Fäkalien und Krankheitserreger: Was so alles an Banknoten klebt

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Dass Geld nicht stinkt, ist zwar sprichwörtlich, aber nur bedingt wahr. Man sollte nicht zu gründlich schnuppern: Wie Türklinken oder Lichtschalter gehen auch Banknoten durch sehr viele verschiedene Hände. Und so ist Geld, das haben diverse Studien erwiesen, gründlich mit Fäkalien und Krankheitserregern eingeschmiert. Das Prinzip ganz simpel: Kacken gehen, danach nicht die Hände waschen, dann mit Fäkalpfoten Darmkeime in der gesamten Umgebung verstreuen. Kann jeder, macht jeder.

In vielen ärmeren Weltgegenden ist das Problem nicht Bequemlichkeit, sondern es fehlen oft die Möglichkeiten, die Hände nach der Wurstablage ordentlich zu zu reinigen. Ein volles Drittel der Menschheit hat keinen Zugang zu ordentlichen Klos, und mehrere hundert Millionen nicht einmal zu sauberem Trinkwasser. Damit sind sie besonders gefährdet. Viele der über Fäkalien verbreiteten Bakterien sind Krankheitserreger und können schwere Durchfälle verursachen – wie die HUSEC-Epidemie zeigte, gerne auch hierzulande.

Unsichtbar, aber doch vorhanden: Banknoten sind bedeckt mit anderer Leute Fäkalien. Bild: Images_of_money, CC BY 2.0
Unsichtbar, aber doch vorhanden: Banknoten sind bedeckt mit anderer Leute Fäkalien. Bild: Images_of_money, CC BY 2.0

Deswegen, und weil gerade kleinere Banknoten sehr oft die Besitzer wechseln, sind die unsichtbaren Bremsspuren auf Geldscheinen besonders in ärmeren Ländern ein potenzielles Gesundheitsproblem. Dass Banknoten keinesfalls steril sind, ist keine neue Erkenntnis.[1] Schon 1997 fand ein Forscherteam auf 90 Prozent aller südafrikanischen Banknoten entweder Bakterien oder Schimmelpilze, und dieses Resultat haben eigentlich alle nachfolgenden Studien bestätigt.

Aber ist das überhaupt ein Problem? Die Banknoten könnten im Prinzip auch Endstation für die Keime sein, schließlich sind sie meist trocken und nährstoffarm. Erstaunlicherweise gibt es zu der entscheidenden Frage, ob diese Mikroorganismen überhaupt vom Papier an die Hand zurück gelangen, praktisch keine Studien. Ich finde genau eine, aus Antimicrobial Resistance and Infection Control.

Bakterien wandern von der Hand zum Geld und zurück

Die drei beteiligten Forscherinnen haben Banknoten sieben verschiedener Währungen, darunter Euro und US-Dollar, darauf getestet, ob drei Arten antibiotikaresistenter Bakterien darauf überleben. Soweit ich das verstehe, hat das Team von jeder Währung nur eine einzige Banknote benutzt, insofern ist die Studie ungeeignet, um verschiedene Währungen zu vergleichen (was die Damen natürlich nicht hindert).

Man kann der Studie aber immerhin qualitativ entnehmen, dass ESBL-Colis, MRSA und Vancomycin-resistente Enterokokken auf Banknoten wachsen und – im zweiten Teil der Studie – auch durch Kontakt wieder an den Händen von Probanden auftauchen. Diese Übertragung hat im Versuch bei Euros gar nicht, bei Dollar und Rumänischen Leu dagegen ganz toll funktioniert, aber wie gesagt, ich glaube nicht, dass diese Unterscheidung wirklich belastbar ist.[2]

Eine einzelne Studie ist jetzt auch nicht so wahnsinnig viel. Deswegen habe ich noch eine Veröffentlichung rausgesucht, die sich zwar nicht mit Geld, aber immerhin dem Übertragungspotenzial von Papier befasst. Auch diese Arbeit hat so ihre methodischen Probleme, zeigt aber auf jeden Fall, dass Bakterien unter Umständen 24 Stunden und mehr auf trockenen Papieroberflächen überleben. Außerdem haben die Papier-Hand-Übertragungsversuche in diesen Experimenten grundsätzlich immer funktioniert (d.h. genug Keime für eine Infektion übertragen), allerdings mit unrealistisch hohen Keimzahlen und unter optimalen Bedingungen.[3]

Die Ergebnisse passen aber wiederum größenordnungsmäßig zu Übertragungsversuchen von anderen Oberflächen, und zusammen mit dem vorher genannten Paper scheint es mir einigermaßen glaubhaft, dass Bakterien von Geldscheinen an Hände und von dort aus in Augen, Mund und wohin auch immer gelangen.

