Bloggewitter: 10 Gedankenanstöße für bessere Wissenschaftskommunikation

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10 Jahre Bologna - Die Zukunft unserer HochschulenHeute vor 10 Jahren unterzeichneten die europäischen Bildungsminister die Bologna-Erklärung, welche für Deutschland u.a. die Einführung der neuen Bachelor- und Master-Studiengänge nach sich zog. Vieles wurde seither diskutiert. Ein Aspekt jedoch fehlt in der Kommunikation über die Chancen und Probleme von "Bologna": die Frage nach der Bedeutung von Kommunikation!

Ein Thesenpapier

(1) Wissenschaft schafft Wissen.

(2) Wissen bedarf seiner Kommunikation.

(3) Wissenschaftler kommunizieren in vielen unterschiedlichen Kontexten und in Richtung verschiedenster Zielgruppen: Kollegen des eigenen (meist eng umgrenzten) Forschungsgebiets, Kollegen mit anderen Forschungs- oder Fachgebieten, Studierende, Verwaltung, Pressestellen, Drittmittelgeber, Journalisten, Laien, Kinder usw.

(4) Jene Kommunikation, durch die Wissenschaftler neues Wissen schaffen, ist eine spezielle. Sie basiert auf einer jeweils spezifischen Fachsprache. Die Medien, in denen sie stattfindet, sind Laborgespräche, Protokolle, Kolloquien, Konferenzen und peer-reviewed Journals …
Wer als Wissenschaftler tätig ist, musste sich notwendigerweise die Regeln dieser spezifischen Forschungskommunikation aneignen und beherrscht sie mehr oder minder.

(5) Jegliche Kommunikation, über die Wissenschaftler Wissen mit Menschen außerhalb des eigenen Forschungsgebiets teilen, unterliegt indes verschiedensten anderen Regelsätzen und findet in anderen medialen Kontexten statt. Man kann als Wissenschaftler um derlei Kommunikation ersucht werden – oder sie auch selbst aktiv suchen.
Damit sie gelingen kann, müssen Wissenschaftler in Zielgruppen, (intendierten) kommunikativen Wirkungen, adäquaten Medien und medialen Formen sowie kommunikativen Haltungen denken können.*
Damit sie dann auch tatsächlich gelingt, benötigen Wissenschaftler zudem praktische Übung.

(6) Unser akademischer Ausbildungsbetrieb ist nicht einmal ansatzweise darauf ausgerichtet, Wissenschaftler auf den Dialog mit den verschiedenen Zielgruppen vorzubereiten – mit Ausnahme der spezifischen Forschungskommunikation (4), deren Eigenheiten man sich im Verlauf seiner akademischen Sozialisation aneignet. Die Kunst des Dialogs gemäß (5) hingegen beherrschen die meisten Wissenschaftler nicht. Wer sie beherrscht, ist entweder ein Naturtalent oder emsiger Autodidakt.

(7) Um die Akzeptanz von Wissenschaft zu erhöhen, um mehr junge Menschen für eine Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Themen zu begeistern, um Missverständnissen vorzubeugen und – ganz wichtig! – um einen echten interdisziplinären Dialog zwischen Wissenschaftlern mit verschiedenen Forschungsgebieten zu ermöglichen, müssen wir insbesondere unsere Nachwuchswissenschaftler nicht nur fachlich, sondern auch im Hinblick auf ihre kommunikativen Kompetenzen ausbilden.

(8) Dies gilt für naturwissenschaftliche Fächer ebenso wie für geisteswissenschaftliche und andere, etwa Medizin und Mathematik.

(9) Die Umsetzung des Bologna-Prozesses böte die Chance, den Missstand zu beheben: etwa durch Integration von Modulen wie "Medien- und Kommunikationspraxis" in neu zu konzipierende Bachelor- und Master-Studiengänge. Auch könnten ganze Hochschulen ihr Profil im Wettbewerb um gute Studierende dadurch schärfen, dass sie flächendeckend entsprechende Inhalte in ihre Lehrpläne integrieren.

