ESA gibt Exoplanetenjäger PLATO den Vorzug

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Die europäische Raumfahrtbehörde ESA hat jetzt die dritte und letzte der mittelgroßen (“M-Class”) Missionen aus ihrem Programm Cosmic Vision 2015-2025 ausgewählt. Im Rahmen dieses Programm wurden die wissenschaftlichen Missionen festgeklopft, die bis Mitte der 20er Jahre gestartet werden. Der glückliche Sieger hört auf den Namen PLATO (Planetary Transits and Oscillations of Stars).

Die Aufgabe von PLATO ist die Suche nach Exoplaneten. Die Sonde wird im Jahr 2024 auf einer Sojus-Fregat-Rakete gestartet und in einer Bahn um den Lagrange-Punkt L2 positioniert werden. Sie ist mit 34 kleinen Teleskopen mit relativ geringer Brennweite und deswegen großem Sichtfeld ausgerüstet, mit denen über Monate hinweg konstant in jeweils denselben Bereich des Himmels gestarrt wird. Die Anwesenheit von Exoplaneten, also Planeten um andere Sterne, soll miittels der Transitmethode festgestellt werden. Dazu misst man das geringe Absinken der Helligkeit des Sternenlichts bei Vorbeiziehen eines seiner Planeten.

Dieser Methode bedienen sich bereits das französische Asteroseismologie- und Exoplanetenteleskop CoRot sowie die geplante Mission Cheops, deren Arbeit PLATO mit modernerer Technik fortführen wird. Der heilige Gral der Exoplanetenforscher ist natürlich die Suche nach erdähnlichen, d.h., kleinen, felsigen Planeten in der habitablen Zone, d.h., schon recht weit vom Zentralgestirn entfernt. Diese sind viel schwieriger zu finden als die mittlerweile massenhaft bekannten heißen Jupiters – große Gasriesen auf sehr niedrigen Bahnen.

Mit der Auswahl dieser M-3-Mission fielen natürlich die anderen Kandidaten um diesen Posten hinten ‘runter. Deswegen macht man ja eine Auswahl: um aus einer Vielzahl von Kandidaten den zu küren, der den Job kriegen soll. Die unterlegenen Bewerber waren:

  1. ECHO, mit dem die Atmosphären von Exoplaneten spektroskopisch analysiert werden sollten
  2. LOFT, ein Röntgenteleskop, mit dem die Eigenschaften von Materie insbesondere in der Umgebung von schwarzen Löchern untersucht werden sollte. Von LOFT wurde behauptet, dass es sich auch zur Suche nach dunkler Materie eignen würde.
  3. STE-QUEST, eine Mission aus dem Bereich der fundamentalen Physik
  4. Marco Polo R, eine Mission zur Entnahme und Rückführung von Bodenproben aus einem priomitiven, also seit Entstehung des Sonnensystems weitgehend unveränderten erdnahen Asteroiden. Der aktuelle Zielasteroid ist 2008 EV5

Die Auswahl einer Mission ist immer ein komplexer Prozess, bei der nicht nur der wissenschaftliche Wert zählt, sondern auch die Wahrscheinlichkeit, dass Zeit- und Budgetrahmen eingehalten werden, die Kontinuität der Forschung in einem gewissen Bereich. Nicht zuletzt ist aber auch der Proporz zwischen den Hauptthemen der Weltraumforschung von Belang. Da gibt es die weltraumgestützte Astronomie, die reine Physik und die Sonnensystemforschung. Jetzt ist auch noch die Exoplanetenforschung hinzu gekommen.

Allein schon anhand der ausgewählten L, M1 und M2-Missionen man schon mit gewisser Wahrscheinlichkeit sagen, wer für die M3-Stelle in Frage kommt und wer eher nicht. Zum einen will man vermeiden, dass ein Bereich auf Kosten anderer übermäßig bedacht wird. Zum anderen will man auch nicht die Chancen einer Mission schmälern, für die man sich in der nächsten Runde gute Chancen auf einen L-Platz, also eine Flaggschiffmission ausrechnet, indem man zuvor eine ähnliche, aber kleinere M-Mission durchwinkt. Hier verwischen sich die Grenzen zwischen Wissenschaft und Politik.

2012 wurde die L-Mission gekürt: JUICE wird das Jupitersystem erkunden, vor allem die galileischen Monde Callisto und Ganymed. Das ist eine planetare Mission, also würde es wohl von vorneherein eng werden für Marco Polo R.

M1 ist Solar Orbiter, bei der es um die Sonne und die Heliosphäre geht. Zwar nicht wirklich ein Observatorium, aber eben doch nahe an praktischen Fragen der Astrophsyik und eine direkte Ergänzung der beobachtenden Astronomie.

M2 ist EUCLID: Da geht es um alles mögliche kosmologische Zeugs. Da hat STE-QUEST dann wohl ein Problem.

