ExoMars 2016 vor dem Transport nach Baikonur

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
Go for Launch

Die europäisch-russische Mars-Mission ExoMars 2016 wird in den kommenden Wochen nach Baikonur transportiert werden, wo die letzten Vorbereitungen für den Start vorgenommen werden.

ExoMars 2016 besteht aus zwei Sonden:

  • Der Trace-Gas-Orbiter (TGO) wird nach dem Start im März 2016, dem interplanetaren Transfer, dem Einschuss in die Bahn um den roten Planeten am 19. Oktober 2016 und einer ausgedehnten Aerobraking-Phase etwa ab Ende 2017 (Ja, dies ist kein Tippfehler) seine endgültige, etwa 400 km hohe Bahn erreichen und mit den wissenschaftlichen Untersuchungen vor allem der Spurengase in der Marsatmosphäre beginnen.
  • Die Landesonde “Schiaparelli”, vorher bekannt als “Entry Demonstrator Module” wird vom TGO zum Mars transportiert und drei Tage vor der Ankunft am Mars ausgeklinkt. Schiaparelli wird in die Atmosphäre eintreten und in der äquatornahen Region Medidiani Plaum semi-hart aufsetzen. Damit soll demonstriert werden, dass diese Art der Landung beherrscht wird.

Was die semi-harte Landetechnik angeht: Das Problem bei Oberflächensonden sind immer die letzten Meter. Alles davor ist gleich oder zumindest ähnlich. Nach dem hyperbolischen Eintritt wird die Sonde brutal von Hyperschall- auf maximal etwa zweifache Überschallgeschwindigkeit abgebremst. Danach ist die Sonde nur noch etwa 7-8 km über der Oberfläche.

Der (und nicht “das”) Hitzeschild wird abgesprengt und eine Sequenz von Fallschirmen wird ausgefahren, wobei das Absprengen des Hitzeschilds und das Ausfahren des ersten Fallschirms gekoppelte Vorgänge sind. Wichtig ist, eine Kollision zwischen Sonde und Teilen des Hitzeschilds auszuschließen.

Die Fallschirme bewirken eine weitere Abbremsung auf etwa 70 m/s, also in etwa typische deutsche Autobahngeschwindigkeit. Noch langsamer ist in der dünnen Marsatmosphäre nicht drin. Den Rest müssen Bremstriebwerke leisten, denn mit der Geschwindigkeit sollt man tunlichst nicht auf eine harte, unnachgiebige Oberfläche krachen.

Und nun wird es kniffelig. Alles bis hierher Beschriebene kriegen zur Not auch noch Amateure hin, aber was nun kommt, unterscheidet die Amateure von den Experten.

Die Sonde soll auf Höhe Null mit Null Vertikalgeschwindigkeit und Null Horizontalgeschwindigkeit. Bei einer stationären Oberflächensonde kann man das mit Triebwerken erreichen, die im geschlossenen Regelkreislauf von einem Landeradar gesteuert werden.

Bei einem Rover hat man das Zusatzproblem, dass Tanks und Triebwerke, die der Rover nicht braucht, irgendwo anders untergebracht werden müssen, also in einer separaten Landestufe. Diese kann unter dem Rover sitzen – dann muss man Rampen vorsehen, um den Rover hinterher auf die Oberfläche manövrieren zu können. Oder, man kann die Landestufe oberhalb des Rovers platzieren und diesen mittels einer Seilwinde herablassen. Dies wurde bereits von der NASA-Mission MSL demonstriert. Dort handelt man sich neben dem Seilmechanismus das weitere Problem ein, dass die Landestufe nach dem Absetzen noch in sichere Entfernung bugsiert werden muss. Wenn sie auf den Rover fällt, ist die ganze Mission zum Teufel.