(10) Als Dozenten für derlei Seminare kämen u.a. (Wissenschafts-)Journalisten in Frage. Nach dem Vorbild neuer Lehrstühle/Professuren für Wissenschaftsjournalismus etwa an der Universität Dortmund oder der Hochschule Darmstadt könnte man ganze Lehrstühle für "Wissenschaftskommunikation" einrichten, welche nicht nur den eigenen akademischen Nachwuchs rekrutieren und an denen selbst geforscht wird, sondern die vor allem auch Lehrangebote für andere Studiengänge ihrer Hochschule entwickeln und durchführen.

Der Bologna-Prozess bietet große Chancen für einen künftig besseren, weil professionelleren Dialog über Wissenschaft: interdisziplinär zwischen den Wissenschaftlern selbst; zwischen Forschung und Verwaltung, Drittmittelgebern usw.; zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit.

Von wenigen Ausnahmen abgesehen, wird die Chance bislang leider fahrlässig vertan.


*Zur Erläuterung:
Kommunikative Wirkungen, die Wissenschaftler bei ihrem Gegenüber, einer bestimmten Zielgruppe, intendieren können, sind z.B. Zufriedenheit durch tiefere Einsicht, Akzeptanz, Nachdenklich-Machen, Wachrütteln …
Unter Medien verstehe ich hier einerseits – im größeren Maßstab – Tageszeitung, Radio, Buch, Blog, Podcast, soziales Netzwerk, Podiumsveranstaltung usw., andererseits aber auch – im kleineren Maßstab – die jeweils ganz konkreten Medien wie eine FAZ oder Bildzeitung, wie den DLF und den Lokalsender usw.
Mediale Formen sind z.B. das Interview (um das Wissenschaftler meist gebeten werden), der Kommentar, die Kritik (Besprechung, Rezension), die Meldung, der Hintergrundbericht, der Tagungsbericht …
Kommunikative Haltungen sind entsprechend Auskunft geben, Konfrontieren, Kommentieren, Vermitteln, Motivieren, Faszinieren, Unterhalten, Präzisieren, Richtigstellen, Verblüffen, Berichten usw.


 

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Veröffentlicht von

Carsten Könneker Zu meiner Person: Ich habe Physik (Diplom 1998) sowie parallel Literaturwissenschaft, Philosophie und Kunstgeschichte (Master of Arts 1997) studiert – und erinnere mich noch lebhaft, wie sich Übungen in Elektrodynamik oder Hauptseminare über Literaturtheorie anfühlen. Das spannendste interdisziplinäre Projekt, das ich initiiert und mit meinen Kollegen von Spektrum der Wissenschaft aus der Taufe gehoben habe, sind die SciLogs, auf deren Seiten Sie gerade unterwegs sind.