Jetzt bleiben eigentlich nur noch zwei Kandidaten, aber dann gibt es ja auch noch die anderen genannten Kriterien. Eine allzu schwere Rateaufgabe war das nicht, und ich hatte es richtig geraten und eine Wette gewonnen. Ehrlich gesagt, mir wäre es lieber, ich hätte verloren und Marco Polor R wäre gewählt worden, aber wirklich geglaubt habe ich daran nicht. Die Amerikaner werden OSIRIS-REx ins Rennen schicken und die Japaner Hayabusa-2, da ist es objektiv gesehen nicht unbeding sinnvoll, wenn die Europäer mit einer “Wir auch”-Mission kontern.

Ich habe aber immer noch die Hoffnung, eine unserer Missionen zu einem Asteroiden zu erleben, und zwar im Rahmen des Projekts AIDA, einer Zusammenfassung der Missionen DART von NASA/APL und AIM der ESA zur Demonstration einer Asteroidenabwehr durch gezielte Kollision, falls das jemals umgesetzt wird.

Dazu bald mehr.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

14 Kommentare

  1. PLATO scheint gut gerüstet für die Entdeckung von erdähnlichen Planeten, die auch in erd-ähnlicher Entfernung um ihren Zentralkörper kreisen. Wer aber der erste ist, der eine zweite Erde entdeckt, wird wohl für immer in Erinnerung bleiben. Deshalb ist es nur logisch, dass PLATO das Rennen gewann.
    Jetzt muss die Mission nur noch möglichst bald beginnen, damit PLATO niemand anders zuvorkommt.
    PLATO entdeckt Zweite Erde. Das wäre doch eine Schlagzeile!

    • Jetzt muss die Mission nur noch möglichst bald beginnen, damit PLATO niemand anders zuvorkommt.

      Das ist ein Scherz, oder?
      Die Mission soll 2024 bzw. mit der Raumfahrtobligatorischen Verzögerung frühestens 2026 kommen. Wenn man sich ansieht, wie viele Exoplaneten vor 10 Jahren bekannt waren gegenüber heute und welche Fortschritte die Messtechnik machte, wäre ich vorsichtig, was die genannte Schlagzeite angeht.

      • Nach Kepler gibts vorerst keinen Exoplaneten-Jäger mehr im Raum. Damit auch keine Exoplaneten-Entdeckungen (ausser vielleicht ein paar wenige von erdbasierten Teleskopen). Es gibt allerdings eine neues Projekt. Dieser PLATO-Konkurrent kommt von der NASA und heisst TESS (Transiting Exoplanet Survey Satellite. Er soll schon 2017 abheben. TESS kann aber weniger als PLATO. Man liest “TESS is predicted to discover 1,000 – 10,000 transiting exoplanet candidates which are Earth-sized or larger, with orbital periods of up to two months”. PLATO dagegen soll vor allem auf die habitablen Zonen um Sonnen herum “aberichtet” sein und wird also auch Planeten, die ein Erdenjahr oder länger für eine Umrundung ihrer Sonne benötigen, auspüren können.Man liest: ” Extending the bulk characterisation towards cool terrestrial Earth-sized planets on Earth-like orbits will be unique to PLATO and key to answering the question: how unique is our Solar System?”

  2. Sehr interessant.
    Aber ich muss jetzt mal kurz in den “pingel-modus” gehen, ich habe nämlich Tippfehler entdeckt…
    Da wäre zunächst einmal die “Sojus-Fregat-Rkete”. Dann soll “miittels derTransitmethode…” – da ist ein “i” zuviel und ein Leerzeichen zu wenig. Und im nächsten Satz bei der “Helliigkei” wieder ein “i” zuviel.
    *Pingel-modus off*

    Ansonsten: Wieder mal eine Sonde im L2, aber da ist ja auch genügend Platz, und Gaia dürfte zu der Zeit längst nicht mehr dort sein, sondern wahrscheinlich auf einem Kurs sonstwohin im Universum oder auf einer Bahn um die Sonne, so wie Herschel jetzt schon.

    Dann wäre da noch die Sache mit der zweiten Erde: Ich glaube, da müssten dann aber noch einige spektroskopische Untersuchungen folgen, bevor man sich da halbwgs sicher sein kann. Und wer weis, ob man für diese spektroskopischen Untersuchungen nicht eine Art Hubble mit einem Spiegel der 5 meter Klasse benötigt…

    • 2024 wird JWST bereit sein für spektroskopische Untersuchungen an vermuteten zweiten Erden. Und vor 2024 wird PLUTO nicht gestartet. Das zu

      bevor man sich da halbwgs sicher sein kann. Und wer weis, ob man für diese spektroskopischen Untersuchungen nicht eine Art Hubble mit einem Spiegel der 5 meter Klasse benötigt…

      Fett dargestellt sind die Wörter, die mir im Pingelmodus aufgefallen sind.

