Wieso ein kontinentaler Eisschild zusammenbrechen kann und was das für uns bedeutet

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Inzwischen dürftet ihr alle mitbekommen haben, dass die Tage des Westantarktischen Eisschildes gezählt sind. Auch wenn bis zum endgültigen Aus noch eine ganze Menge Tage zu zählen sind, müssen wir uns als globale Gesellschaft dringend Gedanken machen, wie wir damit umgehen. Dabei handeln die fraglichen Studien erstmal nur von einigen Gletschern, die vom Eisschild aus ins Meer fließen – aber wenn die Gletscher fallen, fällt nach diesen Forschungsergebnissen der gesamte Westantarktische Eisschild. Langfristig steht die Existenz der global vernetzten Menschheit in Frage. Aber das erklär ich später.

Zuerst mal: Warum bricht der kilometerdicke Westantarktische Eisschild zusammen, wenn ein paar Gletscher zurückweichen? Zumal der Massenverlust der Gletscher dort an sich ja keine große Neuigkeit ist, Der Pine-Island-Gletscher hat seit den 90er Jahren 30 Kilometer Länge verloren. Das ist nicht erst jetzt plötzlich jemandem aufgefallen.

Der interessante Aspekt dabei ist die Topographie unter dem Eis: Weite Bereiche des Felsuntergrunds, auf dem die Eiskappe der Westantarktis ruht, ist von Gletschern ausgeschabt und vom Gewicht des Eises in den Erdmantel gedrückt worden. Das Inlandeis der Westantarktis ruht in übertieften Trögen, die kilometertief unter den Meeresspiegel reichen. Am Rand des Kontinents steigen sie zu weniger stark eingetieften Plateaus ein, auf denen lange Zeit die seewärtigen Enden der Gletscher ruhten.

Verhängnisvolle Tröge unterm Eis

Bisher jedenfalls. Seit ein paar Jahrzehnten dringt allerdings ein bis zwei Grad warmes Zirkumpolares Tiefenwasser zu den Gletscherzungen vor und schmilzt sie von unten ab. So weit, so bekannt. Jetzt aber kommt die Topographie unter dem Eis ins Spiel. Ein Gletscher, der auf ebenem Untergrund aufliegt, ist stabil. Fällt der Boden allerdings zum Landesinneren hin ab, kommt eine fatale Rückkopplung in Gang. Je tiefer nämlich der Boden unter dem Gletscher ist, desto schneller fließt Eis ins Meer[1], der Gletscher wird dünner und schwimmt an der Vorderkante auf – der Auflagepunkt verschiebt sich weiter nach hinten, in einen noch tieferen Bereich, und der Gletscher wird noch schneller dünner. Und so weiter.

Die jetzt in GRL veröffentlichten Radarmessungen an den Gletschern deuten darauf hin, dass dieser Prozess begonnen hat: Das Eis fließt schneller zum Meer, dünnt aus und liegt immer weiter landeinwärts auf dem Fels auf. Außerdem gibt es vermutlich unter dem gesamten Westantarktischen Eisschild keinen stabilen Auflagepunkt mehr, an dem dieser Teufelskreis gestoppt wird. Das bestätigen auch die Simulationen des zweiten Teams: Der Auflagepunkt wird zurückweichen, bis er wieder eine stabile Konfiguration findet – wahrscheinlich erst dort, wo der der Untergrund über den Meeresspiegel ansteigt.

Die sind in der Westantarktis allerdings eher dünn gesät. Ohne den eindrucksvollen Eispanzer wäre die Region eher eine Inselgruppe als der Halbkontinent, als der er sich heute präsentiert. Die Westantarktis hat viel Eis zu verlieren, entsprechend hoch setzen Klimaforscher den resultierenden Meeresspiegelanstieg an.

Allerdings: Wie sich so ein gigantischer Eisschild unter  diesen und jenen Bedingungen verhält, ist noch ziemlich ungeklärt, insofern sind die aktuellen Forschungsergebnisse eher so grobe Indikatoren, wo die Reise hingeht. Das klingt angesichts des unerfreulichen Szenarios erstmal ganz hoffnungsvoll, hat allerdings einen Haken: Der Vorgang selbst ist ganz gut verstanden, und dass die grundlegende Aussage falsch ist, halte ich für extrem unwahrscheinlich. Lediglich der Zeitrahmen ist ziemlich unsicher. Ein paar Jahrhunderte geben uns die Forscher noch, bis der Kollaps des Eisschildes selbst beginnt. Bis das Eis weg ist, können ein paar Jahrtausende vergehen. Wir wissen es nicht[2].