12 Kommentare

  1. Danke Carsten!

    Danke, Carsten, für die gelungene 10-Punkte-Liste. Sie beschreibt die Lage trefflich und bietet darüber hinaus praktikable Vorschläge zur Verbesserung an.
    Speziell zu deinem Punkt (10) „ Als Dozenten … kämen … in Frage…“ eine Anmerkung:
    Ich bin beruflich Mathematiker, Journalist, Medienfachmann, Lehrmittelproduzent, Forschungsdienstleister, Lehrer und vieles mehr – bin also Kandidat für deine Empfehlung.
    Und tatsächlich wurde ich im Laufe von Jahrzehnten allmählich auch zum Dozenten für Kommunikationswissenschaften hinsichtlich Medienkompetenz und Vermittlungskünste oder wie auch immer man das nennen soll, in einer Zeit, als das weder wissenschaftlich verfasst, noch beruflich honoriert war.
    Heute, kurz vor meiner Verrentung, komme ich mir diesbezüglich geradezu avantgardistisch vor angesichts der im der Regel diffusen Forderungen nach besserer Wissenschafts- und Wissensvermittlung.
    Nun glaube ich, dass hier ein kritischer Topos eine unglückliche Rolle spielt, nämlich der von der „Vermarktung“ von Wissenschaft. Dieser aus dem Angebot-Nachfrage-Markt mit seinen inzwischen pervertierten werblichen Informationsstrukturen stammende Begriff schillert verdächtig nach Lüge, zumindest nach gebeugtem Wissen, was ausgerechnet auf das “Wissen” angewandt äußerst kontraproduktiv wäre.
    So schreibst z. B. du in deinem Kommentart zu Lars Fischers jüngstem Beitrag http://www.wissenslogs.de/…situation-unzufrieden :
    „Wissenschaft und Forschung verkaufen sich nämlich oft auch nicht besonders pfiffig, machen nicht klar, warum sie wichtig sind.“
    Ich sehe einen dicken Widerspruch zwischen den Wörtern „verkaufen“ und „klarmachen“. Hier liegt eine echte Krux: Das „verkaufen“ wird in dem derzeit von Karriereleitern und Drittmittelbeschaffung gekennzeichneten Wissenschaftsbetrieb notwendigerweise benutzt wie das Bewerben von Pampers und Hamburgern. Vor allem, wenn es pfiffig geschieht (siehe Zeidlers Beitrag „Können Küken rechnen? Hilfe!“).
    Das „klarmachen“ dagegen wäre ein nützlicher Akt, der das Image und den Wert der Wissenschaft sehr wohl befördern könnte. “Klarmachen aber ist der sehr viel schwieriger als “verkaufen“. Ich denke, dass du das auch so nicht meinst.
    Aber das Üble ist, dass die akademischen Ansätze in den einschlägigen Seminaren häufig eben jene billige Koofmich-Strategie verfolgen und sie dann gerne als Softskills aufpolieren. Falls jedoch unsere Konsumgesellschaft demnächst sich von der „You-get-more-for-less“-Oberfläche verabschieden sollte und Müllprodukte trotz schöner Verpackung als solche erkannt werden, könnte fatalerweise eine derart verkaufte Wissenschaft pauschal mit in den Abfalleimer landen.
    Deshalb, lieber Carsten, kann ich deine Punkte (5) bis (7) nicht genug lobend empfehlen und gleichermaßen deine Bemühungen um den Brückenbau zwischen Geistes- und Naturwissenschaften. Gute Kommunikation kann nur in Zusammenarbeit beider Seiten geleistet werden.

  2. @ Carsten

    ..hm.

    Löblich.

    Punkt (10) aber – besonders wenn der Text aus der Feder eines Wissenschaftsredakteurs/-journalisten floss, Punkt 10 klingt .. nun wie sag’ ich da jetzt höflich und freundschaftlich … klingt so, wie es klänge, wenn ich – als Hirnanatom – vorschlüge, alle Geisteswissenschaftler verpflichtend in Neuroanatomie zu schulen, weil ja das Hirn das Organ ist, mit dem sie arbeiten. Es klingt, mit anderen Worten, ein wenig nach einer ABM.

    Wir haben – da hast Du zweifelsfrei recht – im wissenschaftlich-interdisziplinären (und im gesellschaftlichen!) Dialog oft genug Kommunikationsprobleme. Wir haben aber auch noch eine Latte von anderen Problemen, die dem der Kommunikation vorangehen:

    1) Das Desinteresse am Dialog, das in allen Erscheinungsformen von schierer Dummheit über gewolltes Fachidiotentum bis zur bewussten, weil machterhaltenden Verweigerung, Verwässerung und Vernebelung des Dialoges daherkommt.

    2) Aus letzterem resultiert das Fehlen der Wahrhaftigkeit des Dialoges/Diskurses, der dann im Sinne Habermas’ (happy birthday!) eben NICHT mehr herrschaftsfrei, sondern seinerseits Machtmittel ist. Paradebeispiel: Frau Schavans jüngstes bildungspolitisches Gerede. Da werden bewusst Nebelkerzen gezündet (“Unumkehrbarkeit von Bologna”, “alternativlos”), nur um ein Scheitern zu kaschieren und die eigene Machtposition zu zementieren.

    Ja, wir benötigen die Werkzeuge des Diskurses und der Kommunikation. Aber auch den Willen zum Diskurs im Sinne Habermas’.

