Kann denn Luxus Sünde sein?

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Wie Wirtschaft und Ethik zusammenpassen
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Ist Luxus eigentlich unmoralisch? Das lateinische Mittelalter nannte „Luxuria“, was jede Art von Unmäßigkeit meinte, genauso als Sünde wie „Avaritia“, den Geiz, und „Invidia“ den Neid. Sündig wäre damit also nicht nur ein Luxusleben, sondern auch eine übertriebene Bescheidenheit – und der Neid auf den Luxus der anderen. Es gibt aber gerade in protestantisch geprägten Regionen, und zunehmend auch in modernen, egalitären Gesellschaften den Hang, zumindest übertriebenen Luxus abzulehnen oder sogar als verwerflich anzusehen. Die Logik dahinter lautet: So lange es vielen Menschen schlecht geht, darf sich niemand im Recht fühlen, wenn es ihm zu gut geht. Oder anders gesagt: So lange für viele wichtige Dinge das Geld fehlt, sollte man nicht zu viel für unwichtige ausgeben.

Das ist aber nur die eine Seite der Sache, und sie betrifft ja weniger die Unternehmen als deren Kunden. Fragen wir doch einmal anders herum: Wie ist das Geschäftsmodell, Luxus zu produzieren, aus ethischer Sicht zu bewerten?

Und da fällt die Bilanz zunächst gar nicht so schlecht aus. Denn in der Luxusbranche wird eine relativ hohe Wertschöpfung mit einer verhältnismäßig geringen Umweltbelastung geschaffen. Nehmen wir Uhren: Eine teure Uhr belastet die Umwelt nicht mehr als eine billige, bringt aber zehn- oder im Extremfall hundertmal so viel Geld ein – und kann entsprechend auch mehr gute Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum finanzieren. Oder ein anderer Vergleich: Wer sich eine Sammlung extrem teurer Uhren zulegt, belastet damit die Umwelt viel weniger, als wenn er für dasselbe Geld große Autos fahren oder weite Reisen machen würde. Aus dieser Perspektive dürfte das Verhältnis von Nutzen und Kosten auch aus gesellschaftlicher Sicht gar nicht zu überbieten sein.

Das gilt auch mit Blick auf die Arbeitsplätze. Viele billige Produkte können fast nur noch in Schwellenländern hergestellt werden – was immer zu Kritik an den dortigen, aus unserer Sicht oft mehr als prekären Arbeitsverhältnissen führt. Luxus kann man dagegen auch in Hochlohnländern wie der Schweiz, Frankreich oder Deutschland produzieren.

Der nächste Punkt ist die Nachhaltigkeit. Soweit es sich um Kosmetik oder – was bei Richemont keine Rolle spielt – teure Getränke handelt, ist das rein von der Produktseite her kein Thema. Aber teure Kleidung wird tendenziell länger benutzt als billige. Und was hat eine längere Lebensdauer als eine teure Uhr oder edler Schmuck? Solche Waren werden ja im Prinzip für die Ewigkeit hergestellt: Nachhaltigkeit pur.

Alles in allem gilt also: Luxus als solcher ist kein ethisches Problem.  

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Ich habe Betriebswirtschaft in München und Philosophie an der Fernuni Hagen studiert, früher bei einer großen Bank gearbeitet, und bin seit über 20 Jahren Journalist beim Handelsblatt mit Spezialisierung auf Finanzthemen, davon fünf Jahre in New York und seit November 2017 in Frankfurt. Im Jahr 2013 habe ich das Buch „Wie fair sind Apple & Co?“ veröffentlicht.

5 Kommentare

  1. Der Luxus der Nachhaltigkeit

    Auch ärmere Mitglieder unserer Gesellschaft haben in früheren Jahrzehnten langlebige Güter gekauft, obwohl sie die ein Heidengeld gekostet haben. Also Schuhe für 200 DM oder mehr zu einer Zeit, als das Monatseinkommen kaum 1000 DM erreichte.
    Man kaufte Wohnungseinrichtungen für die “Ewigkeit”, das heisst für den Rest der Ehe, die ja auch nicht getrennt werden konnte (?).
    Nachhaltigkeit pur also, aber heute nicht mehr zeitgemäss. Der Student, der in die WG oder mit seiner Freundin zusammenzieht, richtet sich mit Ikea ein. Und auch später bei einer “definitiven” Bleibe muss man Langlebigkeit gegen Trendigkeit abwägen. Trends halten ja selten mehr als ein paar Jahre an und wer dann auf Möbeln und Kleidern sitzen bleibt zeigt definitiv, dass er nicht dazugehört oder das nötige Kleinbild nicht aufbringen kann.

    Die Zeit der langlebigen Güter ist wohl für immer vorbei ausser bei Luxuria wie teuren Armbanduhren und Schmuck an und für sich.
    Deshalb wird es immer wichtiger, dass Produkte für einen ganzen Lebenszyklus designt sind – ihr “Tod” und ihre Entsorgung also bereits eingeplant ist im Sinne der Cradle-to-Cradle-Philosophie

  2. Ich glaube, wenn man das Geld hat, um sich Luxus gönnen zu können, dann sollte man dies auch machen. Allerdings sollte man damit nicht protzen und bei all dem Luxus auch die Mitmenschen nicht vergessen, die eben nicht so viel Glück im Leben hatten .

  3. Grundbedürfnis

    Augenscheinlich Unnötiges, das gefällt, tröstet, kompensiert – das ist Luxus. Wohl ein Grundbedürfnis, denn sobald sich Gelegenheit bietet, schaffen sich Menschen weltweit diese “unnötigen” Dinge an – vom Blumenstrauß bis zur Rolex – selbst, wenn andere Grundbedürfnisse dafür zurückgestellt werden müssen.

  4. Luxus

    Alles in allem gilt also: Luxus als solcher ist kein ethisches Problem.

    Luxus ist kein ethisches Problem, aber eine ethische Herausforderung, vielleicht kann man sich darauf einigen.

    Luxus, und der Schreiber dieser Zeilen unterscheidet hier streng zwischen Qualität und Marke, kann ein Problem werden, wenn Marke und Qualität nicht übereinstimmen.

    In der Regel ist das der Fall, und der Nutzer zahlt die Marke.

    Es kommt zu einer Art Markenanbetung, die z-gruppenspezifisch vom Marketing der Hersteller angestrebt ist und insofern auch natürlich erscheint, aber doch Fragen öffnet zum Sinn & Zweck des Ganzen.

    Marken dienen üblicherweise dazu eine gewisse Mindestqualität sicherzustellen und andererseits dazu Akzeptanz für den Markennutzer zu generieren und zu transportieren.

    Tatsächlich ist bspw. eine absurd teure Uhr, egal wie ‘umweltbelastend’ oder auch nicht, in gewissem Sinne unmoralisch.

    MFG
    Dr. Webbaer

  5. Grundbedürfnis

    Le luxe c´est le superflu qui donne du rêve au quotidien. (I. Rosselini)
    Luxus ist der Überfluß, der dem Alltäglichen etwas Traumhaftes verleiht.

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