Fusion – Die neue Energie?

BLOG: Formbar

Plasmen im Mittelpunkt
Formbar

Diese Frage versuchte Prof. Thomas Klinger vor 2 Wochen auf einem öffentlichen Abendvortrag in Kiel zu beantworten. Anlass war die Frühjahrstagung der DPG, genauer gesagt, die der Fachverbände Plasmaphysik und Kurzzeitphysik. Als Leiter des Forschungsprogramms am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Greifswald bringt Herr Klinger die nötige Expertise mit, sich dieser Frage im Detail zu stellen.

Der Wunsch nach einer (nach menschlichen Maßstäben) unerschöpflichen Energiequelle wurde bisher oft als Motivation für die Kernfusionsforschung genannt. Mal davon abgesehen, dass schon der Gedanke alleine, einen Stoff zu erzeugen, der heißer als das Sonnenzentrum ist und diesen dann auch noch zu verstehen, Motivation genug ist, so wird die Kernfusion in den letzten Jahren zunehmend als ein möglicher Ausweg aus der Energiekrise genannt. Aber gibt es die Energiekrise, dieses Problem in der Energieversorgung denn wirklich?

Dazu zunächst ein paar Zahlen: Der weltweite Bedarf an Primärenergie betrug 2008 ungefähr 500 EJ, der Buchstabe E steht hierbei für Exa und entspricht 1018 oder einer Trillion. Diesem Energiebedarf entspricht eine mittlere Leistungsaufnahme von 15 Terawatt für das Jahr. Wer sich mit den Zahlen im Detail beschäftigen will, dem empfehle ich den Bericht der Internationalen Energieagentur, den von BP oder von Shell.

Vergleicht man verschiedene Staaten miteinander, so finden sich teilweise beträchtliche Unterschiede, zum Beispiel Bangladesh mit 214 W pro Einwohner gegenüber Deutschland mit 5600 W (für 2003). Setzt man die durchschnittliche Leistung pro Einwohner mit dem jeweiligen Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner in Zusammenhang, so ergibt sich (für das Jahr 2003) folgendes Bild:

BIP als Funktion der aufgenommenen Leistung für 2003

Bip pro Einwohner gegen Leistung pro Einwohner für 2003, Zahlen für die BIPs vom Internationalen Währungsfond und für die Leistungen von wikipedia. Grafik: Alf Köhn, CC BY-SA

Zunächst fällt auf, dass sich die meisten Staaten links unten im Diagramm befinden, was einem niedrigen BIP und einem geringen Bedarf an Primärenergie entspricht. Dann fällt der grobe Trend auf, dass mit steigendem BIP auch die Leistungsaufnahme steigt. Steigt nun die Wirtschaftsleistung der ärmeren Länder, so wird auch ihr Energiebedarf wachsen. In Europa beträgt die mittlere Leistung pro Kopf in etwa 3,5 kW. Gesteht man diesen Wert dem Rest der Welt ebenfalls zu und geht von einer Bevölkerung von 10 Mrd. Menschen im Jahre 2050 aus, so ergibt das ein Gesamtleistung von 35 TW. Die Energiefrage ist komplex und ich will hier nicht im Detail darauf eingehen, sondern nur darauf hinaus, dass der Bedarf an Energie steigen wird einfach aufgrund der Tatsache, dass die Länder mit geringem BIP dieses steigern werden. Diesen Energiehunger wird man kurzfristig wohl nur durch fossile Energieträger stillen können. Langfristig funktioniert das nicht, da fossile Brennstoffe knapper und damit irgendwann auch teurer werden. Deswegen muss der Ausbau der erneuerbaren Energien weiter vorangetrieben werden. Allerdings ist es fraglich, ob erneuerbare Energien alleine ausreichen werden. Daher braucht man weitere Optionen und die Kernfusion bietet sich hier als langfristige Lösung an.

Bei der Kernfusion bringt man Atomkerne dazu miteinander zu verschmelzen. Das Produkt der Verschmelzung wiegt weniger als seine Bestandteile, Stichwort Massendefekt. Diese Massendifferenz entspricht einer Energie, die man in einem entsprechenden Kraftwerk nutzen kann, um zum Beispiel mittels eines Wärmetauschers Wasser zu verdampfen, mit dem Wasserdampf eine Turbine anzutreiben und so Strom zu erzeugen. Die Kernfusion funktioniert auf der Sonne bereits seit vielen Milliarden Jahren, auf der Erde ist es allerdings bisher noch nicht gelungen, sie zur Energiegewinnung zu nutzen. Das liegt daran, dass die Atomkerne extrem viel Energie haben müssen um miteinander zu fusionieren und eine bestimmte Mindestzeit in unmittelbare Nähe zueinander verbringen müssen. Bei diesen Energien, einigen Millionen Kelvin, befindet sich die Materie im Plasmazustand und der Einschluss eines solch heißen Plasmas ist nicht ganz unproblematisch.