Colibakterien, wohin man blickt

So, und was findet man nun auf Geld so für Schmierkram? Da gibt es gewisse regionale Unterschiede[4], aber der insgesamt wichtigste Keim ist E. coli, unser liebstes Darmbakterium – und dass, obwohl die Colis auf Papier nicht so richtig gut überleben. Man fand ihn auf je etwa 10 Prozent der Scheine in Kamerun und Ghana (dort allerdings multiresistent), auf je 60 Prozent in Tansania und Bangladesh, sogar 65 Prozent im indischen Nashik und in Nepal 87 Prozent. Die meisten Colis sind harmlos, es gibt allerdings eine ganze Reihe Enterohämorrhagischer E. coli (sagt euch EHEC noch was?), die ernsthafte Erkrankungen auslösen, bis hin zu richtig ekligen Stämmen wie E. coli O157:H7, der auch mal lebensbedrohendes Nierenversagen verursacht.

Ein enterohämorrhagischer E. coli an der Darmwand. Keine gute Nachricht. Bild: Manfred Rohde, Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

Daran erkennen wir nicht nur, dass tatsächlich Fäkalien mit die wichtigste Quelle der Kontamination sind, sondern auch, dass in ziemlich kurzen Abständen Kot samt Darmbakterien nachgeliefert wird. Die Literatur deutet nämlich darauf hin, dass gerade E. coli höchstens ein bis zwei Tage auf Geld überlebt, außer vielleicht in sehr feuchtem Klima.

Es gibt im Wesentlichen zwei Verfahren, herauszufinden, was auf einem Geldschein so lebt. Man kann einerseits mit irgendeinem Tupfer oder so die Banknote feucht abwischen und dann den Tupfer auf einem Nährboden ausstreichen, oder man wirft (wie hier) den Geldschein in eine Nährlösung und guckt was passiert. Bei der zweiten Variante wächst natürlich viel mehr und alle freuen sich, aber solche Bedingungen sind für unsere Bakterien-an-den-Fingern-Fragestellung völlig unrealistisch. Auffällig ist, dass bei der Wisch-Methode der allgegenwärtige E. coli weit schlechter abschneidet, also auf dem plausiblen Wege weit weniger übertragbar ist als einige der Zahlen in den Veröffentlichungen suggerieren

Ein weiterer häufiger Gast auf Banknoten sind Staphylokokken, von deren unerfreulicher Variante MRSA ihr ja hinlänglich gehört habt. Dass die Viecher in den Geldschein-Analysen auftauchen, ist kaum überraschend, sie sind häufige Mitreisende bei Menschen, und meistens harmlos. Wobei man das gleich wieder einschränken muss, inzwischen sind multiresistente Staphylokokken so weit verbreitet, dass es nicht ungewöhnlich ist MRSA auch außerhalb von Krankenhäusern zu begegnen.

Ich will euch nicht mit ellenlangen Aufzählungen verschiedener Bakterien langweilen – die meisten hier verlinkten Veröffentlichungen sind frei zugänglich, wenn euch die Details interessieren. Ein paar Sahnestücke habe ich euch aus den Daten aber noch herausgepickt.

Salmonellen, Cholera, Bierhefe – die Gästeliste des ordinären Geldscheins

In Bangladesch war der im Krankenhaus absolut nicht ungefährliche Keim Klebsiella auf der Hälfte der Banknoten, Salmonellen auf 15 Prozent und der Cholera-Erreger immerhin noch auf 5% aller Geldscheine vertreten. Wenn ich da mal hinfahre, zahl ich mit Karte. Über die Bakterien auf Kamerunesischen Francs heißt es lapidar: “Susceptibility to amoxicillin, penicillin, ampicillin, vancomycin and cotrimoxazole was low. Staphylococci were resistant (100%) to vancomycin, penicillin G, and amoxicillin”.

Bakterien sind natürlich nicht das einzige Viehzeug auf Banknoten. Man findet außerdem noch Schimmelpilze, besonders in tropischen Regionen, parasitäre Amöben (mit der Feststellung, je dreckiger der Geldschein, desto mehr Parasiten) und in Kamerun sogar Bierhefe auf der Hälfte der Geldscheine. Fragt mich nicht…

Und dann gibt es ja noch die ganzen anderen keimbelasteten Sachen, die Menschen so ausscheiden. Husten, Niesen und Nasensekret übertragen Viren, und auch andere Körperflüssigkeiten sind keineswegs unproblematisch. Und natürlich klebt all das nicht nur an den Fingern, sondern schnell auch an Banknoten. Und mit denen reisen sie dann zum nächsten Opfer.

