form des Gravitationsgesetzes sind (doch wie im genannten Artikel dargestellt, gibt es auch kompliziertere Fälle…)

Betrachtet man alle Problemfälle, nicht nur die Rotationskurven und die lokalen Umgebungen der Galaxien, dann scheint es mit den vorgeschlagenen Alternativen nicht weit her zu sein: Man könne zwar, so schreiben Bartelmann und Steinmetz, das newtonsche Gravitationsgesetz auf der Skala von Galaxien und Galaxienhaufen modifizieren und damit möglicherweise bestimmte Phänomene ohne Dunkle Materie erklären. Um aber alle Beobachtungen in Einklang zu bringen, braucht man dann doch wieder Dunkle Materie – mit dem heute zur Verfügung stehenden theoretischen Instrumentarium wird man sie offenbar nicht los!

Auf der Skala der Galaxien scheint es also zwar Abweichungen zu geben von dem, was die kosmologische Standardtheorie voraussagt. Doch zeigt dies zunächst einmal, dass das Universum komplizierter ist, als das, was sich Menschen von ihm im Computer zurechtmodellieren. Die Dunkle Materie jedenfalls bleibt vorläufig ein Thema.

Und auch wenn die Suche nach den ominösen WIMPs bislang nicht erfolgreich war: Von einem "konsistenten Scheitern" zu sprechen und daraus zu folgern, dass die Dunkle Materie gar nicht existiert, wie es Kroupa in seinem Blog tut, könnte ebenfalls ein wenig vorschnell sein. Viele der Experimente, die auf direktem oder indirektem Wege nach der Dunklen Materie suchen, sind noch im Aufbau oder benötigen noch Zeit, um eine signifikante Statistik zu erzielen. Wäre die Dunkle-Materie-Suche so einfach, wäre man wohl schon erfolgreich gewesen! Die in Kroupas Blog zitierte Arbeit hatte seinerzeit jedenfalls ungewöhnlich heftige Reaktionen der "Gegenseite" hervorgerufen…

Wie auch immer, es ist noch zu früh, um aus irgendeinem der Befunde, seien es die astronomischen oder teilchenphysikalischen, allzu weit reichende Schlüsse zu ziehen. Dazu wissen wir immer noch zu wenig. Was auch immer die nächsten Jahre an Erkenntnissen bringen wird – sie werden unser kosmologisches Weltbild verändern. In einem haben die Autoren des SdW-Artikels zweifelsohne Recht: Das kosmologische Standardmodell steht auf dem Prüfstand. Aber das tut es immer. Sonst wäre es keine Wissenschaft.

The Dark Matter Crisis lädt zur Diskussion ein! Wer also mit den Wissenschaftlern selbst über das Thema diskutieren will, geht hier entlang!

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Mit dem Astronomievirus infiziert wurde ich Mitte der achtziger Jahre, als ich als 8-Jähriger die Illustrationen der Planeten auf den ersten Seiten eines Weltatlas stundenlang betrachtete. Spätestens 1986, als ich den Kometen Halley im Teleskop der Sternwarte Aachen sah (nicht mehr als ein diffuses Fleckchen, aber immerhin) war es um mich geschehen. Es folgte der klassische Weg eines Amateurastronomen: immer größere Teleskope, Experimente in der Astrofotografie (zuerst analog, dann digital) und später Reisen in alle Welt zu Sonnenfinsternissen, Meteorschauern oder Kometen. Visuelle Beobachtung, Fotografie, Videoastronomie oder Teleskopselbstbau – das sind Themen die mich beschäftigten und weiter beschäftigen. Aber auch die Vermittlung von astronomischen Inhalten macht mir großen Spaß. Nach meinem Abitur nahm ich ein Physikstudium auf, das ich mit einer Diplomarbeit über ein Weltraumexperiment zur Messung der kosmischen Strahlung abschloss. Trotz aller Theorie und Technik ist es nach wie vor das Erlebnis einer perfekten Nacht unter dem Sternenhimmel, das für mich die Faszination an der Astronomie ausmacht. Die Abgeschiedenheit in der Natur, die Geräusche und Gerüche, die Kälte, die durch Nichts vergleichbare Schönheit des Kosmos, dessen Teil wir sind – eigentlich braucht man für das alles kein Teleskop und keine Kamera. Eines meiner ersten Bücher war „Die Sterne“ von Heinz Haber. Das erste Kapitel hieß „Lichter am Himmel“ – daher angelehnt ist der Name meines Blogs. Hier möchte ich erzählen, was mich astronomisch umtreibt, eigene Projekte und Reisen vorstellen, über Themen schreiben, die ich wichtig finde. Die „Himmelslichter“ sind aber nicht immer extraterrestrischen Ursprungs, auch in unserer Erdatmosphäre entstehen interessante Phänomene. Mein Blog beschäftigt sich auch mit ihnen – eben mit „allem, was am Himmel passiert“. jan [punkt] hattenbach [ät] gmx [Punkt] de Alle eigenen Texte und Bilder, die in diesem Blog veröffentlicht werden, unterliegen der CreativeCommons-Lizenz CC BY-NC-SA 4.0.