Große Teile der antarktischen Eisschilde liegen in Gebieten unter dem Meeresspiegel. Bild: U. of Texas/BEDMAP/Antarctic Digital Database
Große Teile der antarktischen Eisschilde liegen in Gebieten unter dem Meeresspiegel. Bild: U. of Texas/BEDMAP/Antarctic Digital Database

Bei derlei Zeiträumen könnte man auf die Idee kommen, dass wir kein wirklich drängendes Problem hätten, sondern uns nach und nach mit dem langsam steigenden Meeresspiegel arrangieren könnten. Das halte ich für einen Trugschluss. Das Problem wäre sogar geringer, wenn das ganze Wasser in einem großen Schwall käme und dann nichts mehr. Das wäre zwar eine gigantische globale Katastrophe, aber die Menschheit hätte sich in ein, zwei Jahrhunderten wieder berappelt und gut.

Wie organisieren wir den geordneten Rückzug?

Ein über Jahrhunderte und Jahrtausende steigender Meeresspiegel dagegen wird die Menschheit langsam aber unerbittlich vor sich her treiben – und mit jeder höheren Flut ganze Länder, Regionen, Kontinente aufs Neue destabilisieren. Schon in den reichen Ländern wird es erheblichen Ärger geben um die Frage: Was gibt man auf, was verteidigt man – und für wie lange? In anderen Weltgegenden stellen sich ganz andere Probleme.

Bangladesh ist ja schon sprichwörtlich, aber auch viele dicht besiedelte Küsten Afrikas liegen sehr niedrig. Genau wie Shanghai. Hong Kong ist zu einem beträchtlichen Teil auf künstlich aufgeschütteten Gebieten erbaut. Was in China passiert, wenn das Land binnen weniger Jahrzehnte mehrere seiner wichtigsten Großstädte ans Meer verliert, ist völlig offen. Ich weiß nicht, ob ich Geld darauf setzen würde, dass die globale Infrastruktur der vernetzten Welt einen derartigen Abnutzungskrieg gegen die Elemente übersteht – Thomas Grüter hat einige Mechanismen benannt, wie so ein komplexes System seine Grundlage verliert. Vielleicht ist die Welt in 500 Jahren wieder so zerstückelt wie um 1500 – und reif für ein neues Zeitalter der Entdeckungen: Eine Ära der Abenteurer, die auf fremden, unerforschten Kontinenten mythische Reichtümer suchen.

Wir, und noch viel mehr die Generationen nach uns, werden in interessanten Zeiten leben. Es ist ja auch keinesfalls gesagt, dass kontinuierlich steigende Meeresspiegel die Zivilisation zerstören werden. Wie die ganze Geschichte ausgeht, hat die Menschheit nach wie vor selbst in der Hand. Aber sie muss sich dem Problem stellen. Das ist die eigentliche Erkenntnis, die wir aus den Forschungsergebnissen über den Westantarktischen Eisschild ziehen sollten: Jetzt wird es ernst.

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[1] Das wird in keiner Quelle näher erklärt. Ich vermute, der Zusammenhang ist ganz banal, dass sich der Eisverlust am Ende des Gletschers aus Fließgeschwindigkeit mal Querschnittsfläche berechnet, und letztere wird größer, je dicker das Eis ist.

[2] Im Science-Paper heißt es: “An important feature of our numerical simulations is that they reveal a strong sensitivity to mechanical and/or rheological weakening of the margins, which can accelerate the rate of collapse by decades to centuries”

