Erste Bilder vom Kometen Hartley 2

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Heute um 15:00 MEZ flog die NASA-Sonde Deep Impact auf ihrer jetzt zu EPOXI umgetauften Mission in 700 km Abstand am Kern des Kometen 103P/Hartley 2 vorbei. Dabei schoss das Kamerasystem Bilder wie eine ganze Busladung japanischer Touristen, die vorgesehene Ausbeute des Vorbeiflugs beläuft sich auf 118,000 Einzelaufnahmen 

Erste Bilder sind bereits auf der EPOXI-Webseite zusehen. Sie erinnern stark an den Asteroiden Itokawa, den die japanische Sonde Hayabusa besuchte. Aber ein Komet ist ganz anders aufgebaut, für das auffallend flache Gebiet um die Wespentaille werden hier eher kohäsive Kräfte verantwortlich sein. Beeindruckend finde ich die Anzahl der Jets.

Die meisten Bilder sind noch aus der Anflugphase. Die hier oben gezeigte wurde allerdings schon 17 Sekunden nach TCA (Time of closest approach) aufgenommen. Neue Bilder werden dort eingestellt, sobald sie verfügbar sind. Bitte checken Sie die Missions-Webseite auch in den kommenden tagen immer wieder. Laut “Flyby Fact Sheet” auf der Missionswebseite wird das Herunterladen weiteren Materials noch die kommenden Tage in Anspruch nehmen. Was wir heute gesehen habem war nur ein erster Vorgeschmack!

Nachtrag: Vor 40 24 Jahren – Giotto bei Halley

Dieser Film wurde aus den Aufnahmen der “Halley Multicolour Camera” an Bord der ESA-Raumsonde Giotto bei seiner Begnegnung mit dem Kometen 1P/Halley erstellt. Giotto flog damals im Abstand von 596 km am Kern vorbei,geplant waren zunächst sogar 250 km. Auch hier sieht man deutlich lokalisierte Jets, was damals eine wissenschaftliche Sensation war. Diese Beobachtung stellte das bis dahin geltende Modell des schmutzigen Schneeballs infrage. Bei Halley sind es allerdings weniger, dafür aber größere als beim viel kleineren Hartley 2.  

Weitere Information

EPOXI-Webseite der University of Maryland

EPOXI-Webseite der NASA

Pressemitteilung vom 4.11.2010 zum Vorbeiflug auf der NASA-Webseite. Daraus stammt diese Montage aus fünf Aufnahmen während des Vorbeiflugs:

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

12 Kommentare

  1. “Sie erinnern stark an den Asteroiden Itokawa” – dache ich auch im ersten Moment, bevor ich deinen Text gelesen habe! Das wäre doch wieder ein Ansatz für eine nette kleine Verschwörungsttheorie 🙂

  2. Jets und Form
    @Lichtecho:

    Das mit den lokalisierten Jets war schon damals bei Halley festgestellt worden. Beeindruckend ist es allemal. Es wird wirklich mal Zeit für eine in-situ-Untersuchung. Naja, nur noch 4 Jahre ….

    @Andreas Schnabel:

    Die Form erinnert in der Tat an Borelly. An den Asteroiden Itokawa erinnert dagegen das Gebiet in der Mitte, das sich durch seine Glattheit von den anderen Regionen unterscheidet.

  3. Nur ‘Geröll’?

    Hatte die ’40 Jahre’ seit Giotto gleichfalls überlesen – man ist halt so alt, wie man sich fühlt…. 😉

    Dagegen lässt sich ja etwas machen – zum Beispiel im jugendlichen Leichtsinn die kühne Vermutung zu äußern, dass die hoffentlich noch folgenden Bilder höherer Auflösung nicht nur ‘Steine und Staub’ auf den Endpartien des Hundeknochens zeigen werden, sondern auch schlotartige ‘vents’, aufgebaut aus mit den Jets an die Oberfläche transportiertem Material….

    …Und die glatte Oberfläche des Sattelbereichs zwischen den Aktivitätsgebieten rührt von Staubablagerungen her, die die darunter liegende ‘feste’ Oberfläche bedecken. Die besser aufgelösten Aufnahmen werden aber auch dort topographische Details zeigen.

