Wiege und Wege des Wissens

BLOG: Graue Substanz

Migräne aus der technischen Forschungsperspektive von Gehirnstimulatoren zu mobilen Gesundheitsdiensten.
Graue Substanz

Was wissen Kinder über Physik? Wie nehmen Kleinkinder Dinge wahr und wie funktioniert Kommunikation mit ihnen?

Entropie? Kinderleicht.

Gravitation? Dieser Apfel der Erkenntnis hängt sehr hoch.

Objekt, Raum, Bewegung? Liegt schon in der Wiege unseres Wissens.

In meiner Vorlesung Statistische Physik vertrat ich gleich zu Beginn die These, dass das Konzept der Entropie um einiges einfacher sei als das der Energie. Während Entropie selbst ein Kind in der Grundschule leicht verstehen könne, im Sinne eines physikalisch sinnvollen Umgangs mit dem Wort, ist Energie in diesem Alter konzeptionell kaum zu vermitteln.1

Nicht dass es jetzt um Entropie gehen soll, aber interessanterweise tun sich Studenten der Physik anfangs manchmal schwer damit, so kam die Entropie zu unrecht in Verruf, kompliziert zu sein. Das ist interessant, bedauerlich aber interessant. Warum ist manches schwer zu verstehen? Die Frage liegt nahe, ob wir – vielleicht schon in früher Kindheit – gesellschaftlich konditioniert werden? Was liegt in der Wiege des Wissens und wie laufen die Wege von dort fort?

Entropie? Mittlere freie Weglänge im Spielzimmer.

Entropie versteht jedes Kind, soweit meine Vermutung. Die empirische Überprüfung stand nun an.

Ein einfaches (wenn natürlich auch kein signifikantes) Experiment mußte her: Ich fing an meinem Sohn, sechs Jahre alt, gerade eingeschult, ganz beiläufig das Wort Entropie in seinem Wortschatz unterzumogeln. Solche Experimente brauchen Geduld und verlaufen etwa so.

Obi Wan KenobiSohn (bittend): Papa, weißt Du wo Obi Wan Kenobi ist?

Ich (beiläufig): Auf dem Sumpfplaneten Dagobah?

Sohn: Nein, da war doch Meister Yoda, ich meine meinen Lego Obi Wan Kenobi! Ich finde den nicht.

Ich (völlig übertrieben den Überraschten mimend): Ach so. (Pause, dann nachdenklich) Im Kühlschrank?

Sohn (er nun echt überrascht): Nein! (jetzt schon leicht böse – das ist wichtig, nun habe ich seine nötige, volle Aufmerksamkeit) Da bestimmt nicht!

Ich (erleichtert): Na dann ist die Entropie ja nicht allzu groß, wir haben das ja schon eingeengt. Im Badezimmer (durchaus möglich)?

Sohn (verwirrt): Kann sein, was hast Du gesagt?

Ich (beiläufig): Die Anzahl der möglichen Orte, wo Kenobi sein kann, ist nicht mehr so groß. Wir brauchen im Kühlschrank nicht mehr zu gucken.

Sohn (interessiert): Wie heißt das?

Ich (gelangweilt): “A n z a h l”

Sohn (jetzt noch mehr interessiert): Nein, Entupi?

Ich (gelangweilt): “Entropie”, ich mal dir das mal auf.

Jetzt male ich mit ihm ein Bild, viel länger will er sowieso nicht mehr reden. Auf dem Bild (ich habe es nicht mehr, fertigte aber eine Kopie an) waren zwei Rechtecke nebeneinander. Küche und Spielzimmer. Beide wurden rot ausgemalt bis auf ein kleines weißes Quadrat in der Küche, der Kühlschrank. Da, in diesem weißen Quadrat ist Obi Wan Kenobi mit Sicherheit nicht. Mehr wissen wir nicht.


The quest for Obi Wan Kenobi und die Entropie in Küche und Spielzimmer.

