19 Vorträge über Migräne und Mathematik

BLOG: Graue Substanz

Migräne aus der technischen Forschungsperspektive von Gehirnstimulatoren zu mobilen Gesundheitsdiensten.
Graue Substanz

Der Workshop “Cortical Spreading Depression (CSD) und verwandte neurologische Phänomene” im Fields Institute in Toronto, Kanada, ist zu Ende. Alle Vorträge sind hier online verfügbar.

fieldsBerniceGrafstein Als historischen Einstieg kann ich den ersten Vortrag von Bernice Grafstein empfehlen. Dr. Graftsein ist eine ehemalige Präsidentin der Gesellschaft für Neurowissenschaften, z.Z. ist sie Vizepräsidentin der Grass Stiftung und Professorin für Physiologie und Biophysik (Vincent und Brooke Astor Distinguished Professor) am Weill Cornell Medical College, New York City, USA.

Dr. Grafstein spricht über die Anfänge der CSD-Forschung ab den 1940iger Jahren und über die verschiedene Menschen, die wichtige Beiträge in diesem Gebiet geleistet haben. Sie berichtet unterhaltsam über Aristides Leão, der CSD entdeckte, über Albert M. Grass, der Multikanal-Elektroenzephalographen (EEG) entwickelte, über Benedikt Burns, ihren Betreuer der Doktorarbeit, der nicht auf ihren Papern als Ko-Autor dabei sein wollte, was Dr. Grafstein mit einer spitzen Bemerkung zu der Unsitte heute veranlasst, über die Nobelpreisträger Alan Lloyd Hodgkin, der das erste mathematische Modell zu CSD entwarf, und Eric Kandel, für den CSD-Forschung eine “Strafe” war.

davidAndrewSlideDer vielleicht unterhaltsamste Vortrag war von David Andrew, der sich seine ganz eigenen Gedanken zur evolutionären Entwicklung gemacht hat und dabei sich tausend Filme im Internet ansah, in denen Menschen niedergeschlagen wurden.

Es wird in diesen und fast allen anderen Vorträgen deutlich, dass es bei CSD nicht allein um Migräne geht sondern um die Verbindungen zwischen Migräne, Schlaganfall und Epilepsie.

Wer sich insbesondere für Biophysik und Mathematik interessiert, dem sei der Vortrag von Yoichiro Mori empfohlen. Natürlich will ich auch die drei Vorträge aus meiner eigenen Gruppe hier verlinken.

Ghost behavior: Transient localized patterns of cortical spreading depression in the gyrencephlic human cortex

fieldsTalkDahlem

Dynamics from seconds to hours in Hodgkin-Huxley model with time- dependent ion concentrations and buffer reservoirs

fieldsTalkHuebel

Nucleation and front and pulse propagation

fieldsTalkKneer

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Markus Dahlem forscht seit über 20 Jahren über Migräne, hat Gastpositionen an der HU Berlin und am Massachusetts General Hospital. Außerdem ist er Geschäftsführer und Mitgründer des Berliner eHealth-Startup Newsenselab, das die Migräne- und Kopfschmerz-App M-sense entwickelt.

2 Kommentare

  1. Eine wichtige von Markus A. Dahlems Vortrag scheint mir, dass die im humanen Cortex beobachteten lokalisierten, transienten CSD-Muster gemäss dem Hodgkin-Huxley Modell instabil sind und man reentry-Prozesse annehmen muss um diese lange persistierenden langsam wandernden Muster erklären zu können. Hier vermisse ich eine Folie die diese Erkenntnis zusammenfasst.
    Ich frage mich auch warum das originale Hodgkin-Huxley Modell herangezogen wird und nicht erweiterte, modifizierte Modelle. Bringen die keine neuen Erklärungen was die transienten lokalisierten kortikalen CSD-Muster angeht?

    Im übrigen geben die Vorträge einen guten Eindruck von aktiver Forschung. Die Referenten kommen nicht mit einem fixfertigen Bild eines nun völlig verstandenen Gebiets sondern zeigen den Forschungsweg, den sie eingeschlagen haben.

    In einem gewissen Sinne gibt es bei der Erforschung von klinischen Phänomenen wie der Migräne oder den Phänomen bei Epilepsie und Schlaganfall ähnlich wie in der Physik zwei Zugänge, den klinischen (experimentellen) und den theoretischen. Doch für die Theoretiker solcher klinischer Phänomene ist es wesentlich schwieriger tragfähige Theorien zu erstellen, weil der klinische Zugang leider nur wenig der experimentellen Physik entspricht. In der Physik ist es ja oft so, dass Theoretiker neue Modelle aufstellen und die experimenellen Physiker dann die vorausgesagten Phänomene nachweisen wollen und dies auch tun. Doch in der Medizin und Biologie gibt es diese Arbeitsweise wohl viel weniger. Dabei wäre eine solche Arbeitsweise – Experimentatoren suchen nach klinischen Phänomenen, die sich mit einer posulierten Theorie erklären lassen – wohl auch in der Physiologie und Medizin fruchtbar.

    • Korrektur des ersten Satzes. Es muss heissen: Eine wichtige [Aussage] von Markus A. Dahlems Vortrag scheint mir, dass die im humanen Cortex beobachteten lokalisierten, transienten CSD-Muster gemäss dem Hodgkin-Huxley Modell instabil sind und man reentry-Prozesse annehmen muss um diese lange persistierenden langsam wandernden Muster erklären zu können.

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