  3. @Werner Große

    Ja, Du warst da ein Avantgardist – keine Frage. Und da solche es nicht immer leicht zu haben pflegen, könntest Du sicher Einiges (und manches vielleicht nur hinter vorgehaltener Hand) zum Besten geben, wie man Dir von den verschiedenen Seiten aus, vor allem auch jener der Wissenschaftler, so begegnete. Wenn ein Mann mit so viel Erfahrung auf dem Buckel meine 10 Punkte goutiert, freut mich das besonders. ((Helmut freilich könnte sagen: Wenn ein Hirnanatom dem anderen Lob zollt, nachdem dieser vorschlug, alle Geisteswissenschaftler sollten Neuroanatomie-Unterricht erhalten (siehe sein Kommentar), dann ist dieses Lob nicht viel wert. Aber dazu schreib ich gleich auch noch eine kurze Replik.))

    Was das “Verkaufen” angeht: Zustimmung! Ich hab ja selbst in jenem Kommentar noch präzisiert, wie ich’s meinte – als “klarmachen” eben.

  4. @Helmut Wicht

    Punkt 10 schließt eine Lücke in meiner Argumentation, so sehe ich das. Ich habe in der Tat länger darüber nachgedacht, ob man das bringen sollte. Um einer möglichen Reaktion der Leser à la “Nette Idee, aber wer soll denn sowas machen, bitteschön?” vorzubeugen, habe ich mich dann doch dazu durchgerungen, die “(Wissenschafts-)Journalisten” als BEISPIEL anzuführen. Bei denen kenn ich mich halt besser aus als anderswo. Und die könnten das auch, zumindest einige von ihnen. (Sicherlich könnten es auch gute Leute aus der PR-Branche, um noch eine andere Berufsgruppe anzuführen.) Mein Idealbild indes ist das: Um irgendwo zu starten, nutze man die Kompetenz z.B. von geeigneten Journalisten, die auch didaktisch was drauf haben (haben nicht alle, logo). Und wenn man hier vorwärts käme und es tatsächlich einmal ganze Lehrstühle für Wissenschaftskommunikation gäbe, dann würde sich hier ein akademisches Feld entwickeln, das für eigenen Nachwuchs sorgt – woraufhin man nicht mehr auf “Hilfe von außen” angewiesen wäre. Diese sympathischen Menschen könnten übrigens auch Einges erforschen, das wären nicht “nur” Lehrer! Die Wirksamkeit von diskursiven Strategien etwa. Oder wissenschaftshistorische Kommikationskatastrophen. Oder …

    Dann noch zu dem Punkt Desinteresse. In der Tat: Ohne Interesse keine Kommunikation. Das Desinteresse an Dialogen ist ein gravierendes Problem! Dennoch könnte man derlei Interesse an der Kommunikation wecken, indem man sie in geeigneten Kursen einmal theoretisch auffächert – und praktisch wieder zusammenfügt. Und über verbesserte Kommunikation sollte auch das Interesse an Kommunikation wachsen. (Ich erhoffe mir da keine Wunder. Aber kleine Schritte in die richtige Richtung bringen einen auch ein Stück vorwärts.)

    Bleibt mir, eine Frage an Dich zu richten: Naturtalent oder emsiger Autodidakt (6) – was bist Du eigentlich?

  5. @ Carsten

    Ja, sorry, mein Einwand gegen (10) war natürlich ein Argument ad hominem und als solches garstig, aber so bin ich.

    Ich halte Deine Argumentation und Deine Idee auch für richtig – nur wie durchsetzen? Geh’ mal in eine naturwissenschaftiche Uni-Kommission, die curriculare Planung, zumal im Zeichen von Bologna, macht, und sag’ denen: “Ein Wissenschaftskommunikations-Modul brauchen wir auch noch.” Hohngelächter. Da kriegst Du leichter noch ein “Gender-Studies”-Modul in die Kernphysik als ein Kommunikationsmodul in die Mathematik.

    Danke für das in einer Frage sich verbergende Kompliment. Ich weiss aber keine rechte Antwort auf Deine Frage. Ich bin sicher kein “Naturtalent” – es fällt mir nicht zu, es ist harte, aber schöne Arbeit. Ich hab’ aber nie irgendeine systematische Schulung (Seminare, Workshops) erhalten.