    Die von E. Lakdawalla geäußerte Idee einer Art gravitativ modellierten ‘Sandbank’ zwischen den Komponenten eines binären Kontaktsystems ist zwar interessant, ich halte die Erklärung durch schlichte Ablagerungen aber für näher liegend. Bald wissen wir mehr.

  4. @Gunnar

    …Und die glatte Oberfläche des Sattelbereichs zwischen den Aktivitätsgebieten rührt von Staubablagerungen her, die die darunter liegende ‘feste’ Oberfläche bedecken.

    Das halte ich für plausibel. Die Oberfläche dürfte dank des Reichtums an Kohlenwasserstoffen eine gewisse Klebrigkeit aufweisen, wie Teer. Allemal bei der Temperatur, die sich dank der niedrigen Albedo bei nur 1.06 AE Sonnenabstand einstellen dürften. Alles, was darauf hinunterschwebt, bleibt haften.

    Die Oberfläche ist, vermute ich, nicht einfach nur “fest” in Anführungsstrichen, sie muss wirklich eine beträchtliche Festigkeit aufweisen. Sonst würde der Kometenkern an vielen kleinen Stellen ausgasen, nicht nur an den definierten Jets. Ein so kleiner Kern hat keine so große Wärmekapazität wie ein großer (Halley, Hale Bopp etc.) und er hat auch, relativ zum Volumen, viel mehr Einstrahlfläche, nimmt also pro Volumen sehr viel mehr Wärme auf.

    Folglich muss sich da ziemlich schnell ein erheblicher Druck aufbauen. Wenn der Kern trotzdem so brav zusammenhält und hier nicht den Encke macht (oder den Holmes, oder den Schwassmann-Wachmann 3), dann ist die Kruste reißfest.

    Was hält den Kometen denn sonst zusammen? Die Gravitation nicht, und die Kohäsion des eher fluffigen Materials im Inneren schon gar nicht.

    Die von E. Lakdawalla geäußerte Idee einer Art gravitativ modellierten ‘Sandbank’ zwischen den Komponenten eines binären Kontaktsystems ist zwar interessant, ich halte die Erklärung durch schlichte Ablagerungen aber für näher liegend.

    Bereits die Theorie eines Kerns, der aus zwei zusammengeklebten Einzelkörpern besteht, erscheint mir nicht vereinbar mit dem, was wir sehen. Wie sollte sich da eine so massive Kruste über der Kontaktstelle gebildet haben, dass da keinerlei Jets zu sehen sind? Die Kontaktstelle müsste die schwächste Stelle der Kruste darstellen.

    Die Frage ist, wieso wir überhaupt so eine Einschnürung sehen. Ob man das abschließend beantworten kann, werden wir sehen.

    Ich meine, man muss im Kopf behalten, dass ein Kometenkern pro Periheldurchgang rund 1% seiner Masse verliert. Das ist eine gewaltige Menge, und sie muss der dominierende Faktor bei der Formung der Oberfläche darstellen.

  5. Das erste Video vom P103-Vorbeiflug …

    … ist gerade hier veröffentlicht worden – bei Giotto musste man noch Monate warten (sah damals die erste Animation der HMC-Bilder auf der Halley-Tagung in Heidelberg im Oktober 1986; die ESA hatte eigens einen Beamer von der Größe eines Kleinwagens angekarrt). Schon vorher geisterten übrigens einige per Morphing aus den oben gezeigten 5 Nahaufnahmen erstellte beeindruckende Hartley-Videos durch’s Web, eins sogar in 3D, aber ich glaube, wenn ich mehr als einen Link in der Antwort habe, wird sie vom System verschluckt …

  6. Alle Videos vom Flyby in einem Posting

    Nämlich diesem hier – ein Grund, mal zu lernen, wie man Videos embedded. Jetzt fehlen noch die ganz scharfen Bilder.

    P.S. @SysOp: Das Captcha-Bild ist diesmal erst beim 4. Refresh zu erkennen gewesen – das gehört wirklich mal besser programmiert!

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