LISA-Missionsvorschlag publiziert

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Auf der vom Max-Planck-Institute for Gravitational Physics / Albert-Einstein-Institute betriebenen Webseite des LISA-Wissenschaftskonsortiums ist der Missionsvorschlag für LISA (Laser Interferometer Space Antenna) als drittes Großprojekt (L3) des Cosmic-Vision-Pogramms der ESA (nach der Jupitermission JUICE und  dem Röntgenteleskop ATHENA) publiziert worden.

Im Laufe des Jahres wird es eine Vorstudie in der Concurrent Design Facility der ESA geben. Darauf folgen üblicherweise zwei parallel vergebene Aufträge an konkurrierende industrielle Konsortien für Phase-A-Studien.

LISA war ursprünglich ein gemeinsamen Projekt der NASA und der europäischen Weltraumagentur ESA. Die NASA zog sich allerdings 2011 aus finanziellen Gründen aus dem Projekt zurück, sodass es auf Eis gelegt werden musste. Die ESA verfolgte das Konzept daraufhin unter eigener Ägide weiter. Das neue LISA-Projekt steht nun unter europäischer Führung und wird mit einer europäischen Rakete gestartet werden. Der Start wird voraussichtlich in den 30er Jahren erfolgen.

LISA umfasst drei Raumsonden in drei verschiedenen, aber zueinander sehr ähnlichen, annähernd kreisförmigen Bahnen  geringer Inklination. Die Bahnen sind so gewählt, dass die Satelliten ein gleichschenkeliges Dreieck mit einer fast konstanten Seitenlänge von 2.5 Millionen km aufspannen. Die drei Eckwinkel liegen damit bei 60 Grad und bleiben ebenfalls fast konstant. Jeder Satellit ist mit zwei Teleskopen ausgerüstet und steht in Laserkontakt zu seinen beiden Partnern.

Die Dreieckskonfiguration kann der Erde auf ihrer Bahn folgen (trailing orbits) oder ihr vorauseilen (heading orbits). Die Bahnen aller drei Satelliten sind erheblichen Störungen ausgesetzt, insbesondere durch die Schwerkraft der Erde. Diese Störungen führen nicht nur zu Änderungen der Dreieckskonstellation, sondern sie bewirken auch eine Vergrößerung des Erdabstands. Dies erschwert mehr und mehr die Kommunikation. Durch einen geeigneten Transfer mit einem “Stoppmanöver” vor Beginn der wissenschaftlichen Phase kann jedoch die Anfangsdrift reduziert und die wissenschaftliche Phase verlängert werden.

Es gibt in der Auslegung der Konfiguration diverse Abstimmungsmöglichkeiten, bei denen in der Regel die Kosten gegen die wissenschaftliche Qualität abgewogen werden müssen. Ebenso gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, den Transfer zu gestalten. Bereits in der Vorstudie, spätestens aber in der Phase A, wird an diversen Stellen Klarheit geschaffen werden müssen.

Mehr zu LISA bald in “Go for Launch”.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

9 Kommentare

  1. LISA positioniert sich als erstes weltraumbasiertes Gravitationswellenteleskop, welches zudem ab 2028 als erstes im bis dann unerschlossenene Frequenzbereich unterhalb von 10 Hertz nach Gravitationswellen sucht, wobei seine Hauptempfindlichkeit im Bereich 1 Hundertsel bis 1 Hertz liegt.

    Der Haken dabei: Das von den Japanern geplante weltraumbasierte DECIGO-Gravirationswellenteleskop (Hauptempfindlichkeit bei 1 Zehntel Hertz), ist 10’000 bis 100’000 Mal empfindlicher als LISA und soll in den 2030er Jahren in Betrieb gehen, was bei den üblichen Verzögerungen bei ESA-Projekten bedeuten kann, dass DECIGO vor LISA in Betrieb geht. DECIGO besteht wie LISA aus 3 in einem gleichseitigen Dreieck angeordneten Satelliten, wobei bei DECIGO die Seitenlänge 1000 km ist, bei LISA aber 1 Million Kilometer. DECIGO arbeitet allerdings mit einem wesentlich präziseren Verfahren als LISA, nämlich einem Fabry-Perot-Interferometer (in jedem Satelliten hat es einen entsprechenden Fabry-Perot-Hohlraum).

    Das wird ein spannendes Rennen – oder aber ESA und JAXA vereinbaren, dass es keine zeitlichen Überlappungen gibt.