Es gibt im wesentlichen zwei verschiedene Konzepte ein Plasma zu erzeugen, in welchem in ausreichendem Maße Fusionsprozesse ablaufen. Eines ist die Trägheitsfusion, manchmal auch Inertialfusion genannt, die im Fischblog bereits vorgestellt wurde. Es geht, kurz gesagt, darum, mittels extrem starken Laserpulsen Materie so stark zu komprimieren, dass der Fusionsprozess einsetzt. Ich werde hier nicht weiter auf dieses Konzept eingehen, sondern mich auf das andere beschränken: Bei diesem macht man sich die Eigenschaft zu nutze, dass ein Plasma im wesentlichen aus Ladungsträgern besteht, deren Bewegung man durch externe Magnetfelder beeinflussen kann. Durch einen Magnetfeldkäfig zwingt man das Plasma also auf eine torusförmige Bahn, um die Berührung mit der Wand des umgebenden Gefäßes zu verhindern, durch welches das Plasma Energie verlieren würde. Mit Mikrowellen und anderen Arten von Plasmaheizungen führt man dem Plasma dann soviel Energie zu, bis die Fusion zündet. Dieser Zündfunke wird ungefähr einer Leistung von 100 MW entsprechen.

Das einschließende Magnetfeld kann durch zwei grundsätzlich verschiedene Arten erzeugt werden. Eine Möglichkeit besteht darin, einen starken Strom im Plasma zu treiben, der dann einen Teil dieses Magnetfeldes generiert. Dieser Strom wird induziert, das Plasma stellt quasi die Sekundärwicklung in einem Transformator dar. Diese Art von Fusionsreaktor bezeichnet man als Tokamak. In Frankreich befindet sich momentan der Tokamak ITER im Bau, der die letzte Stufe auf dem Weg zu einem Prototypen eines Fusionsreaktors, darstellen soll. Das erste Plasma in ITER ist für 2018 geplant.

Bei dem Stellarator wird das einschließende Magnetfeld komplett durch externe Magnetfeldspulen erzeugt, man ist also nicht auf einen riesigen Transformator angewiesen, wie beim Tokamak. Das Transformatorprinzip bedingt einen Pulsbetrieb beim Tokamak, da nur durch kontinuierliches Hoch- und Herunterfahren des Transformators ein Strom im Plasma induziert wird. Diese Beschränkung existiert beim Stellarator nicht. Die Experimente dieses Typs befinden sich eine Generation hinter den Tokamaks, da man erst seit den 1980er Jahren in der Lage ist, die komplexe Form der Magnetfeldspulen korrekt zu berechnen. Der weltweit größte Stellarator W7-X wird momentan in Greifswald gebaut und soll 2014 fertig sein. In dem folgenden Video kann man den Aufbau des Experimentes als Zeitraffer verfolgen.


Zeitraffer des Aufbaus von W7-X im Zeitraum von 10/2009 bis 11/2010.

Der eigentliche Fusionsprozess ist bei allen Konzepten gleich: Deuterium fusioniert mit Tritium zu einem Heliumkern unter Freisetzung eines Neutrons und einer Energie von 17.6 MeV. Deuterium kommt in ausreichendem Maße in Wasser auf der Erde vor, Tritium hingegen ist mit einer Halbwertszeit von ca. 12 Jahren radioaktiv und kommt deswegen auf der Erde praktisch nicht vor. In einem Fusionsreaktor wird es daher durch die Reaktion eines Neutrons mit Lithium erzeugt, das in bestimmten Wandmodulen, den Blankets, enthalten ist. Der Reiz eines Fusionskraftwerkes besteht vor allem in der hohen Energiedichte des Brennstoffes, so entspricht die Energie, die aus ca. 800 g Deuterium-Tritium gewonnen werden kann, derjenigen aus ca. 10000 Tonnen Kohle.

DT - Fusion

Deuterium-Tritium Fusion, Quelle: wikipedia.

Auch wenn der Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtenergiemix zukünftig wachsen wird, so denke ich nicht, dass man auf große Grundlastkraftwerke verzichten kann. Fusionskraftwerke könnten dann eine attraktive Option für eine solche Grundlast sein. Option ist überhaupt ein wichtiger Begriff, denn bei der globalen Energiekrise, die vermutlich auf uns zukommen wird, müssen wir sämtliche Optionen nutzen. Auch deshalb stehen finanzstarke Länder wie Deutschland in der Verantwortung bzw. in der Pflicht, sich um Antworten zu kümmern in dem sie entsprechende Forschungsprojekte unterstützen. Daher sind Projekte wie W7-X auch so wichtig und, zurückkommend auf die Eingangsfrage, denke ich, dass die Fusion einfach zu attraktiv ist, als dass wir es uns leisten könnten, nicht alles zu versuchen, sie als Energiequelle nutzbar zu machen!