Geld macht eben nicht glücklich.

Dank an Hans Zauner für den Hinweis.

(Als Belohnung für alle, die den Text bis zu Ende gelesen haben, hier noch die Info, wie man sich effektiv vor Pathogenen auf Geldscheinen schützt: Hände waschen, oft und gründlich. Das reicht schon.)

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[1] Dazu braucht man auch gar nicht groß zu forschen. Im Einzelhandel an der Kasse sitzen reicht auch…

[2] Als Nebenaspekt vielleicht ganz interessant: Der Leu ist laut Autoren eine Polymerfaser-Banknote, im Gegensatz zum Baumwoll-Gewebe klassischer Scheine. Ich hätte intuitiv gedacht, darauf wachsen Keime schlechter, weil Kunststoff weniger Wasser bindet. Das scheint nicht der Fall zu sein.

[3] Nährlösung drauf, kurz trocknen und dann den angefeuchteten Finger ne halbe Minute draufdrücken. Ich habe noch nie ne halbe Minute lang meinen feuchten Finger auf einen Geldschein oder meinethalben eine Buchseite gedrückt.

[4] Und vor allem beim Wert: Große Scheine sind generell sauberer, weil sie nicht so schnell zirkulieren.

11 Kommentare

  1. Interessant wäre der Nachweis von realen Infektionen, die durch Geldscheine übertragen wurden. Eine wohl noch wichtigere Ansteckungsquelle als Geldscheine sind wohl Berührungen. Jeder Handschlag, jede Begrüssüng genügt wohl. Damit hat sich der Beitrag Wascht Eure Hände! auseinandergesetzt.

    Solche Berichte wie dieser oder der von Trota von Berlin lassen beim Leser doch ein gewisses Verständnis für Marotten aufkommen wie denjenigen von Adrian Monk aus der gleichnameigen Fersehserie.

  2. Bierhefe kennt man im menschlichem Körper auch als den Candida-Pilz. Dieser fühlt sich besonders in den unteren feuchtwarmen Regionen wohl.

    • Äh Peter, ich glaube du verwechselst da was. 😉 Candida ( hauptsächlich wohl C.albicans) ist zwar auch eine Hefe, aber zum Glück keine, mit der man Bier braut. Das sollte dann wohl eher die Saccharomyces cerevisiae sein.

  3. “Große Scheine sind generell sauberer, weil sie nicht so schnell zirkulieren.”

    Ich lasse mir dann ab sofort mein Wechselgeld immer in 500-Euro-Scheinen geben ;-).

  4. @ Peter & Paul:
    Richtig, es geht in den Papern um S. cerevisiae. Wenn ich das recht überblicke, kommt Candida auch gar nicht vor. Es gibt also zumindest ein, zwei Dinge, die Leute mit Geldscheinen nicht machen…

  5. @ Martin: Es ist schon auffällig, dass sich fast alle Papers der recht einfach zu beantwortenden Frage widmen, was auf Banknoten so drauf ist. An die von dir aufgeworfene Frage nach der tatsächlichen Häufigkeit von Geld-vermittelten Infektionen scheint sich kaum jemand heranzutrauen. Ich wüsste auch spontan nicht, wie man das methodisch machen wollte.

  6. Und wie kann man seinen Geldbörseninhalt keimfrei kriegen? Über Nacht auf die Heizung legen? Einen Whisky draufkippen? Reichen 40%, oder muß es Faßstärke sein? Hilft Bügeln? Der Tiefkühlschrank?
    😉
    In Finnland zahlen die Leute jede Mini-Summe mit Kredtkarte. Da dürfte es das Problem dann gar nicht erst geben. Und die Entwickler berührungsloser Handypaid-Systeme haben auch ein neues Verkaufsargument.

  7. Pingback:Und niemals das Händewaschen vergessen! » gestern-nacht-im-taxi.de

  8. Interessant wäre auch die Frage, inwieweit die auf Geldscheinen vorhandenen Bakterien das Lungengewebe schädigen. Halt nur, wenn man sich seine Zigarren mit Banknoten anzündet…

  9. Und dann ist da ja noch die zu klärende Frage, was die Kokser sich neben ihrem weißen Pulver da so reinziehen?

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