  6. Gibt’s nicht? Gibt’s doch!

    Genderstudies im Studium der Kernphysik? Das wär ja mal was! (Mindestens ein gefundenes Fressen für den Kollegen Knauß.)
    Fakt ist: Es gibt nicht nur Hohngelächter, sondern auch vorzeigenswerte Präzedenzfälle, wo sich das Gute eine Bahn bricht. Lies Dir mal die Inhalte des BA-Studiengangs “PNK” an der Uni Magdeburg durch (unter “Drittens”)! Da hat sich offenbar jemand Gedanken gemacht. Und man darf das auch ruhig publik machen: Es war Michael Pauen, der diesen innovativen Studiengang so konzipierte – “Medienpraxis” inklusive.

    Was es hingegen nicht gibt, das sind reine Naturtalente in Sachen Kommunikation. Du selbst bist ja auch Autodidakt, Helmut, wie Du schreibst. Schreiben, Kommunizieren, journalistisch arbeiten … das alles ist – Handwerk. Man muss es lernen! Man muss es 100- und 1000-mal machen und Texte um die Ohren gehaun bekommen, von einem, der es schon kann! Talent freilich hilft. Das ist auch beim Weitsprung so. Mal probiert?

  7. Prima Idee

    “Genderstudies im Studium der Kernphysik?”

    Das ist doch eine ausgezeichnete Idee! Ich übersetzte mal ganz frech Plus und Minus mit Männlichkeit und Weiblichkeit. Wir bringen dann also den Atomkernen bei, nicht mehr positiv zu sein und den Elektronen nicht mehr negativ. Wir sind alle Neutron.

    🙂

    Ja, ich weiß, darum ging es nicht.

    Meine bescheidene Meinung zu diesem Thema. Hilft es Wissenschaftler sie für die Kommunikation zu schulen? Schaden wird es bestimmt nicht. Gutes Handwerkszeug ist immer nützlich und bei einigen Dingen unentbehrlich. Aber was nützt Schulung, wenn es einen nicht interessiert? Wenn der Wille nicht da ist?

    Ich habe von Anatomie null Ahnung. Aber wie der Helmut so in Wichts Winkel und auch auf dem Anatomie-Blog schreibt, da finde ich das Thema plötzlich interessant, obwohl es mich früher kaum lockte. Und wenn Helmut mich einlädt mal eine Leiche zu sezieren, dann sage ich dankend nein dazu. Ganz so praktisch muß es nicht sein. Das spannende an der Anatomie finde ich, daß man herausfindet, wie die Lebewesen “funktionieren”. Was es da alles gibt. Da reicht meine Vorstellung gar nicht für aus, wie kreativ und wie schön das auch gebildet ist. Da kann ich nur staunen.

    Lange Rede kurzer Sinn. Die Wissenschaftswelt hat wirklich viel zu bieten. Es gibt nicht umsonst immer mehr Wissenschaftsendungen, denn die Leute wollen staunen. Und Wissenschaftler könnten es bestimmt auch vermitteln, wenn sie es wollen und auch etwas begabt sind. Ich glaube, es liegt eher am Wollen und dann macht die Ausbildung, Schule oder Lehre (ich will den Eliten ja nicht zu nahe treten) auch Sinn. sonst wird es nur eine weitere Pfichtveranstaltung. Viele wollen sicher nicht.

    Dumm ist nur, wenn einer wirklich will und er findet keine kompetenten Angebote …

  8. @ Helmut: Kommunikationsmodul für Mathe

    Lieber Helmut, vielleicht führt uns Carstens reichhaltiger Punkt (10) ein wenig vom eigentlichen Bologna-Gewitter weg, aber ich denke, dass ich (wir?) hierzu künftig noch eigene Blog-Beiträge schreiben werde(n), deshalb in dieser Runde nur so viel und so knapp:

    Die Mathematik, die ich oft genug wegen ihrer introvertierten Verfassung gebrandmarkt habe, könnte sich gerade zum Paulus wandeln. Nicht nur, weil inzwischen ein Mathematiker in Gestalt unseres Kobloggers Günter M. Ziegler http://www.wissenslogs.de/…-alltag/content/about den Communicator-Preis 2008 http://www.dfg.de/…ngen/2008/presse_2008_12.html gewonnen hat.

    Vielmehr weist die Mathematik im Verbund mit der theoretischen Informatik auf ihrem ureigenen Gebiet der formalen Sprachen relevante Fortschritte auf, die für die Wissensvermittlung nützlich wären, aber nur langsam in die allgemeine Kommunikation Eingang finden.