Wenn man sich die zugegebenermaßen hochgradig nichttriviale weiche Landung nicht zutraut, dann ist die Alternative die semi-harte Landung. Dort geht es unter Triebwerksschub nicht ganz bis auf die Oberfläche, sondern nur bis in wenige Meter Höhe. Dann heißt es Triebwerk aus und runterplumpsen, was natürlich niemals “weich” sein kann, sondern sogar ziemlich hart, aber selbst für eine nicht übermäßig robuste Sonde immer noch überlebbar. Daher “semi-hart”. Oder meinetwegen auch “hart, aber fair”. Oder “rau, aber herzlich”. Wie auch immer.

Der Aufprall wird dadurch überlebbar, dass man ihn etwas abpuffert. Entweder durch Airbags, die bis zum vollständigen Stillstand des Landers aufgeblasen bleiben, wie bei den Mars Exploration Rovern im Januar 2004. Oder aber – etwas fortgeschrittener – mit “vented airbags”, die sich beim ersten Aufprall entleeren, sodass die Sonde nicht wieder abprallt. Oder, wie im Fall von Schiaparelli, durch eine Struktur, die sich verformt und dabei Energie aufnimmt.

Es handelt sich nüchtern betrachtet um Technologie von gestern, die in der modernen planetaren Forschung mit leistungsfähigen Sonden keine Zukunft hat, aber dennoch auch für den 2018 zu startenden europäisch-russischen Mars-Rover nochmals zum Einsatz kommen wird. Daher kommt Schiaparelli besondere programmatische Bedeutung zu. Dennoch kommt Schiaparelli besondere programmatische Bedeutung zu, denn bevor man einen teuren Rover landet, muss man zumindest eine erfolgreiche Landung demonstriert haben.

Die NASA hat die Technik bereits hinter sich gelassen und gezeigt, dass sie die weiche, kontrollierte Punktlandung auch großer Sonden beherrscht. Es ist schwer den Vorsprung der USA gegenüber dem Rest der Welt in der Raumfahrttechnik zu beziffern. “Uneinholbar” trifft es wahrscheinlich ganz gut.

Nebenbei bemerkt: Die Komplettmasse von Schiaparelli liegt knapp unter 600 kg. Der NASA-Lander “Phoenix”, der 2008 weich auf der Oberfläche landete, hatte ohne die Transferstufe in etwa dieselbe Masse, konnte damit aber nicht nur weich landen, sondern hatte auch noch 55 kg wissenschaftliche Instrumentierung an Bord und funktionierte etliche Monate lang, bis ihm der Winter den Garaus machte,

Jonathan Amos vom BBC geht in diesem Artikel vom 25.11. auf das ExoMars-Programm und seine verworrene Entstehungsgeschichte ein.

Dieses Zitat eines Managers der Herstellerfirma klingt nicht gerade beruhigend:

We worked triple shifts; we worked seven days a week. And you see the result.

Oje. Das war hoffentlich nicht so gemeint, wie es klingt.

Jonathan Amos verleiht vollkommen zu Recht seiner Verwunderung über ein besonderes, äh, Feature von Schiaparelli Ausdruck:

There will not even be an “I’m on Mars” photo because it carries no surface camera. It is hard to believe today that any probe would go to the surface of another planetary body without this capability,

Das ist allerdings eine Sache, die beispielsweise bei einer NASA-Mission vollkommen undenkbar wäre. Es gibt einige Dinge, die muss man einfach als gegeben und unveränderlich voraussetzen:

  • PR ist wichtig. Bildmaterial ist wichtig. Bilder von der Oberfläche eines anderen Planeten sind wichtig. Die Leute interessieren sich dafür. Welche Leute? Na, die Leute, mit deren Steuergeldern das Ganze finanziert wird. Die, für die man das im Endeffekt macht.
  • Wenn man eine Landesonde dabei hat, dann tritt die Orbitersonde in den Hintergrund. Es interessiert keine Sau, ob der Lander de facto eher nebensächlich ist  und ob 90% der Wissenschaft am Orbiter hängen. Das kann man 10, 50, 100, 1000 Mal predigen, es glaubt eh keiner. Fazit: Lieber Landemissionen von Orbitermissionen trennen. Das macht beim Mars ohnehin Sinn. Auf jeden Fall aber den Lander gut bauen und das Risiko des Fehlschlags minimieren.