33 Kommentare

  1. Ein sehr schöner Satz

    “Das kosmologische Standardmodell steht auf dem Prüfstand. Aber das tut es immer. Sonst wäre es keine Wissenschaft.”

    und auch eine schöne Zusammenfassung der aktuellen Diskussion!

  2. Gute Themenwahl

    Hallo Jan,

    du hast genau das Thema aufgegriffen, über das ich auch gestolpert bin.
    Ich beziehe SuW und Spektrum der Wissenschaft und lese in der einen Zeitschrift über weitere Indizien FÜR Dunkle Materie und danach in der anderen Zeitschrift über deren Abgesang.

    Deswegen vielen Dank für die weiter führenden Links. Werde sie mal durchlesen.

    Viele Grüße

    Kai

  3. Vielen Dank

    Hallo Jan,

    danke für den Hinweis auf unser Blog und die ausgewogene und ausführliche Darlegung deiner Sicht.
    Wir werden in den nächsten Tagen mehrere Beiträge zu Galaxienhaufen und dem Bullet Cluster bloggen und zeigen, dass diese kein Beweis fuer die Existenz exotischer Dunkler Materie sind.

    Schönen Gruss,
    Marcel S. Pawlowski

  4. Wo sind die “Dunklen Sterne”?

    Wenn Dunkle Materie Ruhemasse besitzt und strukturbildend wirkt, muss es dann nicht auch Dunkle Sterne geben? Steht nicht die Tatsache, dass die Sternmodelle ganz ohne Rückgriff auf Dunkle Materie die Sternentwicklung und Sternphysik sehr gut beschreiben, in einem direkten Gegensatz zur Hypothese von der Dunklen Materie? Immerhin würden bekannte Materie und Dunkle Materie über die Gravitation miteinander wechselwirken und gerade weil sie sonst nicht wechselwirken, sich mischen. Warum ist dann den Sternen nicht erheblicher Anteil Dunkler Materie beigemischt? Wie gesagt, Sternmodelle beschreiben die Physik der Sterne erstaunlich gut ohne derartige Beimischungen und immerhin beeinflusst die Masse eines Sterns entscheidend dessen Entwicklung.

  5. Dunkle Sterne

    Das ist eine berechtige Frage, mit der sich einige Forscher schon eine Weile beschäftigen. Vor einiger Zeit hat Andreas Müller hierzu etwas geschrieben: http://www.kosmologs.de/…te-sterne-dunkle-sterne

    (Dort auch ein Link zur Orginalarbeit von Freese et al.)

    Meine Meinung: wenn es DM gibt, dann muss sie auch Einfluss auf die Sternentwicklung nehmen, und darüber ebenfalls nachweisbar sein. Ich würde Dunkle Sterne daher zu den “indirekten” Nachweismöglichkeiten für Dunkle Materie zählen. Über die indirekten Nachweismethoden der DM in der kosmischen Strahlung habe ich im obigen Artikel noch gar nichts gesagt, dabei sind sie ein weiterer wichtiger Mosaikstein. Das werde ich aber in Kürze aus aktuellem Anlass nachholen…

  6. Falsche Fährten…

    Wie ich es alles von der Seite beobachte, sieht es ganz nach dem Untergang moderner theoretischen Wissenschaft. Man sucht nicht nach den Lösungen, sondern nach den neuen Modellen. Sie sollen alle bereits erfundenen Modelle bzw. deren Erfinder und Anhänger zufrieden stellen, d.h. nur winzige Korrekturen enthalten, und trotzdem die Widersprüche beseitigen. So geht’s aber nicht mehr… Ich habe ein Büchlein geschrieben, es heißt “Falsche Fährten der Physik und Kosmologie”. Aber keiner will es lesen, da es für “Schund” gehalten wird… Doch die krümmen Wege werden durch Schönheitskorrekturen nicht gerade 😉

  7. Kommentar zu: Falscher Fährten …

    Lieber Walter Orlow,

    Deinem Hinweis folgend, habe ich in Deinem Buch gelesen, auch wenn ich es noch nicht nachgerechnet habe, ist die mathematische Darstellung begrüßenswert, weil dadurch prinzipiell nachvollziehbar und somit prüfbar. Deine Hypothese ist, dass die Dunkle Materie in Wirklichkeit aus dichtem Material im interstellaren Raum besteht – Planeten, Kometen, Eis usw., dass ein erheblicher Anteil der Dunkelwolken, die auf Aufnahmen von Galaxien zu sehen sind, nicht nur reiner Staub sind. Das aber würde die Frage aufwerfen, woher die vielen schweren Elemente kommen sollen, wenn zugleich das Alter unserer Galaxie nur rund 200 Millionen Jahre sein soll, wie von Dir behauptet wird – dieses ist nur eine von vielen unbeantworteten Fragen.

  8. Kommentar 2 zu: Falsche Fährten …

    Lieber Walter Orlov, völlig befremdlich finde ich in Deinem Buch den Übergang von einer scheinbar sich wissenschaftlicher Methoden bedienenden kritischen Argumentation zur Religion, ich zitiere:

    “Aus der Sicht oben dargelegter Überlegungen gewinnt
    die Schöpfungsgeschichte wohl an Glaubwürdigkeit, besonders,
    wenn man berücksichtigt, dass etwa 200 Millionen Jahre weitgehend
    nicht ausreichend sind, um Entstehung und Entwicklung des
    Lebens laut Evolutionstheorie zu unterstützen.”

