Diese Woche: Neues aus der Kopfschmerz-Forschung

Das Projekt “Migräne Sichtbarmachen” hat sein Fundingziel bei Sciencestarter recht klar verfehlt. Was schade ist. Die Migräneforschung macht zum Glück Fortschritte. Alte und neue Theorien der Migräne werden teils heiß von Forschern diskutiert. Elektrische Hirnstimulatoren werden implantiert, Botox gespritzt, Gehirnerschütterungen bei Sport verschlimmern Migräne … zu all diesen aktuellen Themen wird geforscht – ohne viel Öffentlichkeit.

Herausheben will ich diese Woche eine ganz aktuelle Veröffentlichung. Sie fasst in einer Fachzeitschrift klinische Krankheitsbilder zusammen. Eine massive Wellen neuronaler Übererregung mit anschließender Erschöpfung spielt bei Migräne, Schlaganfall und Zwischenformen eine Rolle. Die Welle ist das wichtigste pathologische Phänomen des Gehirns, das noch vor 20 Jahren kaum ein Forscher ernst nahm.

Dreier, J. P., and C. Reiffurth. “The stroke-migraine depolarization continuum.” Neuron (2015).

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Der Internationale Kopfschmerzkongress in Valencia ging zu Ende. Einige Trends habe ich in diesen Tweets zusammengefasst.

Unter anderem wurde auf wichtige frühe Verbindungen der oben genannten Welle zur Migräne hingewiesen und in einen aktuellen Kontext gestellt.

Auch Hirnstimulatoren als Implantate und deren Komplikationen waren ein Thema.

Und natürlich Sport und Gehirnerschütterungen.

Die Geschichte der Ursachen einer Migräne ist lang. Kommt jetzt wieder eine Renaissance der vaskulären Theorie?

Und wie funktioniert Botox bei Migräne?

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Markus Dahlem forscht seit über 20 Jahren über Migräne, hat Gastpositionen an der HU Berlin und am Massachusetts General Hospital. Außerdem ist er Geschäftsführer und Mitgründer des Berliner eHealth-Startup Newsenselab, das die Migräne- und Kopfschmerz-App M-sense entwickelt.

1 Kommentar

  1. Der verlinkte Übersichtsartikel The Stroke-Migraine Depolarization Continuum ist beeindruckend umfangreich und detailliert. Die darin vorkommenden etwas mehr als 300 Stellen wo Studien zitiert werden teilen sich folgendermassen auf die Jahrzehnte auf: 1940-49 18 Studien/Zitate (Leão and Morison. (Lashley)),, dann eine lange Pause und dann 1970-79 8 Studien (Fundstellen), 1980-1989 18 Studien, 1990-99 60 Studien, 2000-09 140 und 2010-14 90 Fundstellen für Jahreszahlen von Studien. Im Mittelpunkt steht dabei die Spreading Depolarization, also die im obigen Artikel genannte Wellen neuronaler Übererregung. Und diese wurde schon in den 1940er Jahren bei Versuchstieren entdeckt und von den Entdeckern wurde schon damals der Verdacht geäussert, es gäbe einen Zusammenhang mit der Migräne-Aura. Doch es fehlten wohl die Untersuchungsmethoden um diese langsam wandernde Welle neuronaler Übererregung beim Menschen nachzuweisen, weswegen es so lange dauerte bis sie als wichtiges hirnpathologisches Phänomen erkannt wurde. Wo man also nur Symptome hat und wo die adäquaten Untersuchungsmethoden fehlen, dort kommt man möglicherweise lange nicht weiter ist meine Schlussfolgerung. Selbst wenn die Symptome einige Hinweise geben wie es die neuronalen Ausfälle bei der Migräne mit Aura machen.

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