Avatar-Foto

Veröffentlicht von

Alf Köhn-Seemann hat in Kiel Physik studiert und in Stuttgart über Mikrowellenheizung von Plasmen promoviert. Von 2010 bis 2015 war er dort als Post-Doc tätig. Nach mehreren Forschungsaufenthalten im englisch-sprachigen Raum, arbeitet er von 2015 bis Ende 2017 am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching. Seit Ende 2017 forscht und lehrt Alf Köhn-Seemann wieder an der Uni Stuttgart.

27 Kommentare

  1. Kernfusion funktioniert auf der Sonne…

    “Die Kernfusion funktioniert auf der Sonne bereits seit vielen Milliarden Jahren…” und auf der Erde brauchen wir sie auf absehbare Zeit nicht. Die Sonne hat gerade den richtigen Abstand zur Erde, die Erde hat einen gut funktionierenden Schutzschirm (Atmosphäre, Magnetfeld) um Leben wie wir es auf der Erde kennen zu erlauben.
    Das aktuelle “Restrisiko” bei hohen Energiedichten kann durchaus beachtlich sein. Siehe beispielsweise hier http://www.faz.net/-01qxyc .

  2. @Stefan Hippler

    Die Kernfusion darf man nicht mit der Kernspaltung in einem Topf werfen, was das Thema Sicherheit angeht.
    In einem Kernfusionskraftwerk befindet sich immer nur ca. 1g Brennstoff, das liegt an dem geringen Druck, bei dem das Plasma betrieben wird. Ein potentielles Kernfusionskraftwerk ist inhärent sicher, da das Plasma auf jede kleinste Störung von außen mit dem sofortigen Erlischen reagiert. Knallt das gesamte Plasma auf die Wand, so ist das zuerst einmal ärgerlich, weil das Plasma dadurch erloschen ist. Es handelt sich, wie gesagt, nur um ca. 1g Brennstoff.

    Außerdem entsteht kein Endlagerungsproblem, wie bei der Kernspaltung. Durch die Neutronen, die bei der Kernfusion entstehen, werden die Wände zwar teilweise auch aktiviert und dadurch radioaktiv, allerdings muss man die Materialien nur ca. 100 Jahre lagern bevor man wieder eine Gabel daraus machen kann. Und hier gibt es aktuelle Forschungen, diesen Zeitraum durch entsprechende Legierungen noch deutlich zu verkürzen.

    Man darf hier also nicht Äpfel mit Birnen vergleichen, denn der Faktor Sicherheit ist ein weiteres Argument, dass für die Kernfusion spricht.

  3. Sehr gute und kompakte Einführung

    Vielen Dank für die gelungene Präsentation der wesentlichen Information auf knappem Raum!

    Eine Frage noch zum Tokamak gegenüber dem Stellerator: Ich meine, mich erinnern zu können, dass es da auch Unterschiede in den techischen Lösungen zur “Abfuhr” der “Asche”, also des enstandenen Heliums gibt? Genau kann ich das aber nicht mehr erinnern.

  4. Solarkraftwerke im Weltraum

    Ich möchte vorausschicken, dass ich die Fusionsreaktoren durchaus als spannendes Thema ansehe.

    Ich möchte daher rein sachlich fragen, ob Solarkraftwerke im Weltraum im Bau und im Betrieb billiger als Fusionreaktoren sein können.

    Die Solarkraftwerke im Weltraum hätten natürlich den unfairen Vorteil, dass sie nur lange bewährte Technologien verwenden würden.

  5. @Karl Bednarik

    Ich möchte daher rein sachlich fragen, ob Solarkraftwerke im Weltraum im Bau und im Betrieb billiger als Fusionreaktoren sein können.

    Mit existierenden Raketen eher nicht. Die Startkosten pro kg sind einfach zu hoch. Aber mittlerweile tut sich da ja endlich etwas.

    http://spaceflightnow.com/news/n1104/04spacex/

    Orbitale Kraftwerke im geostationären Orbit haben den Vorteil der Skalierbarkeit. Man kann sie Stück für Stück erweitern, aber sie produzieren von vorneherein Strom. Die Frage ist, wie man den zur Erde bekommt, und die Antworten dazu haben alle noch deutliche Probleme.

  6. @Alf

    Danke für die Infos. Zu den Risiken: was passiert denn, wenn man die Fusion laufen lässt und die Neutronen ungehindert die Maschine verlassen? Bricht die Fusion automatisch ab, wenn die Neutronen nicht gehalten werden… sorry, ist schon so lange her, dass ich mich damit beschäftigt habe.