Ich male zwei Striche an je eine Wand der Rechtecke, sage das sei ein Fenster, male die Rechtecke nochmal neu, also Küche und Spielzimmer nun mit je einem Fenster und schlage ihm vor, in Zukunft doch seine Star-Wars-Figuren immer in Richtung Fenster zu werfen, wenn er mit dem Spielen fertig sei, dann wüsste er wenigstens, dass sie nur in einer Hälfte der Räume seien können, in der hellen noch dazu (das fand er praktisch !) und, so wiederholte ich, die Entropie wäre geringer.

Wir malen nun die neuen Rechtecke nur zur Hälfte rot aus.

Alle paar Tage nutze ich das Wort Entropie, vermeide aber, es mit Unordnung in Verbindung zu bringen, sondern immer nur mit seiner Unkenntnis wo Dinge sind und der Anzahl der Orte, an denen wir suchen müssen. Ich könnte das Wort 10 mal am Tage nutzen. Papa wo ist …., Papa wo ist …., Papa wo ist …., …

Gehe aber eher sparsam damit um. Mehr oder weniger natürlich werfe ich es vielleicht ein zweimal pro Woche ein. Meine Frau verdrehte – nicht despektierlich eher vergnügt – anfangs die Augen.

Und dann zwei Monate später habe ich Bauklötze gestaunt! Wirklich, mich hat es umgehauen.

Ich stehe mit ihm vor seinem Spielzimmer, schimpfe über die Unordnung und er sagt: “Papa, guck mal”, dann schreitet er anfangs mit kleinen normalen, bald balancierend mit immer größeren, gewagten Schritten durch das Zimmer, bis er einen Meter vor dem Fenster keinen Platz mehr hat, noch einen Fuß zu setzen.

“Papa, wenn ich bis hier hin komme, ist die Entropie noch nicht so groß!”

Das war eine Transferleistung, die zeigt, dass er in einem physikalisch sinnvollen Zusammenhang3 mit dem Wort Entropie umgehen kann. Er suchte nichts! Sondern er erklärte mir, dass sein Zimmer nicht allzu unordentlich sei. Er verband diese (recht subjektive) Tatsache mit der Entropie und der mittleren freien Weglänge. Das fand ich letztlich überzeugend. Das Zimmer blieb wie es war.

Aus der Idee, dass Entropie keine physikalische Einheit inhärent trägt1 und aus einer Nebenbemerkung dazu in meiner Vorlesung, entstand ein wirklich nettes Ergebnis, ein stolzer Vater und die anschließende Vermutung, dass solch Experimentierfreude der gesellschaftlichen Wissenschaftsmüdigkeit Beine machen könnte. Kindesbeine.

(Fortsetzung folgt)

(Nachtrag 3. Feb.: sie folgt nun hier)

 

[In der Fortsetzung erzähle ich von meiner Erfahrung mit dem Wort “chiral”, meinen Pläne zu “Gravitation”, begründe warum es nicht darum geht, Kindern komische Wörter einzuimpfen sondern Konzepte zu erklären, stelle dann das Buch The Cradle of Knowledge kurz vor, das wir oben schon sahen und schließe dann mit einen Hinweis, wie Kleinkinder, die nicht mal reden können, Erwachsene mit Gesten zu ihren sozialen Werkzeugen machen.3 Wenn Kleinkinder so was tun, dann können wir auch mit ihnen experimentieren.]

 

Fußnoten

1 Das war zwar spontan dennoch nicht unüberlegt geäußert. Ich machte diese Vermutung zwar nicht allein, aber doch wesentlich daran fest, dass Energie eine physikalische Einheit hat, Entropie aber keine. Zumindest sollte Entropie keine haben, denn die Temperatur sollte in ihrer natürlichen Einheit der Energie gemessen werden, weg mit kB, ruft der Eingeweihte – ich will die Angelegenheit jetzt aber nicht durch historisch verwachsene Gegebenheiten komplizierter machen als sie ist. Kurz: Entropie ist eine monotone Funktion einer Anzahl und zählen kann jedes Kind. Energie ist Wirken, ist Aktion, ist  … ach je, Energie versteht kein Mensch wirklich. Sie ist schlicht diejenige Erhaltungsgröße, die aus der zeitlichen Invarianz der Naturgesetze folgt. Zu Entropie und der freien Energie kann man hier weiterlesen.

