Auf der Sternparty des Ostens

BLOG: Himmelslichter

ein Blog über alles, was am Himmel passiert
Himmelslichter

Die Qual der Wahl: Aus insgesamt neun Teleskoptreffen konnte der Amateurastronom letzte Woche auswählen, entschieden habe ich mich schließlich für einen Besuch des HTT – der “Sternparty des Ostens”. Bereut habe ich die Entscheidung keineswegs, deshalb hier ein paar Impressionen von diesem Treffen.

Das HTT (Herzberger Teleskoptreffen) fand bereits zum 10. Mal statt, Veranstaltungsort war das kleine Dorf Jeßnigk bei Herzberg im Süden Brandenburgs. Schon früher hatte ich von den sagenhaften Beobachtungsbedingungen dort gehört und die beeindruckende Wetterstatistik der Vergangenheit zur Kenntnis genommen. Zeit also, sich einmal selbst von den Qualitäten des Brandenburger Nachthimmels zu überzeugen.

 

Blick in den Eingangsbereich des Teleskoptreffens 

Schon der erste Tag zeigte, dass sich die doch weite Anfahrt (Deutschland, deine Autobahnbaustellen…) gelohnt hatte. Das HTT ist ein kleines, gemütliches Teleskoptreffen mit nichtsdestotrotz internationalem Flair – neben Teilnehmern aus allen Teilen Deutschlands waren auch etliche tschechische Sternfreunde auf dem Platz. Der weitestgereiste Besucher kam aus Schweden, wie per Lautsprecheransage mehrfach betont wurde.

 

Schnellkurs Spiegelschleifen (Bild: Georg Görgen) 

Einzigartig ist die Atmosphäre auf dem Platz wohl auch deshalb, weil die Veranstalter wieder mit der HTT-üblichen Vollbewirtung aufwarteten. Wo sonst gibt es nahezu rund-um-die-Uhr-Versorgung in der nachtadaptionsfreundlich beleuchteten “H-alpha-Bar”? Vom Frühstück (astronomenungünstig von 7-10 Uhr, da gibt es noch Verbesserungsbedarf), über das Mittagessen (“Futtern wie bei Muttern”), Kaffee und Kuchen am Nachmittag sowie Steaks und Buletten vom Grill bis nach Mitternacht (sowie geistigen Getränken) – eigentlich ist es völlig unnötig, selbst für seine Verpflegung zu sorgen. Die H-alpha-Bar ist auch der zentrale Treffpunkt des Treffens, selbst nachts, wenn man denn vom Teleskop mal wegkommt.

Im Hintergrund der 42″-Riesendobson von Erhard Hänßgen, im Vordergrund ein kleineres Exemplar 

 

Wer die Warteschlange durchhält, darf mal durchgucken… 

Das Wichtigste aber: der Himmel ist tatsächlich so gut, wie er von den HTTlern seit Jahren angepriesen wird. Obwohl das gesamte Wochenende einige Federwolken und Dunst die Sicht ein wenig trübten, habe ich zumindest hierzulande noch nie einen besseren Himmel gesehen: das Zodiakalband und der Gegenschein waren schwach sichtbar, das Morgenzodiakallicht deutlich und die Milchstraße überwältigend. Dass der HTT-Himmel bei richtig klarer Sicht dem Alpenhimmel um nichts nachsteht, kann ich mir durchaus vorstellen. 

 

 

Zwei Panoramaaufnahmen der südlichen Wiese 

Einzig die Lichtglocke eines nahen Truppenübungsplatzes trübte ein wenig den Gesamteindruck. Ein Besonderheit des Treffens und wohl einzigartig ist die enge Kooperation der lokalen Bevölkerung und insbesondere der Gemeindeverwaltungen. Die Jeßnigker stellten nicht nur Strom zur Verfügung und beteiligten sich selbst beim Treffen, sie sorgten auch fürsorglich dafür, dass es möglichst wenig Störungen durch Kunstlicht gab. Die Straßenbeleuchtungen der umliegenden Dörfer wurden extra für das Treffen abgeschaltet und selbst Herzberg, immerhin eine Kreisstadt, verzichtete dem HTT zuliebe auf zwei Drittel seiner Beleuchtungen.

 

 

Nächtliche Impressionen aus der H-alpha-Bar 

Dank des sich als Feuchtigkeitsschwamm betätigenden brandenburgischen Sandbodens behinderte auch kein Tau den Beobachtungsspaß und auch das Seeing spielte leidlich mit. Bevor ich jetzt noch weiter schwärme, lasse ich ein paar Bilder sprechen und verweise auf die offizielle Homepage des HTT, auf der es neben weiteren Bildern (in Kürze wohl auch solche des aktuellen Treffens) alles Wissenswerte zum Treffen und seiner 10jährigen Geschichte gibt. Ob es nächstes Jahr wieder in den Osten geht werde ich wieder vom Wetter abhängig machen. Mir scheint, dass das 11. HTT da sehr gute Chancen hat…  “>

Die Elsterland-Sternwarte, sie wird am Ort des HTT erbaut 

 

Sonnenbeobachtung mit 42″ – naja… 

 