    • Ergänzung: Wie LISA ein Vorläuferprojekt LISA Pathfinder hat, so hat DECIGO (die japanische LISA-Version) ein Vorläuferprojekt DECIGO PathFinder und vor dem eigentlichten DECIGO noch Pre-DECIGO. LISA Pathfinder war ein Erfolg hat allerdings keine Gravitationswellen detektiert und das nie beabsichtigt. Auch DECIGO PathFinder dient mehr Vorabkärungen und steht noch aus.
      Der weltraumbasierte DECIGO-Vorläufer, Pre-DECIGO allerdings soll die gleichen binären Schwarz-Löcher-Verschmelzungen messen, die bereits mit dem erdbasierten advanced Ligo gemessen wurden, jedoch mit viel grösserer Empfindlichkeit – bis an die Ränder des sichtbaren Universums (bis zur Rotverschiebung Z = 30). Pre-DECIGO hat eine Armlänge von 100 km und umkreist die Erde in 2000 km Höhe. Gestartet werden soll es bereits Ende der 2020er Jahre. Pre-DECIGO nutzt die gleiche Technologie wie DECIGO. Bereits Pre-DECIGO wird empfindlicher sein als ELISA und das obwohl die Pre-DECIGO – Konfiguration die Erde umkreist, während ELISA der Erde folgt. Allerdings wird Pre-DECIGO vor allem im Frequenzbereich 1 bis 100 arbeiten, während ELISA bei niedrigeren Frequenzen operiert.

    • Bei LISA ist die anvisierte Armlänge 2.5 Millionen km, sehe mein Artikel und auch der verlinkte Missionsvorschlag. Soweit mir bekannt, ist der optimale gemessene Frequenzbereich abhängig von der Armlänge. DECIGO zielt, die der Name schon sagt, auf den Dezihertz-Bereich, LISA auf deutlich niedrigere Freuqenzen. Insofern sind LISA und DECIGO, aber auch die terrestrischen Gravitationswellenobservatorien, nicht als Konkurrenz zu sehen. Es ist eher so, dass sie einander ergänzen.

      • DECIGO hat sein Empfindlichkeitsoptimum bei Dezi-Hertz, LISA hat es bei Milli-Hertz. Beide ergänzen sich also, was sich im Dokument über DECIGO so liest:

        In the consequences, the observation band of the DECIGO, (0.1 Hz-1 Hz), stays between that of eLISA (1mHz) and ground-based GW detector).

        Allerdings zeigen die Diagramme, dass eLISA selbst in seinem bevorzugten Frequenzbereich ( ein tausendstel Hertz) weniger oder höchstens gleich empfindlich ist wie DECIGO.

  2. Michael Khan schrieb (16. Januar 2017):
    > Auf der vom Max-Planck-Institute for Gravitational Physics / Albert-Einstein-Institute betriebenen Webseite des LISA-Wissenschaftskonsortiums ist der Missionsvorschlag für LISA (Laser Interferometer Space Antenna) […] publiziert worden.

    > LISA umfasst drei Raumsonden […] Jeder Satellit ist mit zwei Teleskopen ausgerüstet und steht in Laserkontakt zu seinen beiden Partnern.

    Das ergibt zwar immerhin drei Interferometerarme zwischen den drei Sonden;
    also wenigstens einen mehr als bei LIGO oder ähnlichen zwei-Arm-Interferometern.

    Aber wann wird denn endlich auf fünf Sonden ausgebaut, mit insgesamt zehn Interferometerarmen untereinander, als Five-Point Curvature Detector (nach Synge);
    um endlich experimentell unterscheiden zu können, ob die Sonden bzw. Spiegel nur (rhythmisch) herumgeschubst würden, oder ob sich tatsächlich die Krümmung des Spiegelsystems (bzw. der Region, die es enthält) (rhythmisch) verändert
    !?

  3. Im Executive Summary von LISA Laser Interferometer Space Antenna findet man folgende Angaben zum geplanten LISA-System:
    – Empfindlichkeit im Bereich 0.0001 bis 0.1 Hertz
    – Technological Readiness Level 6 (Prototyp in Einsatzumgebung) soll bis 2020 erreicht sein
    – Prinizip: Laserinterferometrie (Michelson) zwischen frei fliegenden, ihren geodätischen Trajektorien folgenden Testmassen
    – 2 Testmassen pro Satellit (einer für je einen Arm), 6 aktive Laserlinks a je 2 Watt
    – Platziert in einer der Erde in 50 Millionen Distanz folgenden Bahn, 2.5 Millionen Kilometer Entfernung zwischen zwei Satelliten
    – 35 kbit Daten pro Sekunde (334 MB pro Tag)
    – Mindestens 4 Jahre Missionszeit erweiterbar bis 10 Jahre

    Im Vergleich zu DECIGO (maximale Empfindlichkeit bei 0.1 Hertz) wird LISA seine maximale Empfindlichkeit zwischen 0.0001 und 0.1 Hertz haben. DECIGOs geplante Empfindlichkeit bei 0.1 Hertz ist 10’000 Mal grösser als die von LISA.

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