15 Kommentare

  1. Der bevorstehende langfristige “Kollaps” des westantarktischen Eisschilds sollte uns die Erwärmung des Erdystems in anderen Augen sehen lassen: nicht als etwas worüber politisch die nächtsen Legislaturperioden entscheiden oder wo wir uns auf ein geändertes Klima im nächsten Lebensabschnitt gefasst machen müssen, sondern als sehr langfristigen Prozess. Nach den Autoren der Studie muss man in 200 Jahren oder später mit einem Beitrag des westantarktsichen Eisschildes zum Meeresspiegalanstieg von 1 mm pro Jahr rechnen, was 1/3 des heutigen jährlichen Meeresspiegelanstiegs ist und irgendwann wird der Anstieg dann sehr schnell gehen. Insgesamt ist mit 3 Metern Meerespiegelanstieg durch das vollkommene Abschmelzen des westantarktischen Eisschildes zu rechnen.
    Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob dieses langsame Steigen des Meeresspiegels wirklich folgendes bewirkt:(Zitat)“wird die Menschheit langsam aber unerbittlich vor sich her treiben – und mit jeder höheren Flut ganze Länder, Regionen, Kontinente aufs Neue destabilisieren”
    Wenn der Ablauf dieses Meeresspiegelanstiegs schon bald bekannt sein wird und genau vorausberechnet werden kann, kann sich die Menschheit nämlich darauf einstellen. Die holländische Deichkommission beispielsweise plant schon heute eine Verstärkung der Dämme entsprechend den IPCC-Meeresspiegelprognosen für das Jahr 2100. In Bangladesh könnte die Regierung, wenn die genaueren Prognosen einmal vorliegen genau so planen ob sie Land dem Meer opfern will oder ob sie Dämme a la Holland baut. Man muss sich bewusst sein, dass die Menschheit noch nie Jahrzehnte vorausgeplant hat. Wenn nun verlässliche Daten über zu erwartende Umweltveränderungen in den nächsten paar hundert Jahren zugänglich werden, dann könnte sich das ändern und ein langfristiges Vorausplanen würde nicht nur möglich, sondern sogar angezeigt. Ein sicheres Wissen über die Zukunft ändert einiges – und zwar nicht zum Schlechten, sondern zum Guten. Eine Küstenstadt kann beim Wissen um den Meeresspiegelanstieg bereits heute Bauverordnungen erlassen, die zukunftssicher sind.
    Kosten-/Nutzen-Rechnungen bezüglich Folgen des Meeresspiegelanstiegs werden ebenfalls erst durchführbar, wenn man den zu erwartenden Anstieg kennt. Es könnte dann durchaus sein, dass eine schnelle Verminderung der Treibhausgasemissionen alle Küstenstädte dieser Welt zusammen billiger kommt, als bauliche Massnahmen an den Küsten.

    • Die Menschheit gibt es nicht. Menschen können durchaus langfristig planen. Privat, in der Familie, in der Stadt oder im Land. Regional, national, in überschaubaren politischen Einheiten. Länder, die heute schon von Überflutungen betroffen sind oder zukünftig betroffen sein werden, werden in der Lage sein, langfristig ihren Hochwasserschutz zu erhöhen. Zu erwarten, daß “die Menschheit” jetzt aufhören, Auto zu fahren oder Fleisch zu essen, weil vielleicht in 200 Jahren der Meeresspiegel um 3 Meter steigt – das funktioniert nicht. Das muß auch nicht funktionieren. Oder, um es mit Carl Schmitt zu sagen: “Wer Menschheit sagt, betrügt.”

  2. “Man muss sich bewusst sein, dass die Menschheit noch nie Jahrzehnte vorausgeplant hat.”

    Das scheint mir das Problem zu sein. Es ist ja nicht so, dass es bisher keinen Bedarf daran oder keine Möglichkeit dazu gegeben hätte.

    • @ Herr Fischer :
      Der genannte Bedarf der Langzeit, der La-angzeitplanung, ist dem Primaten eigen, allerdings behalf er sich in früheren Zeiten meist mit dem Religiösen, beispielsweise in Erwartung sogenannter Apokalypsen, aber auch aufgeklärte Denker hatten Ideen, wie bspw. die vom Ewigen Frieden oder vom Ende des sogenannten Kapitalismus, verbunden mit einem Zusammenleben in Gleichheit und Brüderlichkeit.
      Die seit Neuerem bereitstehende Möglichkeit rechnergestützt zumindest zu versuchen hoch komplexe Systeme zu modellieren wie zu prognostizieren, ist eben etwas Neues und spricht in zunehmend areligiösen-postreligiösen Gesellschaften womöglich viele an. – Einfach ist dieses erstmalig versuchte Vorgehen aber nicht und es kann geirrt werden.

      MFG
      Dr. W

  3. “Ein sicheres Wissen über die Zukunft ändert einiges – und zwar nicht zum Schlechten, sondern zum Guten”, schreibt Herr Holzherrr.