    Das geht gar nicht. Selbst wenn Deine Darlegungen stimmen würden, so würden sie nur beweisen können, dass bestimmte Theorien nicht stimmen, daraus jedoch den Schluss auf die biblische Schöpfungsgeschichte ziehen zu wollen, ist der Begriff von Unwissenschaftlichkeit. Du musst Dich also nicht wundern, wenn Wissenschaftler Dich nicht ernst nehmen.

  9. Letzter Kommentar zu: Falsche Fährten ..

    Das Alter der Milchstraße ist im Übrigen in Deiner Ableitung willkürlich bestimmt. Du nimmst als „Geburtsdatum“ einen Zeitpunkt an, zu dem alle Sterne in den Spiralarmen eine Linie mit dem Milchstraßenzentrum bilden und diese sich in der Folgezeit entsprechend den gemessenen Radialgeschwindigkeiten auf Kreisbahnen um das galaktische Zentrum bewegen. Dem entsprechend entwickelt sich die Geometrie der Spiralarme. Deine Behauptung, dass die in Deiner Rechnung behauptete Anfangsposition den „Geburtstag“ der Milchstraße markieren würde, ist aber völlig willkürlich und nicht begründet, denn man könnte die Bewegung der Sterne problemlos weiter zurück vor den von Dir behaupteten „Geburtstagstermin“ extrapolieren, ohne dass ein theoretischer Konflikt entsteht. Damit verfestigt sich bei mit der Eindruck, dass bei Dir der Wunsch zur Begründung der biblischen Schöpfungsgeschichte Vater des Gedankens ist und tatsächlich kein seriöser Beitrag zur Problematik dunkler Materie vorliegt, auch wenn die Frage, ob nicht feste Körper und Eis eventuell einen höheren Anteil an der Galaxienmasse haben könnten, als dies angenommen wird, durchaus interessant und auch prüfenswert ist.

  10. Urknall-Theorie ist quasireligiös

    Lieber Klaus Retzlaff, der Physik-Nobelpreisträger Robert Laughlin hat die Urknall-Theorie faktisch als quasireligiös bezeichnet:

    “SPIEGEL: Und was ist Wahrheit? Dass das
    Universum im Urknall entstanden ist?
    Laughlin: Das ist Unfug. Viele Leute stellen
    mir quasireligiöse Fragen: Woher wir
    kommen, wie das Universum entstanden
    ist und so weiter. Da kann ich als Physiker
    nur antworten: Da bin ich kein Experte, ich
    bin einzig und allein ein Experte in Sachen
    Experiment und Messung.
    SPIEGEL: Aber es gibt doch durchaus Messungen,
    die das Urknallszenario stützen:
    die Rotverschiebung des Lichts ferner Galaxien,
    die Verteilung von Wasserstoff und
    Helium im Universum …
    Laughlin: … ja, und außerdem der Mikrowellen-
    Hintergrund. All das sind echte Daten.
    Aber das Urknallszenario ist nur eine
    Art Synthese daraus, eine Theorie.
    SPIEGEL: Und was ist in Ihren Augen der
    Wert einer solchen Synthese?
    Laughlin: Letztlich ist das
    nichts als Marketing…”
    http://wissen.spiegel.de/…22.PDF&thumb=false

    Und ich bin mit ihm einverstanden. Genauso gut kann es eine Schöpfung sein. Deshalb auch erwähne ich diese Möglichkeit in meinem Buch.

    Ferner, obwohl Pavel Kroupa die Existenz Dunkler Materie bezweifel, ist es in Wirklichkeit die Richtigkeit der Urknall-Theorie, was tatsächlich angezweifelt werden soll. Seine Computer-Simulationen schlagen fehl. Warum? Weil es etwa keine Dunkle Materie gib? – Doch nicht, denn deren Existenz schon allein durch die flachen Rotationskurven von den Galaxien stark genug belegt ist. Sonst, weil seine Annahme, dass laut der Urknall-Theorie die Dunkle Materie von nichtbarionischer Natur ist, falsch ist!