  7. Antworten

    @Michael Khan:
    in der Tat wurden da verschiedene Konzepte diskutiert, aktueller Stand ist aber sowohl bei Tokamaks als auch bei Stellaratoren, dass man die Helium-Asche auf sogenannte Divertor-Platten lenkt, dort wird das Helium neutralisiert und dann abgepumpt. Mit Herauslenken meine ich hier Transportprozesse, die man durch lokalisierte Heizung mit elektromagnetischen Wellen gezielt steuern will.
    Zur Heliumasche-Abfuhr sollen W7-X und ITER neue Erkenntnisse liefern bzw. bestehende Theorien und Modelle verifizieren (oder eben falsifizieren).

    @Karl:
    der Meinung des Experten habe ich nichts hinzuzufügen

    @Stefan:
    Das Plasma selber befindet sich in einem nahezu luftleeren Raum, das heißt es wird von einer dicken Stahlwand hermetisch umschlossen. Auf der Innenseite dieser Wand befinden sich die Neutronenfänger, auf der Außenseite die Magnetfeldspulen. Das ganze ist wiederum von einem Stahlmantel umgeben und dann befinden sich die Testreaktoren noch in Gebäuden mit sehr dicken Betonwänden. Hier verlässt kein Neutron die Experimentierhalle 😉

    Sollte es jetzt, warum auch immer, tatsächlich passieren, dass ein Großteil der Neutronen nicht von den Blankets aufgehalten wird und dort kein Tritium, also keinen neuen Brennstoff erzeugt, dann wird die Fusion in der Tat erlischen, da ja eine der beiden Zutaten fehlt.

  8. Viele Fusionsansätze

    Guter Artikel. Allerdings mit zu starkem Focus auf dem Magnetfeldeinschluss, also den Riesenmaschinen vom Typ Tokamak und Stellarator. Dabei gibt es mehrere sehr vielversprechende Alternativen. Dazu gehören nicht nur die Laserfusion (NIF,HYPER), sondern auch die Plasmajet driven Magneto-Inertial Fusion (PJMIF) (siehe http://nextbigfuture.com/…-magneto-inertial.html ) bei der Plasmajets auf ein magnetisch eingeschlossenes Target geschossen werden. PJMIF hat das Potential für Fusionsreaktoren, die Millionen anstatt Milliarden kosten. Aber auch die ZPinch-Fusion, bei der extrem hohe Ströme über die Lorentz-Kraft ein sich selbst komprimierendes Fusionsplasma schaffen, ist vielversprechend.

    In der Fusionsforschung hat man meiner Ansicht nach zu früh zu viel Geld in einige wenige, dazumal vielversprechende Ansätze gesteckt. Der Tokomak-Ansatz, der mit dem ITER-Projekt verfolgt wird, wird wohl nie kommerziell attraktiv werden, da zu gross und zu komplex. ZPinch-Fusion (siehe http://nextbigfuture.com/…awatts-and-beyond.html ) oder Plasma-Jet-Driven Magneto-Inertial Fusion sind viel einfachere Ansätze und scheinen sogar in kürzerer Zeit in den Bereich vorstossen zu können, in dem die Fusion mehr Energie liefert als man in sie hineinsteckt.

    Fusionsreaktoren als primäre Energiequelle wären tatsächlich eine sehr gute Lösung für das Energieproblem, denn es würden einige tausend Reaktoren genügen um die ganze Welt mit Strom zu versorgen und man könnte sie dort bauen wo man den Strom braucht. Also 10 km vor der Grossstadt. Die vielgelobten Energiequellen Sonne+Wind dagegen benötigen riesige Flächen, zehntausende von Kilometern Hochspannungstrasses allein in Europa für die Verteilung des unregelmässig und abseits der Hauptverbrauchszentren anfallenden Stroms und Speicher gewaltiger Kapazität oder aber Backupkraftwerke. Die meisten Leute, die für Sonne+Wind als die Lösung eintreten, haben wahrscheinlich die Konsequenzen nicht bis zum Ende durchgerechnet: Wo heute ein paar kompakte Grosskraftwerke genügen, kommt es mit den neuen Erneuerbaren zur wahren Materialschlacht und spätestens wenn das Kupfer wegen den vielen neuen Stromleitungen und Photovolataik-Leiterbahnen knapp wird – was schon in wenigen Jahren passieren kann – wird es wohl auch den Erneuerbaren-Evangelisten einleuchten, dass es sich um eine viel zu ressourcenintensive Technologie handelt: Wir haben nur einen Planeten und der hat nur begrenzte Kupfervorräte (neben Kupfer gibt es noch weitere kritische Rohstoffe für die Erneuerbaren Energien). Die Energieproduktion nach dem Modell von Plantagen zu gestalten wird sehr problematisch, wenn diese Plantagen aus Stahl, Kupfer, Silizium und anderen technisch gewonnen Rohstoffen bestehen und die Elemente dieser technischen Plantagen zudem keine Selbstheilungskräfte haben sondern gewartet und repariert werden müssen.