    Ach, was wäre das Leben eine Sause, wenn es so einfach wäre. Beide Satzteile basieren auf Annahmen, die ich zuletzt mit ca. 13 Jahren für realistisch hielt.

    • Die meisten Dinge, die für ein Menschenleben Bedeutung haben, lassen sich nicht voraussehen oder gar in einem Plan festhalten. Doch wenn es um die Rahmenbedingungen einer grössere Region geht, sieht das ganz anders aus. Wer in der Nähe des Vesuvs lebt oder über der San Andreas Spalte, der weiss, dass es ein Risiko gibt. Selbst wenn es ihn selber nicht direkt trifft, ist das Risiko für die Region als Ganzes vorhanden.
      Ein paar konkrete Beispiel dazu:
      – Die Wahrscheinlichkeit dass es auf dem Gebiet der USA einen Krieg ist, ist sehr viel kleiner als beispielsweise in Südostasien. Das hat mit der “Topologie” der Nachbarschaftsbeziehungen zu tun.
      – Die Wahrscheinichkeit, dass der Wohlstand in China und Südostasien in den nächsten Jahrzehnten stärker steigt als in Europa ist sehr gross, denn die Rahmenbedingungen ändern sich nicht schnell, ausser bei katastrophalen Ereignissen

      Ja es geht um Wahrscheinlichkeiten. Heute gibt es ganze Branchen, für die Wahrscheinlichkeiten ihr Metier sind. Beispielsweise die Versicherungsbranche.

  4. Es gibt nur sehr wenige Berufe, in denen sehr langfristig gedacht wird, Waldwirtschaft eventuell, von dort kommt ja der Begriff Nachhaltigkeit.
    Die meisten Menschen und Firmen denken kurzfristig, deswegen ist die Rentenversicherung in Sozialstaaten ja auch eine Pflichtversicherung.
    Das Problem ist doch, wer möchte investieren, wenn er keinen Profit daraus ziehen kann?
    Wer am Vesus oder auf der St. Andreas-Spalte lebt, verdrängt das Risiko. In relativ gut organisierten und wohlhabenden Staaten kann man manches regeln. In Staaten wie Bangladesh klappt das nicht bislang nicht.
    Bei der Vorbereitung von New Orleans auf eine Hurrikan-Katastrophe ging das schon schief, obwohl das Risiko bekannt war. Auf lange Sicht kann man diese Stadt wohl nicht halten.

      • “Es ist eine Sache des Willens.”

        Ich möchte ja kein Defätist sein, mit ein bisschen guten Willen könnten wir ein Paradies auf Erden errichten, passiert aber nicht. Bis jetzt geht es beim Klimaschutz kaum voran.

        “Je wohlhabender ein Staat und eine Stadt ist desto mehr gibt es zu verlieren und desto mehr Mittel stehen auch zur Verfügung.”

        Nicht immer sind die, die in einem gegebenen Fall etwas zu verlieren haben, identisch mit jenen, die die Mittel zur Vorsorge haben. was stört es die Reichen, wenn die Hütten der Armen absaufen? New Orleans ließ man absaufen.

        • Vor allem braucht es einen langen Atem um eine Stadt gegen die andrängenden Fluten zu verteidigen und man muss Rückschläge wegstecken können we das Holland tun musste, gab es doch mehrmals ernstfafte Dammbrüche.
          Eigentlich hat es aber ein Staat auch einfacher wenn es Naturgefahren abzuwenden gilt, denn solch ein Staat kann eher auf Wahlgeschenke verzichten. Seine Bürger sind schon zufrieden, wenn sie vor Dammbrüchen geschützt sind und der Staa solch eine Aufgabe mit angemessenenem Auwand erledigen kann.

    • Langfristige Planung übertragen wir Individuen eigentlich immer irgendwelchen Organisationen, seien es (wie ein anderer Kommentator vorschlug) Religionsgemeinschaften oder irgendwelche säkulären Organisationsformen.

      Ein gut funktionierender Staat mit Zugriff auf die Ressourcen seiner Bürger und entsprechender Legitimation kann schon einiges reißen, was langfristige Anpassung an steigende Meeresspiegel angeht. Es besteht aber eben die ganz reale Gefahr, dass dem Staat eben durch die ihm aufgezwungenen Entscheidungen an Legitimnation verliert, zum Beispiel wenn er gegen den Willen der Bewohner eine Stadt aufgibt bzw aufgeben muss.