    Um den Gedanken mit einem polemisierenden Schlaglicht zu erhellen: Wer immer in unserer datengeilen Zeit Fakten visualisiert, zwängt seine Aussage in die 300 Jahre alte Bildsprache des von Descartes (sic!) begründeten Koordinatensystems. Als könne man damit komplexe dynamische Systeme erklären. Und noch immer mühen sich Sprachgewandte damit ab, „Gottes Schöpfung“ phänomenologisch und deskriptiv auf das Komplizierteste zu erfassen, anstatt Benoit Mandelbrots und Steven Wolframs neue Sprachen zu verwenden. Es ist mehr als bedauerlich, dass Sprachwissenschaftler und Mathematiker auf einem gymnasial vorgeprägten Kriegfuß (be)stehen.
    Vergnüglich lesenswert in diesem Zusammenhang ist übrigens Enzensbergers Essay „Zugbrücke außer Betrieb: Die Mathematik im jenseits der Kultur“.

  9. Ein Bärendienst…..

    Hallo,
    die Wissenschaften mit einer Technik zu verkaufen, nicht zu verschenken (Weil etwas was nichts kostet nichts Wert ist?), leistet der selben wohl eher einen Bärendienst.

    Ein Produkt wird ja nicht wegen seiner objektiven Eigenschaften beworben und verkauft, sondern geht wegen seinen psychischem Mehrwert über die Theke.

    Ich war letztes Jahr im Oktober in Nürnberg. Dort referierte ein Dr.? über
    die Fortschritte in der Erzeugung von Schnittstellen Nerv/Elektronik. Das wurde
    dann wie im übrigens allgemein sehr vollmundig Thema Hirnforschung vorgetragen.
    Ich habe ihn dann, in dem Teil seines Vortrages in dem dies möglich war danach gefragt, ob den der praktische Nutzen seiner Arbeit vor allen bei vor allen darin läge Nervenprothesen(Medizin[bleibt es dabei?]) und Schnittstellen Mensch/Maschine (Hilfsysteme für Körper{Behinderte[Kampfrobotik]} zu entwickeln. Dies musste er mir bejahen.

    Das in den eckigen Klammern kam, wie gewollt nur in seinem Kopf an. Ansonsten hätte es wohl auch noch einen kleinen Diskurs mit den vielen Mäuse-,Hunde-,Katzen- uns Affenliebhabern
    dort gegeben.

    Überhaupt hatte das Ganze für einen Insider wohl eher den Charakter, als würde der stolze Erfinder des Engländers verkünden, er würde morgen das Atomkraftwerk erfinden.

    Werbung mit psychischem Mehrwert ist jenseits der Dinge die nicht dem Zyklus Produktion>Vermarktung>Konsumtion>Entsorgung
    unterliegen ein heißes Eisen.
    Dies Vorgehen könnte der Wissenschaft als Ganzes auf Dauer mehr schaden als Nutzen, denn Wissenschaften lassen sich nicht immer neu produzieren.

    Exzellenz ist für mich eine Frage der persönlichen Motivation und der zur Verfügung stehenden Mittel.
    Gute Leute gehen dahin wo sie passiert und prägen Sie mit.
    Massen von verschulten Hülsenfrüchten
    bringen der Wissenschaft überhaupt nichts.
    Ich denke mal das für die Wissenschaftsofensive zur Verfügung gestellten Mittel, noch nicht mal ausreichen würden um den bestehenden Forschungseinrichtungen alle gewünschten
    oder sinnvollen Mittel für Forschung und Personal bereit zu stellen. Grundlagenforschung braucht Mittel und Anwendungsforschung braucht Märkte.

    Einsteins werden geboren und von ihrer Sozialisation zu dem gemacht, dass sie dann später sind. Mann kann sie sich nicht backen und Bauanleitungen sind auch noch nicht in Umlauf.

    Denn entsprechenden politischen Kommentar
    hierzu spare ich mir jetzt einmal, weil ich dann nicht nur nervig(wie immer), sondern ausfallend werden würde.