  11. zu: Urknalltheorie sei quasireligiös

    Lieber Walter Orlov, Einstein selbst hielt seine Gleichung nicht für das letzte Wort, weil das Singularitätsproblem unphysikalische Zustände kennzeichnet. Die Frage, was Wahrheit sei, die der Spiegel aufwirft, ist leicht zu beantworten, dass nämlich die Gedanken (Theorien) die Welt so darstellen, wie sie ist. Um diese Frage zu klären, ob wir über die Welt richtig denken oder nicht, darum kümmert sich wissenschaftliche Forschung. Das dort schon vieles richtige gefunden ist, das ist nicht Ergebnis philosophischer Reflexion, sonder der praktischen Naturbeherrschung durch die Technik, in der die positiven Erkenntnisse zur erfolgreichen Anwendung kommen. Andererseits sind Widersprüche stets Zeichen, dass etwas nicht richtig sein kann in unseren Theorien, es Bereiche gibt, wo die Theorien oder die Annahmen, die wir über die Wirklichkeit machen, nicht richtig treffen. Da ist alles legitim, was der Aufklärung dient, da hat die Hypothese Dunkler Materie genau so ihr Recht, wie die MOND-Theorie oder die Annahme, dass nicht eine rätselhafte Materie, sondern eventuell feste Kleinkörper im interstellaren Raum, die rätselhaften Rotationskurven erklären. Was am Ende zutrifft, dass hat Wissenschaft herauszufinden und die Frage ist so lange offen, bis es prüfbar geklärt ist.
    Etwas ganz anderes ist es, aus einem Negativresultat – eine Theorie trifft nicht zu (mal angenommen, das sei so) – einen Übergang zu einer Folgerung zu machen, die sich ihrem Begriff nach der Untersuchung entzieht. Darum macht Dein Verweis auf die Annahme der Richtigkeit der Schöpfungsgeschichte Dich unglaubwürdig. Immerhin stellst Du wissenschaftliche Behauptungen auf und Du wünschst Dir, dass andere ihre Zeit damit zubringen, Dich ernst zu nehmen und Deine Hypothese zu prüfen. Wenn man dann aber schon beim ersten Überfliegen Übergänge zur Religionsbegründung findet, wird jeder sich fragen, ob er es hier mit einer wissenschaftlichen Schrift zu tun hat und ob sich die erhebliche Mühe der Prüfung dieser Schrift überhaupt lohnt. Und wenn Leute wie Robert Laughlin die Urknalltheorie zur Quasireligion erklären, so bringen sie damit eine Kritik an der Theorie zum Ausdruck und nicht eine Rechtfertigung, Religionsbegründungen aus tatsächlichen oder vermeindlichen Theoriewiderlegungen zu deduzieren. Auch das ein Zeichen, dass Du auch Zitate sehr interessengeleitet zu lesen scheinst.

    Viele Grüße
    Klaus Retzlaff

  12. Ich glaube an Gott

    und Sie an Chaos im Form eines Knalls als Ursprung. Glauben tun wir aber beide 🙂

    Die Belege für die Urknall-Theorie überzeugen mich zwar nicht. Pavel Kroupa liefert unbewusst noch einen Gegenargument. Seine Simulationen widerlegen Existenz Dunkler Materie. Aber welche Art Dunkle Materie wird dabei gemeint? – Nichtbarionische! Diese mysteriöse Materie entstünde angeblich zusammen mit barionischer Materie gleich nach dem Urknall…

    Man sortiert die Fluktationsflecken in kosmischer Hintergrundstrahlung nach Größen, daraus ergibt sich folgende Kurve:
    http://www.wissenslogs.de/…/gallery/5/wmapcl.gif
    Der dritte Aufschwung von links steht für nichtbarionische Dunkle Materie. Und jetzt behauptet Pavel Kroupa, dass es sie nicht gibt. Wozu soll dann dieser Aufschwung gut sein? Und wenn er schon bald eine neue Deutung bekommt, wie willkürlich darf sie sein und mit ihr die ganze Urknall-Theorie 😉

  13. Zurück zum Thema, bitte

    @Walter Orlov:

    “Ich glaube an Gott” – Dazu beglückwünsche ich Sie, auch wenn ich fragen könnte, an welchen? Aber Sie brauchen diese Frage nicht zu beantworten (bitte tun sie es daher auch nicht) denn Ihr Glaube ist nicht Gegenstand dieses Blogs. Und da das, was Sie als Ihre “Hypothesen” pseudowissenschaftlich zu belegen versuchen, eben mit Ihrem Glauben, aber nichts mit Wissenschaft zu tun haben, haben sie in einem wissenschaftlichen Blog auch nichts zu suchen. Gerne können Sie ihre Weltsicht in ihrem Buch oder auf Ihrer eigenen Website verbreiten, aber nicht in meinem Blog. Einverstanden?

    Thema dieses Blogbeitrags ist die Arbeit von P. Kroupa et al. zu beobachteten Abweichungen des Konkordanzmodells der Kosmologie, sowie zu möglichen Alternativen zur Dunkle-Materie-Hypothese. Diese Diskussion bewegt sich auf dem Fundament der wissenschaftlichen Methode. Pseudowissenschaft, Antiwissenschaft, Religion und Mysik müssen draußen bleiben. Ich bitte dies, auch im Hinblick auf die Lesbarkeit dieses Blogs, zu beachten. Danke.

    Herr Orlov: Diese Kommentar sollte nicht als Aufruf zu einer weiterführenden Diskussion Ihres Glaubens oder Ihrer Theorien missverstanden werden.