Es ist wohlgemerkt bei Schiaparelli eine Kamera an Bord, nämlich DECA, die DEscent CAmera, die während des Abstiegs Bilder vom sich schnell nähernden Boden machen soll. Alle Daten des Abstiegs und hoffentlich auch noch nach der Landung werden vom TGO, der zur gleichen Zeit sein Bahneinschussmanöver absolviert, über UHF empfangen und sobald wie möglich zur Erde gefunkt.

Hier ist die DECA:

Aufnahme der DECA für die Landesonde Schiaparelli. Quelle: ESA, 2014

Was war Ihr erster Gedanke, als Sie dieses Bild sahen? Vielleicht “Haben die sich die Kamera gebraucht auf eBay geschossen?” oder vielleicht “Hat einer das Bild mit dem Handy gemacht? Da hätte er ja wenigstens ein iPhone nehmen können”. Oder “Hätten die Kratzer und Gammel nicht weg-photoshoppen können?”.

Fairerweise muss man schon sagen, dass Jonathan Amos ausführlich auf den TGO und dessen Wissenschaftsprogramm eingegangen ist. Die wissenschaftliche Ausstattung des Orbiters ist beeindruckend, und was er machen soll, ist wichtig – ebenso das, was wir daraus lernen können. Ziel ist nichts geringeres als die Charakterisierung der Atmosphäre über mindestens einen Zeitraum von einem Marsjahr, insbesondere, aber nicht nur, die räumliche und zeitliche Variation der Verteilung von Spurengasen.

Auch der TGO hat eine hochauflösende Kamera zur Untersuchung der Oberfläche. An dieser ist das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung nicht beteiligt. Jetzt wird sich zeigen, wie es mit der zeitnahen Bedienung des Public Outreach aussieht.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

26 Kommentare

    • Vielleicht bleibt aber auch alles beim alten. Wissenschaftler sind im Grund einander alle ähnlich, und die Rahmenbedingungen haben sich zwischen Rosetta und ExoMars ja nicht geändert. Würde mich wundern, wenn in diesem ganzen Chaos irgend jemand an einen Punkt wie Outreach gedacht hätte.

  1. Das ist also ExoMars I, ExoMars II (2018) wird dann einen Rover absetzen und vielleicht Leben auf dem Mars nachweisen. Sicher sinnvoll. Am besten wäre es, wenn ExoMars Teil eines weiterführenden Marsprogramms der ESA wäre. Doch ich finde nirgends ESA-Pläne für weitere Marsmissionen.

    Ein überzeugendes langfristiges Programm mit einem Himmelskörper als Ziel scheint die ESA aber beim Mond zu haben, glaubt man dem Artikel Russia and Europe Want a Moon Colony—Why Is NASA So Focused on Mars?. Europa und Russland wollen den Mond erschliessen, gar eine permamente Mondstation analog der ISS einrichten. Die NASA aber hält sich bedeckt. Das Kapitel Mond ist für sie abgeschlossen. Ich denke schon dass eine permamente Mondstation etwas sinnvolles wäre, kann mir aber nicht vorstellen, dass das die Europäer und Russen allein finanzieren. Falls doch, würde für die ESA eine neue Epoche beginnen.

    • “Am besten wäre es, wenn ExoMars Teil eines weiterführenden Marsprogramms der ESA wäre. Doch ich finde nirgends ESA-Pläne für weitere Marsmissionen.”

      Die Zusammenarbeit mit Russland soll über das Jahr 2018 hinaus weitergehen. Es ist eine Nachfolgemission geplant und wenn alles gut geht soll um das Jahr 2024 Marsgestein zur Erde gebracht werden, das teilte der Chef des Moskauer Instituts für Kosmosforschung, Lew Seljony, letzten Monat auf einem Symposium mit.