  9. @Martin Holzherr

    In der Tat beschränke ich mich auf magnetischen Einschluss, aber das habe ich ja auch im Artikel erwähnt. Das Konzept des Tokamaks ist einfach am weitesten fortgeschritten, weswegen ITER auch ein Tokamak ist.
    Das heißt nicht, dass nicht an Alternativen geforscht wird, wie zum Beispiel am Stellarator. Aber auch Inertialfusion ist ein aktives Forschungsfeld, und die beiden Konzepte, die Sie angesprochen haben, werden ja auch aktuell untersucht. Allerdings ist es nun mal so, wie gesagt, dass der Tokamak am nächsten an einem potentiellen Kraftwerk dran ist, das dann, wie Sie ja auch erwähnen, als großes Grundlastkraftwerk realisiert werden würde.

    Zu den regenerativen Energiequellen haben Sie ein paar Kritikpunkte angeführt, die leider gelegentlich unter den Teppich gekehrt werden (meiner Erfahrung nach aus entsprechenden Vorträgen).

    Wie gesagt, die Energiefrage ist komplex 😉

  10. Hallo Martin Holzherr,

    Eisen ist mit 4,7 %, und Silizium ist mit 27,7 % in der Erdkruste reichlich vorhanden, und Kupfer mit 0,01 % kann man durch Aluminium mit 8,1 % Anteil an der Erdkruste leicht ersetzen, was auch schon gemacht wird.

    Was die Selbstreproduktion der Energiegewinnungsanlagen anbelangt, könnte man Cyanobakterien in Schläuchen aus Kunststofffolien züchten, denn die Cyanobakterien sind unter diesen Bedingungen mit 8 % Wikungsgrad mehr als vier mal besser als die mehrzelligen Landpflanzen.

    Anstatt eine teure Solarzelle mit 24 % Wirkungsgrad zu kaufen, züchtet man dann eben drei mal so viel Masse an Cyanobakterien.

    Die Cyanobakterien kann man auch in Meerwasser züchten, und sie können auch den Luftstickstoff zur Selbstdüngung fixieren.

    Der Energieträger wäre dann als Öl und Biomasse auch viel lagerfähiger und transportfähiger als die elektrische Energie.

    P. S.:

    Leider bin ich vom Thema der Kernfusion etwas abgekommen.

  11. @ Michael:

    Der Artikel auf dem Preprint-Server (ArXiv) von Michael Dittmar ist sehr interessant. Offensichtlich kennt sich Dr. Dittmar sehr gut mit den Details zur Fusion aus, was nicht weiter verwundert, denn schliesslich hält er an der ETH zum selben Thema Vorlesungen.

    Einige (skeptische) Anmerkungen:
    – Auf ArXiv kann jeder etwas veröffentlichen. Ich würde mich wohler fühlen, wenn die Kritik an der Fusionsforschung in begutachteten Fachzeitschriften publiziert würde, anstatt schon fast 3 Jahre auf einem Preprint-Server zu vergammeln.
    – Die Form der Arbeit legt nahe, dass es sich um etwas populärwissenschaftliches handelt; wer in den Referenzen fast ausschliesslich auf Wikipedia, Youtube und sonstige Hompages verweist, muss sich die Frage gefallen lassen, ob es nicht auch bessere Quellen gibt.
    – Die zahlreich verwendeten rhetorischen Kniffe rechtfertigen die Bezeichnung “Pamphlet”. Besonders herausragend sind dabei die verwendeten Strohmänner, die der Fusionsforschung unterstellen, sie entwickle ein Produkt, das kurz vor der Marktreife stünde, obwohl es sich lediglich um Grundlagenforschung handelt.
    – Der Autor kommt zu dem vernichtenden Urteil, dass Fusionsforschung (nach derzeitigem Stand der Technik) niemals kommerziell genutzt werden könnte. Dieses Urteil liesse sich auf die komplette Grundlagenforschung übertragen und gegen sie richten. Die derzeitige Forschung an topologischen Isolatoren wird auch über die Anwendung in Quantencomputer begründet – obwohl nach derzeitigem Stand der Technik ein (brauchbarer) Quantencomputer mit keinem einzigen zur Zeit verfolgten Ansatz realisierbar ist.