  14. Kommentar zu: Ich glaube an Gott

    Ach lieber Walter Orlov, Wissen ist nicht Glauben, Teilchen muss man nachweisen und Naturgesetze beweisen, ob wir sie vollständig kennen, ob z. B. das Gravitationsgesetz noch bei sehr großen Dichten gilt, das weiß man nicht, aber dass in unserem Sonnensystem Newtons Gesetz schon so gut ist, dass je bessere Theorie dieses Gesetz als Grenzfall enthalten muss, dass wissen wir schon. Erfolgreich verlassen wir uns auf dieses Wissen auch immer dann, wenn wir Raumsonden zu anderen Planeten schicken. Insofern repräsentiert das Gravitationsgesetz wirkliches Wissen und nicht Glauben, es ist auch keine Hypothese. Das müssen sie mir nicht glauben, das sollten Sie wissen. 🙂 Und wenn ein Wissenschaftler meint, er glaubt an den Urknall, ist das kein religiöses Bekenntnis, sondern dann meint er, dass er sich zwar nicht sicher ist, dass er aber den Urknall für wahrscheinlich betrachtet, weil es für ihn viele Indizien gibt. Ich denke, wir sollten uns auf das Thema DM konzentrieren und Glaubensfragen hier nicht weiter diskutieren,denn Glaubensfragen haben auf einer wissenschaftlichen Seite oder in einer wissenschaftlichen Publikation wirklich nichts zu suchen, aber ich möchte Ihnen damit selbstverständlich nicht verbieten, ihre Auffassung darzulegen, sondern nur den Grund nennen, warum Sie kein Gehör finden, selbst wenn sie in einer speziellen wissenschaftlichen Angelegenheit richtig liegen sollten.

    Wir sind hier nun zwar so in die Diskussion gekommen, ich hoffe aber, dass hier jemand zu meiner Frage: Wo sind die „Dunklen Sterne“? etwas sagen kann. Diesbezüglich möchte ich mich bei Jan Hattenbach für seinen interessanten Link bedanken.

    Viele Grüße
    Klaus Retzlaff

  15. Seien Sie doch unparteiisch

    Über Glauben zu diskutieren, war nicht meine Idee.

    Was das Thema betrifft, möchte ich noch nur eins betonen: Das Versagen von P. Kroupa’s Simulationen und, dass die wirkliche Verteilung von den Satellitengalaxien im Prinzip aus sich eine Erweiterung der Struktur von der Zentralgalaxie darstellt:

    “‘Sie liegen aber nahe einer Ebene, bilden also eine Art Scheibe – etwa wie die Eis- und Gesteinsbrocken, aus denen die Ringe des Saturn bestehen’, stellt Professor Duncan A. Forbes … fest.”
    http://www.g-o.de/…aktuell-11783-2010-06-11.html

    deuten daraufhin, dass es im Universum NUR barionische, also ganz normale Materie existiert. Sogenannte “Dunkle Materie” ist auch ganz normale Materie, die aus den Kleinkörpern wie Planeten, Asteroiden und Kometen besteht. (Deshalb ist all diese Suche nach WIMP’s und Higgs eine richtige Fehlinvestition.)

  16. Zusammenhang zur Pioneer-Anomalie?

    Modifikation der Gravitationstheorie und Zusammenhang zur Pioneer-Anomalie?

    Zitatat aus: http://www.g-o.de/…aktuell-11783-2010-06-11.html

    „Eine dieser Alternativen ist die Annahme, dass bei galaktischen Dimensionen ein wenig größere Gravitationskräfte wirken, als durch Newtons Gravitationsgesetz vorhergesagt wird.“

    Es kommt tatsächlich auf das Verhältnis der Seiten in der Bewegungsgleichungen an. Denkt man sich auf der einen Seite die Schwerkraft lt. Newton und auf der anderen Seite die Trägheitsterm(e), so ist eine Lösungsmöglichkeit, das sich das Verhältnis der Seiten zu Gunsten der Schwerkraftseite modifiziert. Das ist lt. Zitat bei der alternativen Gravitationstheorie so, das ist bei MOND so und da fällt mir doch die Pioneer-Anomalie ein, denn da ist es genau so. Hier aus Wikipedia zitiert:

    „Die Pioneer-Anomalie ist ein leichtes Abweichen der 1972 und 1973 gestarteten baugleichen NASA-Sonden Pioneer 10 und Pioneer 11 von ihren berechneten Flugbahnen, genauer: eine konstante Abbremsung der Sonden auf ihren Bahnen, die sie aus dem Sonnensystem hinausführen sollen. Dieses Phänomen ist trotz einiger Forschung dazu bisher wissenschaftlich ungeklärt. Diskutiert wird eine ganze Bandbreite von Erklärungen: von so einfachen Effekten wie einem Schub durch austretendes Gas bis hin zu einem bislang unbekannten physikalischen Effekt. Der Effekt fiel um 1980 auf, als die Raumsonde Pioneer 10 die Uranusbahn überquert hatte und etwa 20 Astronomische Einheiten von der Erde entfernt war. Es wurde beobachtet, dass die Sonde mit einer konstanten Beschleunigung unbekannter Herkunft von (8,74±1,33) • 10−10 m/s² zur Sonne hin[1] abgelenkt wird.“

    Diese konstante zentralsymmetrische Kraft bei der Pioneer-Anomalie wirkt ja ebenfalls zu Gunsten der Gravitationsseite.

    Gibt es da etwa einen Zusammenhang? Was liefert die Anwendung der alternativen Gravitationstheorie auf die Pioneer-Bewegung? (Hat vermutlich noch keiner gerechnet.)

  17. @Karl Retzlaff

    Was liefert die Anwendung der alternativen Gravitationstheorie auf die Pioneer-Bewegung? (Hat vermutlich noch keiner gerechnet.)

    Doch, natürlich hat schon jemand die Pioneer-Anomalie mit alternative kosmologischen Theorien zu erklären versucht, ebenso wie die auch noch nicht erklärte Flyby-Anomalie.