    • Danke für die Hinweise auf Tippfehler, ich habe sie schon umgesetzt.

      Was die spektroskopische Untersuchung angeht, da ist wirklich die Frage, was man braucht. Es hängt wohl in erster Linie mal davon abm was man sich vornimmt. ECHO wollte heiße Jupiters untersuchen, also Gasriesen mit entsprechend hoher Leuchtkraft, sowie Supererden um sehr leuchtschwache Sterne. Das ist schon mal eine erhebliche Einschränkung. Ein 5-Meter-Spiegel kann niemals mit einer Sojus und vielleicht gerade so eben mit einer Ariane gestartet werden, das würde aber das Budget einer M-Mission sprengen. Auch ein faltbarer Spiegel würde gleich wieder zu Kosten führen, die mit einer M-Mission nnicht zu vereinbaren sind. Daher wohl die Einschränkung.

      Mit den eingeschränkten Missionszielen ist es aber schwieriger, gegen die anderen Kandidaten anzustinken, wobei erst noch einmal zu klären wäre, ob denn das Erreichen wenigstens dieser Ziele überzeugend dargelegt werden kann.

      • Naja, der 5-MeterSpiegel war auch eher aus der Luft gegriffen und sollte nur verdeutlichen, dass man einen grösseren Spiegel braucht um möglichst hoch aufgelöste Spektrogramme zu bekommen, aus denen man dann weitere Informationen ableiten kann.

        • Möglicherweise nützt ein größerer Spiegel nichts, sondern es muss ein interferometrisches Verfahren mit einer Anzahl von Teleskopen in genau definiertem Abstand eingesetzt werden. Damit könnte der alles überstrahlende Zentralstern durch Auslöschung “ausgeknipst” werden und es bleibt das um Größenordnungen schwächere Licht der ihn umkreisenden Exoplaneten. Das war das zugrundeligende Konzept beim Missionsvorschlag für die Exoplaneten-Suchmission DARWIN. Stichwort “Nulling Interferometry”.

          • Möglicherweise nützt ein größerer Spiegel nichts, sondern es muss ein interferometrisches Verfahren mit einer Anzahl von Teleskopen in genau definiertem Abstand eingesetzt werden.

            Ah ja, okay. – Nur mit Interferrometrie hab ich mich noch nicht wirklich beschäftigt; – von daher hab ich auch nur begrenzte Ahnung, was man damit machen kann und was nicht…

          • Was man damit machen kann, ist sicher eine ganze Menge, aber das Problem ist halt, was man erst mal prinzipiell machen muss, damit man damit überhaupt was machen kann. Und man muss eben eine Anzahl von Satelliten starten. Mindestens 2, mit jeweils einem Teleskop an Bord und einer Lasermesseinrichtung, um die Position relativ zu einander ganz genau bestimmen zu können, und mit extrem fein wirkenden Triebwerken an Bord, um die Position auch genau halten zu können.

            Ich will nicht sagen, dass das nicht geht, aber eine M-Mission hart nun einmal einen eher limitierten Budgetrahmen. Nur eine mittelgroße Rakete. Eine Sojus schafft gut 2 Tonnen zum L2-Punkt. Das oben klingt nach einer L-Mission, mit einer großen Rakete und mit ausreichendem Budget, um die erforderliche Technologieentwicklung voranzutreiben.

            Ich fände es schon gut, wenn es so etwas gäbe. Es ist aber nicht realistisch, das als mittelgroße Mission zu versuchen.

  3. Das James Webb Space Telescope wird mit einem Koronographen zur Beobachtung von Exoplaneten ausgerüstet sein.

    Naja, das JWST muss auch erst mal fertig und gestartet werden. – Das gilt laut Wikipedia zur Zeit als gesichert, und könnte in 2018 gestartet werden. – Könnte, sofern der US-Kongress es sich zwischendurch nicht wieder anders überlegt. Und da kann man ja nie sicher sein, denn eigentlich hätte es in diesem Jahr schon starten sollen.

    Daneben wird aber auch noch das E-EELT erwähnt, ein erdbasiertes 39 Meter-Teleskop, dessen Bau beschlossen aber noch nicht gestartet wurde.

    Dazu hab ich vor längerer Zeit mal einen Artikel gelesen, den ich so gedeutet habe, dass die Arbeiten inzwischen schon begonnen hätten. Deshalb wurde ich durch diese Aussage stutzig und hab mich durch die entsprechenden Seiten der ESO gewühlt. Ergebnis: Stimmt, die Bauarbeiten am zukünftigen Standort haben noch nicht begonnen, aber die sollen im März los gehen, wie einer Pressemitteilung vom Ende letzten Jahres zu entnehmen ist.

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