    • Gerade die NASA hat doch konkretere und vor allem glaubwürdigere Pläne als alle anderen. Die haben mit dem MPCV ein zu weiten Missionen fähiges Schiff, zumindest fast. Die haben mit der SLS auch eine leistungsfähige Schwerlastrakete.

      Die Europäer haben weder das eine noch das andere und machen auch keine Anstalten, daran etwas zu ändern. Mir ist nicht bekannt, dass außer irgendwelchen endlosen Machbarkeitsstudien ernsthafte Planungen zur europäischen Rückkehr auf den Mond (nach SMART-1 im Jahre 2003) liefen, nicht robotisch und schon gar nicht bemannt.

      Die Russen im Grund genommen auch nicht – die haben halt den Vorteil, auf den Schultern von Riesen zu stehen, nämlich den raumfahrttechnischen Leistungen der UdSSR, die man in Russland nicht wirklich weiter entwickelt hat.

      Die NASA könnte eine bemannte orbitale Station im L1- oder wahrscheinlich L2-Punkt des Erde-Mond-Systems aufbauen. Jedenfalls scheint es konkrete Bestrebungen in diese Richtung zu geben.

      • Ja, L1/L2 Mond-Erde als Ort für eine Raumstation wurde schon 2011 von der NASA angedacht.

        Scheint mir vielversprechend. Gut geeignet beispielsweise für die telemetrische Bedienung von robotischem Gerät auf dem Mond. Zudem ausserhalb des Weltraummülls, der die Erde umkreist. Geeignet für den Aufbau von grossen Strukturen gerade vor der Station.

        Nun zurück zur ESA. Sie will doch beim Mondsüdpol eine robotische Station aufbauen. Das mindestens habe ich vor 10 bis 20 Jahren einmal gehört und es als feste Absicht aufgenommen.

        • “Nun zurück zur ESA. Sie will doch beim Mondsüdpol eine robotische Station aufbauen. Das mindestens habe ich vor 10 bis 20 Jahren einmal gehört und es als feste Absicht aufgenommen.”

          Haben Sie eigendlich gelesen, was der Hausblogger hier über Ihrem Kommentar sos geschrieben hat?

          • Die ESA hat jedenfalls ihre Mondaspirationen im September 2015 wieder kundgetan. Unter anderem unter Moon challenge

            ESA is inviting university students around the world to compete in designing a mission scenario for the next step in space exploration: a human–robotic partnership for exploring the Moon.

            The “Human-Enhanced Robotic Architecture and Capabilities for Lunar Exploration and Science”, or Heracles, study describes an ESA-led mission that aims for the next steps in lunar exploration.

            One of the main objectives is to examine human–robotic partnerships – the interaction between crew and automated systems considered to be a promising aspect of future space exploration missions.

            The Agency invites university students from around the world to submit their proposals as part of the symposium, ‘Moon 2020–2030: A New Era of Human and Robotic Exploration’, set for 15-16 December at ESTEC, Noordwijk, the Netherlands.

            Auf der verlinkten Seite liest man dann:

            In the ESA Space Exploration Strategy the mission theme of sustainable exploration of the Moon is integrated in the strategic exploration approach for Europe. A guiding principle is to implement exploration missions with humans and robots in a coordinated manner.

          • Sie sollten diesen Ankündigungen keine übermäßige Bedeutung beimessen. Allein die Tatsache, dass die jetzt so eine Ausschreibung unter Studenten machen, zeigt doch, auf welcher Entwicklungsstufe solche Projekte stehen, nämlich ganz unten.

          • Die ESA redet von robotischen Mondmissionen, allerdings etwas vage. Tatsächlich können folgende Sätze alles oder auch nichts bedeuten ..the mission theme of sustainable exploration of the Moon is integrated in the strategic exploration approach for Europe. A guiding principle is to implement exploration missions with humans and robots in a coordinated manner.