    Zur Flyby-Anomalie, siehe hier:

    http://en.wikipedia.org/wiki/Flyby_anomaly

    Man muss in Bezug auf die Pioneer-Anomalie allerdings festhalten, dass die Groeße dieser Zusatzbeschleunigung (knapp 10^-9 m/s) so gering ist, dass sie auch simplere Erklärungen zulässt, beispielsweise die nicht hinreichend exakte Modellierung in der Bahnbestimmung von nichtgravitationellen Kleinst-Beschleunigungen wie die durch die Abstrahlung von Wärme.

    Diese wird zwar berücksichtigt. Kann man aber ausschließen, dass das Modell dieses Beschleunigungsterms die Realität nicht ganz sicher abbildet? Zunal man ja nicht genau weiß, wie sich die Eigenschaften aller Oberflächen (z.B. in Bezug auf die Reflektivität bei verschiedenen Wellenlängen) in den Jahrzehnten zwischen Start und letzten Bahnbestimmungsdaten entwickelt haben.

  18. Pioneer-Anomalie

    Bzgl. der Pioneer-Anomalie und einer möglichen Erklärung durch Abweichungen des Graviationsgesetztes geht mir folgende Frage durch den Kopf:

    Angenommen, die Abweichungen der Flugbahn der Raumsonden würden tatsächlich durch eine modifizierte Newton-Dynamik auf der Skala des Sonnensystems verursacht – hätte man dann nicht schon längst viel deutlichere Effekte bei den Planetenbahnen feststellen müssen?

  19. Lesestoff zur Pioneer-Anomalie…

    …gibt es übrigens auch von Kosmologger Eugen Reichel, hier kostenlos abrufbar: http://www.astronomie-heute.de/…07&_z=798887

    Der Artikel ist von 2006, ich weiss nicht, ob es bei der dort angesprochenen Untersuchung schon zu Resultaten gekommen ist.

  20. Spannende Interprtetation

    Im Zusammenhang mit der Frage nach der Dunklen Materie oder der Alternative, einer modifizierter Gravitationstheorie, ist es anregend, das eigentümliche Verhalten der Gravitation phänomenologisch zu betrachten.
    Das Newtonsche Gravitationsgesetz ist gegenüber alternativen Theorien für eine Interpretation im Begriffsrahmen der klassischen Physik ausgezeichnet, weil die Art des Abfalls des Kraftflusses direkt mit den Eigenschaften eines dreidimensionalen homogenen und isotropen euklidischen Raumes zusammenhängt, anders ausgedrückt, bezüglich einer Punktquelle fällt die Feldstärke so ab, wie die Intensität einer Strahlungsquelle, wenn diese nicht geschwächt wird. Gleichzeitig ist das Newtonsche Gravitationsgesetz für die relativistische Physik von so zentraler Bedeutung, weil eine Modifikation dieses Gesetzes nicht folgenlos für ein relativistisches Gravitationstheorie ist.
    Die Newtonsche Gravitationstheorie besagt, dass ein von einer Quelle ausgehender „Fluss“ im homogenen und isotropen euklidischen Raum nicht beeinflusst wird, der Gesamtfluss einer Quelle ist also eine Konstante. Die Aussage der homogenen Laplace-Gleichung besagt, dass der Raum selbst den Kraftfluss nicht modifiziert (vergleiche hierzu H.-J. Treder, „Elementare Kosmologie“, Akademie-Verlag Berlin, 1975).
    H. v. Seeliger hatte 1894 zur Vermeidung des berühmten kosmologischen Paradoxons eines divergierenden Gravitationspotentials bei einem unendlichen Kosmos konstanter Massendichte eine Modifikation der Newtonschen Gravitationstheorie vorgeschlagen, so dass der leere Raum nicht ein reines Gefäß für den Kraftfluss sei, sondern der Raum den Fluss selbst modifiziert. Seeligers modifizierte Gravitationstheorie lässt sich so interpretieren, dass der leere Raum bezüglich des Kraftflusses eine Opazität besitzt, d. h., dass der Raum den Kraftfluss schwächt – modern könnte man sich das so vorstellen, dass ein Teil des Kraftfluss während seiner Ausbreitung im Raum in unbekannten Dimensionen „versickert“.
    Ich habe dieses Bild vorgetragen, weil so klarer wird, was es bedeutet, wenn der Gravitationsfluss weniger schnell abfällt, als die Newtonschen Theorie besagt. Es ist so, als würde der leere Raum, im Gegensatz zu Seeligers Vorstellung, einen zusätzlichen Kraftfluss hervorbringen. Das ist so, als würde in einem Gravitationsfeld jedes Raumelement selbst wie eine kleine Feldquelle wirken. Was immer das bedeuten mag. Es scheint spannend und physikalisch brisant zu sein.