2 Die Transferleistung war nicht ganz korrekt. Es ist eigentlich die thermische Wellenlänge, die über die Ableitung der Entropie nach der Teilchenzahl, bei konstanten Volumen und Energie, mit eben jener über den Logarithmus der Dreierpotenz zusammenhängt. Sobald die thermische Wellenlänge mit der mittleren freien Weglänge vergleichbar wird, tritt die Quantennatur des Kinderzimmers zu Tage. Und spätestens dann müsste einer aufräumen. Aber ich habe noch keinen Weg gefunden, ihm das zu erklären.

3 Michael Tomasello, Direktor am Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig, hat bahnbrechende Studien zur Sprache und Kooperation bei Kleinkindern durchgeführt, für die er heute den Klaus J. Jacobs Forschungspreis verliehen bekommt. Er zeigte: Kinder sind kooperativ. Seien wir es auch und helfen ihnen die Welt zu verstehen.

 

© 2012, Markus A. Dahlem

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Markus Dahlem forscht seit über 20 Jahren über Migräne, hat Gastpositionen an der HU Berlin und am Massachusetts General Hospital. Außerdem ist er Geschäftsführer und Mitgründer des Berliner eHealth-Startup Newsenselab, das die Migräne- und Kopfschmerz-App M-sense entwickelt.

18 Kommentare

  1. Würdest Du sagen, dass das Maß an Entropie innerhalb Deiner Wohnung seit der Initiation Deines Sohnes eher zu- oder abgenommen hat? Kann man das Experiment mit eigenen Kindern durchführen, ohne Angst vor den Konsequenzen haben zu müssen? Ich hab irgendwie den Glauben, dass es in unseren Kinderzimmern Ordnungsprinzipien gibt, die mir zwar allerdings nicht unmittelbar einleuchten, die aber ein geringeres Maß an Entropie aufweisen, als ein Resultat des “alles in Richtung Fenster”-Prinzips.

  2. Fieberschübe

    Exzellente Frage! In der Tat wissen Kinder wo sie etwas fallen gelassen haben, oft noch Tage später. (Diese Fähigkeit macht sie zu ernstzunehmenden ja oft unschlagbaren Gegnern in Memory.)

    Würden sie alles in Zukunft Richtung Fenster werfen (was bei großen, schweren Gegenstände weitere Probleme mit sich bringt), stiege in der Tat die Entropie.

    Nun sitzt folglich das Wissen allein in ihren Köpfen und das langsame vergessen heizt diese auf. Eventuell erklärt dies gar die Fieberschübe ..

    Was gut ist: Kinder tun nie was Erwachsene sagen. Unsere Fensterscheiben sind alle heile. Was Kinder aber tun ist denken und versuchen sich die Welt zu erklären. Im Laufe des Erwachsenwerdens nimmt dies bei einigen ab.

  3. Vom Nutzen der Entropie

    Dazu eine Anekdote von Claude Shannon:

    My greatest concern was what to call it. I thought of calling it ‘information’, but the word was overly used, so I decided to call it ‘uncertainty’. When I discussed it with John von Neumann, he had a better idea. Von Neumann told me, ‘You should call it entropy, for two reasons. In the first place your uncertainty function has been used in statistical mechanics under that name, so it already has a name. In the second place, and more important, nobody knows what entropy really is, so in a debate you will always have the advantage.’

    M. Tribus and E.C. McIrvine. Energy and information. Sci. Am., 224, no. 3, (1971), p. 180.
    Vgl. auch http://de.wikibooks.org/wiki/Entropie:_Zitate

  4. m-breites, eindimensionales Kinderzimmer

    Ich ging in der Vorlesung genau von Shannons Entropiebegriff aus.