          • Es geht bei Heracles um eine Einbindung von robotischen Missionen in vorhandene Infrastruktur mit einer bemannten Station im EM-L2, den natürlich wieder echte Raumfahrtnationen spendieren müssen, also die USA.

  2. *B-W-M on*

    Der Trace-Gas-Orbiter (TGO) wird nach nach dem Start

    nach nach ?! – einmal “nach” hätte doch gereicht, oder?

    Die Fallschirme bewirken eine weitere Abbremsung auf etwa 70 m/s, also in etwa typische deutsche Autobahngeschwindigkeit.

    70 m/s = typisch deutsche Atutobahngeschwindigkeit!? – Donnerwetter! – Das müssen aber dolle Flitzer sein. (70 m/s = 252 km/h) – Ich dachte bisher immer, die wären eine eigene Klasse von Fahrzeugen, die man z.B. unter der Bezeichnung “Formel 1” vom Motorsport kennt…

    *B-W-M off* – ach ja, B-W-M = Besser-Wisser-Mode*

    Es ist schwer den Vorsprung der USA gegenüber dem Rest der Welt in der Raumfahrttechnik zu beziffern. “Uneinholbar” trifft es wahrscheinlich ganz gut.

    Unter den aktuell gegebenen wirtschaftlichen und vor allem politischen Rahmenbedingungen in Europa dürfte das sicher zutreffen. – Wenn sich aber daran etwas ändern würde, speziell an den politischen Rahmenbedingungen, würde ich sagen, dass es zwar immer noch schwer wird, aber nicht unmöglich ist. – Aber ich glaube, dass man auf politischer Ebene überhaupt keinen technologischen Gleichstand haben will und die vereinigten Staaten schon gar nicht technologisch überholen will. – Das könnte ja deren technologische Vorherschaft in Frage stellen… – ich schweife ab. (P.S. wer Zynismus oder Sarkasmus findet, darf ihn behalten. 😉 )

    Was war Ihr erster Gedanke, als Sie dieses Bild sahen?

    Ehlich gesagt nur: Was für ein langweiliger Kasten, der wohl so gestaltet sein muss, um in dem geplanten Umfeld auch zu funktionieren. Die anderen Details sind mir erst später aufgefallen.

    • “Atutobahn” ist ein niedliches Wort, finde ich! Aber ein t hätte eigentlich gereicht, meinen Sie nicht? *g*
      Den Rest halte ich pers. für eine sarkastische Anspielung auf die Raserei auf deutschen Straßen.

      Ich bin sehr gespannt auf ExoMars und drücke die Daumen, dass alles klappt. An Sample Returns vom Mars oder europäische Mondbasen glaube ich mittlerweile allerdings in der Tat auch erst dann, wenn die Rakete die ersten paar hundert Kilometer hinter sich hat. Und ganz ehrlich: Ob das überhaupt noch zu meinen Lebzeiten stattfindet? Ich habe mit etwas Glück noch rund 30 Jahre auf diesem Planeten. Da müssten ESA, NASA & Co. so langsam mal mit der ganz konkreten Planung und Konzeption anfangen. Na, vielleicht erleben’s ja meine Kinder…

    • einmal “nach” hätte doch gereicht, oder?

      Ja, ich war grad so in Fahrt. Da habe ich zwei “nach” spendiert.

      Was die Geschwindigkeit angeht, da fällt mir mein Kumpel Erwin (“Ährwin”) ein. O-Ton:

      Boah ey, zweihundertfuffzich Stukis. Mein Manta geht ja schon ab wie Schmidts Katze, aber dafür müsstich dann nochma viele Hunnis bei Ecki lassen, woll …

      “Ecki” (Eckhard) war der Inhaber des Tuningladens.