  21. @Jan Hattenbach

    Zitat: „Bzgl. der Pioneer-Anomalie und einer möglichen Erklärung durch Abweichungen des Gravitionsgesetztes geht mir folgende Frage durch den Kopf:
    Angenommen, die Abweichungen der Flugbahn der Raumsonden würden tatsächlich durch eine modifizierte Newton-Dynamik auf der Skala des Sonnensystems verursacht – hätte man dann nicht schon längst viel deutlichere Effekte bei den Planetenbahnen feststellen müssen?“

    Das muss man rechnen, auf jeden Fall führt das zu einer Periheldrehung, andererseits muss wegen der Kleinheit des Effektes dann Störungsrechnung betrieben werden, das wirklich zu rechnen ist also nicht trivial und der Effekt kann wirklich sehr klein sein. Gerade bei den Planeten spielt noch viel mehr rein, was man nicht wirklich unter Kontrolle hat, z.B. ist die Massenverteilung ja nicht 100% kugelsymmetrisch usw. Jedenfalls wäre eine solche Untersuchung vermutlich Doktorarbeit. Aber vielleicht geht es ja doch: Hier sollte jemand helfen, der vielleicht nur ein paar Zeilen in seinem Computerprogramm ändern muss. Fragt doch einmal den Oliver Montenbruck oder den Thomas Pfleger („Astronomie mit dem Personalcomputer). Das würde mich jedenfalls auch interessieren.

  22. @ Jan Hattenbach, Lesestoff …

    Erst einmal danke für den Hinweis: http://www.astronomie-heute.de/…7&_z=798887, sehr lesenswert. Hier habe ich das folgende Zitat gefunden:

    „Auch die Anpassung des Newtonschen Gravitationsgesetzes an die Beobachtungen … könnte hier passen.“

    Gemeint ist eine Anpassung gemäß MOND-Theorie, auch wenn MOND-Theorie nicht direkt genannt, aber umschrieben wird. Es geht dann weiter im Text.

    „Setzt man den zusätzlichen Parameter so an, dass die Zentrifugalbeschleunigung in den äußeren Galaxienbereichen konstant wird, so kommt man auf einen Wert, der sehr gut zu dem passt, was die Forscher bei den Pioneer-Sonden gemessen haben.“

    Man muss aber im Auge behalten, dass MOND keine Theorie ist, die sich aus experimentell gefundenen physikalischen Prinzipien ableitet, sie ist eine rein phänomenologische Beschreibung mit günstig gewählten Funktionen und einem Parameter, der so angepasst ist, dass er das Bewegungsverhalten der Sterne in den Galaxien beschreibt. Erstaunlich ist, dass der Parameter für alle Galaxien der gleiche ist, so dass etwas Wahres dran zu sein scheint, trotzdem ist es zunächst nicht mehr als eine formale Beschreibung, die Begründung durch physikalische Prinzipien fehlt!

    Tatsächlich modifiziert jedoch die Mondtheorie, anders als in dem obigen Zitat ausgesagt, nicht das Gravitationsgesetz, sondern die Dynamik:

    Hier ein Link: http://de.wikipedia.org/…erte_Newtonsche_Dynamik

    In der MOND-Theorie geht es um die Trägheitsseite der Bewegungsgleichung, während sie das Gravitationsgesetz unangetastet lässt, die Frage aber, aus welchem physikalischen Grund sich die Trägheit einfach so ändern soll, bleibt unbeantwortet. Die dynamische Gleichung lt. MOND, kann auch so gedeutet werden, dass die Trägheit mit dem Abstand vom jeweiligen Gravitationszentrum abnimmt, so dass in einem entsprechenden Maße die Gravitation im Verhältnis stärker zu sein scheint – wie schon gesagt, es kommt in der Bewegungsgleichung auf das Verhältnis der Seiten, Trägheitsseite = Schwerkraftseite, an. Der Gedanke, dass die Trägheit mit der Entfernung vom Gravitationszentrum abnimmt, erinnert mich nun auch wieder an eine sehr alte Idee – Trägheitsinduktion.
    Diese Idee geht auf Ernst Mach zurück, dass die Trägheit der Teilchen letzten Endes vollständig auf die Gravitationswirkung der kosmischen Massen zurückführbar sein sollte – eine Idee, die Einstein zu seiner allgemeinen Gravitationstheorie inspirierte, die dann aber letztlich sich in ihr nicht realisiert hat – verschwindet der Materietensor, so bleibt der Raum der speziellen Relativitätstheorie (bei fehlendem Lambda-Term) zurück und damit die „normale“ Trägheit erhalten und in der Allgemeinen Relativitätstheorie deutet sich eine Art Trägheitsinduktion nur an – Lense-Thirring-Effekt.

    Hier der Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Lense-Thirring-Effekt

    Ist also das Verhalten der Sterne in der Galaxie ein Hinweis auf die Realität des Machschen Prinzips?

    Sicher werden diese vielen Fragen nicht auf diesem Blog gültig beantwortet werden können, aber unerwartet Phänomene lassen der wissenschaftliche Fantasie auch des Amateurs viel Spielraum, sich Erklärungsmöglichkeiten auszudenken, sich mit wissenschaftlichen Themen zu befassen und Freude daran zu finden. Ich bin jedenfalls gespannt, wie die konkrete Frage am Ende beantwortet wird. Und wenn durch die Ideen und Beiträge der Teilnehmer Neulinge Interesse an solchen Themen gefunden haben und sich mehr mit Wissenschaft beschäftigen möchten, dann hat so ein Blog sein Ziel erreicht.