    M.f.G. Uwe Kauffmann

  10. Zustimmung

    Lieber Carsten,

    ich möchte diesen 10 Punkten ausdrücklich zustimmen – und zwar wegen beider Hauptargumente: 1a. Die sehr vielschichtige Öffentlichkeit gewinnt durch wissenschaftliche Information und 1b. sie hat auch ein Recht darauf, da große Teile der Wissenschaft durch Steuergelder finanziert werden.

    Das zweite Hauptargument nimmt aber m.E. an Bedeutung eher noch zu: Der interdisziplinäre Dialog! Derzeit werden in allen Fachbereichen solche Unmengen an Wissen produziert, dass ungeahnte Chancen durch Verknüpfung entstehen, gleichzeitig aber Aufmerksamkeits-schwerpunkte und Begriffe auseinander driften. Ein guter Wissenschaftskommunikator (und gerade auch Wissenschaftsjournalist) “verwertet” also Wissenschaft nicht nur, sondern vermittelt sie so, dass auch Fachleute anderer Disziplinen eine Chance bekommen, Verbindungen zu entdecken. Disziplinen, die dagegen nur im eigenen Saft schmoren und nur Spezialbibliotheken bestücken, drohen isoliert zu vertrocknen. Daher ist es wahr: Wenn Deutschland Wissensland sein und bleiben will, sollte es nicht nur die Wissensproduktion steigern, sondern vor allem das vorhandene Wissen auch (besser) kommunizieren! Fortschritte sind da (dazu zähle ich die Scilogs!), aber generell fehlt es noch an Aufmerksamkeit.

    Beste Grüße!

  11. @Michael Blume

    Lieber Michael,
    danke für Deinen Besuch in der Guten Stube! Komm mal zu einem “richtigen” Gastbeitrag vorbei – ich freue mich aber auch über Deinen Kommentar. Logo!
    Ja, “Wissenschaftskommunikation” ist ein riesiges Thema mit elendig vielen Implikationen. Das Steuergelder-Argument zieht, ganz klar. Wer bekommt, muss auch geben. Sonst bekommt er eben weniger. Müsste er jedenfalls. Und ja, die SciLogs – ich sehe sie auch als ein viel versprechendes Experiment an, einen klitzekleinen Ausschnitt der Wissenschaft in einer neuartigen Manier zugänglich, verständlich, diskutabel zu machen für Außenstehende. ABER eben längst nicht nur für sie. Denn wenn Du mal schaust: Viele Gespräche in den Kommentaren entstehen ja gerade zwischen Blogger und Blogger, Philosoph und Anatom, Ingenieur und Biologe. Das ist schön – und wir alle üben hier, wie man es machen könnte mit dem ernst gemeinten Dialog. Nicht um Forschung zu beweihräuchern, ganz und gar nicht! Sondern um sie sichtbar zu machen, indem man sie von verschiedenen Seiten aus beleuchtet, indem wir Perspektiven miteinander teilen. Mal sehen, wie weit das Experiment noch trägt. Aber ein Blogportal wie die SciLogs können – da sollten wir uns keine Illusionen machen – auch nur ein Mosaiksteinchen guter Wissenschaftskommunikation sein. Es bedarf noch ganz anderer Formen und Foren – und der engagierten Weiterentwicklung der guten alten Formen. Man denke z.B. an Zeitschriften – sollen ja manche noch lesen 🙂 Oder an Museen – da lässt sich was auf die Beine stellen.
    Grüße nach Stuttgart!

  12. Wissenschaft schafft Wissen

    Diese Gedanken der verbindenden Kommunikation finde ich wunderbar. Führen sie doch zu mehr Verbindung und zugleich Loslösung: Von der Enge (Strenge) in die verbundene Weite

    Eine Frage bleibt für mich offen:

    🙂 Ist es gut noch mehr, oder nur Wissen zu schaffen?
    Oder wäre es besser, das Wissen der einzelnen Wissenschaften zusammenzutragen und daraus Gesetzmässigkeiten des Ganzen zu erforschen?

    Herzlichen Dank für diese Auseinandersetzung, das Zusammentragen all dieser Lösungsgedanken (lösen, sich von etwas lösen das trennend wirkt, zu Gunsten von etwas, das verbindend wirkt.

    Herzliche Grüsse
    Simone Oehen

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