      Der wesentliche Punkt ist: 70 m/s sind viel Holz, senkrecht nach unten schon mal überhaupt, und deswegen ist beim Mars die zusätzliche Komplikation mit absprengbarem Fallschirm und Raketenstufe unerlässlich. Das war bei der Titansonde “Huygens” anders. Die segelte einfach gemächlich am Fallschirm bis zum Boden hinunter. Die sichere Landung auf Mars ist nichts für Anfänger.

      Das Einholen der USA dürfte sich allein schon deswegen schwierig gestalten, weil die ja, selbst wenn wir jetzt endlich mal Gas geben würden, auch nicht still stehen und auf uns warten.

  3. Schiaparelli bremst seine Landung auf dem Mars also mit einer Knautschzone und dient als Demonstrator, was nur Sinn macht, wenn es Nachfolgemissionen gibt, die die gleiche Technik verwenden.Tatsächlich liest man auf der ESA-Seite robotic exploration of mars

    Schiaparelli – an entry, descent and landing demonstrator module – is a technology demonstration .. to perform a controlled landing on the surface of Mars. The preparation for this mission enhances Europe’s expertise and enables the testing of key technologies which could be used in subsequent missions to Mars.

    Schiaparelli ergibt sogar noch mehr Sinn, wenn man folgendes einbezieht (Zitat ESA)

    Schiaparelli builds on a heritage of designs that have been evaluated and tested by ESA during earlier ExoMars studies. The module accommodates a series of sensors that will monitor the behaviour of all key technologies during the mission. These technologies include a special material for thermal protection, a parachute system, a radar Doppler altimeter system, and a braking system controlled by liquid propulsion.

    Es gibt also eine Kontinuität in der europäischen Erforschung des Mondes und Schiaparelli ist quasi der momentane Höhepunkt der ESA-Marslandetechnik.

    Leider aber verblasst dieser Höhepunkt gegenüber dem was die NASA mit ihren Marslandern erreicht hat (wie Michael Khan in seinem Artikel festgestellt hat). Man muss sich sogar fragen, ob eine Fortsetzung der europäischen Marsanstrengungen auf diesem niedrigen Niveau überhaupt Sinn macht.

  4. Auffallend dass die ESA bei Mars und Mond von Kooperationen mit Russland spricht. Wohl des Geldes und des Erfahrungsvorsprungs (?) der Russen wegen. Schon 2001 liest man auf einer ESA-Seite:Europe and Russian strengthen Cooperation in Space, die Kooperation finde im Bereich, launch services , GALILEO, GMES (Umweltsatelliten), statt.
    Am wichtigsten ist hier wohl der Bereich Launch Serivces wozu man in der Wikipedia liest:

    A Launch service provider (LSP) is a type of company which specialises in launching spacecraft. It is responsible for the ordering, conversion, or construction of the carrier rocket, assembly and stacking, payload integration, and ultimately conducting the launch itself. Some of these tasks may be delegated or sub-contracted to other companies.

    Die Russen spielen also wohl die Rolle des Launch service providers. Konkret im Falle von ExoMars tun sie dass mit ihren Proton-Raketen. Man könnte sich ja vorstellen,dass Europa und die ESA in Zukunft generell russische Raketen benutzt und dafür alles andere selbst erledigt. Die eigenen Ariane-Raketen würden dann in Zukunft weniger wichtig (was sie aber mit der Konkurenz durch SpaceX und andere sowieso werden).

    • Die Kooperation mit den Russen hat den Hauptgrund, dass zuvor die Amerikaner die Raketen spendiert hätten. Als die aber die ESA im Jahre schnöde sitzen ließen, hätte die ESA selbst die Rakete finanzieren müssen. Leider war das Projekt aber im optionalen Programm, das heißt, es hat sich eine Anzahl von Nationen bereit erklärt, jeweils eine bestimmte, genau definierte Summe für genau dieses Projekt zu investieren, mit genau definiertem Rückfluss in Form von Aufträgen. Jeder von einem Land eingezahlte Euro fließt zur industrie dieses Landes zurück.