    Hier ist ein Auszug aus meinen Skript (pdf), alle Skripte sind hier. Ich bringe am Ende der VL dann eine kurze Zusammenfassung dieser.

    Das Kinderzimmer ist hier eindimensional und m Einheiten breit.

  5. Entropie – kinderleicht

    Wirklich sehr schön der Dialog mit deinem Sohn.

    U.a. interessant ist auch zu beobachten, daß es (zumind. ~3-jährigen) Kindern offenbar große Freude bereitet, Dinge (Türme) zunächst mit großer bis energischer Sorgfalt aufzubauen – um sie anschließend unter möglichst viel Gerumpel umzuwerfen:

    Spannung erzeugen und diese dann möglichst steil abbauen – in allen elaboriert konstruktiven Lebensäußerungen, zB. der Musik, bleibt dieses Bestreben erhalten und wird u.a. in einfachster Form als IV-V-I Kadenz (Spannung-Krise-Auflösung) abgebildet. Albert Camus fand hier treffende Worte: “Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.”

  6. Kann an Entropie komprimieren?

    [Ich schlage] ihm vor, in Zukunft doch seine Star-Wars-Figuren immer in Richtung Fenster zu werfen, wenn er mit dem Spielen fertig sei, dann wüsste er wenigstens, dass sie nur in einer Hälfte der Räume seien können, in der hellen noch dazu (das fand er praktisch !) und, so wiederholte ich, die Entropie wäre geringer.

    Was nützt die 2D-räumliche Einschränkung, wenn die N Spiel-Figuren (~Pauli-nichtkompressible Entitäten) schließlich einen 3D-Haufen bilden (denn sie seien obendrein nicht punktförmig)? Warum ist es, in deinem Beispiel, nicht die Anzahl der Spiel-Figuren, die die Anzahl der Möglichkeiten (und damit das Maß der Entropie) beschreibt? Etwas übersehe ich da. Ich würde sonst vermuten, daß es notwendige Aufgabe der Eltern ist, dem Kind nicht beliebig viele Spielsachen zur Verfügung zu stellen, will man eines davon nach Gebrauch jemals wiederfinden.

  7. groteske Idealisierung

    Die Konstanz der Spielzeuge ist gerade über Weihnachten — und heute feiern wir das orthodoxe Weihnachten noch dazu und dann altes neues Jahr — eine groteske Idealisierung*, notwendig aber für den Grenzfall der Spielzeuge gegen unendlich. Diesbezüglich ist es umso überzeugender.

    In diesem Limes sind alle Gesamtheiten gleich, und ich kann die Spielzeuge im Schnitt als Konstant ansehen und grosskanonisch rechnen. Bei uns geht es kanonisch-harmonisch zu, aber das ist nochmal was anderes.

    Die Entropie nach Shannon kann sogar im Nichtgleichgewicht definiert sein, in sofern ist sie wirklich einfach nur H=log(Anzahl der Zustände).

    Das ist ein Gleichgewicht (auf diese Zeichnung bin ich ein wenig stolz, es verdeutlicht die Ergodizität im GG, Skript 2, Seite 4), es ist aber nicht mal nötig.

    Fußnote * Und wie grotesk ist ein masseloser Affe?

  8. @Markus A. Dahlem

    Vielen Dank für das Skript! Gefällt mir didaktisch sehr gut, einleitend mit der Shannon Entropie zu beginnen. Das scheint mir in der Tat einfacher einzusehen als mit der thermodynamischen Entropie, deren Definition eigentlich gar nicht intuitiv motiviert ist.

    Sehe gerade erst, dass da auch noch andere Skripten verlinkt sind. Da können hier alle Interessierten noch ein wenig mitmachen:-)

  9. Themen der Vorlesung

    Sobald die Vorlesung zu Ende ist, will ich in einem Beitrag kurz auf alle Skripte eingehen, ein paar Highlights hervorheben und anbieten die Inhalte auch im Netz zu studieren.