  12. @ALF

    “Sollte es jetzt, warum auch immer, tatsächlich passieren, dass ein Großteil der Neutronen nicht von den Blankets aufgehalten wird und dort kein Tritium, also keinen neuen Brennstoff erzeugt, dann wird die Fusion in der Tat erlischen, da ja eine der beiden Zutaten fehlt. Sollte es jetzt, warum auch immer, tatsächlich passieren, dass ein Großteil der Neutronen nicht von den Blankets aufgehalten wird und dort kein Tritium, also keinen neuen Brennstoff erzeugt, dann wird die Fusion in der Tat erlischen, da ja eine der beiden Zutaten fehlt.”
    Ok. Ich nehme mal an mit Blanket ist irgendwie festes oder flüssiges Lithium gemeint. Ich kann mir aber kaum vorstellen, dass die Neutronen nicht auch Wände oder Magnete aktivieren? Das Lithium kann also durchaus ein Risiko darstellen. Ausserdem, wie genau wird denn die Energie letztlich aus dem Fusionskern in den Generator übertragen. Ist da Wasser beteiligt? Treibt flüssiges Li direkt einen Generator an? Was wurden da in den letzten Jahr(zehnten) für Fortschritte gemacht?

  13. Wasser

    @Stefan Hippler:
    da ist Ihre Vorstellung richtig, Wände werden auch aktiviert und müssen daher nach der Demontage zwischengelagert werden, aber eben nur relativ kurz. Bei den momentanen Materialien ist man bei ca. 100 Jahren, bevor wieder eine Gabel daraus gemacht werden kann, aber es gibt Forschungsansätze mit Materialien, die diesen Zeitraum noch einmal deutlich verkürzen.
    Das bereits erwähnte Blanket nimmt die Energie der Neutronen auf und gibt diese über einen Wärmetauscher an ein Kühlmittel ab, hier bietet sich beispielsweise Wasser an oder flüssiges Helium. Lithium wird man vermutlich nicht direkt als Kühlmittel verwenden (zu aggressiv).
    An dem Blanket wurden in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht, vor allem das bereits verlinkte KIT (in Karlsruhe) macht da viel. Aber gerade hier erhofft man sich von ITER wichtige experimentelle Ergebnisse, die andere Experimente nicht liefern können.

    @Physiker:
    vielen Dank für die erläuternden Worte zu dem verlinkten paper, ich werde es mir auch mal durchlesen.

    @Arnd:
    tja, die kalte Fusion taucht immer mal wieder auf und sorgt dann meist kurze Zeit lang für eine gewisses mediales Interesse, aber sobald sich andere Forschergruppen ‘ran machen, die Ergebnisse zu reproduzieren, stellt man fest, dass es wohl doch nichts als heiße Luft war.
    Bei den Experimenten von den Italienern stimmt mich schon die Tatsache misstrauisch, dass es einen “geheimen Katalysator” gibt, den man wohl (noch ?) nicht zu nennen bereit ist.
    Hier heißt es erstmal ein bisschen abwarten und kühlen Kopf bewahren, währenddessen kann man sich z.B. die von Michael Khan verlinkten Seiten anschauen.

  14. Wertvolle Neutronen

    Der interessanteste Einwand gegen die Fusionsforschung im Artikel von Michael (1. Kommentar) verdient aber auf jeden Fall eine Erwähnung:
    Bei jeder Fusion D+T wird genau ein Neutron mit ca. 14 MeV Energie frei, das sowohl zum Erbrüten von Tritium (T) als auch zur Energiegewinnung genutzt wird. Die gewünschte Reaktion um T zu erzeugen läuft über 6Li, wobei das Neutron verbraucht wird, aber zusätzlich noch 4,8MeV Energie frei werden (die man sich natürlich nicht entgehen lassen will). Idealerweise müsste man dann bei diesem Prozess *alle* Neutronen nutzen, damit genausoviel T entsteht, wie man im Reaktor verbraucht. In der Realität gehen natürlich immer irgendwelche Neutronen verloren und ausserdem zerfällt T auch noch mit einer Halbwertszeit von 12 Jahren (und ist auch noch leicht flüchtig). Die Neutronen müssen also für einen stabilen Betrieb vervielfältigt werden. Dies ist auf verschiedenen Wegen in sehr begrenztem Umfang möglich (z.B. mit 7Li, Be oder Pb), kostet aber Energie. Michael Dittmar bezweifelt nun, dass es überhaupt möglich ist, in einem Fusionsreaktor mehr Tritium zu erzeugen, als verbraucht wird.
    Leider kann ich nicht beurteilen, ob dieser Einwand gerechtfertigt ist. Aber nachdem ITER wohl genau dazu gebaut wird, um solche Fragen genauer zu erforschen, erscheint mir der Einwand ein wenig vorschnell.

  15. Fusion – ja, wann denn?

    Der Öffentlichkeit wird immer mal wieder vorgegaukelt, dass die Fusion eine ernst zu nehmende Option für die zukünftige Energieversorgung sei.

    Seit fast 60 Jahren erzählt man uns, dass der erste Fusionsreaktor in ca. 40 Jahren Strom liefern soll, doch immer noch ist man viele Jahrzehnte von einem Durchbruch entfernt.