      Wenn jetzt nochmals rund 350 Megaeuronen hinzu gekommen wären, um eine Rakete zu kaufen, dann hätten sich die an diesem Projekt beteiligten Nationen erst auf eine Erhöhung ihrer Beiträge und dann auf die Aufteilung einigen müssen. Wenn man jetzt unten auf die Einkaufsliste noch “Ariane 5 ECA .. 2 Stück, weiß, mit Sonderausstattung” kritzelt, dann freut sich in erster Linie die französische Industrie, in zweiter Linie Deutschland und andere, aber Italien schon mal deutlich weniger. Italien ist aber der größte Beitragende zu ExoMars. Deren Interesse an der Finanzierung an einer Rakete wäre also Null gewesen.

      Die Franzosen hätten entweder die Zusatzsumme weitgehend selbst drauflegen müssen, oder aber, wenn die Italiener auch was drauflegen, etwas von dem Auftragsvolumen an anderer Stelle an Italien abgeben. Daran haben sie aber kein Interesse, denn beim Bau weiterer Ariane-Raketen wird ja kein Know-How geschaffen. Jede teilnehmende Nation will natürlich, dass im eigenen Land Hochtechnologie-Kapazität geschaffen wird.

      Die politische Komponente bei der Einbindung der Russen ist, dass Europa auch zuverlässige Partnerschaften mit anderen Ländern braucht. Die Kooperation mit den USA war, allemal im Rahmen von ExoMars, immer ziemlich zwiespältig. Die Europäer waren zwar an der Finanzierung kräftig beteiligt, wurden aber immer schön vom kritischen Pfad fern gehalten. Partnerschaft auf Augenhöhe sieht anders aus.

      Mit den Russen ist das anders. Realistischerweise sollte man schon mal sehen, dass es auch nicht mehr so viele Optionen für eine Partnerschaft gibt.

      Was die Rolle des Launch Service Providers angeht – ich finde Ihre Vorstellungen wenig überzeugend. Die Russen haben in der Kooperation mit den Europäern klar gemacht, dass sie nur an einer Zusammenarbeit interessiert sind, bei der sie wesentliche Komponenten beitragen können. Die Rolle des bloßen Zulieferers von Komponenten, gar noch einer fast schon am Fließband erstellten wie der Rakete, interessiert die nicht. Protons können die auch an andere verkaufen.

      Ohnehin sind die Raketenfirmen an diesen interplanetaren Missionen nicht wirklich interessiert. Dafür kriegen sie kaum mehr als für Standardstarts von Nachrichten- oder Erdbeobachtungssatelliten, haben aber deutlich mehr Stress. Jede Menge besonderer Anforderungen, non-Standard-Startprofile, ganz feste Startfenster, die nicht mal eben ein paar Wochen verschoben werden … ich bin sicher, wenn die sich rein an kommerziellen Erwägungen orientieren könnten, dann würden sie Aufträge für interplanetare Starts sogar sausen lassen. Aber weder in Amerika noch in Europa und schon gar nicht in Russland bestimmen allein kommerzielle Erwägungen das Geschäft der Raketenbetreiber.

  5. “We worked triple shifts; we worked seven days a week. And you see the result.”

    Das muss nicht gleich heißen, dass es in die Hose geht – bei Rosetta wurden einige Instrumente auch wirklich auf den alleraller letzten Drücker zusammengeschraubt und es hat auch prima geklappt. Ideal ist es aber sicher nicht.

  6. “Daher “semi-hart”. […] aber dennoch auch für den 2018 zu startenden europäisch-russischen Mars-Rover nochmals zum Einsatz kommen wird.”

    Das ist nicht richtig! Das Exomars 2018 Landegerät wird mit ähnlicher vertikaler und horizontaler Geschwindikeit – also genauso “weich” – landen wie z.B. Phoenix.

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