  5. Andrew Revkins Three Long Views of Life With Rising Seas zitiert eine Experten (Curt Stager), der davon ausgeht, dass unterschiedliche Städte, Staaten und Länder ganz unterschiedlich auf die Meeresspiegelerhöhungen reagieren werden mit folgenden Worten:

    politicians in North Carolina have essentially told coastal planners not to take future sea level rise into account, and some places would like to resist or adapt but lack the resources to do so. On the other hand, the Netherlands and New York are actively preparing for higher sea levels.

    It’s not so much a question of science as of human nature.

    Kim Stanley Robinson erwähnt dagegen, dass das Wissen um die lange zeitiiche Perspektive des Kollapses der Westantarktis den Sinn der Menschheit für Zeiträume ähnlich ändern könnte wie es die Globalisierung für räumliche Ausdehnungen getan hat:

    I also think we are changing culturally, and can now think on the scale of centuries, and plan and act accordingly as a civilization. So this news is germane even though it is very long-range in its implications. We can think that long now.

  6. Noch ein Gedanke: wir wären nicht hier, würden nicht diesen hohen Lebensstandard genießen, wenn unsere Vorfahren nicht langfristig geplant hätten – unsere Städte in Europa sind im 19. Jahrhundert oft grundlegend neu gedacht und geplant worden. Die Wasserversorgung, das Straßennetz wurde für Jahrzehnte ausgelegt. Und unser Staatswesen basiert auf Ideen der Aufklärung, die für Jahrhunderte gedacht wurden.

  7. In der Öffentlichkeit dominiert das Bild von der Erdsystemerwärmung als etwas relativ Neuem, das noch nicht so offensichtlich zu Tage tritt, dass es völlig unbestritten ist. Dieses Bild wird sich ändern, wenn der unvermeidliche langfristige Kollaps von Teilen der grossen Eisschilde immer klarer erscheint.
    Viele Klimawissenschaftler sind meiner Meinung nach nicht ganz unschuldig an der verbreiteten Meinung, den Klimawandel gebe es erst seit ein paar Jahrzehnten, denn die Betonung auf den starken Anstieg der Temperaturen ab den späten 1970er Jahren führt schnell einmal zu dieser Einschätzung. Dass die Erdsystemerwärmung schon länger am Werk ist, dafür sprechen dagegen die heutigen Schätzungen der Meeresspiegelerhöhung der letzten 3 Jahrhunderte. So stieg der Meerespiegel im 18. Jahrhundert um 2 cm, im 19. Jahrhundert um 6 cm und im 20. Jahrhundert um 19 cm. In den Jahrhunderten vorher stieg der Meeresspiegel scheinbar jedoch überhaupt nicht. Der Meeresspiegel scheint ein guter Indikator für den Wärmeinhalt des Ozeans und der “aufsummierten” Erdoberfläche zu sein Ein stärkerer Anstieg im 19. als im 18. Jahrhundert deutet auf eine schwache Erdsystemerwärmung bereits im 19. Jahrhundert hin (relativ zum 18. Jarhhundert). Ich bin überzeugt, später einmal wird es klar sein, dass die Erwärmung bereits mit dem Beginn der Industrialisierung einsetzte und ebenso klar wird es sein, dass die Erwärmung nicht so schnell wieder zum Stillstand kommt. Letztlich wird die Öffentlichkeit ein neues Bild der Erdsystemerwärmung als multigenerationellen Prozess aufnehmen. Damit wird auch der Klimadiskurs ein anderer werden.

  8. Offensichtlich muss das Hochwasser bereits vor der Haustüre sein oder das Feld bereits vertrocknet sein, bevor der letzte Homo sapiens den Ernst der Lage begreift.
    Die Fakten sollten inzwischen allen bekannt sein und trotzdem läuft im Klimaschutz nur wenig. Und wenn, v.a auf regionaler oder nationaler Ebene.
    Auf anderen Seite kann jederzeit der Yellowstone-Supervulkan ausbrechen oder ein Himmelskörper wie vor 65 mio. Jahren einschlagen.
    Also kann man auch sagen, dass die Zukunft unbestimmt ist und niemand sagen kann, was in 100 jahren sein wird.

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