    Dabei bezweifle ich nicht einmal, dass dermaleinst ein Fusuionsreaktor möglich sien wird, der tatsächlich mehr Energie liefert, als in ihn hineingesteckt werden muss. Aber einen grundlastfähigen Reaktor sehe ich nicht.

    Zudem wird ein Umstand der Fusion bald endgültig den Garaus machen: Erneuerbare Energien werden in naher Zukunft so günstig sein, dass das Monster Fusion nicht die geringste Chance haben wird. Schade um das Geld, das man bisdahin für die Schimäre Fusion ausgegeben haben wird.

  16. @ Günther Vennecke

    Fusion kann nur ab einer bestimmten Mindestgröße einer Anlage funktionieren. Nun hat man es aber jahrzehntelang verschleppt ITER zu bauen. Und als sich die Politik endlich nach 20 Jahren entschieden hatte, ITER doch zu bauen, musste aus Kostengründen die Anlagengröße deutlich reduziert werden.
    Ob Fusion jemals machbar oder wirtschaftlich sein wird, wird man nur feststellen können, wenn man eine Anlage baut, die in der Lage ist das herauszufinden. Bisher hat dazu aber der politische Wille gefehlt.
    Die Mondlandung wäre bei permanenten Budgetkürzungen und politischem Zickzackkurs auch nicht möglich gewesen. Jeder weiß, dass Fusionsforschung wegen der Anlagenmindestgröße sehr teuer ist (wenn auch ausgesprochen billig im Vergleich zur Mondlandung). Die Plasmaphysiker dafür verantwortlich zu machen, dass sie kein fertiges Fusionskraftwerk aus dem Nichts zaubern, ist allerdings mehr als unaufrichtig und naiv.

  17. Forschung zu teuer? Nein!

    @Günther Vennecke
    Sie schreiben: “Zudem wird ein Umstand der Fusion bald endgültig den Garaus machen: Erneuerbare Energien werden in naher Zukunft so günstig sein, dass das Monster Fusion nicht die geringste Chance haben wird.”

    Neue Energieformen haben auch früher schon so viel Begeisterung ausgelöst, dass kritische Einwände und Betrachtungen keine Chancen hatten. Heute traut man den Erneuerbaren Energien Wunder zu, früher waren es die Kernkraftwerke, die unsere Energiezukunft radikal zum Besseren wenden sollten.

    Vom Materialbedarf her, der Kompaktheit und Energiedichte sind Wasser-, Atom- und Fusionskraftwerke nicht zu übertreffen. Die Erneuerbaren Energien dagegen sind Ressourcenfresser: Sonnen-und Windkraftwerke benötigen grosse Flächen und viel Material und müssen gewartet werden. Ein weltweiter Run auf Erneuerbare (PV,Wind) würde wahrscheinlich (vorübergehend ?) Materialknappheiten auslösen.
    Und selbst wenn die Erneuerbaren einen Siegeszug hinlegen. Mit Solarpanels werden sie nie zu den äusseren Planeten unseres Sonnensystems fliegen. Fusionskraftwerke wären dagegen möglicherweise universell einsetzbare Energiequellen.

    Seis wie sei. Eines trifft auf alle Fälle zu: Die letzten Jahrzehnte wurde viel zuwenig in Energieforschung investiert. Das gilt sogar für die Erneuerbaren. Gäbe es billige Stromspeicher mit gutem Wirkungsgrad und grosser Kapazität (aka Batterien), stände es um die Erneuerbaren um eine Vielfaches besser – dann könnte man auf viele Hochspannungstrasses, Pumpspeicher und infeffiziente Langzeitspeicher für saisonale Schwankungen (wie Wasserstoffspeicher) verzichten.

    Physiker hat es in seinem Kommentar gut ausgedrückt “Die Mondlandung wäre bei permanenten Budgetkürzungen und politischem Zickzackkurs auch nicht möglich gewesen.” Und ohne Mondlandung wäre uns wohl eine ganze Welt verschlossen geblieben – denn so ein Erfolg ist ein Fanal, dass die Weltsicht weitet und neue Wege öffnet.

    Viel teurer übrigens als jede Forschung
    sind endlose Subventionen. In Deutschland wurden 2010 den Neuerwerbern einer Photovoltaikanlage 10 Milliarden Euro an Einspeisevergütungen über die nächsten 20 Jahre garantiert.

    Für Grundlagenforschung – wie es eben Fusionsforschung ist – wird von den Industrieländern etwa gleich viel ausgegeben wie für die Entwicklungshilfe, also ein Bruchteil eines Prozentes des BIP.
    Solches Forschungsgeld ist selten verschwendet und die Aussage “Schade um das Geld, das man bisdahin für die Schimäre Fusion ausgegeben haben wird.” ist allein deshalb schon falsch, weil ein Erfolg in der Fusionsforschung die Welt vom Zeitpunkt des Durchbruchs bis zum Ende unserer Zivilisation verändert – oder mindestens neue Optionen öffnet.