  23. Frage zur Berechnung der Masse …

    In den verschiedensten Artikeln zur Dunklen Materie habe ich gelesen, dass zur Massenbestimmung aus den Rotationskurven der Galaxien so vorgegangen wird, dass aus der Geschwindigkeit der Objekte, die sich in der Scheibe um das galaktische Zentrum bewegen, auf die Galaxienmasse innerhalb der Bahn dieser Objekte geschlossen wird, währen die Wirkung der Massen außerhalb dieser Bahn keine Berücksichtigung findet, so als würde es diese Wirkung nicht geben. Anders ausgedrückt, es wird so gerechnet, wie in einer kugelsymmetrischen Massenverteilung. In einer kugelsymmetrischen Massenverteilung heben sich die Gravitationskräfte aus den größeren Radien gegenseitig auf, so dass nur die Kräfte innerhalb eines Bahnradius wirksam werden und die Bewegung einer Probemasse bestimmen.
    Unsere Galaxie ist aber keine Kugel und besitzt keine Kugelsymmetrie, sondern sie ist, wie die meisten Galaxien, eine Scheibe. In einer Scheibe verhält sich nun alles ganz anders. Um das zu verdeutlichen stelle man sich nur einmal einen massiven Kreisring vor, wo die Masse nur in diesem Ring sitzt. Im Mittelpunkt des Rings würden sich alle Gravitationskräfte aufheben, aber nur genau im Mittelpunkt! Schon etwas neben dem Mittelpunkt würde eine Probemasse eine Kraft nach Außen spüren, sie würde nach Außen gezogen. Da eine Scheibe aus Kreisringen zusammengesetzt ist wird die Bewegung in einer Scheibe auch von den äußeren Massen maßgeblich beeinflusst. Kann zu diesem Widerspruch jemand etwas sagen?

  24. Tz

    Tztztztztztztztztztztztz… die Moderation. Ihr habt meinen Eintrag gelöscht… als ob es für mich das etwas neues wäre :))) Ja, Sie halten von den Aufklärungsprinzipien nichts mehr. Haben Sie etwa vergessen, dass die Wissenschaft als solche, daraus gesprungen war?.. Machen Sie nur so weiter – irgewdwann können Sie nich nicht mehr ignorieren können 🙂

  25. Galaxien ohne DM

    Interessant wird es, wenn man Galaxien mal von ihrer kosmologischen Funktion betrachtet. Im Universum bilden sich Galaxien, weil diese als Struktur eine Aufgabe zu erfüllen haben. Es ist für mich bedauerlich, dass sich die etablierte Wissenschaft zu wenig mit kosmologischen Funktionen befasst, weil das eine unverzichtbare Grundlage dafür ist, das Universum zu verstehen. Es stellt sich die Frage, welche kosmologische Funktion die Galaxien zu erfüllen haben?
    Nach der Einführung der dunklen Materie, die man immer noch vergeblich versucht zu finden, wird nun versucht, über die „MOND“ zu erklären, warum die Sterne Galaxien nicht auseinanderdriften, obwohl diese das müssten, wenn man die Rotationsgeschwindigkeit zur Grundlage für die Berechnung der Fliehkraft nutzt.
    Es gibt da einen interessanten Versuch von Dr. Tajmar bei der ein Laserkreisel plötzlich eine Bewegung anzeigt, obwohl er sich in Ruhe befindet. Hier liegt ein sehr zu beachtender experimenteller Befund vor. Im Umkehrschluss kann man nämlich davon ausgehen, und davon gehe ich aus, dass eine Galaxie zwar mit der gemessenen Geschwindigkeit rotiert, aber die Geschwindigkeit, die real die Fliehkraft erzeugt, viel geringer sein kann.
    Wir haben bei den Galaxien eine Reihe von Fragen noch nicht beantwortet. (Beispiele: Rotationskurve, Verinselung, Symmetrie, Zusammenhalt, Lage und Bewegung der Satellitengalaxien.) Ich denke, es bedarf hier einer ganz neuen Herangehensweise, um all die Fragen beantworten zu können.
    Joachim Blechle

  26. Zur Info

    Nur zur Info: Niemand löscht in diesem Blog Kommentare, außer der Autor. So auch in diesem Fall. Ich behalte mir diesen Schritt vor, etwa um zu verhindern, dass meinem Blog pseudowissenschaftliche Ideologien verbreitet werden. Leider kommt es immer wieder vor, dass selbsternannte “Aufklärer” die Marke Scilogs/Spektrum nutzen wollen, um ihren Ideologien einen seriösen Anstrich zu geben. Das werde ich hier zumindest nicht dulden.

  27. @Joachim Blechle

    Wenn Sie von einer “kosmologischen Funktion” sprechen, müssen Sie von einem Plan ausgehen, innerhalb dessen die Galaxien “funktionieren”. Diese Denkweise geht jedoch einen unwissenschaftlichen Weg, da Sie davon ausgehen müssen, diesen Plan zu kennen.

    Philosophisch könnte man mit dem anthropischen Prinzip argumentieren, allerdings bringt uns das auch keinen Schritt weiter.

    Es ist übrigens nicht so, dass die Dunkle-Materie-Hypothese zugunsten der MOND-Hypothese (oder anderer) aufgegeben worden wäre. Beide sind widerstreitende Ansätze zur Erklärung von Beobachtungen. Evtl. sind beide falsch, eine trifft in gewissem Rahmen zu, die andere ist falsch, oder von beiden stimmt etwas, Das wird man sehen.

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