Science-to-Science-Kommunikation: der blinde Fleck der Wissenschaftskommunikation

BLOG: Graue Substanz

Migräne aus der technischen Forschungsperspektive von Gehirnstimulatoren zu mobilen Gesundheitsdiensten.
Graue Substanz

Es gibt immer einen wissenschaftlichen Mehrwert bei Wissenschaftskommunikation in den sozialen Medien. Meine Erfahrung sagt mir, ich muss ihn nicht suchen, ich muss dort kommunizieren, dann kommt er von allein.

Vor knapp einem Jahr wurde ich gefragt: „Sie schreiben für Experten, nicht für interessierte Laien, richtig?“

„Das weiß ich erst im nachhinein“, wäre eine gute Antwort gewesen.

Josef Zens antwortet jetzt nochmal neu. Nicht für mich sondern allgemein, indem er darüber schreibt, was er bei der Diskussion um Wissenschaftskommunikation vermisst. Er schrieb einen Text als Vorbereitung des Arbeitskreises I: Wie Forscher(innen) mit Wissenschaftskommunikation Mehrwert erzielen können. Dieser Arbeitskreis ist Teil des Workshops der VolkswagenStiftung, der morgen stattfindet: Image statt Inhalt? – Warum wir eine bessere Wissenschaftskommunikation brauchen. Ich hatte auch eine Einladung, konnte aber aus Zeitgründen nicht. Deswegen tue ich was? Ich halte mich halt diesmal raus? Nein, ich kommuniziere wenigstens über soziale Medien diesen kleinen Beitrag.

Josef Zens zieht die Analogie vom Marketing und dem Business-to-Business (B2B) und dem Business-to-Consumer (B2C) zu einem Science-to-Science (S2S) und einem Science to Lay people (S2L) bei der Ausrichtung der Kommunikation. Wobei er sogleich einwendet, „dass es »die Öffentlichkeit« nicht gibt, sondern sehr unterschiedliche Zielgruppen“. Zumindest haben wir damit erstmal Beziehungen der Kommunikation festgelegt, ohne jetzt von Zielgruppen in Form einer Einbahnstraßen-Kommunikation zu reden, denke ich.

Josef Zens nennt S2S einen „blinden Fleck“ bei der Wissenschaftkommunikation. Dann kommt er für mich zu seiner zentralen Aussage:

Die S2S-Kommunikation hat immer auch Elemente der S2L-Kommunikation. Umgekehrt gibt es Rückwirkungen der S2L-Kommunikation auf das System Wissenschaft selbst.

„Ach Wissenschaftler, versucht’s doch gar nicht erst.“

Gerade weil ich mich nicht bei dem Workshop der VolkswagenStiftung vor Ort einbringen kann, will ich die Wechselwirkung zwischen S2S und S2L in der Wissenschaftskommunikation mit einem aktuellen Beispiel im Blog veranschaulichen. Dies zu schreiben wurde auch motiviert von Markus Pössels Blogbeitrag in dem er die Stellungnahme “Zur Gestaltung der Kommunikation zwischen Wissenschaft, Öffentlichkeit und den Medien” für Wissenschaftler bedauernd so interpretiert las: „Ach Wissenschaftler, versucht’s doch gar nicht erst.“ Genau das Gegenteil wäre richtig. Wissenschaftler müssen mehr in den sozialen Medien kommunizieren.

Hier sehen wir das Electronic Media Committee (EMC) der Jahrestagung der amerikanischen Kopfschmerzgesellschaft (American Headache Society, AHS). Sie hätten sich auch Social Media Committee nennen können.

Das EMC besteht aus aktiven Medizinern und Wissenschaftlern, die mich und andere fern und nah mit Informationen über die aktuelle Tagung in Los Angeles versorgen. Es gibt eine für mich erstaunlich hohe Erkenntnis in dieser Gemeinschaft, dass Wissenschaftskommunikation einen Mehrwert bringt. Nun trifft hier eine Volkskrankheit auf Gehirnforschung, ein doppeltes Heimspiel für die Wissenschaftskommunikation, so dass es leicht fällt mit einfachen Mitteln Aufmerksamkeit zu erzeugen, die vielleicht nur noch zu toppen wäre, wenn zusätzlich Astronauten betroffen wären (vgl. Carsten Könneker, Minute 1:30).

Dank der Mitglieder des EMC und vielen weiteren, die über Twitter berichten, darunter die Geschäftsleitung der amerikanischen Kopfschmerzgesellschaft sowie Teile des ehemaligen, jetzigen und zukünftigen Vorstands, konnte ich mich selbst informieren und  aktuell in bisher vier Beiträgen über die Tagung bloggen – also ohne dabei zu sein. Aus Zeitgründen musste ich nämlich diesmal absagen. Deswegen tue ich was? Ich halte mich halt diesmal raus? Nein, ich kommuniziere wenigstens über soziale Medien mit meinen Kollegen.

2012 war ich selbst in Los Angeles, letztes Jahr war ich auf der alternierend in den ungraden Jahren stattfinden Internationalen Kopfschmerzkonferenz in Boston und auch in früheren Jahren war ich auf diesen Konferenzen und habe dort selber schon vorgetragen, ein Symposium organisiert und Poster präsentiert. So kenne ich mittlerweile viele Mitglieder des EMC und andere, die von dort heute über soziale Medien kommunizieren, auch persönlich und stehe auch außerhalb solcher Ereignisse mit einigen elektronisch per Email, Skype und Twitter in Kontakt.

Geht es um Öffentlichkeitsarbeit, wenn ich etwas bei Twitter retweete oder einen Blogbeitrag schreibe? Oder geht es um die Anbahnung einer Zusammenarbeit unter uns Wissenschaftlern? Ja und Ja.

Wenn eine Bundestagabgeornete auf den Blogbeitrag hinweißt, war es offensichtlich Öffentlichkeitsarbeit.

Wenn ich eine DM bei Twitter bekomme und wir uns daraufhin über Skype austauschen, kann dies die Anbahnung einer Zusammenarbeit sein. Oder ein neuer Job. Oder wir organisieren einen Symposium 2015. Oder was anderes. Was und wann was passiert, weiß ich vorher nicht. Es ist auch nicht mein Ziel, abzuschätzen wo genau der Mehrwert liegt. Er war bisher immer da.

 

PS: Man kann auf Twitter dem Workshop der VolkswagenStiftung unter dem hashtag #wowk14 folgen.

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Markus Dahlem forscht seit über 20 Jahren über Migräne, hat Gastpositionen an der HU Berlin und am Massachusetts General Hospital. Außerdem ist er Geschäftsführer und Mitgründer des Berliner eHealth-Startup Newsenselab, das die Migräne- und Kopfschmerz-App M-sense entwickelt.

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