    Auch Leute wie Newton haben Grundlagenforschung betrieben. Die paar Papiere, die Newton geschrieben hat, haben kumuliert über die Folgejahrhunderte ungeheure Auswirkungen gehabt.

  18. @Günther Vennecke:
    vielleicht noch als ergänzender Kommentar (Physiker und Martin Holzherr haben ja bereits ausführlich geantwortet): dass bereits vor 60 Jahren behauptet wurde, die Fusion würde man in 50 Jahren zur Energiegewinnung nutzen können, muss man im Kontext der damaligen Zeit sehen. Ich habe das in diesem Beitrag versucht darzulegen ( http://www.wissenslogs.de/…oder-wie-alles-begann ), aber kurz gesagt ging es im Grunde darum, dass man noch unter dem Eindruck der rasanten Entwicklung von der Atombombe zum ersten AKW ähnliches für die Fusion erwartete. Dass die führenden Fusionsforscher damals bereits zum Teil vor dieser Euphorie warnten und intensive Forschung verlangten, wird im Nachhinein oft vergessen. Viele Reporter dachten sich auch, ach, das kriegen die schon hin.

  19. @Günther Vennecke
    Ich gebe Ihnen Recht. Ich frage mich, ob die Begeisterung des Physikers für eine neue und sicher spannende Technologie eine hinreichende Grundlage für eine Diskussion über neue Energiekonzepte ist.
    Die Fusion wird wenn überhaupt frühestens 2050 brauchbare Ergebnisse liefern. Was soll bis dahin geschehen? Soll der Umbau des Energiesystems hin zu mehr erneuerbaren Energien bis dahin verschoben werden? Sollen bis dahin vielleicht doch ein paar AKWs länger laufen? Oder noch ein paar ordentlich CO2-speiende Kohlekraftwerke zusätzlich ans Netz gehen?

  20. energien

    @sausi
    Der Ausbau der EE sollte mit aller Anstrengung voran gebracht werden, vor allem die Möglichkeit, Energie effizient zu speichern,bedarf weiterer Forschung.
    Das alles führt zu einem Punkt, den ich in meinem Artikel bereits ansprach: Man darf sich nicht nur auf eine Lösung fixieren, man muss alle Möglichkeiten ausloten, das betrifft natürlich auch Fusion und EE. Sich auf eine Sache festlegen, hieße sich einschränken und das können wir uns nicht leisten. Deswegen muss eben auch die Fusion weiter erforscht werden.

  21. Forschung ist wichtig

    Es ist sehr wichtig, dass nach neuen Möglichkeiten gesucht wird, um die Atomenergie vom Netz nehmen zu können. Dabei wird die erneuerbare Energie sicherlich nicht den kompletten Bedarf, der ständig steigt, abdecken. Daher ist es sehr wichtig, diese Technologien zu erforschen und politisch wie wirtschaftlich Grundlagen zu schaffen, damit diese auch entsprechend gefördert werden.

  22. Kernfusion fuktioniert nicht als Energie

    Hallo,

    ICH habe mit der Kanzlerin und anderen gesprochen, und die Förderung der Kernfusion einstellen lassen. ICH habe damals, vor so viele Jahren, euch mal Erfolge haben lassen, weil ich gesagt habe, wenn es mit normalem Wasserstoff nicht geht dann….

    Aus Kernfusion läßt sich keine Energie herstellen. Ihr sp.. wohl oder was? Also langsam reicht es mir wirklich.

    Ihr habt einfach nur nichts kapiert. Schon allein der Aufbau läßt niemals auf eine Energiegewinnung schließen.

    Ich lasse euch die letzten Forschungsgelder streichen. Das hört sofort auf!

    Ihr habt keine Ahnung vom Universum, aber hier das Geld verschwenden. Dieser Luxus ist nicht mehr drin und fertig.

    Ich habe 2 Sätze zur Merkel gebraucht und die Forschungsgelder waren weg. Thema beendet.

    Der Beobachter

  23. beobachtet?

    Lieber Beobachter,
    ich denke nicht, dass Sie eine Antwort auf Ihren Kommentar erwarten, da einige Ihrer Kritikpunkte in genau dem Blogpost unter dem Sie kommentieren, beanwortet werden.
    Von daher bleibt mir lediglich, Ihnen noch einen schönen Tag zu wünschen und einen angenehmen Feiertag dazu.

  24. Pingback:Lockheed Martin – Durchbruch in der Fusionsforschung? › Formbar › SciLogs - Wissenschaftsblogs

Schreibe einen Kommentar