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Mit dem Astronomievirus infiziert wurde ich Mitte der achtziger Jahre, als ich als 8-Jähriger die Illustrationen der Planeten auf den ersten Seiten eines Weltatlas stundenlang betrachtete. Spätestens 1986, als ich den Kometen Halley im Teleskop der Sternwarte Aachen sah (nicht mehr als ein diffuses Fleckchen, aber immerhin) war es um mich geschehen. Es folgte der klassische Weg eines Amateurastronomen: immer größere Teleskope, Experimente in der Astrofotografie (zuerst analog, dann digital) und später Reisen in alle Welt zu Sonnenfinsternissen, Meteorschauern oder Kometen. Visuelle Beobachtung, Fotografie, Videoastronomie oder Teleskopselbstbau – das sind Themen die mich beschäftigten und weiter beschäftigen. Aber auch die Vermittlung von astronomischen Inhalten macht mir großen Spaß. Nach meinem Abitur nahm ich ein Physikstudium auf, das ich mit einer Diplomarbeit über ein Weltraumexperiment zur Messung der kosmischen Strahlung abschloss. Trotz aller Theorie und Technik ist es nach wie vor das Erlebnis einer perfekten Nacht unter dem Sternenhimmel, das für mich die Faszination an der Astronomie ausmacht. Die Abgeschiedenheit in der Natur, die Geräusche und Gerüche, die Kälte, die durch Nichts vergleichbare Schönheit des Kosmos, dessen Teil wir sind – eigentlich braucht man für das alles kein Teleskop und keine Kamera. Eines meiner ersten Bücher war „Die Sterne“ von Heinz Haber. Das erste Kapitel hieß „Lichter am Himmel“ – daher angelehnt ist der Name meines Blogs. Hier möchte ich erzählen, was mich astronomisch umtreibt, eigene Projekte und Reisen vorstellen, über Themen schreiben, die ich wichtig finde. Die „Himmelslichter“ sind aber nicht immer extraterrestrischen Ursprungs, auch in unserer Erdatmosphäre entstehen interessante Phänomene. Mein Blog beschäftigt sich auch mit ihnen – eben mit „allem, was am Himmel passiert“. jan [punkt] hattenbach [ät] gmx [Punkt] de Alle eigenen Texte und Bilder, die in diesem Blog veröffentlicht werden, unterliegen der CreativeCommons-Lizenz CC BY-NC-SA 4.0.

4 Kommentare

  1. Schade…

    …das ich nicht die Zeit gefunden habe dort hin zu fahren. Der Himmel war wirklich recht gut an dem Wochenende. Beim nächsten mal bin ich bestimmt mit bei 😉

  2. Der Himmel war gut – aber er kann sicher noch besser sein. Allein deswegen muss ich noch mal hin, denn wenn der 1b-Himmel schon so gut ist wie wird er dann bei 1a-Bedingungen sein? Also vielleicht nächstes Jahr…?

  3. HTT Himmel

    Bis jetzt gab es nur ein einziges Mal einen 1a-Himmel auf dem HTT. Und zwar im Jahr 2006, als durch Rückseitenwetter die Grenzgröße bis über 7,2 mag an stieg. M33 war dabei ein direkt sichtbares flächiges Objekt. Und das kommt selbst auf dem HTT nur alle 10 Jahre vor. 😉

  4. Rückseitenwetterlage

    Hallo Andreas,

    da Du die ersten 5 HTT noch nicht dabei warst, von mir mal ein kleiner astro-meteorologischer Rückblick 😉 :

    2006 hatten wir einen sehr guten, aber nur den drittbesten aller bisherigen HTT-Himmel – und es war keine (!) Rückseitenwetterlage, sondern das lang anhaltende und mit dem Azorenhoch verbundene (!) Hochdruckgebiet “Klaus” brachte mit einer kräftigen und bis in die Stratosphäre hineinwirkende Südostströmung (trockene, saubere Festlandsluft aus Südosteuropa bzw. Vorderasien) sehr gute Bedingungen, siehe hier:
    http://www.herzberger-teleskoptreffen.de/…ht.php

    Rückseitenwetterlagen hatten wir auf dem 2. HTT (2001), dem 3. HTT und am Samstag des 8. HTT (2007).
    (unser Vereinsehrenvorsitzender betreibt übrigens seit 51 Jahren die Wetterstation Herzberg 😉

    Die bislang besten HTT-Nächte waren:
    Platz 1:
    10. HTT (2009): Freitag früh, nach 04:00 Uhr verschwanden die letzten Schleierwolken, ein gewaltiger Zodiakallichtkegel stand über dem Osthimmel, der fließend in das helle, sehr deutlich sichtbare, ca. 5-7° breite Ekliptikalband überging, welches den gesamten Himmel überspannte…die Wintermilchstraße als helles Band, von zahlreichen Dunkelwolken durchzogen…
    (Leider waren da viele noch nicht da und die Anwesenden konnte ich nur zum Teil zum Aufstehen bewegen, viele hatten sich gerade erst in der Waagerechte begeben)
    … und danach ab Freitag vormittag verschleierte sich dann leider wieder die Stratosphäre…

    Platz 2:
    Rückseitenwetterlage 2002 (Wolken und sogar 2 Std. Regen am Samstag-Abend), danach ab ca. 22:30 Uhr wunderbar klar, leider waren jedoch Bahnsdorf und danach Uebigau deutlich schlechtere Standorte als Jeßnigk (SQM-Differenz Uebigau-Jeßnigk 0,2 mag)

    und erst an dritter Stelle kommen die HTT-Nächte 2006 – schade, dass wir uns damals noch nicht am jetzigen Veranstaltungsort befanden. Das beste aber ist nicht nur, dass wir in jeder Nacht beobachten konnten, sondern die stets die prächtige und unvergessliche Stimmung auf allen 10 bisherigen Teleskoptreffen.

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