    1. Inhalte der Vorlesung und Rückblick auf die Hauptsätze der Thermodynamik

    2. Maßtheorie, grundlegendes Postulat des Gleichgewichts

    3. Münze, Würfel etc.: Woher kommt die a priori Wahrscheinlichkeit?

    4. Shannon-Entropie

    5. Maxwell-Boltzmann-Verteilung

    6. Statistische Ensemble – Mikrokanonische Zustandssumme

    7. Ideales Gas und idealer Festkörper (Einstein-Modell)

    8. Großkanonisches Ensemble

    9. Thermodynamische Potentiale variabler Teilchenzahl

    10. Gamma- und μ-Raum Statistik und Ununterscheidbarkeit

    11. Ideals Fermi/Bose Gas

    12. Reversibilität, Chapman-Kolmogorov und Mastergleichung

    13. Computersimulationen, Importance-Sampling

    14. Der Metropolis-Algorithmus

    15. Phasenübergänge und das 1D Ising Modell

    16. Thermodynamischer Limes, Korrelationen und Bloch-Wand

    Was noch kommt, folgt in Stichworten. (Da ich die VL erst neu entwickle, weiß ich noch nicht so genau, in welcher Reihenfolge. Ich habe sie kurzfristig übernommen und entwickle von Vorlesung zu Vorlesung die Inhalte im Detail erst kurz vorher):

    * Renormierungsgruppe und Blockspin-Modell nach Kadanoff; * Mean Field Theorie; * Hopflied Netzte (Anwendung Ising-Modell in Gehirnforschung); * Nukleation und Frontausbreitung; * Phasenübergänge fern vom Gleichgewicht; * Reaktion-Diffusion-Modelle, Turing-Instabilität und Erregungswellen; * Diffusion im Computermodell; * Statistik der Feuerrate, neuronale Felder; * Synchronization und Kuramoto-Modell; * Physik der Migräne

    Ich hoffe das macht neugierig. Alles nicht kinderleicht aber auch nicht wirklich schwierig.

  10. Ein System sein in m Zuständen

    Frage, bei der Beobachtung eines unbekannten Systems (Forscherin Pandora öffnet eine interessante Büchse), weiß ich zunächst nichts über die Anzahl der möglichen Zustände m, nicht wahr? Ich meine, woraus leite ich den Erwartungswert p=1/m ab? Mit zunehmender Anzahl verfügbarer Daten wird wahrscheinlich, nein, mit Sicherheit, manches klarer – z.B., daß da offenbar jemand eine faire Münze wirft.

  11. Mathematik nicht Epistemologie

    Statistische Physik ist Mathematik (wir können dann noch über Statistische Mechanik und Statistische Thermodynamik reden, alles drei unterschiedliche Dinge), Statistische Physik ist also Mathematik und hier geht es allein um formale mathematische Zusammenhänge. Daher braucht Entropie auch keine physikalische Einheit.

    Deine Fragen scheinen mir eher physikalischer und erkenntnistheoretischer Natur zu sein. Ja?

  12. @MAD, peripatetisch

    Statistische Physik ist Mathematik

    Treffen sich also hier Platon und Born?

    Ein endliches Alphabet (m) ist bei Shannon, soweit ich das richtig verstehe, Voraussetzung. Über Umfang oder gar Mächtigkeit eines Alphabets kann ich aber ad-hoc, ohne Messung, ohne Physik, keine Vermutungen anstellen. Ich muß jedes Objekt, dessen Dynamik ich mathematisch statistischen Betrachtungen unterziehe, beliebig lange (oft) durch ein Experiment physikalisch “befragen” (können), um über seine möglichen Zustände m Kenntnis zu haben. Ein aussichtsloses Unterfangen – oder eine unbedeutende Randnotiz?

