Beschreibung des Bergkristalls nach Plinius

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Was die Steine erzählen und wie wir sie verstehen lernten
Geschichte der Geologie

Plinius der Ältere war römischer Offizier und Naturforscher, der beim Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 umkam. Berühmt wurde er durch eine Enzyklopädie in der er das Wissen seiner Zeit zusammenfasste. Darin beschreibt Plinius auch den Bergkristall, den die Römer aus den Alpen kannten, als eine besondere Form von Eis:

„Eine gegenteilige Ursache bringt den Kristall hervor. Durch starkes Gefrieren wird er verdichtet; jedenfalls findet man ihn nur dort, wo die winterlichen Schneefälle die eisigsten sind, und es steht fest, dass es sich um Eis handelt…Damit er entsteht, sind Regenwasser und reiner Schnee unerlässlich; auch verträgt er keine Wärme und man bedient sich seiner zur Kühlung von Getränken….Wir können mit Sicherheit angeben, dass er [der Bergkristall] in den Felsen der Alpen entsteht, oft an so unzugänglichen Orten, dass man ihn an einem Seil hängend herauszieht.“

„Warum er mit sechs Ecken an den Seiten wächst, davon kann nicht leicht ein Grund aufgefunden werden, um desto weniger, weil seine Spitzen nicht immer dieselbe Gestalt haben, und die Glätte seiner Flächen so vollendet ist, dass keine ihr gleichkommen kann.“

Credit: Bressan David Eine rekonstruierte Alpine Kluft mit Quarzkristallen.

Die Vorstellung das es sich bei Bergkristall um ewig gefrorenes Wasser handelt, hielt sich weit bis ins 16. Jahrhundert. Der Schweizer Geograph Josias Simler (1530-1576) schreibt „Falls nun diese Auffassung der Klassiker…zutrifft, ist es kein Wunder, dass man in den Alpen, die durch ewigen Schnee gehärtet wurden, prachtvolle Kristalle in großer Zahl findet: denn dort gibt es eine Masse an altem Eis; ob dies nun unverändert bleibt, ob es als Wasser oder, wie andere meinen, als eine besondere Flüssigkeit abfließt, jedenfalls kondensiert es im Boden unter der Wirkung der Kälte und versteinert.“ Allerdings zweifelt bereits Georgius Agricola (1494-1555) teilweise diese Theorie an, da er Regenwasser oder Schnee als Ursprung des Bergkristalls ausschließt. „Also ist der Kristall ein Gemenge, das, wie ich in den Büchern Die Entstehung der Stoff im Erdinneren geschrieben habe, die Kälte innerhalb der Erde hat fest werden lassen.

Wasser spielt tatsächlich eine Rolle bei der Bildung von Kristalle, allerdings bei ganz anderen Temperaturen als Plinius dachte. Um die 750-650°C, Temperaturen die in der Tiefe der Erdkruste herrschen können, bildet Wasser eine überkritische Phase aus (ein Zustand zwischen flüssig und gasförmig). Diese Phase ist sehr effektiv in Lösung von Elementen aus dem Muttergestein und Stofftransport, zwei Faktoren die das Kristallwachstum fördern. Es bilden sich daher große Kristalle aus, meist in Form von Verwachsungen von verschiedenen Mineralien, oder seltener, als freie und gut ausgebildete Kristalle die in den verbleibenden Klufthohlraum hineinreichen. Die Kluft wird im Laufe der geologischen Zeit durch tektonische Kräfte in die Höhe gehoben. Verwitterung legt schließlich die Kluft frei und mit viel Glück findet der Mineraliensucher einen der begehrten Alpen-Bergkristalle.

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David Bressan ist freiberuflicher Geologe hauptsächlich in oder, wenn wieder mal ein Tunnel gegraben wird unter den Alpen unterwegs. Während des Studiums der Erdwissenschaften in Innsbruck, bei dem es auch um Gletscherschwankungen in den vergangen Jahrhunderten ging, kam das Interesse für Geschichte dazu. Hobbymäßig begann er daher über die Geschichte der Geologie zu bloggen.

1 Kommentar

  1. Plinius Spekulation über die Kristallentstehung (durch “Gefrieren”) offenbart zwei Dinge
    1) die alten Römer wussten praktisch nichts über Kristalle und es gab wohl keine Römer (oder Griechen?) die Kristalle züchteten
    2) Zu jeder Zeit können die Gescheiten (zu denen Plinius gehörte) alles erklären – oder sie meinen mindestens, alles erklären zu können. Man findet in alten, aber auch in neuen Texten selten das Zugeständnis, man wisse etwas nicht. Es scheint zu gelten: Lieber “Fake news” als “No news”.

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