  13. Wo ist Obi Wan Kenobi?

    Ich (erleichtert): Na dann ist die Entropie ja nicht allzu groß, wir haben das ja schon eingeengt.

    Hier zum Beispiel setzt Du – einfach so – voraus, daß, wenn Obi Wan Kenobi nicht im Kühlschrank sein kann (warum eigentlich nicht? Ich habe derlei erlebt – es handelte sich um einen Stoff-Hasen), er nicht ggf. “unterwegs” verloren gegangen sein könnte und also nicht auf dem Weg zum Kindergarten liegen mag – nein, er ist hier irgendwo in unserer Wohnung, folgerst Du kühn – woher weißt Du das – kann das funktionieren? Woher weißt Du das, bevor Du ihn tatsächlich im Haus gefunden hast?

  14. Sigma-Algebra und m

    Ich brauche eine σ-Algebra

    … und die σ-Algebra braucht wiederum: eine Grundmenge, die nicht an-sich existiert, oder existiert sie doch – kurz: existiert das platonische Ideal auch ohne Abbildung?

  15. mathematische Definition

    Es ist wirklich erst mal eine formal mathematische Definition. Soll heißen, mit der kann man rechnen (mathematische Umformungen machen) und jeder, der dies den Regeln entsprechend tut, kommt zu dem selben Ergebnis.

    Chrys hat den Ausgangspunkt mal drüben für einen Würfel schön zusammengefasst:

    Ein probabilistischer Würfel ist ein Tripel (Ω, Σ, P), wobei
    Ω := {1,2,3,4,5,6},
    Σ := Potenzmenge von Ω, und
    P: Σ → [0,1] def. durch P({ω}) := 1/6 ∀ω ∈ Ω.

    und die Additivität von P noch angemerkt. Die σ-Algebra regelt dann das unendliche. So kann man Entropie berechnen, also in einer mathematisch Vorgegeben Situation, wie z.B. dem probabilistischen Würfel.

  16. Keine Regel ohne supposition

    … und jeder, der dies den Regeln entsprechend tut, kommt zu dem selben Ergebnis.

    Natürlich, weil platonisch idealisiert. Bei Robin Whitty, theorem collector aus Leidenschaft, findet man hierzu, in Kurzform, ein interessantes Theorem.

    Ist nicht gerade das die Herausforderung, das Spannende an der theoretischen Physik, daß sie sich zur – kreativen – Aufgabe macht, die physikalisch reale Welt der dynamischen Erscheinungen (plumpe Empirie) mit Hilfe einer platonisch mathematischen Welt (feine Theorie, feine Dichte) in einer Teilmenge beider zu vereinen? Ich finde Roger Penrose’s Darstellung hierzu zwar, sagen wir, nicht gerade hübsch, aber ausgesprochen intuitiv, oder besser: einleuchtend.

    Btw., meine Frage, warum O.W. Kenobi nicht auch irgendwo (etwa in Salzgitter) sein könnte, hast Du übrigens, glaube ich, noch nicht beantwortet. Vielleicht war es aber auch eine blöde Frage.

  17. More ist different

    Eine feine Theorie ist ja gerade die der Statistik im Sinne eines thermodynamischen Limes, in dem wir dann eine freie Energiedichte (bulk free energy) definieren können. So will ich antworten.

    (A) Das geht nicht immer, siehe z.B. The stability of matter. Elliott H. Lieb

    (B) Dort wo der Limes existiert entstehen neue Dinge, was Kadanoff “more ist different” nennt. Dieser Limes ist vielleicht etwas, was Deiner feinen Dichte nah kommt.

    In diesem Video mit dem falschen Titel Is the renormalization Group Really that Ugly? (darum geht es — leider — gar nicht) spricht Kadanoff recht verständlich über Emergenz.

    Vielleicht hilft es weiter.

    PS: Obi Wan Kenobie wurde gefunden. Wenn er in Salzgitter gewesen wäre, wäre er A) jetzt vielleicht gar in Südafrika und B) wollte ich es einfach halten.

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